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fröhlichen Krieges hinter sich. Man schauderte vor der Bernunft- In solchem Sinne sagen wir, daß die Blätter der Käthe Koll-| Grab enthielt außer dem Schädel auch noch das zugehörige felett, losigkeit, welche die Erde befallen, und selbst das sonst die Not- wih noch Kraft, Blut und Geist haben werden, wenn der Welt- das aber ziemlich mürbe war. Am Schädel fanden sich zwei wendigkeit" des Krieges sans phrase vertretende Bürgertum be- zustand, aus dem heraus sie gewachsen sind und den sie auf eine Bronzefibeln, an einem Fuß eine Rosette aus rotem Email. Dieſe grüßte, wenn auch uneingestandenermaßen, brünstig jede äußerst gespannte, geladene Formel gebracht haben, zu den Sagen Schmuckgegenstände sowie die Bestattung sprechen gegen die An­Bewegung, die dem Kriegsstrudel entgegenströmte. Entsegt und schrechaften Urmärchen einer überwundenen Vergangenheit nahme, daß es sich um Mord oder Menschenfresser gehandelt habe, sah man, wohin die Fahrt unter der bürgerlichen Auf- gehören wird. In kommenden, glücklicheren Zeiten der Menschheit Vermutung, daß es sich um einen Schädelbruch handeln würde, die Deutung auf Operation also hinfällig wäre. Ebenso ist die fassung gegangen war. Soziologische Christianer, Herolde einer werden die von der Not, vom Hunger und von der Verzweiflung aufzugeben, da bei diesem der Rand des Loches nicht rund sein bannverscheuchenden Weltidee, erschienen im Geprasiel zusammen zeruagten Gesichte, wie sie die Kollwitz in ihren Zeichnungen und könnte, sondern scharfe Zacken aufweisen müßte. stürzender Lehren diejenigen, welche, ohne von Eigennutz und Radierungen gebannt hat, noch einmal vergessene und über- Nur bei einem Schädel weisen die Trepanationsöffnungen Schlagworten geleitet zu sein, sich der Ausdehnung des Kriegs- wundene Empfindungen vom Leide der damals Enterbten und sich Shutptome von Heilung auf, ein Zeichen, daß sein Bejizer erst brandes aus rein idealer Gesellschafts- und Weltauffassung ent- mühsam zum Licht Lastenden auslösen. Solche Ewigkeit hat sich einige Zeit nach dem schweren Eingriff verschied. Der andere gegenſtemmten. Käthe Kollwitz gesichert, nicht, weil sie eine soziale Agitatorin ist, Schädel spricht indes dafür, daß der so behandelte Patient gleich nach Bruder du, verlästerter und verfolgter!" teimte es das erste nicht, weil sie sich von der Psychologie der Revolution entzünden wurden auch Bronzegegenstände gehoben, als Beweis, daß die der Operation zugrunde ging. Mit diesen interessanten Funden Mal in vielen bürgerlichen Herzen auf. Segensvolle Vernunft, ließ, sondern nur darum, weil wirklich jede Faser ihres Daseins Schädel aus der Bronzezeit stammen. Doch sollen bereits in der die du allein im franken Brodem der Zeit verbliebest!" und damit auch jede Hieroglyphe, die aus ihrer Hand strömt, ganz Steinzeit solche Eingriffe vorgenommen worden sein. Schließlich In jenem Mai waren es die italienischen Sozialisten. Durchtränkt sind vom Rhythmus der Zeit, vom Leiden und Sterben interessiert noch, bei welchen Krankheiten die Operation ausgeführt Und heute wenden sich die Augen des bei Vernunft gebliebenen des Volkes und von der großen Hoffnung auf ein zukünftiges worden sein mag. Einen Fingerzeig geben uns bei dieser Frage Bürgertums, man darf sagen der ganzen Welt, der russischen Reich. Alle große Kunst ist prophetisch, ist ein Schrei aus der die Naturvölker unserer Tage. Auch bei ihnen wird die Trepa­und der mit ihr im Sinne der Friedensanbahnung Fühlung Tiefe und ein Flug zum Himmel. nation vorgenommen, und zwar gegen Epilepsie, Jrrsinn und vor Lettere werden in vor­nehmenden internationalen Sozialdemokratie zu. Von bösen allem aus abergläubischen Gründen. Krämpfen geschüttelt wird nach wie vor jenes russische Bürgertum, geschichtlicher Zeit die Hauptveranlassung gegeben haben, da der Ürmensch jenen hohen Grad medizinischen Wissens, wie gerade die das nicht auf den Sieg auf dem Schlachtfelde, auf Eroberung vers Trepanation ihn voraussetzt, doch nicht inne hatte. zichten will, in Lethargie versunken scheint noch immer gegenüber der Herbeiführung des Friedens das den Ton angebende Bürgertum hier und dort in Europa . Unverkennbar ist es wieder der Sozia­Tismus, der unentwegt und selbstlos die Fackel der Vernunft empor­hält, an dem sich der Weltfriede entzünden muß. Der Sozialismus nicht allein in Rußland , sondern auch in Deutschland und nament­lich auch bei den nordischen Neutralen, welch' letterer sich augen­scheinlich in verdienstvoller Weise vermittelnd mit den russischen Sozialisten in Verbindung gesetzt hat. Wer im Bürgertum, dem nicht die Augen geschwollen sind vor Vorurteilen, bösem Willen, der nicht sympathisiert mit unnatürlichen Verzerrungen der Landkarte, will heute mehr denn je die jenigen Sozialisten, die, abweichend von einer gewiffen sich friegs­wütig geberdenden Sorte Sozialisten" bei den Westmächten, für den Frieden eintreten, noch Utopisten" heißen?

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Fast dünkt es, als ob es lediglich die sozialistischen Ge­dankengänge sein werden, die schließlich in der Welt zur Woge emporbranden, welche den Frieden ans zerfurchte Land trägt.

Wer will heute noch, wie vielfach im Beginn der Kriegswirren, fich unterfangen, vom Zusammenbruch des Kartenhauses der Inter­nationale" zu reden? Wo alles gewantt hat und gestürzt ist, und allein die reine selbstlose Lehre des Sozialismus wie ein tröstliches Evangelium blieb?

Hause ist.

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Wehr denn je vertieft fich der Glaube, daß die blaffe Theorie weniger bei den Sozialisten als bei anderen gehätichelt wurde, daß dagegen Fleisch und Blut im Lehrsaal des Sozialismus zu Es werden den Eindruck habe ich, namentlich in der letzten Zeit, im vernünftig und täuschungslos gebliebenen Bürgertum, vor allem aber in meiner Militärzeit gefunden aus diesem Striege mehr Sozialisten heimkehren als hineingezogen find. Und wenn je der fogenannte Pazifizismus seine Lebensberechtigung erlangt hat, dann ist es in diesem Striege gewesen.

Käthe Kollwitz.

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3u der Ausstellung bei Cassirer Es ist nicht wahr, daß wir jemals gefagt hätten, die Kunst dürfe keinen geistigen Inhalt haben, sie müsse sich damit zu­frieden geben, optischen Gefeßen und der Empfänglichkeit der Sinne zu genügen. Solche Theorie wäre Unsinn und würde von jedem starten Künstler, bon jedem produktiven Willen, der das Gegenteil beabsichtigt, schonungslos durchbrochen werden. Worauf es an­kommt, ist nur dieses: daß Geist und Form eine Einheit bilden. Das Metaphysische muß von der Technik getragen werden, muß in ihr eingeschlossen sein, muß aus jedem Strich hervorbrechen. Info­fern gibt es keine große Kunst, die nicht Bekenntnis von einer be­stimmten Art des Weltgefühls, der Menschlichkeit wäre. Die Form ist das unsterbliche Gefäß für die höchsten und geklärtesten Regungen des Geistes; die Form bleibt lebend, auch dann, wenn die Umstände, die Leidenschaften und die Sehnsüchte, die sie hervor­rieben haben, längst vergangen sind.

Kälteriefen" im Tierreich.

Man sagt, daß das, was die Käthe Kollwiß macht, häßlich sei; sie zeigt das Proletariat, schlechternährte, vom Schicksal be­drängte, niedergedrüdte, zermalmte Menschen, hungrige Menschen­tiere. Sie zeigt Verzweifelte, Gehette, Berlorene; sie zeigt, wie die Ausgestoßenen zur Waffe greifen, um, von ihr getroffen, z= fammenzubrechen. Sie zeigt die Raserei der Unterdrückten, den blutigen Taumel um die Guillotine. Es ist eine ungezügelte bei den Tieren hervorzurufen, bildet seit bereits mehr als 50 Die Theorie, daß faltes Klima geeignet fet, einen Riesenwuchs Wildheit in diesen Blättern; angstvolle Gemüter können wohl er- Jahren den Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Beobachtungen. schrecken. Es lebt in diesen Blättern aber auch eine große, ver- Die Behauptung selbst wurde zuerst von dem deutschen Zoologen flärte Schönheit des Opfers und der Hingebung an das Gebot Bergmann aufgestellt und mit dem physikalisch unleugbaren Sab der Bruderschaft. Käthe Kollwitz ist wahlverwandt mit dem Zola begründet, daß ein Körper un so weniger Wärme abgibt, je ge­des Germinal und dem Gerhart Hauptmann der Weber und des ringer im Verhältnis zum Körperinhalt seine Oberfläche ist. Hamnele. Man erinnert sich vor diesen Dokumenten gequälter Sieraus mußte man schließen, daß größere Tiere mit ihremt be­Menschheit an das alte, halbblinde, zerschundene Grubenpferd, von deutenden Körperinhalt besonders befähigt sind, ihre Körperwärme dem Zola erzählt, und( wie es Hauptmann sah) an die feine gegen den Einfluß niedriger Außentemperaturen zu schüßen. All­Süßigkeit, die Kinder aus den schmalen Blütenschäften armseligen ja bekanntlich die heißesten Gegenden der Erde einzelne größte gemein gültig ist jedoch diese Anschauung in der Prayis nicht, da Klees zu saugen wissen. Tierarten aufweisen, wie z. B. die Giraffe und den Elefanten. Die ganze Innigkeit ihrer Seele aber zeigt Käthe Kollwik, Innerhalb der Tierrassen selbst ist aber nach den in der Natur­venn fie die Gemeinsamkeit von Mutter und Kind, die Zueinander- wissenschaftlichen Umschau von Dr. Lippschütz mitgeteilten For­gehörigkeit, die Ineinandergehörigkeit solcher Liebe, solcher Hin- schungen Hans v. Böttichers tatsächlich festzustellen, daß kältere gebung und solcher Hilflosigkeit erfühlt und in wenigen, von Regionen größeren Körperumfang heranbilden. Der Rabe z. B., Empfindung durchpulsten, zärtlich hingeftreichelten, aber doch rauhen fallend großen Formen im nordischen Gebiet vor, feine bemerkens­der so ziemlich über die ganze Erde verbreitet ist, kommt in auf­und heftigen Strichen auf ein armselig Stück Papier bringt. iverte Riesengestalt erreicht er in dem während des Winters be= Nur wenn Inhalt und Form sich durchdringen, gibt es Kunft. sonders kalten Tibetgebiet. Diese Unterschiede sind selbst innerhalb Das ist das Ewig- Plastische aller Gestaltung. Geist durch Fleisch, engerer Grenzen zu bemerken. In den kälteren Gebieten der und Sinnlichkeit in der Verklärung. Askese im Rausch, und Schweiz und in den österreichischen Alpen ist der gewöhnliche Kolf­Leidenschaft in der Armseligkeit. An dem Wert der Käthe Kollvik, rabe viel größer als in den wärmeren Gegenden Ungarns . Den die die Tochter eines freireligiösen Predigers und die Frau eines Größenrekord, wenn man so sagen darf, halten die Raben im Armenarztes ist, deren ganzes, warmes Herz zugleich dem Volke äußersten Norden von Amerika inne. Gin im Berliner Muſeum für Naturkunde befindliches Gremplar dieser Gattung ist nicht und der Kunst, dem Leide und der Sehnsucht gehört, wird die weniger als 10 Zentimeter länger als die bei uns bekannten Naben. Zeugungskraft solch eines Dualismus offenbar. Aehnliche Beobachtungen ließen sich auch an Säugetieren anstellen. Der Ameisenigel ist im wärmeren Neu- Guinea bedeutend fleiner als im fälteren Tasmanien , das Känguruh nimmt von Norden nach Süden sichtbar an Größe ab. Auch der Jltis ist in Skandinavien größer als etwa in Spanien . Das gleiche gilt für Steinböcke, Gemsen, Rehe und selbst Raubtiere wie den Jaguar. Man kann also wohl behaupten, daß zumindest dieselbe Tierrasse im falten Gebiet größere Körperformen hat als im warmen. Uebrigens find ja auch bekanntlich die Bewohner nördlicher Länder im Durch­

Robert Breuer.

Eine prähistorische Operation. leber givei an vorgeschichtlichen menschlichen Schädeln ent­deckte, einwandfrei nachweisbare operative Gingriffe veröffentlicht ein Mitarbeiter der Naturwissenschaftlichen Wochenschrift" aus eigener Anschauung eine höchst interessante Studie. Die besagten Schädel, die aus dem an Funden reichen Gräberfeld bei Münsingen schnitt größer als die der Tropen. univeit Bern stammen und im Historischen Museum der schweize­rischen Bundeshauptstadt untergebracht sind, weisen nämlich beide fog. Trepanationsöffnungen auf, d. h. Knochenchirurgische Eingriffe, durch die seinerzeit die Schädelhöhle eröffnet worden ist. Der eine laufende Deffnung, der andere zwei einander symmetrisch gegen Schädel zeigt eine einzige, nach rückwärts in eine Spalte aus­überliegende nahezu freisförmige Löcher in den Scheitelbeinen. Die Durchmesser der Oeffnungen betragen 3 bis 5 Zentimeter.

Notizen.

- Borträge. Ueber Die Sonne und ihre Fleden spricht Dr. Archenhold Dienstag, 1. Mai, abends 7 Uhr, in der Treptow­Die Aushungerung Englands", Sonnabend Kapitänleutnant ban Sternwarte. In der irani a spricht Mittwoch Dr. Seibt über: Bebber über: Infer Kreuzergeschwader". Am Sonntag wiederholt Prof. Bei Betrachtung des Fundes drängt sich die Frage auf, womit Schwahn seinen Vortrag: Werden und Vergehen im Weltenraum. der vorgeschichtliche Operateur die starke Schädeldecke des Menschen Theater chronit. Im föniglichen Opernhause wird am durchsetzt haben mag, da ihm doch die notwendigen Instrumente, 6. Mai, mittags 12 Uhr, die Alt- Berliner Poseyri- Phris" wie Weißel und Trepan , fehlten. Es liegt nahe, anzunehmen, daß in einer besonderen Veranstaltung zum Besten der Kriegsfürforge des zur Ausführung der Operation Sand und Stein gedient haben, österreich - ungarischen Generalfonfulats von den ersten Kräften des Hof­solcher Art, daß man mit Steinverkzeugen den Knochen durch- theaters und hervorragender Gäste anderer Berliner Bühnen aufgeführt. arbeitete, wobei der Sand zur Erhöhung der Reibung zwischen Musikchronit. Zum Mufiffest im Zirkus Schumann am Knochen und Stein gebracht wurde. Wenigstens spricht die Be- 7. Mai wird eine öffentliche Hauptprobe am Sonntag, den 6. Mai, schaffenheit des Nandes für diese Art der Eröffnung der Schädel- vormittags 12 Uhr stattfinden. Programm: Frithjof, Aida( 1500 höhle. Man schliff also das Schädeldach gleichsamt durch. Das eine Sänger und Mufifer), Kaisermarsch von Wagner.

und Widerhall. Mit einer großen und ruhigen Geste brach| stellte in ihm die ausgerottete Friedlichkeit wieder her und er das Gespräch ab und ließ die Lider schwer über den Glanz der Augen fallen.

Gestalt und Wesen dieses Mannes aber folgten mir, durchdrangen selbst Schlaf und Traum. Auch der neue Tag fand mich nicht williger, Wunderliches zu glauben, Unge­wöhnliches zu verneinen. Ich fand Beatus Mensch am Lager cines Soldaten, den der Tod gezeichnet. Er hatte sich stark genug gefühlt, sich zu erheben, und als ich ihm seine Eigen­mächtigkeit verwies, lächelte er sanft und sagte leis: Reben kann der Mensch allein, aber allein sterben ist schwer... Wo sollte ich sein, wenn nicht bei den Sterbenden?"

erlöste die Leidenden von der Brutalität des Krieges. In diesem Sinne ging er als Erlöser über die Felder des Blutes und hinterließ auf seinem Wege die Spur der Milde; er trug das heilige Feuer der Liebe durch die Nacht von Haß, und sein Auge verhieß Friede, der kommend war. Das Tun seiner Güte überflog die rohe Gewalttat, die ihn umbraufte, und seine Friedlichkeit gipfelte über Getümmel, Fieber, Rausch und Feindseligkeit wie ein fristallenes Gebirge in reineres Richt...

Ich sah Beatus Mensch am Abend wieder und fand ihn bleich ruhend auf dämmeriges Rager versunken. Feierlichkeit lag über Gesicht und Gestalt gebreitet. In seinen Augen wachte schlaffern aller Wille und alle Freudigkeit zu Güte und Liebe, Demut und jede Bereitschaft.

Ich neigte mich zu ihm und sagte: Schlafen Sie... Schlaf heilt und stärkt, und Sie müssen müde sein..."

Er antwortete leise: Ich muß wachen und warten..." ,, Warten? Auf wen?" fragte ich.

" Auf den, der mich heimruft," sagte er und fügte hinzu: ... den Tod..." ... den

Wer spricht hier von Tod?" rief ich mit Verwundern. An einer solchen Wunde stirbt man nicht.

"

Ich ließ ihn nach seinem Willen tun; er saß bei den Ver­wundeten und tröstete sie, ihr Schmerz wurde vor ihm stumm; er sprach den Sterbenden vom Leben und sie glaubten, den Sehnsüchtigen zeigte er die Erfüllung und sie fanden Auf­schwung, die Hoffnungslosen stählte er mit neuen Ver­heizungen und vor den Wunden ließ er den Glanz kommenden Friedens warm erstrahlen. Wunder quollen aus seinem Wesen; er gab sich hin an die Geschlagenen und sie empfingen ihn, schmachtend nach Stillung und inbrünstig, wie eine Kom­munion. Er aber stand in diesem Geschehen zwischen Traum und Wirklichkeit. Licht durchäderte die lastende Schwille des Raumes, und es spann sich um ihn wie eine heimliche Glorie. Er war diesen Männern, die den Staub der Schlacht noch an sich trugen, nicht fremd. Ich befragte diesen und jenen; irgendwo einmal war er mit ihnen gewesen, so sehr sie auch hier sich aus dem großen Ungefähr der Kampfpläge zu- Er war fieberfrei und hatte Kraft genug, zu leben, seine fammengeworfen fanden. Irgendwo einmal hatte er mit Wunde war ungefährlich. Woher diese Voraussicht nahen ihnen sein Brot geteilt, neben ihnen in der Ackerfurche ge- Sterbens? Vielleicht war es nur das gesteigerte, erschöpfende schlafen, den Verband um ihre Wunden geschlungen, mit ihnen Mitfühlen der Not, die Menschen litten, deren Kreuzträger unter der wählenden Hand des Todes gestanden. Und sie er sich fühlte. Und ich war voll Unruhe um das Schicksal, hatten seine Macht innig und voll Demut empfunden. das mir so nah sich vollendete.

Da hob er seine Hand in das sanfte Scheinen des Lichts und sagte: Ich sterbe nicht an meiner Wunde aber ich sterbe an den Wunden der Welt..," Und er wandte den Kopf ruhig und bedeutsam zur Seite und schwieg.

Welcher Geist- stählte ihn auf zu solchem Handeln! Auf- Am nächsten Morgen untersuchte ich Beatus Mensch und ragend stand in ihm dieser Wille, gütig zu sein; sich ganz zu zog einen zweiten Arzt hinzu, weil ich allein nicht Verant­erfüllen in tief begriffener Sendung; zu Haß, Grausamkeit, wortung tragen wollte; doch die Wunde war rein und gut. Tod und Schmerz als Gegensatz zu stehen; das Gewicht dieses Aber Veränderung brettete sich schon in ihm aus; er hielt den ungeheuren Kriegsgeschehens auszugleichen mit einer maß- herben Mund geschlossen wie zu ewigem Schweigen, und die lojen Opferliebe zu allem, was lebte. Augen sahen nach innen. Gegen Mittag fiel rotes Fieber ungestüm über ihn her; stumm lag er und glühte, als verzehre der Leib sich opfernd in einer legten Tat der Liebe für die unstillbare Not der Menschheit.

Langsam begriff ich ihn und erkannte, daß er nicht fana­fisch einer dee gehorchte, fondern alles der Notwendigkeit feines ergens entſprang, daß nichts an ihm wissende Ge­bärde war, sondern verzehrende Hingabe an die Not der Welt. Aus diefer wilden, irrenden Menschheit strömte alle Güte zusammen in einem Menschen; sie bildete ihn zum sänftigenden Ausgleich gegen Noheit, gegen Haß, gegen Taumel, gegen alle Vom Sterbelager trafen wir ins Freie hinaus. Finster Feindschaft, die die Beit und die Geister überfinsterte; sie finterte Nacht in das zertrümmerte Dorf. In der Ferne

In der dritten Nacht starb er. Ich erwartete, daß wie durch mich ein Beben und Reißen durch die Erde gehe, aber der alte Planet schwieg und hüllte sich tiefer in Nacht.

brannten die Erdölquellen, und Erde und Himmel schmolzen in unermeßlichem Glühen zusammen. Ich berührte den Arm des jungen Arztes, der neben mir stand, und fragte an ihn vorbei in die brennende Nacht: Was glauben Sie, woran dieser Mann gestorben ist?...

Und sah, wie er sein Gesicht mir zudrehte, und unbeirrt und mit einer Nüchternheit, um die ich ihn beneidete, ant­wortete er: Ich habe Starrkrampf festgestellt; seine Ver­wundung war nicht tödlich."

"

,, Nein," sagte ich, an dieser Wunde konnte er nicht sterben... Und ich dachte darüber nach, daß in der Nacht seines Sterbens das Land brannte.

"

Die Güte aller Völker und Zeiten war in ihm erstanden," sagte ich.

Wen meinen Sie?" fragte mein Begleiter befremdet. " Den Mann, der eben starb," entgegnete ich.

Um uns gefror lauschende Stille... Ich fühlte mich ein­sam und ins Leere gestellt. Und während mein aufgescheuchtes Denken in Nahem einen Halt suchte, sah ich, wie sich am Hori­zont aus Rauch und Brand ein gewaltiger Schatten erhob und mit ausgebreiteten Armen in den Himmel ragte; und er neigte sich und horchte in die seufzende Nacht.

Posten im Schnee.

So lautlos still steht oft um uns die Zeit Als sei sie in der klaren Winterluft Gleich den vermummten Tannen, weißgepufft Und wattebäuschig träumend eingeschneit.

Der Stunden Gleichmaß wechselt und vergeht In zwangsgewohntem Denken und Beginnen, Des Daseins inhaltlose Tropfen rinnen Wie Sand, der leise von der Böschung weht.

Es ist, als hielte alles Leben. Rast

Bon farbengrellem, wundgeheztem Jagen, 1nd was wir funkelnd einst in uns getragen, Liegt unter meilenbleichem Weiß verbraßt. Da plärrt ein Minenschlag. Und jach Schmußt sich die Luft mit widrigen Gerüchen, Der Schnee zerbirst in schwarzen Wolkenbrüchen: Schreiend krampft sich erstarrtes Wüten wach. Erich Kuttner