wüsse.©te fordert zu diesem Aweck«in« Zweiieilunfl in eine all- gemeine öffentliche Bücherei(als lieberbau tür entwickeltere Jnter« essen) und die Volksbücherei für.die groffe Masse*. Drei« Richtung glaubt nicht an die Empfänglichkeit der Masse �»für die wunderbare Schönheit der Schöpfungen unserer großen Dichter*. Andererseits erklärt sie, daß die Volksbücherei auf keinen Leser verzichten könne, selbst wenn er mit den geringwertigsten Am'prüchen an sie herantritt..Es geht wirklich zu weit, die Leute auS dem Hause zu jagen, weil sie Franz Hoffmann . Elisabeth Werner und Marlilt lesen*.(Ladewig, Politik der Bücherei.) Diese Auffassung führt dahin, auch das seichte UnterhaltungsbedürfniS zu befriedigen, den Leser mir der„albernen Mache Karl Mans*(Ladewig) zu packen, nur um ibn nicht zu verlieren. Ist thm doch die Möglichkeit gegeben, sich bis zu den wertvolleren Schriften durch- zulescn..Die Bücherei für das Bolk hat eben nicht mit geweckten Interessen zu tun, sie will erst welwe wecken.*(Ladewiz.) Dieser Standpunkt des Rechtsanspruches jeden Lesers auf.sein* Buch, der meist sozial verbrämt vertreten und offenbar durch die preußische Regierung lebhast gefördert wird, bat seinen organimiori- schen Stützpunkt im„Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht* (Berlin ). Er wird mit Recht stark angefochten. Wenn schon einmal die volkstümliche Bücherei allen L-seinteressen dienen soll, dann ist nicht einzusehen, warum sie bei Karl May , der Werner und Marlitt stehen bleibt und nicht auch dem zweifellos stark vor» bandenen Bedürfnis nach Nick Carter und anderer Hintertreppen- literamr entspricht. Wenn man auf keinen Leser verzichten zu können glaubt, dann müßte doch gerade die starke Lesergemeinde der Schiindliteratur gepackt und der Bibliothek gewonnen werden. Aber vor dieser Konsequenz scheut man zurück. Andererseits ist nicht ein- zusehen, wieso der verdorbene oder verbildete Geschmack geläutert werden soll, solange ihm ausreichende Gelegenheit gegeben ist, die ihm vor allem zusagende Geisteskost zu genießen. Wenn die Volks- tümliche Bücherei eine B i l d u n g S Veranstaltung sein will, so kann sie unmöglich jedem Lesebedürfnis gerecht werden. Das Programm klingt gewiß sehr demokratisch. Aber eine andere Frage ist eS, ob öffentliche Gelder dafür aufgewendet werden müssen, um die Ansprüche auf sensationellen Sinnen- und Gaumenkitzel zu be- friedigen. Zweifellos kommt dieses Bedürfnis nach plattester Sen- sation in der Lektüre auch beute schon nicht zu kurz, es beftiedigt sich selbst, so daß es eine Verschwendung öffentlicher Gelder wäre, eS auf Kosten der Steuerzahler noch einmal zu befriedigen. Bei der Feststellung ihrer BildungSausgaben kann sich die Bücherei also nicht auf daS Volksganze stützen. Sie muß sich an die Benutzerschaft halten, deren Zahl in den günstigsten Fällen auf 20 Proz. der Bevölkerung ermittelt worden ist. Bei der Mehrzahl aller Voltsbüchereien ist sie aber noch erbeblich geringer; der Leiter der städtischen Bücherhallen in Leipzig , Walter H o f m a n n, be- rechnet sie auf 6—7 Proz. In ihnen darf man die.Biblio- thekreifen* erblicken, in denen die Bildungskräfte des Buches auch wirklich lebendig und fruchtbar werden. Auf ihnen baut die neuere Richtung in der Volksbüchereibewegung, die in der Zentralstelle für volkstümliches Büchereiwesen (Leipzig ) organisiert ist, die BildungSausgaben der Volksbücherei auf. Sie lehnt die Massenverbreitung von Büchern schlechthin als Bibliotheksideal ebenso ab wie die Auffassung der Bücherei als eines Verkehrsinstituts. Dem Kultus der Quantität gegenüber be- kennt sie sich zur Qualitätsarbeit. Der mechanischen BolkSbildungsarbeit lpird als höheres und in sich wahreres Prinzip die d y n a m i s ch e VolkSbildungSarbeit entgegengestellt. Mag auch � die Empfänglichkeit je nach Art der BildungSmittel verschieden groß sein, to kann es sich immer— daS ist ihr Grundgedanke—.nur darum handeln, mit dem spezifischen BildungSmittel nur den KreiS der jeweils Empfänglichen zu treffen. Ist dieser KreiS nur ein Teil des Volkes, so soll dafür die Zuführung deS Bildung?- mittels... um so sorgfältiger, um so planmäßiger und inniger Meichehen, damit die wenigen Betroffenen dann wirklich Geförderte '»«lieft. Die Wirkung aber für das Ganze soll darin bestehen, daß diese wenigen Geförderten in die.Massen* der Bielen hineingestellt MerGkN, um von hier auS auf ihre Umwelt zu wirken. Da« heißt freilich nicht, daß nun etwa diese Empfänglichen und Geförderten in ihren Kreisen bewußtalS kleine BolkSerzieher, also etwa als Erzieher zum guten Buch auftreten sollen... Sondern so soll eS sein, daß die ethischen und geistigen Kräfte, die im Buche aufgespeichert sind und die im Empfänglichen lebendig werden, nun in ihrer natürlichen Form, als erhöhtes und geklärtes, als vertieftes und verfeinertes seelisches und geistiges Leben von den Vermittlern auf ihre Umwelt ausstrahlen, daß Frau und Kind, der Freund und der Nachbar, der Umkreis aus der heutigen und die Heranwachsenden aus der kom- wenden Generation teilhaftig dieses Lebens werden/(Hofmann, Buch, Bolk und die volkstümliche Bücherei.— Th. Thomas Lerlaz, Leipzig .) ES bedarf keiner weiteren Begründung, daß die dynamische VolkShildungSarbeit ihr Ziel nur erreichen kann, wenn sie mit BUdungSmillcln und Bildungsgütern arbeitet, die selbst ein Ausdruck der bildenden Kräfte der mensckilichen Natur sind. Dieser Grundsatz von der.Reinlichkeit der BildungSmittel* löst gleichzeitig die schwierige Frage der BücherauSwahl, da hier aus- drücklich abgelehnt wird, dem schlechten, verdorbenen Geschmack in der wenig sicheren Erwartung entgegenzukommen, ihn zu verbessern. Die volkstümliche Bücherei wendet sich an die dafür Emviangllchen mit dem ech.cn Schrifttum, das im Gegensatz steht zum Afterichrift- tum und der Pieudoliterntur,.in der sich nicht Leben gestaltet in dem Mittel der Sprache, iondern die daZ Mittel der Sprache be- nutzt, um Reizungen verschiedenster Art auf den Leser ouSzu- üben." Wesentlich für die Erfüllung der in der dynamiichen Volksbildungsarbeit begründeten Aufgaben ist die Gestaltung de? Ans- leihdiensteS der Volksbücherei, in der ohnehin das Schwergewicht jeder Büchereitäiigkeit liegt. Sie muß von allem SchemaliSmuS und Mechanismus befreit werden und ein intimes Verhältnis zwischen Leier und Bibliothekar herstellen. Solange die Bücherei nicht? als Vermittlung anstrebt, kann sie ihren BildungSausgaben auch nicht gerecht werden._ E. M. Kammerspiele:„Nora " von?bsea. Immer wieder, wenn eins der großen Meisterwerke auS der Höhenzeit von Ibsens Schaffen über die Bühne zieht, erfaßt den Zuschauer von neuem die Bewunderung vor der Fülle lebensvoll bedeutsamer Beziehungen, die des Dichters intuitive Einbildungskraft und rostlo'er Grübelsinn da in den engen Rahmen eine? geschlossenen szenischen Gefüges vcrwoben hat. Bis in letzte Verästelungen reicht diese Arbeit intensiv beseelender Durchbildung. Die ausgezeichnete Besetzung der beiden männlichen Episodenrollen— deS vom geraden Wege abgedrängten, mit Mitteln des Erpressertums um seine Rehabilitierung kämpfenden Krogstadt durch I a n n i n g S und deS Rückenmärkers, des armen Doktor Rank durch Waßmann— ließ das umgebende Nebenwerk in echtem Jbienglanze schimmern. Der Abschied, der lange Blick, in dem er. als Nora ihm Feuer reicht für die Z'garre, daS Bild der heißgeliebten Züge zum letzten Male trinkt, ergriff mit zwingender Gewalt. Lucie Höflich , die die Titelrolle spielte, war in der programmatischen Auseinandersetzung de« Schlußaktes, wo die kleine Nora nach ihres Schöpfers Willen zur Künderin eines neuen freien Frauengeistes wird, für mein Gefühl am stärksten. Grad' in der unpathetischen und resignierten Einfackiheit tam die Entschlossenheit am üherzeugendsten zum Ausdruck. Wer die.Lerche*. daS.Vögelchen* blieb sie zum Teile! schuldig. Gestalt und Antlitz haben einen Zug von troumloS realisti-- scher Selbstsscherheit, der zu dem Spielerischen von Noras Puppenheim nicht passen will. Dem Helmer gab Otto Gebühr schon in den ersten Akten einen Einschlag von leicht Karikaturistischem, der den Absichten de? Dichters wohl nicht ganz entsprach, aber die moralische Demaskierung deS selbstgefälligen Eheherrn und daS völlig« Erlöschen von Noras Liebe wirksam vorbereitete. Die Angst, daß Noras Opfertat»hu selber kompromiliere, der Zorn, die Vorwürfe— all diese am Ende doch verständlichen Aeußerungen der Schwäche er- hielten dann in weilerer Steigerung die Färbung so kindisch halt- loser und lächerlicher Erbärmlichkeit, daß die Kluft auch den Zu« schauer unübei brückbor dünkt. Die Leistung war nicht nur originell. sie konnte, auch wo sie von dem gewohnter HelmertypuS abwich, gewichtige Gründe dafür geltend machen. ckt. Die merkwürdige Wanderung einer Schrapnellkugel. Im Verlaufe des Krieges wurde bereits über zahlreiche sonder- bare Verletzungen und ihre Folgen berichtet, und man weiß, daß manches Projektil im menschlichen Körper geradezu verblüffende Lageveränderungen vorzunehmen vermag. Einen besonders merk- würdigen Weg aber legte eine Sckrapnellkugel zurück, die man ganz überraschenderweffe bei einer Blinddormoperation entdeckte. Ein Zvjähriger Landwehrmann, so erzählt Dr. Claus HarmS in der .Münwener Medizinischen Wochenschrift*, wurde in ein Lazarett mit Erkrankungserscheinungen eingeliefert, auf Grund deren man Blinddarmentzündung annehmen mußte. Als der Patient, nachdem sein Befinden sich verschlechtert hatte, am elften KrankbeitStage der üblichen Blinddarmoperation unterzogen Tagebuchblätter von Arbeitersekretär Otto Thomas. Glück. Es gibt eine Jugendzeit in unserm Leben, da wir ganz Plötz- lich aus dem dunklen Tal deS grauen Alltags auf lichte Höhen ge- raten und uns bewußt werden, daß unser Leben ein Ziel haben muß, daß es große Ziele der Menschheit gibt und daß eS das Höchst» deS einzelnen sei, an ihrem Aufstieg rastlos mitzuarbeiten. In solchen Zeiten der Erkenntnis dünkt uns alles im Leben eine Form zu haben, eine Rundung, oder doch am Anfang der Vollkommenheit zu stehen, an deren Vollendung wir zu arbeiten haben. Dann verklärt sich unser ganzes Leben, und alles, was uns entgegentritt, erscheint unS als Treppenstufe zukünftiger Größe und Vollendung. In solchen Zeiten ist man dann gefragt worden, wa» ist Glück? Ist Glück ein Ziel, daS man erreichen kann? Und man beantwortete dann die Frage dahin, daß Glück Sehnsucht sei, Sehnsucht nach dem Unendlichen, geschöpft aus dem Dorn unserer eigenen Seele, fruchtbar werdend unter den Mensche», um zum Höchsten in ihnen dia Sehnsucht zu wecken. DaS ist die Zeit, da in unseren Träumen Bilder blonder oder brauner Frauen lieblich spielen, da unS ein« blonde heilige Magda- lena in der Musik HaydnS und Beethovens erscheint und da sie uns formen, die Frauen, mit Mitteln gütiger, verstehender Menschlichkeit. ©o standen im Maienmonat auf meinem©chreihtisch einst blutrote Nelken. An einem sonnigen Morgen hatte sie eine blond: Frau in drei Bündeln gruppiert— zum Andenken an die Püffe und Stöße, die wir bei d:n letzten großen WahlrcchtSdemon» strationen davongetragen. Und an diesem Tage hatte ich in einer Armensache zu tun. Seit Wochen und Monaten schleppte sich die Sache durch meine Akten, diese wunderlichen Bündel von Menschenschicksalen/ Es war eine alte Frau mit weißen Haaren, mit Falten und Runzeln im Gesicht und mit zittrigen Händen. Oft war sie schon bei mir gewesen, jetzt sollt« ich ihr Helsen , in einem Asyl unter- zukommen, auf daß ,hr Lebensabend ohne Sorgen zu beschließen fei. Sie saß vor mir und blickte sinnend auf die roten Netten, und ein freundliches Erinnern huscht« über ihr Gesicht. Dann erzählt: sie von ihrem Leben. Sie war Dienstmädchen bei einem gräfliche» Geschlecht gewesen. Irgendwo in einer großen Stadt SüdwestdeutschlandS liegt jstzt ein großes neues Stadtviertel mit großen sonnigen Villen inmitten von Gärten. Das war früher ein einziger großer Park, in dessen Mitte da» herrschaftliche Hau« lag. Im Maienmonat ists gewesen, rote Nelken blühten draußen im Garten. Abend« ist sie durch die dunklen Laubgänge gehuscht zum großen Nelkenbeet und bat dort ihren Liebsten erwartet, der sie im nächsten Jahre, wiederum im Mai, zu seinem Weibe nahm. Boller Sehnsucht nack der Un- endlichkeit und Einzigkeit, der Liebe gingen sie Axm in Arm durch die dunZleu Laubgänge.»Dir waren/ so sagta sie,»unendlich ftffilfsirfj/' Nach vielen Jahren starb ihr Mann, und wiederum nach langen Jahren heiratete sie zum zweitenmal..Ich hatte Kinder und brauchte eine Existenz. Er war nicht wie mein erster Mann, trotz- dem war ich glücklich. Glücklich in der stillen Resignation in die Notwendigkeiieit des Daseins. ES war ein bescheidenes Glück, aber ohne Sehnsucht und Hoffnungen. Dann starb auch er, und nun stehe ich allein. Meine Kinder sind in der Welt verstreut, ich höre selten von ihnen und weih nichts von ihrer Seele. -- Wer ich bin doch glücklich, glücklich in der Erinnerung. Wenn ich an jene Zeiten denke, da ich Arm in Arm mit ihm durch den Garten wandelte, das Herz voller Sehnsucht, dann scheint doch noch ein Sirahl der Sonne in mein Alter, und ich bin glücklich.* Sie stand auf ihren alten Schirm gestützt vor mir. Es war ein alter Männerschirm mit grauem Tuch und einem Griff auS Elfenbein. Aus Elfenbein trug sie auch eine alte Brosche. Es waren Andenken an ihren ersten Mann, Erinnerungen an ihr erstes und größtes Glück. Aus jeder Vase nahm ich eine bluttote Nelke und heftete sie an ihre Brust. Einmal noch sollst du geschmückt sein wie eine Braut, weun du auch eine Braut bist in weißem Silberhaar. Gebückt und gestützt auf den alten Schirm verließ sie mein Zimmer. Irgendwo am Rhein hat sie ihre letzten Tage zu- gebracht. Glück? Ist Glück Sehnsucht oder ist eS Erfüllung? Besteht Glück nicht eigentlich nur aus Momenten in unserem Dasein, Momenten, in denen unser ganzes Leben, Vergangenheit und Zu- kunft, in einer einzigen großen Empfindung in unserer Seele zusammenströmt und sich zu-einer ttcfen Harmonie gestaltet? Der große« Harmonie deS Möllens und Vollbringens an uns und am Ganzen? Gepriesen sei der Mensch, der eS vermag, in sich und andern diese Harmonie zu wecken, denn er weckt daS Glück, welches Leben ist. Und Leben ist Arbeit an der Zukunft. Die Liebe höret nimmer auf. Er war ein Arbeiter aus dem badischen Schwarzwald , vom Stamme der Alemannen. Seine Hände waren schwielig, seine Augen tränten, sein Rock war abgenutzt. Er hatte einen struppigen Bart, und seine Haare waren nicht gepflegt. Sein Gesicht hatte Falten und Striche wie eine Landkarte. In der einen Ecke seines Mundes hing eine ganz kurze, abgegriffene Pfeife, die nie kalt wurde, solange er wachte. Er hatte vor Jahren einen Unfall er- litten und war von der BerufSgenossenschast manchmal böS ge- drängt worden. Und nun hatte sie ihm wieder einen Bescheid er- teilt, daß seine Rente um die Hälfte gekürzt werden sollte. Ich machte die Berufung, und er ging selbst in den Termin. Er verlor den Prozeß und kam wieder zu mir und hatte sein wenige? Vcr- trauen ganz verloren. Aber ihm war heiß geworden, und inner- lich bewegt stand er da und brauchte jemand, zu dem er reden konnte, der ihn anhörte und ihm glaubte. Und da fing er an zu erzählen, von seinem Leben auf dem Schwarzwalh in der Jugend, vom Läbe» auäj draußvl in dgr wurde, gelangte man zn verblüffenden Ergebnisse«. Es stellte sich heraus, daß der Wurmiorlsotz keinerlei front- hafte Beiänderungen zeigt« hingegen fand man eine sich vom Blinddarm ,um Ney ziehende scklauchariige Lerwachlung von un- qefäbr S Zentimeter Länge, in deren Innern ein harter runder Gegenstand ftüblbar wurde. Man brachte den Fremdkörper herairS und erblickte eine Schrapnellkugel. Nun wurde nachträglich fest« gestellt, daß der Patient im August 1914 verwundet worden war; er hatte einen Einschuß an der rechten Halsseite erhalten, doch war kein Ausschuß vorhanden. Bei deti Röntgen- aufnahmen hatte man damals trotz genauester Untersuchung kein Geschoß entdecken können, und zwar, weil die Bauchhöhle wegen rrankhaster Erscheinungen nicht durchleuchtet werden durfte. Der Soldat wurde nach zehnwöchigem Aufenthalt im Lazarett wieder zu seinem Truppenteil entlassen und hatte von da ab bis »um Beginn der jetzigen Erkrankung nicht die geringsten Beschwerden. Die Schrapnellkugel aber war in den 2Vj Jähren durch die Hals« Muskulatur gewandert, sie hatte die rechte Lunge in ihrer Längs- richtung durchschlac.en. dann da« Zwerchfell und die Leber durch- bohrt und war schließlich, ohne eine Darmverletzung zu verursachen, in die freie Bauchhöhle gelangt, wo sie dann liegen blieb. Notizen. — Vorträge. In der Urania spricht Dienstag(im Wissen» schaftlichen Verein) Prof. d. Heß über»den Farben sinn der Tiere*. Mittwoch: Prost Hoeysch über die. r u i s i s ch e Revo- lution*. An den andern Tagen:»Tier und Mensch ür der Wildnis*.— Institut für Meereskunde. Dienstag: Prof. Kuno Meyer : Die Stellung Irlands in der Well- g e s ch l ch l e; Freitag: Prof. Svieß: Deutsches Wesen im Spiegel der englischen Presse.— In der Treptow - sternwarte Dienstag 7 Uhr: Dr. Archenhold: Sternhaufen, veränderliche und neue©terne: Mittwoch 8 Uhr: Prof. Bafchiu: Kampf um Nordpol und Südpol . — Musikchronik. Zur großen Musikaufführung im Zirkus Schumann findet eine öffentliche Hauptprobe Sonntag, den 2. Dezember, mittags 11'/, Uhr, zu halben Preisen statt. — Der Sänger-Chor»Weddinq* bringt am Sonntag. den 2. Dezember, mit dem Frauen- und Mädchenchör.Norden* und dem Berliner Sinfonie-Orchester u. a. dos Melodrama»Ko- l u m b u s* zur Ausführung. — D i e Sammlung v. Kaufmann, die im Dezember bersteigert werden soll, ist im früheren Gebäude der Sezession Kurfürstendamm 208 diese Woche ausgestellt(Sonntags 10— 2, wochentags 10— 5). Die Sammlung gehört zu den reichsten und schönsten in Deutschland . Insbesondere bat sie auf dem Gebiete der frühen italienischen und deutsch -niederländischen Malerei kaum ihresgleichen. Hoffentlich gelingt eS. die wertvollsten Stücke für Deutschland zu retten und sie vor allem unseren staatlichen Museen zuzuführen. — Die Wissenschaft des TageS. Die norwegisch« FriedenSvereinignng hat sich an den©torthing mit dem Anttoge ge- wandt, an der Universität Kristiania eine Professur in.Friedens- Wissenschaft* zu errichten. —»Da« junge Deutschland', die von Max Reinhardt inS Leben gerufene Gesellschaft zur Pflege junger Dichtung, hat sich nun endgültig konstituiert. Dem Vorstand gehören an: Gerharl Hauptmann. Wolsgang Heine. Harry Graf Keßler, Walther Ratbenou. Max Reinhardt . Rene©chickele, Wilhelm Schmidtbonn , Nikolaus Gras Seebach. Frank Wedekind . Franz Werfet, Theodor Wolff und Heinrich Wölfflin . Die Reibe der Sondervorstellungen wird Anfang Dezember durch die Uraufführung de« DramaS»Der Bettler* von Reinhard Sorge eröffnet. Anträge auf Ausnabme in die Gesellschaft find an daö General« sekreiariat Berlin NW 6, Schumannstr. 14, zu richten. v — Der tüchtige Anwalt. Privatier Huber wird vom Hund deS Apothekers gebissen. Klage auf Schmerzensgeld und Schadenersaü. Gerichtsverhandlung. Roch der Verhandlung treffe ich Herrn Huber. Er ist in gedrückter Stimmung. .Run. wie ist die Verhandlung ausgegangen, Herr Huber?* .Man möchlS nicht glauben! Meine Klag' i« abgewiesen worden. Der Apotheker bot so einen guten Anwalt gehabt: der hat nachgewiesen, daß ich den Hund gebissen Hab'.*(.Jugend.*) Welt, denn er war weit umher gekommen. Er konnte ein Lied singezt�vom Leben. Nicht von dem großen. daS jeder sieht, aber von dem kleinen, voll von Schicksalen und Erlebnissen. Ich dachte dabei an'den alten HanSjakob und den Peter Rosegger und sah Bilder der eigenen Heimat, längstvergangener Jugcndtage. Er sprach auch von seiner Ehe. Er war siebenundzwanzig Jahre verheiratete und mit seiner Frau überall draußen herumgekommen. Sie war aus seinem Heimatdorf ihm gefolgt in die große Stadt oben an der Ostsee . Ein Jahr lang hatte sie mit ihm alle Freuden jungen Eheglücks genossen, hatte ihn abends erwartet und ihm rote Blumen zum Empfange auf das Fensterbrett gestellt. Dann wurde sie geisteS- krank. In einer Irrenanstalt nahe bei Hamburg würbe sie ein Jahr lang gepflegt und dann ungeheilt entlasse». Sie lebte mit ihm in der Ehe, gebar ihm Kinder, machte die Hausarbeit. Aber sie blieb geistesgestört. Er hat in all den 2b Jahren nicht mit ihr reden können über irgendein Gefühl in seiner Brust. Da sagte ich ihm, daß er sich doch vielleicht habe scheiden lassen können nach diesem oder jenem Paragraphen de« Bürgerlichen Gesetzbuches . Und ich dachte dabei, daß er arm fein müsse an Gefühlen und arm an Seele. Er aber sah mich an und sprach in seinem alemannischen Dialekt: „Nein, nie hätte ich da? getan. Ich habe mein« Frau heute noch lieb-- sie war das schönste Mädchen im Dorf!* Ich sah ihn an und in seinen kleinen grauen Seugleitl funkelte etwas. Vor mir tauchte ein kleine» Schwarz walddorf auf; draußen am Ende steht die alte Dorffchmiede und«och weiter draußen ein kleine« Häuschen mit Efeu umrankt. AuS seinem Fenster schaut ein liebliches Mädchengesicht nach einem kernigen©chmiedegesellen in der Schmied«. ES wird Abend, und leise geht ein Paar unter hohen Kastanienbäumen entlang, hinaus wo die Linden blühen und ein weicher Duft sich auf den Abend niederläßt. Und ein seliges Gefühl schwingt sich um beide, und die FrühlingSnacht trägt einen Klang in ihre Seele von Zukunftssehnsucht und Hoff- nungen und Wünschen. Und unter der größten Linde steht eine Bank, dort haben sie gesessen und haben geträumt, dort haben sie sich daS Versprechen für» Leben gegeben. Und dieser Klang, der in einer FrühlingSnacht in die Seelen zweier junger Menschen rauschte, blieb ein schweres mühselige? Leben lang lebendig, überdauerte die Not und da« Unglück, trug den kämpfenden ringenden Mann über alle Schwer« de» Dasein» hinweg. War so stark, daß eS auch nach siebenundzwcmzig Jahren noch glüht« in einer Seele, was er einst unter der blühenden Linde erlebt und versprochen. Er zehrte daran in bitteren©tunden. Und strahlte bei seinen Worten nicht noch ein Funke von diesem Jugend- glück in seinen grauen Augen? ES war«in Geschenk, daS er mir mackte. in seinem Glauben und seiner Wahrhaftigkeit. Wie stark ist doch die Erinnerung an einen Augenblick unsere» Lebens, wenn sein Rachhall nach so vielen Jahren noch durch unsere Seele zichi. Jetzt noch denke ich Alit Freude an dich, Gawsse au» dem szchwcrgwM.