MiozZn an. STm Ausbau 6(8 Tert!Zr8 find beteMgt: Braunsohle.Ton, Sand. Die Braunkohle tritt in zwei Flözen auf. DaSO b e r f l ö z erreicht eine Mächtigkeit bis zu 20 Meter, da» Unter-f l ö z eine solche von 10—12 Meter. Beide Flöze werden getrenntdurch eine 30— öv Meter mächtige Schicht von feinen, glimmer«führenden Sonden, die von 2— S Meter mächtigen Kohlenlettenunterlagert werden.Die Ablagerungen des Miozän» der Niederlaufitz entstammennicht dem Meere, sie sind auf dem Festlande und unter Sützwafier-bedeckung entstanden. Große Ströme durchzogen in jener Zeit da?Land und nahmen ihren vielfach gewundenen Lauf dem Meere zu.in das sich ihre träge fliehenden Wasser ergossen. Sein Südrandverlief durch das südlich« Mecklenburg und mittlere Hannover nachdem Niederrhein auf Holland zu. Große Seen, Sümpfe und Nie-derungen lagen zwischen den Strömen. Durch die ungeheuren Sand-und Schlammmassen, die die Ströme ablagerten, wurde das Landallmählich erhöht, und eS entstand eine weite Ebene, die sich mitausgedehnten Sumpfwäldern bedeckte. Aus diesen Wäldern bildetesich ein Torfmoor in derselben Weise, wie sie noch heute in denNiederungen unserer Täler aus den ErlensumpfwSldern entstehenund wie wir eS z. B. im Spreewald sehen. Dieses älteste Wald«moor wurde zum U n t e r f l ö z.Später hat sich das Gebiet gesenkt und eS entstand ein große?Seebccken, das von den einmündenden Flüsien mit feinen Sandenund Kohlenletten ausgefüllt wurde. Nach der Auffüllung des See«beckenS bildete sich wiederum ein Waldmoor, da» zur Entstehungeines zweiten mächtigen Torfmoore» führte. auS dem das Ober-f l ö z wurde. AuS der verschiedenen Mächtigkeit beider Flöze ist zuschließen, daß daS Oberflöz längere Zeit zu seiner Bildung nötighatte als das Unterflöz. SlS der zweite Zeitabschnitt der Torf«bildung beendet war, wurde das Waldmoor von Flüsien über-schwemmt, die große Massen grober, weißer Ouarzsande und hellerKiese ablagerten. An ruhigeren Stellen wurden sehr fette, belleTone abgesetzt, die häufig Abdrücke von Blättern und anderenPflanzenresten führen.Dadurch ist uns Gelegenheit gegeben, die Pflanzenwelt jenerZeit kennen zu lernen. Buchen, Kastanien. Platanen, Linden.Weiden, Pappeln. Birken, Erlen und Haselsträucher kommen vor.Die Sumpfzypresse(?»xoäium distickurn) und ein anderes Nadel-holz<8sguoia) bildeten große Wälder, die hauptsächlich am Ausbauder Braunkoblenflöze teilnahmen. In diesen werden noch häufigTaxodiumstubben gefunden, die aufrecht stehen und sich mit ihrenWurzeln in den liegenden Schichten der Kohle verbreiten.>Sie liefernmit. voller Sicherheit den Beweis für die autochthone(am Ort desVorlommenS) Entstehung der Braunkohle. In dem alten Tagebauder Grube Ilse, der noch im Handbetrieb ausgebeutet wurde, stehennoch einige Stubben, die letzten Zeugen für die Entstehung derBraunkohle an Ort und Stelle. Sie verdienen eS, als Naturdenkmäler geschützt zu werden. Sie sind etwa 1,b0 Meter hoch. Dergrößte hat an der Oberkante einen Umfang von 6 Meter, seinDurchmesser ist am Boden 2,V0 Meter und an der Oberfläche1,30 Meter.....Jedoch nicht allein auf der Sohl« der Flöz« finden sich dieStubben, sie kommen auch in den Flözen selbst in ollen möglichenHöhen übereinander und an der Oberfläche der Flöze vor. Auchliegende Slämme beteiligen sich am Aufhau der Kohlenflöz«. Mituntersind sie wagerecht gelagert, mitunter setzen sie schief durch die Kohle durch.Gewaltige vaumriesen müsien einst in diesen Wäldern gewesensein, hat man doch mehrfach Stämme bis zu 30 Meter Länge ge-funden. Aus den Jahresringen wurde da« Alter mancher dieserBäume auf mehr als tausend Jahre bestimmt. In der alten GrubeIlse ist ein Stamm zutage gebracht worden, der einen Durch-mesier bis zu 13 Meter gehabt hatte und 100 Grubrnwagen zu je3 Hektoliter fossilen HolzeS lieferte. DaS Klima, in dem jenePflanzenwelt sich entwickeln konnte, muß ein milde», feuchte» ge-Wesen sein, etwa wie e» heute an den Küsten der atlantischen Süd-staaten Nordamerika« herrscht. Hier bilden auch jetzt noch dieSumpfzypressen große Sumpfwälder(SwampSj und geben ein Bei-spiel jür die miozänen Vraunkohlenwälder der Niederlausitz.ii.DaS Oberflöz wird in zahlreichen Betrieben, zumeist Tage-bauen, ausgebeutet. Da« Unterflöz ist bither nur in dem TagebauM a r g a, südwestlich von Senftenberg, zwischen Görlitz und BrieSke,der Jlse-Bergbau-Aktien-Acsellschaft gehörend, aufgeschlosien worden.Im Tagebau Marga wird die Ausbeutung de« Kohlenflözes so-wie die Verarbeitung der Kohle' zu Briketts mit den technisch voll-kommensten Mitteln vorgenommen. Mit großen Baggern werdenzuerst die da« Kohlenflöz überlagernden lockeren Gesteinschichten(Kitfe, Sande) abgeräumt. Beim Freilegen findet man öfterStrudellöcher größerer oder geringerer Breite und Tiefe, die vonden eiszeitlichen Schmelzwässern ausgekolkt wurden und vonSand, Kies und Geschiebemergel erfüllt sind, wodurch der Ab-bau der Kohle manchmal empfindlich beeinträchtigt werdenkann. Mitunter dehnen sich die Strudellöcher zu tiefen Spalten oderumfangreichen Wannen auS. Infolge de» GebirgSdruckS nimmt dieKohle von oben nach unten an Festigkeit zu, so daß sie an derSohl« am festesten erscheint.Da» Kohlenflöz wird ebenfall« mittels Bagger abgebaut. Durchdiesen maschinellen Betrieb werden die in der Kohle vorkommendenStubben und Stämme zerrissen und vernichtet. Ihre Erhaltungläßt sich nicht ermöglichen.Bevor jedoch die Kohle abgebaggert wird, wird daS Flöz unter-teuft um die darin enthaltenen Wasser zu entfernen. ES sammelt sichin den Strecken und wird durch Rohre von 30 Zentimeter Durch-mesier noch oben gepumpt, wo e« in die Schwarze Elster fließt.Die Entwässerung dieses Tagebaues ist einzig in ganz Deutschland.Die Unterteusung geschieht>/, bis 2 Jahr« vor Abbau der Schichten.Sobald der Bagger, der auf Schienen läuft, so weit gearbeitethat, daß er die Kohle nicht mehr faßt, muß da« Glei» zurückgerücklwerden. Die» geschieht durch eine Gleisrückmaschine, die den Fort-schritt der Technik, die Ueberlegenheit der Maschinenarbeit über dieHandarbeit deutlich vor Augen führt. Die Maschine rückt da» Glei»in 2 Stunden 8 Meter weiter, während früher 30 bi» 80 Mannnötig waren, um e» in 6 Stunden 1 Meter weiter zu bringen.Au« den Baggern kommt die Kohle in Grubenwagen, die aufGrubenbahnen zu der Stelle der Grube befördert werden, wo dieKettenbahn beginnt. Mittel» der Kettenbahn gelangen die Färber-wagen au« der Grube in die Fabrik. Um den Betrieb der Fabrikaufrecht zu erhallen, sind in jeder Arbeitsschicht<12 Stunden) 7000Wagen zu je 8 Hektoliter erforderlich. Die Kohle kommt zuerst inda« sogenannte.NaßhauS". Hier wird sie in Schleudermühlen zer-kleinert und dann in Trockenräume besördert um zu trocknen. Nach-dem die Kohle genügend trocken ist, gelangt sie in die Presien; vor-her wird ihr etwas Oel beigemengt, damit sie glatt durchgepreßtwerden kann. Mit Heißluft unter hohem Druck wird die Kohle ge-preßt und erhält die bekannte Form der Briketts<Preßkoblen>. BeimBerlasien der Presse werden die Kohlen mit dem Fabrikstempel ver-sehen und glasiert und sind nun fertig zum Bersand.Grube Marga umsaßt zwei Brikettfabriken mit zusammen38 Presien, von denen jede täglich 800 bis 1000 Zentner Brikett«liefert. In Zeiten normalen Betriebes Verlasien die Fabriken anjeden Tag 180 Waggon Kohlen zu je 200 Zentner.Den Mittelpunkt der Fabrikanlagen nimmt daS große verwal-tungsgebäude ein. In ihm befinden sich auch die Badeeinrichtungenfür die Arbeiter. In einer großen Halle liegen die Brausebäder,in denen sie sich reinigen, sobald ihre Schicht beendet ist. DieKleidung der Arbeiter wird an Ketten zur Decke hochgezogen. Jederhat seine besondere Kette, die er mit nur für diese Kette passendemSchloß unten anschließt, so daß kein Unberufener an seine Sachenheran kann. Nach dem Bade läßt jeder seine Kleidung herunterund zieht dafür die Arbeitskleidung hoch, die bis zum Beginn seinernächsten Schicht oben hängen bleibt.Marga bildet eine Kolonie sür sich. Die junge Siedlungmacht einen äußerst freundlichen und anziehenden Eindruck. Hier istnichts zu spüren von der Nüchternheit und Geschmacklosigkeit der so-genannten Arbeiterkasernen aus früherer Zeit. Die Häuser, diemehrgeschossig sind und von mehreren Familien bewohnt werden,find landhausmäßig gebaut, jede» in eigenem Stil und mit Bal-konen und gut gepflegten Borgärten versehen. Inmitten der Kolonieist der große Marktplatz, an dem die Kirche, die Schule, da» Post-amt, ein Gasthaus sowie ein Kaufhaus liegen und von dem dieHauptstraße zur Fabrik führt.Ungeheuer reich sind die Schätze, die in dieser Gegend demBoden abgerungen werden und noch dazu ohne die sonst den Berg«bau begleitenden Mühen und Gefahren. Groß und mächtig sindnoch die Lager, die bis jetzt nur erbohrt wurden und die des Ab-bau? noch harren. Ihre Erschöpfung ist in absehbarer Zeit nichtzu befürchten.Ein ausgedehntes Industriegebiet liegt dort unten im Südenunserer engeren Heimat, von dem der Großstadtbewohner, der diesauer.erstandenen" Preßkohlen in den Rachen seine» unersättlichenOfenS steckt, kaum eine Ahnung hat. Fabelhast wird e» seinenOhren klingen, wenn sie hören, daß im vergangenen Winter derZentner Briketts ab Fabrik 45 Pf. kostete..T. Ch.Ein Vorschlag zum Weltfriedenvor 1VV fahren.Man muß e» dem die aristokratischen Jnteresien gegen Horden-berg verteidigenden märkischen Junker Friedrich August Ludwigvon der Marwitz losien, daß er ein austechter Charakter war. Auchein patriotisch fühlender Mann, der weiter sah, al» die Mehrzahlder Staatsmänner, die zu Napoleon» Zeit in deutschen Landenregierten. Schon während der Rückkehr der vom harten Winterund vom Feind« so bös mitgenommenen Heerscharen NapoleonsouS Rußland erhebt er seine Stimme für sofortige» Losschlagen,aber sein Memorandum bleibt bei seinem Mittelsmann liegen undwird erst einen Monat später an Hardenberg gegeben..Bei einemHaar wurde alle» verloren"— schreibt Marwitz einige Jahre später—.aber Gott machte, daß dennoch alles gewonnen wurde. Doch tratbei alledem nicht da» preußische Volk, wohl aber die preußische Re-gierung weit untergeordneter auf, als sie gesollt hatte."Im November 1S13 schreibt Marwitz einen Aufsatz nieder, demer den Titel.Von dem Wesen des jetzigen Krieges' gibt und denUntertitel hinzufügt:.Zur Beantworiung der Frage: Wann kannder Friede gemacht werden? und wie muß er gemacht werden?"In diesem charakteristischen Sckriftstück beißt eS:.Da nun der Zweckdes Kriege» kein anderer ist als: das moralische Prinzip des Rechtssiegen zu machen über Unrecht, so muß auch der Friede die Vernich-tung de« Unrechten bestätigen, und waS recht und wahr ist, allge-mein verkündigen.So wie nun in den bisherigen Frieden, die wir seit kurzer Zeitzu Dutzenden haben schließen und ebenso schnell wieder brechen ge-sehen, immer allerlei Heuchelei vorgebracht wurde: von derFreundschaft, die fortan bestehen sollte, von der Hilfe, die man sichleisten wollte, von Kontributionen, Länderabtretungen u. dergl., sowird in diesem Frieden nichts dergleichen Lügenhafte» und Böse»zu finden sein, sondern es wird etwa heißen: Deutschland, Frank-reich, England, Spanien und wer sonst mit paziSziert, erkennen an:»Daß sie von nun an allen Eroberungen und Anmaßungenaußerhalb ihrer Grenzen entsagen..Es soll ferner ein jedes Volk bei sich tun können, wa» eS willund kein anderes soll daS Recht haben, sich darein zu mischen..Besonders soll niemals mehr der Borwand gebraucht werdendürfen, daß man«ine fremde Provinz oder ein fremde» Volk andem Glücke wolle teilnehmen lassen, da» von den eigenen Bürgerngenossen wird, denn eS wird hiermit anerkannt, daß niemand vonaußen her beglückt werden kann..Diesem noch ist ein jedes Boll innerhalb seiner Grenzen alsgeschlossen zu betrachten; wer seine Grenzen zu erweitern trachtet,der soll als ein Treuloser und als ein Verräter an der gesamteneuropäischen Staatenrcpublik betrachtet und durch gemeinsame Ge-walt aller Mächte zurückgewiesen werden..Ein jedes Boll wird fortan an dem andern unterschieden durchseine Sprache: Die Grenzen deS Landes find da, wo seine Sprachenicht mehr geredet wird..ES soll zu ewigen Zeiten kein Deutscher einem Franzosen, undumgekehrt kein Franzose einem Deutschen dienen, oder die Herrschastde» einen Volkes dahin ausgedehnt werden, wo man des andernSprache redet. Welcher Monarch seine Untertanen einem fremdenHerrscher abtreten will, der ist seine» Thrones verlustig, und dieNation hat da» Recht, sich selber zu helfen.—.Diese Sätze sind von solcher ewigen und leicht faßlichen Wahr«heit, daß sie auch unumstößlich sein werden, sobald man nur einmalden Mut gehabt hat, sie öffentlich auszusprechen und allgemein be-kannt zu machen..ES muß aber so allgemein geschehen und so öffentlich wiemöglich. Dieser wahre Friede muß nicht unterzeichnet werden, wiedie unrechten und Schein-Friedcn, von einem Paar Abgeordneten,in einem verborgenen Gemach, sondern von den Abgeordneten allerStände beider Nationen, mit ihren Herrschern an der Spitze, ineinem öffentlichen und feierlichen AktuS."—Dem Idealismus wird man seine Anerkennung nicht versagen—vielleicht, daß unser Geschlecht ihm näher kommt, als die Generationvon vor 100 Jahren.___Petersburger Straßenbilöer.Ein Berichterstatter de».Matin". der während der letztenMonate die russischen Hauptstädte besuchte, sendet seinem Blatt Siefolgenden Schilderungen des Petersburger Straßenlebens:.ES ist1 Uhr nacht«, aber niemand in den Straßen Petersburg« denktdaran, schlafen zu gehen, eine ungeheuere Menschenmenge füllt denNewSky-Prospekr. So verhält es sich jetzt fast in jeder Nacht.Hunderte von Rednern wenden sich an Tausende von Zuhörern.Meist bleiben die Leute bis 5 Uhr morgens auf den Straßen, underst dann begibt man sich zur Ruhe, um natürlich ziemlich spätwieder aufzustehen. Wenn da« einzige Geheimnis, zu Gelde zukommen, im Frühaufstehen bestände, müßte man sagen, daßdie russischen Revolutionär« niemals reich werden können....Ich nähere mich einer erregten Gruppe. Ein Arbeiterspricht. Er ist Anhänger der Partei Lenins. Er schil-dert entsetzliche Bilder, spricht davon, daß das Blutdes jungen Rußland zwecklos vergoffen werde und daß hieran alleindie Grausamkeit des bedrückenden Kapitalismus schuld sei. Manspendet ihm fieberhaften Beifall. Dann aber tritt an seine Stelleein Offizier, der wieder die Schönheit des tapferen Sinne» im Kriegepreist. Hierauf nimmt ein anderer daS Wort. Er liebt Englandnicht und erklärt dies sehr energisch, ohne sich Zurückhaltung aufzu-erlegen. Währenddesien steht neben mir ein britischer Offizier, deres noch Schluß dieser englandfeindlichen Rede unternimmt, die An-schuldigungen zu widerlegen.Ein anderes Bild. ES ist 8 Uhr abends. 300 Leute wartenvor einem Schubladen, der erst am nächsten Morgen um 9 Uhr geöffnetwerden wird. Solange werden diese Leute geduldig warten, undsie werden versuchen, langausgestreckt auf dem Pflaster zu schlafen.Es gibt hier unheimlich wenig Schuhe. Das Leder ist in Rußlandnachgerade ein legendärer Begriff geworden. Da es au Arbeits-trösten fehlt, wird in den Fabriken entweder überhaupt gefeiert odernur wenige und minderwertige Ware geliefert. Ein Paar Damen-stiefel kostet im Durchschnitt 150 Rubel, Herrenstiefel sind für 100bis 120 Rubel zu haben... Heute abend war ich im RestaurantDonon, das vor der Revolution eines der glänzendsten LokalePetersburgs war. Als ich auf den Gedanken kam, eine Flasche ein-fachen französischen Tischwein zu verlangen, sandte man mir ImGeschäftsführer, der geheimnisvoll flüsterte:.Ich habe nicht dasRecht, Ihnen Wein zu verabfolgen, doch ich will Ihnen gefälligsein. Nur muß der Wein, damit die Gäste an den anderen Tischenes nicht merken, in einem Krug gebracht werden, und ivir werdenein paar Erdbeeren hineintun, damit man ihn für ein harmlosesErfrischungsgetränk hält. Die klein« Flasche Wein berechne ichihnen mit 25 Rubel, die Erdbeeren mit 5 Rubel." Daraufhin ver-sichtete ich. da mir der Preis von 50 Fr. für eine kleine Flascheeinfachen Tischwein denn doch ein wenig zu teuer erschien...Soeben erblickte ich ein seltsames Bild: der Newsky-Prospektwar einige Minuten lang vollkommen menschenleer. Verursacht wardiese Vereinsamung der sonst so belebten Straße durch einenvorbeifahrenden Kraftwagen; deffen Motor besonders lautknatterte. Daraufbin ergriff alles die Flucht, denn die Peters-burger von heute fürchten nichts so sehr wie ein Maschinengewehr.Als ich in das Hotel Europe kam, wo ich seit Tagen wohne, er-hielt ich eine traurig« Nachricht. Die Kellner de» Hotel» sind diesenMorgen in den Streik eingetreten und der Besitzer mußte alle ihreForderungen annehmen. Von nun ab werden die Gäste ein Pflicht-trinkgeld von mindesten» 15 Proz. der Rechnung zahlen müssen.Als ich dem Oberkellner erklärte, daß dies geradezu Tyrannei sei.gab er mir zur Antwort:»Nein, Kamerad, nein, Kamerad, das istunsere Freiheit'...Unverändert sind in Petersburg die vielen kleinen einspännigenPferdedroschken geblieben. Auch die Kutscher, die alten Jswoslschiks,erinnern an frühere Zeiten. Ich sprach mit einem dieser altenKutscher und fragte ihn:.Wie denkst Du über die Freiheit?".Wir verdienen viel Geld," erwiderte er,.aber es ist nicht gut. daßniemand befiehlt und daß alle Leute tun, was sie wollen." Dielekonservative Erwägung hinderte den braven Kutscher aber nicht, n/::für eine ganz kurze Fahrt 10 Rubel abzunehmen. Zum Schluß einintereffanier Ausspruch eines russischen Soldatenabgeordneten..Dierussische Revolution," sagte er,.gleicht einem Apfelbaum: die erstenFrüchte sind nicht vor drei Jahren eßbar. Unglücklicherweise wärees aber für Rußland dringend notwendig, sie schon jetzt verspeisenzu können."_Neues von üen Sonnenflecken.Die gewaltige Sonnenfleckengruppe. die, wie schon kurz ge-meldet, zu Beginn des Monat« August aufgetaucht ist. hat ni-zwischen eingehender beobachtet und in ihrer Entwicklung versolgrwerden können. Wie A. Stentzel in der.Astronomischen Zeilschrift"hervorhebt, ist die Oberfläche des SonnenkörperS jetzt geradezu über-sät von Flecken. Am 7. August konnte man im Fernrohr nichtweniger als neun selbständige Fleckengruppen zählen, die sich inbeiden Fleckenzonen über die ganze Halbkugel erstreckten, doch in derNordzon« weitaus am stärksten waren. In dieser breitet sich nebenmehreren westlich vorangehenden kleinen Flecken ein mächtiges, zer-klüftete», dunkles Gebilde au», das auS vielen Einzelflecken mitHöfen zusammengesetzt ist und sich stetig verändert. Dr. Archen-hold tonnte auf der Treptow-Sternwarte in Berlin mit demgroßen Fernrohr nicht weniger als 7V Kerne zählen, die>n sehr zerrissenen Halbschatten eingebettet sind. Die gewaltigeFleckengruppe ist bei Anwendung eines Blendglases schon mirbloßem Auge als schwarzer Punkt zu erkennen: ihr Durchmesserbeträgt etwa Vi» de« Sonnendurchmessers, rund 140 000 Kilomeier.wa» nahezu das Elffache des Erddurchmessers ist. Die am 2. Augustam Ostrande der Sonne aufgetauchte Fleckenmaffe hat am 9. denZentralmeridian überschritten und wird am 13. August am West-rande angelangt sein. Die Gruppe ist übrigens mir jener identisch.die im Juli bereit» einmal die Sonneuschcibe überquerte und am13. vorigen Monats den Zentralmeridian überschritt. Ihre Gestaltwar allerdings im vorigen Monat von der gegenwärtigen ganzverschieden: während sie sich bei ihrem ersten Zuge mehr von Ostennach Westen in die Länge dehnte, geht sie jetzt auch nordsüdlich indie Breite. ES sind vulkanische Ausbrüche von gigantischer, unfaß-barer Großartigkeit, die sich uns in Gestalt der Sonnenflecken ,uerkennen gebe» und die ungeheuer« Wolken glühender MetalldämpfeauS dem Innern des Sonnenballes an dessen Oberfläche führen.das revolutionäre Volkslied.Die neue russische Nationalhymne, die wir unten in wort-getreuer Uebersetzung wiedergeben, ist verfaßt von deni russischenDichter Balmont, während die Musik von dem nicht ganz un-bekannten jungen russischen Tondichter GretSjaninow geschriebenwurde. Die beiden machten sich an die gemeinsame Arbeit, nach-dein die Revolution einige Wochen alt war. Und kaum wurden dieWorte vernommen, wurden die Töne gehört, al« das neueRevolutionslied auch schon populär geworden war. Auch in dieserHinsicht hatte ganz plötzlich da« Alte abgewirtschaftet: die frühereBolkSbymne, daS„Bojs Tsara Krani I" verschwand ebenso unerwartet wie der Zar selbst. Wir lassen nun den Text des neuenLiedeS folgen:Möge e« lange leben, unser neues Rußland,Als ein Land, welches glücklich ist und frei.Denn die« ist die wahre und reine Freiheit,Welche uns war vorbestimmt.Rußland soll ein großes und mächtiges Reich fein,Gleich einem tiefen See ohne Grenzen.Laßt uns auch dankbar fein gegen die Helden.Die starben, um uns die Freiheit zu schenken.In unfern Wäldern. Ebenen und Feldern,Auf den Steppen und zur See,Endlich sind wir jetzt befreit und sind wir glücklichBeim Tagen der Freiheit!Notizen.— Im Trianon-Theater wurde nach Hartleben« keckzupackenden und daher immer noch wirksamen Komödien:.Diesittliche Forderung" und.Lore"(Lotte Stein!) ein neuer Einakter:.Die Vorsehung" erprobt. Die jugendliche Verfasserin DoraArnold bietet darin eine unterhaltliche Plauderei, die nur durch all-zuviel Telephon« und Türklingelei unterbrochen wird. Thema: wiedas kokette Weibchen<von Ortrud Wagner famos gespielt) durch diemit der Eifersucht spekulierende Vorsehung de« Bewerbers ein»gefangen wird.— r-— In der Urania wird der Vortrag.Da« Oberengadinund der Splügen" die ganze Woche hindurch gegeben.— Ein neues Institut für Kohlenforschung ha.der verstorbene Kohlenmillionär Friedländer-Fuld testamentarischgestiftet. E» soll in Oberschlesien erstehen und ist mit 3 Millionenbedacht. So wie die Kohlenproduktion längst für den Gemeinbetriebreif ist, wird es auch die Kohlenforschung sein. Uebrigens habenwir bereit« ein halböffentliches Institut dafür in dem in Mühlheima. d. Ruhr.t/f.