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34. Jahrgang. Nr. 41

Sehnsucht.

D. Städie brandend ihr von Melodien, 3hr Dörfer voller Werktagfrieden,

3hr Wälder weit

Und Ueder voller Kraft

--

Sonntag

Wann werden wieder wir der Wege ziehen In feligfroher Wanderschaft.

3hr Meere schimmernd von Unendlichkeiten,

Drauf Inseln schaufeln,

Die wie Perlmuff glänzen,

Und Segelschiffe ihre Flügel spreifen,

Wann wird die Erde friedvoll euch umkränzen

O Sehnsucht du...

Und heißer Herzen Schlag.

Ich weiß, ich weiß,

Es tommt ein Tag,

Wo wiederum von Land zu Cand

Der Friede seine Flügel spannt.

Und doch...

Wie viele Lenze mögen blühn,

Wie viele Sommer mögen reifen,

Herbfibunte Wälder farbentrunken glühn,

3n falten Winfern Frühlingswünsche schweifen,

Bis all die Wunden,

Die der Krieg geschlagen

Berharscht, vernarbt

O fönnten dann,

Wenn unsre Enfel fragen,

Wie wir geblutet und gedarbt,

Wir sprechen: Kind,

Es war einmal,

Es war einmal

Wedt nicht das Bild aus fernen, böjen Tagen.

Bruno Schönlant.

Beilage zum Vorwärts" Berliner Volksblatt

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ம்: லியம்

Berlin, 14. Oktober 1917

es beginnt dann das für sie, was man früher immer als das von der Sorge, die jeder neue Zuwachs für die Familie der eigentliche Element der Frau hinzustellen pflegte: die Sorge Proletarier mit sich bringt. Da ist es zu verstehen, wenn die für Haushalt und Familie. Die Frau aber, deren Schwäche Frau darauf bedacht ist, ihre Kinderschar nicht zu vergrößern, man nicht genügend hervorheben kann, wenn es die Ge- abgesehen davon, daß der weibliche Körper oft durch die währung von Rechten gilt, fie muß heute in ihrer Erwerbs- Erwerbsarbeit so sehr geschwächt ist, daß er gar nicht im­arbeit oft einen für ihre Konstitution geradezu unglaublichen stande ist, gefunden Kindern das Leben zu geben. Kräfteaufwand gebrauchen. Unmenschliches jedoch hieße es So sehen wir, wohin wir auch blicken, unter den heutigen von ihr verlangen, wenn sie unter diesen Umständen ihre Verhältnissen ein Martyrium in der Erwerbsarbeit für die Pflichten als Frau und Mutter voll und ganz erfüllen sollte. Frau und schwere Nachteile für die Familie und Haushalt, Und doch ist der Beruf der Hausfrau heute schwerer und und wir können uns nicht damit trösten, daß die jetzige Aus­berantwortungsvoller als je. Will sie sich und ihre Familie dehnung dieser Frauenerwerbsarbeit mit dem Kriegsende eine nur einigermaßen ausreichend ernähren, so bedingt das täglich wesentliche Einschränkung erfahren wird. Wir wissen, daß stundenlanges Suchen und Warten auf Nahrungsmittel, es er- die zahlreichen Kriegerwitwen und Frauen der Kriegsbeschädigten fordert ein ewiges Rochen und Arbeiten, um das fehlende Brot zu ebenso wie so manche andere Frau auch nach dem Kriege ganz erfezen. Woher aber sollte die erwerbstätige Frau die Zeit oder teilweise die Sorge für ihre Familie wird tragen dazu nehmen! Da ist es nur zu begreiflich, wenn die abgehegte müssen, und da ist es nun unsere Aufgabe als Sozialdemo­und müde Frau einen Teil ihrer Lasten ablädt auf die fratinnen, einen Weg zu suchen, der diesen Frauen ihr Los Schultern der heranwachsenden Kinder. So sehen wir jene erträglich macht! Aber wo liegt dieser Beg? Nuklos früh ernsten Gesichter der Mädchen, denen durch die Sorge würde es fein, nach der guten alten Zeit" zu jammern; das für den Haushalt und die kleineren Geschwister früh die Mad der Geschichte geht unentwegt weiter und über den, der Sorglosigkeit der Kindheit geraubt wird; wir sehen jene eng- es nicht versteht, mit ihm Schritt zu halten, geht es unbarm­brüftigen und blassen Kindergestalten, die als Kinder der herzig hinweg.

Heimarbeiterin ihre Gesundheit in der schwülen Luft des Deshalb müssen wir immer wieder vom Staate verlangen, Labaks oder durch das Gebücktsizen beim Nähen verlieren. daß er Maßnahmen ergreift, die den Frauen, die ihm ihre Aber felbst wenn die Mutter den Kindern diese Lasten Kraft und ihre Gesundheit zum Opfer bringen, ihre Arbeit erläßt, welche Tragit blickt uns oft entgegen aus den erleichtert, so daß sie oft entgegen aus den erleichtert, so daß sie nicht in ewigen Konflikt mit Gestalten der Kinder der erwerbstätigen Mütter! Da sehen ihren Pflichten als Hausfrau und Mutter geraten. Kinder­wir die vernachlässigten und unterernährten Kinder; wir sehen heime müssen geschaffen werden, in denen die Mutter ihr jene Kleinen, deren Gesichtsblässe davon zeugt, daß die Mutter Liebstes gut aufgehoben weiß, in denen die Kinder ernährt fie vom frühen Morgen bis zum späten Abend in der Woh- und erzogen werden. Die Mutterschaftsversicherung muß die nung einschließt, um sie vor den Gefahren der Straße zu Frau in ihrer schwersten Zeit schüßen. Gemeinschaftsküchen, hüten. Aber auch dieses Alleinsein der Kleinen birgt die Waschanstalten, Flickwerkstätten müssen errichiet, alle der Er­größten Gefahren in sich: Wenn wir in lafonischer Kürze in leichterung des Haushalts dienenden technischen Errungen­der Zeitung eine Notiz lesen, wie das dreijährige Kindchen schaften müssen der Arbeiterfrau zugängig gemacht werden, einer Mutter, die gezivungen war, den ganzen Tag außer um zu verhindern, daß der Eriverbstätigen durch die halb des Hauses zuzubringen, mit Streichhölzern spielend, bei Sorge für den Haushalt das Leben zur Qual wird. Anfänge lebendigem Leibe verbrannte, dann wissen wir, was es heißt: für diese sozialen Einrichtungen bestehen heute bereits, Mutter und Erwerbstätige zugleich zu sein, dann packt der größtenteils hervorgebracht durch den Krieg, und unsere Sache Menschheit ganzer Jammer uns an. wird es sein, darauf zu drängen, daß sie weiter ausgebaut Und dieses sind nur die äußeren Pflichten der Frau; werden zum Segen der arbeitenden Frau und damit des alles überragend aber ist ihre Aufgabe als Erzieherin ihrer Staatsgangen, in dessen Interesse es liegt, daß Menschenkraft Kinder. Sie soll es sein, die das erste Erwachen des Geistes nicht unnötig bergeudet wird. Vor allemt aber gilt es, Gesehe bei ihrem Liebling überwacht, die den werdenden Charakter zu schaffen zur Beschränkung der Arbeitszeit der Frau und um in die rechten Bahnen lenkt. Woher aber soll die für den zu berhüten, daß Frauen in Betrieben beschäftigt werden, die Mußestunden Sammlung und Ruhe hierfür nehmen, Freilich eins ist durch all diese Einrichtungen nicht wo die Kraft finden, Bur rechten Zeit Liebe und wieder zu schaffen: das Jdeal, das man sich früher von der Strenge walten zu lassen! Wenn wir deshalb heute Frau und der Familie machte. Das deutsche Gretchen wird bei der heranwachsenden Jugend oft Eigenschaften be- mehr und mehr verschwinden und an ihre Stelle wird die merfen, die uns mit schweren Sorgen um die Zukunft klassenbewußte Arbeiterin treten, die ihrem Mann nicht aus­Hat dieser Gedanke, den Schiller in seinem großen Lebens- dieser Kinder erfüllen, so ist das nicht nur der demoralifie schließlich Hausfrau und Mutter feiner Kinder sein wird, gedicht ausspricht, schon vor dem Kriege Tausenden und aber- rende Einfluß, den der Krieg an sich und der damit ber- sondern die treue Kameradin, die Hand in Hand mit ihm die Tausenden von Frauen wie ein Märchen aus längst ver- bundene Mangel am Notwendigsten auf das junge Gemüt Stämpfe führen wird, die emporleiten zu einer schöneren Zukunft. gangener alter Zeit geflungen, mit der der Kapitalismus   ausübt; es ist vor allem auch die Erziehung, die diesen Daß es dahin kommt, dafür müssen wir Frauen sorgen, die aufgeräumt hat, wieviel ferner liegt uns jene Zeit heute, wo Stindern, deren Väter im Felde stehen, oder gar schon in mir heute schon von der Jdee des Sozialismus erfüllt sind. der Krieg auch den weitaus größten Teil der Frauen, die fremder Erde ruhen, und deren Mütter tagaus, tagein den Unsere Aufgabe ist es, immer wieder aufffärend auf unsere bisher noch das Glück hatten, das Schalten und Walten in Lebensunterhalt für sich und die Ihrigen verdienen müssen, Klaffengenoffinnen zu wirken, ihnen die Augen zu öffnen für ihrem Hause als ihre Lebensaufgabe betrachten zu dürfen, fehlt. die Zusammenhänge der Dinge, sie unseren Organisationen in die Erwerbsarbeit hineingezwungen hat. Lesen wir die Millionenziffern der arbeitenden Frauen, so wissen wir, daß diese Ziffern ganze Bände sprechen von Frauen­qual und Kinderelend. Gleich dem Manne muß heute die Frau hinaus ins feindliche Leben"; aber ihre Pflichten sind nicht er­füllt, wenn sie des Abends todmüde nach Hause kommt,

Frauenerwerbsarbeit und Familie bensunterhalt der Familie forgende Frau in ihren Largen ihre Gefundheit gefährden.

Von Luise Schroeder.

Und drinnen waltet die züchtige Hausfrau, Die Mutter der Kinder, And Herrichet weise im häuslichen Kreise..."

Die alte Banaschin.

Von Maria Konopnicka  .

Die schwerste Zeit aber bedeutet es für die Erwerbs- zuzuführen. Indem wir das tun, geben wir unseren tätige, wenn sie sich als werdende Mutter fühlt. werdende Mutter fühlt. In Schwestern für das verlorene Jdeal ein neues, das ihnen einer Zeit, wo die wohlhabende Frau fich jede nur über schwere Stunden hinweghilft; gleichzeitig aber dienen mögliche Schonung auferlegt, wo ihr alles Schwere und Un- wir uns selbst, indem wir so unserer Sache, der Sache angenehme ferngehalten wird, ist die Arbeiterfrau gezwungen, des arbeitenden Volkes um so schneller zum Siege ber die schwerste Arbeit auf sich zu nehmen, seelisch geplagt noch helfen!

i es aus dieser Brust jedes Fäferchen herausgewunden, am Faden zerrend, ihn immer wieder spaltend, ohne je die Knoten zu lösen, immer nur haftend und eilend...

Es war zur Mittagszeit; still und heiß lag der Warschauer Ein Weilchen stand die Alte wie überrascht still und blinzelte Volkspark da, von glühender Hite durchflutet. Bor meinen Augen mit den fleinen grauen Augen, dann lam fie auf die Bank zu, hing an den feinen neßartigen grün- goldenen Sonnenstrahlen, die stellte den zur Hälfte mit Pfeffertuchen gefüllten Storb nieder und, durch das Laubwért einer schattigen Linde fiderten, ein Schwarm sich auf die Bank stützend, atmete fie ein, zweimal schwer auf. matter Fliegen. Unweit von mir flogen Kohlweißlinge ganz tief über das Wiefengias hin.

Vor der Bank, auf der ich mich niedergelassen hatte, blizte und blendete der weiße Kies im Sonnenglast, daß es dem Auge wehe tat, und schwere, weihrauchähnliche Düfte lagen in der Luft. Und all das nach einem fühlen, taureichen Morgen! Wie eine weiße Kugel war die Sonne aufgestiegen und warf nun ihre ganze Glut auf die stöhnende, schweißgebadete Erde herab. Der Part war menschenleer, denn jene, die ihn vormittags aufsuchen, waren bereits fort, und die anderen, die später da Schatten und Kühle suchen, noch nicht gekommen.

Heiß ist's heute!" sagte ich, um etwas zu sagen. Der Heiland hat's gegeben!" antwortete fie und wischte mit der Hand den Schweiß von ihrem bleichen, durchsichtigen Geficht. ' s ift eine furchtbare Hize gekommen!"

Wollt Ihr Euch nicht fezen?"

" Su' was follt' man sich auch fezen, gnädige Frau? Im Alter wird einem bas Sigen und das Aufstehen schwer. Gleich fracht's einem wo im Kreuz und tut weh..."

Wie alt seid Jhr?"

Barum follt' ich auch die Jahre zählen, gnädige Frau? Unfer Heiland zählt fie auch ohne mich... es werden ihrer schon achtzig fein... oder auch mehr. So aus dem Kopf fann man das nicht zufammenrechnen, aber in unserer Gemeinde, da wiffen's die Leute, ' s sind ja auch die Papiere dort..."

Do hörte ich plötzlich hinter mir das Aufschlagen eines Stodes auf dem Kies. Mit furzen, haftigen Schritten fam ein tiefgebeugtes Mütterchen auf die Bank zu. Ihr weißes gestärktes Kopftuch, das leinene Brusttuch und die ebenfalls leinene Schürze strahlten im Sonnenschein. Auf dem einen Arm lastete ein Korb, während der andere regelmäßig einen Stod bewegte, der wohl den Füßen als bin ich Stütze und den Augen als Beihilfe diente.

.Da feid Jhr also nicht von hier, Mütterchen?"

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Bie so sollt' ich eine hiesige sein, gnädige Frau? Aus Plost nur find jetzt dort andere Leut' wie früher einmal und eine andere Ordnung wie früher; aber trotzdem kennt man mich dort. Die Alten und Jungen kennen die Banaschin und ein jedes weiß von mir zu sagen."

Und Jhr seid nach Barschau gezogen?"

Und geht es Euch gut bei den Kindern?" Freilich ja! Dem alten Menschen geht's überall gut, weil er Nur ist mit's

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ja eh' aus dem Schlechten nicht mehr rauskommt! nicht so ausgegangen wie ich mir's gedacht hab'..." Was ist Euch denn nicht ausgegangen?" No, das mit dem Sterben, gnädige Frau! Zum Sterben bin ich zu den Kindern hergekommen und da leb' ich fort und fort weiter. Ein elender Schwächling ist man rein zum Ausblasen, sollt' man meinen, und dabei sigt so ein zähes Leben in einem drin, daß sich Gott erbarm! Jm Anfang da war ja Gott sei Dant fein Krawall; sie haben mich gang in Ordnung bei der Polizei an gemelbet; der Schwiegerfohn ist in die Fabrit gegangen und die Tochter hat halt so im Zimmer rumgewirtschaftet und ich bin beim Dfen gefeffen, hab' mir dann und wann was von meinen Sachen ausgewaschen, hab' geschlafen, Rosenkranz gebetet und auf die lezte Stund' gewartet. Ich wart' einen Monat, ich wart' zweie nichts!

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Da kommt einmal an einem Sonntag der Hausmeister und sagt: Hört mal, Peter,' denn so hat man meinen Schwiegersohn bei der heiligen Taufe genannt Ihr müßt der Mutter einen Aufenthaltsschein versorgen, wenn sie doch jetzt bei Euch bleibt. Da hat der Schwiegersohn sich gepundert und hat gefragt: No, muß. benn das sein? und was loftet bas? Und der Hausmeister hat ge­sagt: Ja, das foftet zwei Rubel per Viertel. Der Peter hat ihn dann mit Tabat und Schnaps trattiert und er ist wieder gegangen. Sie war noch weit, als ich schon ihr kurzes, mühsames Atmen Wie er weg war, sag' ich: Zu was brauch' ich denn einen Auf­hörte. Offerbar beeilte sie sich, die Bank zu erreichen, um ein enthaltsschein ich bin ja nicht zum Leben, fondern zum Sterben wenig auszuruhen und den Korb abzusetzen. Die dürren Beine be­bergelommen. Da hat auch die Tochter gemeint: No, s ift wegten sich mit großer Anstrengung, fie stolperten, die Schritte Ach, wo wär' ich denn nach Warschau   gezogen, gnädige Frau? ja wahr! Mit der Mutter ist's eh' nur von heut' auf morgen!' wurden immer unsicherer und schwankender; der Kopf war so tief Für junge Leute ist's ja ganz gut, in der Welt herumzuwandern So haben wir's untereinander ausgemacht und alles war gut. Dann herabgeneigt, daß ich die Gefichtszüge nicht sehen konnte. Das und mit dem Winde zu ziehen, aber nicht in meinen Jahren! Nur ist bald so eine Schwäche über mich gekommen, ich hab' so geschwist, Beiblein hatte mich anscheinend gar nicht bemerft; erst als mein hab' ich hier eine Tochter an einen verheiratet, der in der Fabrik daß jeder Knochen in mir gekracht hat und vor den Augen war's Schattenbild vor ihm stand, blieb es plöglich stehen und hob den Rägel gießt und wie die heilige Erde angefangen hat mich zu mir als ob da lauter Nuß rumfliegen tät. Rug Da hab' ich mir ges Kopf. Was war das für ein Genetz von Runzeln! Das Leben, fich zu ziehen, da bin ich halt zum Sterben zu den Kindern gedacht: jetzt dauert's nicht mehr lang! Aber, was weiß ein armer das die Fäden diefes Nezes gewebt, mußte schon lange gewährt fommen, denn es stirbt sich immer leichter bei eigenen Leuten. Be Sünder? und niemals gerastet haben; bor   Tags mußte es wohl schon an wahr Gott einen jeden vor einem schweren End' aber dann Das Biertel vergeht und' s zweite Biertel vergeht und ich leb feine Arbeit gegangen und erst beim mitternächtlichen Hahnenfchrei breiten sie einem doch wenigstens Stroh auf den Fußboden und fort weiter. Ich eff' taum was und schlaf auf der Erde beim Dien zur Ruhe gekommen fein. Auf feiner grauen harten Spindel hatte helfen ber armen Seele aus dem sündigen Leib heraus!" aber ich leb'! Ich denk' mir fchon: ist denn ber Seiland mit

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