Wenn aber anch einzelne Darlegungen des Kommumsti-scheu Manifestes durch die Entwicklung überholt sind und derKorrektur bedürfen: in seinen wichtigsten historischen Aus-führungen hat es durch die seit seiner Niederschrift der-gangenen sieben Jahrzehnte immer wieder Bestätigung ge-funden. Besonders kommt es als historisches Dokument inBetracht, als Wegweiser, der im Gewirr der abgelaufenenEntwicklung nicht nur den deutschen, sondern dem sozialisti-schen Proletariat der ganzen kapitalistischen Welt immerwieder die Bahn des Vorwärtsschreitens gewiesen und esseine historische Rolle ini kulturellen Werdegang verstehen ge-lernt hat— ein fester Leuchtturm im brandenden Gewoge derpolitischen Tagesmeinungen.Eine pflanzengemeinsihast.Von 25. Bölsche»).Jeder kennt die Flechte. In der Granitregion unseres Riesen-gebirgeS ist der Wanderer stundenlang schon mit ihr allein, wie sieals gelbe Krustenflechte den Stein bemalt; hier erscheint sie wirk-lich wie eine Urform des Lebens, die zuerst den ungefügen Felsbenagt und anschmilzt, letzter Grundthp aller Urbarmachung dieserErde. Als grauer Rübezahlbart hängt sie dann von den 2Letter-sichten,� sie färbt, wie den nackten Stein, so auch die trockensteBaumrinde, kriecht in scheinbarem Blatt- und Strauchwerk oderverkrumpelten Gallerthäufchen am Boden dahin; sie nährt alsRenntierflechte in letzter dürrer Wiese noch das Polartier undmacht damit seine Breite auch dem Menschen noch bewohnbar.Kaum ein Naturgebild von den kleinen der Erdlandschaft, das sichso fest, so allgegenwärtig uns von früh an einprägte. Hören wiraber, als was sich dem Botaniker solche Flechte entpuppen mutzte.Bon�den mehrtausend Arten der Flechten, Lichenen, wie das bo-taniiche Fremdwort sagt, lernte man lange in der Schule, datzsie eine besondere Kryptogamengruppe bildeten, die mit den Pilzenin der Fortpflanzung übereinstimmte, aber etwas besätze, das sonstden Pilzen absolut fremd ist. Der Pilz wird zwar zu den Pflan-zen gezählt, hat aber kein Chlorophyll, also nicht den bekanntenwunderbaren»Kochtopf' der grünen Pflanze, mit dem sie imLicht aus anorganischem Stoff Lebenssubstanz kocht; er kann nurwie das Tier von schon vorgebildeter Substanz solcher Art leben,die er für gewöhnlich am Lebendigen und Toten zweiter Handschmarotzend sich verschafsen mutz. In diesen Flechtenpilzen aberlagen autzerdem stets chloropbhllführende Zellmassen, die jeneKunst besahen und übten. Man fand im Flechtenkörper, dem„Thallus", wie man das nennt, stets zunächst verflochtene Zell-reihen, �(Fäden, Hyphen), die Sporensrüchte mit keimfähigenSporen nach Pilzart trugen. Das waren offenbar echte Pilze,der bei unS gangbaren Form nach Schlauchpilze, also vom Mor-chel- oder Trüffelstamm. Aber was bedeuteten die chlorophhll-haltigen lebendigen Einlagen? Man nannte sie hergebracht die..Gonidien' der Flechte, nahrn sie aber als Organe des Pilzes,die in diesem Falle grünen Algen ähnelten.„Flechte" war alsoein algennaher, mit einer Art Metamorphose seines Wachstums inAlgenthp übergehender Pilz, bei dem die Gonidien anscheinend alskleine Zweiglein aus den Pilzfäden selber hervorwuchsen. Dochschien die Fortpflanzung dunkel zu bleiben, die aus isoliertenSporen nur reine, stets rasch vergängliche Pilze ergab, während inanderen Fällen die Gonidien wie durch Hexerei hineingezaubertschienen. So sprach„auf Grund dieser und ähnlicher Bedenken"de B a r y 1866 aus, wenigstens einige Flechten möchten ans einerVereinigung eines jedesmal bestimmten Pilzes mit einer echtenAlge hervorgehen. Und das dehnte dann Schwenden« r, nach-dem man die Gonidien allenthalben. mit auch selbständig vor-kommenden Algen zu identifizieren begonnen, auf sämtliche Flech-len aus und entwickelte es zur festen Theorie, worauf es Reetz unddem hochverdienten Stahl gelang, durch Vereinigung solcher be-. stimmten, selbständig wachsenden Algen mit den geeigneten Pilzeneinen Flech tenthallus absichtlich zustande zu bringen, also dieProbe auf das Exempel zu geben. De Vary aber begründete mit'dem ganzen enträtselten Sachverhalt die umfassende neue Lehrevon der Macht der Symbiose(des Zusammenlebens), die hier einenchlorophyllosen Pilz mit einer chlorophyllführenden Alge bnchstäb-lich bis zur äusseren Unkenntlichkeit zu einer neuen Genossen-schaftseinheit verschweitze. Denn datz auch hier eine gegenseitige'Hilfe in glücklichstem Ausgleich vorliege, wurde schon de Bary selbstals eigentlichste Erklärung wahrscheinlich, und die Folge hat esauch nur bis zum äutzersten bestätigen können./Die in den Pilz mehr oder minder wie eine oberflächlicheStickerei eingewebte grüne Alge kocht in ihrer Chlorophyllküche mit*) Aus dem KosmoÄhefte„Schutz- und Trutzbündnisse der Na-tur"(Franckhsche Verlagshandlung, Stuttgart).Lichtheizung nicht nur Leben Znahrung für sich, sondern sie erzeugtauch in der Fülle der Kraft Ueberschutz genug, den hungrigen Pilzmitzunähren, friedlich, ohne datz er selber an ihr fressen muh. DerPilz aber, der gewissermatzen hier die Alge als Kochtopf aus seinenHänden sich vorhält, wt ihr dafiir den Gegendienst des umsichtigenGärtners, der sein Bäumchen hegt, datz es für ihn fruchte, selbstkann er nicht an seine innere Kraft, wie ein Glückswunder auchfür sich mutz er sie hinnehmen, wohl aber darf er der Wurzel denbesten Stand geben, den Boden düngen und wässern, damit dieFrucht so reichlich werde, datz er selber ohne Schaden dar Pflanzedavon mitleben kann. So saugt auch der Pilz der Flechte Wassersamt den darin enthaltenen Mineralsalzen und leitet sie der Kücheals Betriebsstoff zu, er kondensiert das Wölkchen noch am un-ftuchtbarsten Fels und Holz, und er gräbt selbst im härtestenGranit mit eigener ätzender Säure immer wieder ein Tröpfchengleichsam aus, in dem das Ganze zwischen Himmel und Abgrundhasten mag. Datz solche genossenschaftliche Fabrik, wo die einePartei, noch an den nacktesten Prometheusfelsen gekettet, aus Lichtund Luft süsse Speise zu bereiten versteht und die andere dafüralle grobe Handlangerarbeit versteht, noch ausdauern kann, wosonst Alge wie Pilz allein, ja jegliches bekannte Leben erlabmenmützte, begreift man,— bewundernd aber sieht man dabei auf dieSymbiose hier als eine Mehrerin nicht bloss des Cinzelraumeseiner Art, sondern des ganzen Lebens auf Erden, während manzugleich auch an eins gewisse geschichtliche Verkettung denkt, diewohl gerade in dieser Pilzsymbiose stecken könnte. Denn der Pilz,heute von der eigenen elementaren Bereitung des pflanzlichenLebenSbroteS abgeschnitten, ist, so darf man vermuten, selber dochwobl ursprünglich nur ein verlorener Sohn der Pflanzenwelt ge-Wesen, ein abgelenkter Zweig etwa der Algen selber, der dieseGabe nachträglich verloren hatte, weil er sich gewöhnt, in der licht-fernen Bodentiefe dem Abhub des Lebenstisches der andern beiTod und Öerlvesung nachzugehen. Aus dieser Tiefe ist er aberdann doch wieder vielfältig als ein schlimmer Fresser und Pa-rafit auch am wirklich Lebendigen erstanden. Bis in solcher Sym-biosensorm abermals eine Art neuen Ausgleichs auch für ihn ein-trat, bei dem er friedlich von oben das verlorene Brot wieder be-kam, dafür aber jetzt seine als Bergmann und Schatzspürer in derTiefe erworben« Kraft in den Dienst dessen stellte, der ihm diesesBrot gab, womit aus weitem Umweg der Natur etwas geschaffenwar, das auch im ganzen da oben im Licht eine glückliche Neue-rung und Erweiterung darstellte.Nun aber sollte es noch etwas'ein, aus das ebenfalls bereitsde Bary selbst hinweisen konnte. Grüne Einzelalgen sitzen auchauf dem Lande schon in Menge an Bäumen und Felsen allein,brauchen nicht allzu viel Feuchte und fliegen m ihrem eingetrock-neten und abgeblätterten Zellenmaterial weit mit dem Winde um-her. Ebenso aber fliegen Pilzsporen herum, der alte Kerner hatseinerzeit unübertrefflich geschildert, wie man bei der Schwärmereisozusagen an aufgestellten Leimruten nachweisen kann, einfach,datz sie also gelegentlich sich immer wieder auch einten und dieFlechte erzengten, wobei gewisse Pilzarten nur recht gediehen,wenn sie mit gewissen schon in altem Erbe prädisponierten Algenso zusammenträfen, wäbrend die Algen sich wablloser gäben, aberin bestimmten Arten schlietzlich doch auch des Pilzes nicht mehr.ganz entbehren möchten. Wo solches zusammenbestimmte Flechten-Volk von heute dann bereits in Kolonien beisammen fitzt, da wirdja durch Abstäuben gerade dieser Pilzspoven und Abschilfern dieserAlgenzellchen auch der engere Bund immer wieder erleichtert wer-den. Und doch ist auch das noch nicht das Ganze. Gerade derletzteren Hilfe hat sich erst das vollkommenste Symbiosenwunderdiesmal angeschlossen. Wo Alge und Pilz sich glücklich in be-stimmler Art zusammengefunden haben, wo sie in der Reife derKraft lange schon genossenschaftlich gewirtschastet haben, da end-lich gelingt es ihnen, ihre Fortpflanzung wirklich zusammenzu-legen. Sie bringen sogenannte Soredien hervor. Soredcrn bedeutet im Griechischen etwas Gehäuftes. Nicht das einfache Häuf-chen ist aber hier das Bezeichnende, sondern entsprechend der Sym-biose das Zusammengehäufte, aus zwei Parteien zu gemeinsamemZbeck Jneinandergehäufte. Aus der Oberfläche der Flechte er-wachsen, oft in besonderen Gärtchen, winzige Körperchen, ebensolösbar und vom Winde verfübrbar wie der gewöhnliche Pilzstauboder Algenschorf. Aber diese Soredien sind diesmal nicht blotz Pilzoder Alge. Sre sind schon saatreifc junge Neuflechten: Genossen-schaftsableger. In jedem sitzt eine gewisse kleine Zellprobe Alge,umsponnen von einem Fadenteil Pilz. Die Flechte, zum Zwei-seelenwesen geworden, entsendet ein siamesisches Zwillingspaar.Zwar ists auch in der geschicktesten Variante noch kein« eigentlicheEi-Verschmelzung, sondern hat stets mehr vom doppelten Ableger-Zwilling, aber wer will aus dieser Stufe des Liebeslebens das nochso scharf trennen? Grundlegend ist vom 2Lesen aller Fortpflan-zung aus jedenfalls, datz auch hier schon der Zufall der nachträg-lichen Begegnung ausgeschaltet wird: die Soredien müssen wiederneue Flechten der betreffenden Art erzcugon, wie nur irgend eineFroschart Frösche, eine Ääferart Käfer ihrer Art erzeugt.er lächelt, erstaunt, datz ich seinen köstlichen Schnaps nicht zu Endetrinke.Der höllische Lärm dauert weiter... Oben aber leuchtet dieSonne, die Wintersonne, überflutet alles mit ihrem milden Lichte.So gut ist es zu leben! Ich werde Euch alle wiedersehen, Ihrmeine Geliebten!...»Die Schlacht entfernt sich, flaut ab. Meine beiden Schild-wachen scheinen nicht böse zu sein, datz sie nicht mehr daran teil-nehmen. Wir versuchen miteinander zu plaudern, aber mein süss-licheS Flämisch will- nicht zu ihrer rauhen Sprache passen. Unddie Gebärden sind ausdrucksvoller denn die Worte... Plötzlichlächelt der eine rätselhaft, sagt einige Male:»Kaput! Kaput!"— zieht sein Bajonett heraus, macht Miene, mir die Kehle durch-zuschneiden. Ich rühre mich nicht, bin überzeugt, datz er nurscherzt, mir Angst einflössen will...Ein Schatten füllt die Oeffnung des Unterstandes aus. Eineheisere, rauhe, abgehackte Stimme ertönt. Beschämt steckt der'Sol-dat sein Bajonett zurück, geht, die Waffe in der Hand, dorthin,wo die Schlacht tobt. Der andere steht stramm, in ehrfurchtsvollerHaltung. Ein Offizier nähert sich:„Beruhigen Sie sich, meinHerr"— sagt er zu mir—„wir toten unsere Gefangenen nicht."Ich stammle einige verwirrte Worte, bin etwas beschämt. Wäh-rend er den anderen Soldaten beftagt, bemerke ich einige Bro-schüren, die aus semer Manteltasche Herauslugen: es sind etlicheHefte der„Humbles", die mir mein Bruder kürzlich geschickt. Ichhatte sie zusammen mit meinem Brotsack zurückgelassen; daruntereinige mir werte Brief«. Da ich ihn so günstig gestimmt sehe, wageich ihn um dieselben zu bitten. Er willigt gerne ein. Dann, daich die begehrten Briefe an mich genommen—„Erlauben Sie"—fügt er hinzu—„datz ich die Broschüren zum Andenken behalte?"Ich gebe sie ihm zurück, zeige ihm einen Satz meines FreundesJacques Froissart, der sich auf das Buch Henri Gmlbeaur bezieht:„Auch wir träumen von einem Bruderwege, der beide Völker der-einigen möge".Er lächelt traurig:„Sozialdemokrat"?— fragt er, und verlätzt uns, nachdem er mir noch die Hand gedrückt.«Der Abend kommt. Vier Krankenpfleger erscheinen mit einemZelttuch mich abholen. Doch brülle ich bei der geringsten Beruh-rung wie ein Besessener auf. Da legen sie das Tuaj, ein wenigunter meinen Körper geschoben, vor mich hin und während siephlegmatisch, mit gekreuzten Armen warrend, stehen, wälze ichmich langsam, mit vieler Anstrengung, selbst darauf. Ein knoti-ger Stock wird durch die Oeffnungen des Tuches geschoben.undwir machen uns ans den Weg. Durch die verwüsteten Gräben, imzerstörten Erdinnern gehen meine Träger ins feindliche Lager.In der Ferne erstirbt der Kanonendonner in der reinenNachtluft.Und der Mond verbreitet sein fahles Licht.Der Krieg?.., Das war gestern!(Deutsch von H. von Zur MüZ!cu.).Europäische Sucher.Verlag: Max Rascher, Zürich ISIS.Diese geschmackvoll und bis jetzt sorgfältig ausgearbehewSammlung soll, nach des Verlages eigener Ankündigung,„nebenRomanen, Novellen und Essays auch die besten Biographien, Memoirenund Briefwechsel, die europäischen Wert besitzen, enthalten."Als erster Band erschien, von der Sckiweizerpresse begeistertempfangen, Andreas Latz kos stürmischer Novellenzyklus„Menschen im Krieg"— von demselben Latzko, der nacheiner lebhaftes Aufsehen und Widerspruch erregenden Komödie„Apostel" 1913 einen schönen, nun bei Rascher lZürich) neu aus-gelegten Liebesroman„Der wilde Mann" herausgab. DerVerfasser, der monatelang an der österreichisch-italienischen Frontstand, beweist auch in diesem Werk seine expressive, zwingende Kunst,die, zusammen mit einer leidenschaftlichen Menscbli-bteit. ein—leider in Deutschland verbotenes— Kriegsbuch geschaffen bat. da§hoffentlich vielen die Augen weiten und das Herz öffnen wird.Künstlerich schwächer, aber von glutvollen Ideen getragen, istLeonhard Franks Novellensammlung„Der Mensch istgut"(man denkt dabei: aS. wäre er es doch auch l!). Frank batsich bor Jahren mit seiner„Räuberbande" den FontanevreiS gebolt,um dann durch„Die Ursache" zu beweisen, datz sich die erboffleLäuterung in der Tat auch vollzogen hatte. Bei seinen Kriegs«Novellen ist eS ihm um Entladung seiner erregten politischen Ge-danken zu tun: wie Latzko läuft er Sturm gegen den Krieg undmöchte, datz künftig die Liebe den europäischen Tbron besteigen würde.Bleibender als diese zwei bedeutungsvollen und neue Ideentragende Bücher ist da? herrliche„Do kou"(Das Feuer) vonHenri Barbusse. Hier ist endlich ein Buch entstanden, das nichteher als die Erinnerung an diesen.Krieg untergehen wird: grötzerals ZolaS„Dsbücle"— ein wahrhaft europäisches Buch. DerFranzose weitz hier mit unheimlicher Plastik, die namentlich durchdie rauhe, schwer verständliche Soldatensprache vertieft wird, einerschütterndes Bild des leidenden Soldaten zu geben.„Wenn dieserKrieg den Fortschritt um eine Stufe weitergebracht hat, so wirdsein Unglück und seine Schlächterei wenig zu bedeuten haben'—diese Worte eines schlichten Feldgrauen verkörpern fürwahr dasHeldische unserer Generalion: für unsere Kinder, unsere Nachkommenzu kämpfen und zu sterben. Der Dichter L. v. Meyenburg besorgtevon diesem Buch, da? man gern einmal zum„Volksbuch" erhobensähe, eine fleitzige, die grotzen Schwierigkeiten freilich nicht ganzüberwindende Uebersetzung.Die„Briefe eines Soldaten" besonders hervorzu-heben, scheint mir überflüssig, weil es in Deutschland mindestens soeindrucksvolle Briefwechsel— wir nennen etwa Witlops„Kriegs-briefe deutscher Studenten"— gibt.Kriegsrein ist bisher nur ein Buch dieser Sammlung: RomainRolland S„Beethoven"- Biographie, von Frau Langueic.Hug in lesbarer deutscher, wenn auch nicht eben künstleri'che Ein-sührung verratender Uebersetzung dargeboten. Diese 1903 zum ersten-mal in den„Lattiers de la quinzaine" erschienene geniale Lebensbeschreibung, die zu RollandS bedeutendsten Werken zählt(wirmöchten ihm selbst, dem edlen Menschenfreunde, auch einen so fein-sinnigen Biographen wünschen I), will nicht so sehr Beethoven denKünstler, als Beethoven den Menschen wiedergeben.„Wo derCharakter nicht grotz ist. kann eS der Mensch, kann eS der Künstlernicht sein".— Das zu beweisen, ist der Zweck dieses schönen BucheS.Hoffen wir, datz diesem Beethoven-Band bald noch die andernBiographien RollandS, diejenigen Tolstois und Michelangelosfolgen! Sie sind in diesen sturmvollen, bitteren Tagen doppeltbeglückend.__ Karl Seelig.Laute und Lieö.Die Laute ist wieder volkstümlich geworden wie«chemgls.Unsere neu« Jugend ist ohne Laute und Gitarre gar nicht mehrdenkbar. Wie kaum ein anderes Instrument ist Laute und Gi-tarre die Begleiterin unserer Geselligkeit und Fröhlichkeit gewor-den. Nicht nur daheim und im Konzertsaal, wo der Lautensängerdas einsach-schöne alte Volkslied mit all seiner Innigkeit undHeiterkeit zu neuem Ansehen und Würden erweckte, sondern auchdrautzen über Berg und Tal ziehen sanges- und wandcrsrohe Men-schen mit Laute und Gitarre dahin.Auch in Arbeiterkreisen, wo die Musik von jeher eine gutePflegschaft fand, weitz man die Vorzüge des handlichen Instruments zu schätzen und bedient sich seiner innner mehr, um der Ge-selligkeit und Fröhlichkeit aus einfache Weise musikalische Stimmung und Weihe zu verleihen.Die Technik des Instruments ist leicht erlernbar bei einigermusikalischen Veranlagung. Von einem unserer bewährten undbesten Lautenspieler, Leonard Bulmans, ist kürzlich ein trefflichesLehrbüchlein erschienen, das jedem Lauten- und Gitarrefreund,der die Meisterschaft crftrebr, aestenS ev.psoaien werten kann. Ausdem reichen Schatze seiner Erfahrungen beraus hat der.Künstlerdas Buch verfatzt und zusammengestellt, das in leicht fatzlichcrFrrm und sehr anschaulich die Handhabung des Instruments undeine gründliche Notenkenntnis lehrt. Das Lehrbüchlein ist sowohlzum Selbstunterricht wie auch zum Gebrauch mit einem Lehrer,was empfehlenswerter ist, geeignet. Eine wertvolle Ergänzungerhält das Buch noch durch einen Anhang zahlreicher prächtigerLieder für den praktischen Gebrauch. Unter ihnen sind gute eigene.Komposihonen des Verfassers(otote wertvolle Bearbeitungen geeigneter klassischer Lieder von Schumann, Schubert, Mendelssohnu. a., wie sie bisher noch wenig im Gebrauch waren, aber einewertvolle Bereicherung für den Lautengesang bedeuten.Den grotzen Vorzug der Billigreit hat dos Büchlein autzerdem.Es kostet nur 3 M. und nennt sich: Praktische Lauten- undGitrre schule von Leonard Bu l m a n s(Triumph-Verlag,Berlin),_Notizen.— Borträge. In der Urania wird der Vortrag über dieUkraine Sonntag, Montag, Dienstag. Mittwoch und Sonnabendwiederbolt. Donnerstag spricht Prof. Spietz über Röntgen-dienst im Felde, Freitag Prof. Rölhe über Die Hermann«schlacht in der deutschen Dichtung.— Institut fürMeereskunde. Dienstag Pastor Engelhardt: Hawaii.—In der Treptow-Slernwarte spricht Dienstag, 7 Uhr,Dr. Archenhold über Saturn und sein Ringsystem, Ntttt«woch, 8 Uhr, über die Bedeutung des Films für Wissen-schaft und Technik.— Ueber„Frauenhatz in Dichtungund Philosophie' spricht Dr. Koerbei im Bund für Mutler-schütz am 26. Februar, abends S1/» Uhr. im Weinhaus Rherngold,Potsdamer Str. 3. Eintritt frei.— Musikchronik. Lola Artot de Padilla fingt am Montagin dem 3. Sinfoniekonzert de» Blüthner-OrchesterS. LiSzl'SDante-Sinionie steht autzerdem auf dem Programm.— D i e„Typographia" veranstaltet Sonntag, den3. März, in der Hochschule für Musik ein Konzert unter Leitungihres Chormeisters Weiubaum. Nutzer Männerchören und Lie-dern gelangen Violinstücke und das Sextett von Beethoven zumVortrag.— Die deutsche Faserstoff-AuSstellung ht Berlinwird am 6. März eröffnet werden.— Die„Deutsche Buddha-Ges ellschaft." ersuchtuns mitzuteilen, datz sie mit dem kürzlich an dieser Stelle erwähnten„Neubuddhistischen Berlage" nicht zusammenhänge. Sie gehe nichtdaraus aus, ihre Mitglieder aus eine einseilige Richtung oder aufdie Befolgung buddhistischer Vorschriften festzulegen. Ihr Bnrcaubefindet fich Potsdamer Str. LL b.Ein Schlag auf die Schulter: rascher, um Gotteswillen! Einstärker ausgeprägter Schlag. Ich wende erstaunt den Kopf um.Ein junger Bursche sieht mich an, streckt mir die Hand hin, lächelt.Ich zögere, ist dies dann möglich? Welch grauenvolle Falle stelltman mir da?„O, Kamerad! Wie geht's?"Und wie ich ihn noch immer benommen anstarre, murmelt ermit einer Stimme, die mich von himmlischer Harmonie deucht:„O Kameradi Ich bin gut!... Rein! Sie find noch nichtkaput! NernI... Wir werden gute Kameraden sein! Ja, ja,gute Kameraden!"Ich drücke ihm warm die Hand, begeistert von einem Gefühlunendlicher Dankbarkeit, milder Menschlichkeit. Ist er nicht inWahrheit mein zweiter Vater?*Dann trägt er mich mit Hilfe eines herbeigerufenen Käme-raden in den verlassenen Unterstand des Majors. Während derKamerad mich, die Waffe in der Hand, bewacht, geht er demDoktor rufen, kommt alsbald mit einem kahlköpfigen, frisch ra-sierten Arzt zurück.Ich habe inzwischen meinen Finger, so gut es eben ging, mitmeinem eigenen Verbandzeug ausgeflickt. Er verbindet mir dasBein. Da ich ihm durch Gebärden meine Angst ausdrücke, diesesarmselige Stück Fleisch gänzlich amputieren lassen zu müssen,lächelt er.„Nein, nein, es heilt bald. Nach dem Krieg kehren Sienach Frankreich zurück"— versichert er mir in einem fehlerhaften,kindlich lispelnden Französisch.Nachdem er mich mit einem gegen die Feuchtigkeit schützendenZelttuch bedeckt hat, geht er weiter, die Leiden anderer Unglück-l-cher lindern— vielleicht Sterbenden, vom Glück weniger Be-günstigten als ich, den Tod erleichtern.»Die Schlacht dauert an: von neuem regnet es Granaten, einrauher Hagel; das Gewehrfeuer beginnt abermals, die Kugel-spritzen prasseln. Und immer noch rücken die feindlichen Truppenbox.Im nächsten Erdinnern drängt fich eine traurige Menschen-masse. Soldaten marschieren vorbei, treten an die Stelle toterKameraden. Ich sehe sie, durch das halbgeöffnete Zelttuch spähend,vorüberziehen. Manchmal erblicken sie auch mich. Einige hebendie Achseln, scheue Tränen im Auge, dann gehen sie weiter, ganzlangsam.' Andere, überreizt, werfen mir einen hatzersüllten Blickzu. und die Flinten noch grimmiger, umspannend, eilen sie zuneuem Töten.„Also"— sage ich mir—„gehen die Menschen mden Krieg. Mit Bedauern sie einen, trunken die anderen"...„ Meine Wächter geben mir Wein und Kaffee, die sie im ver-lassenen Graben gefunden. Ein vorübergehender Soldat bleibtstehen, schraubt eine kleine Feldflasche, die er am Gürtel trägt, aus,reicht sie mir. Gierig tue ich ein paar Züge, ein scheußlicher Al-koho! vcrbreunt mir die Kehle. Mig gebe ich ihm sei» Gift zurück,