35. Jahrgang. Nr. 33
Der tote Acker. En Uder flammt im Abendlicht. Thi näßt fein warmer Regen. Ken Pflug in feine Schollen sticht. Ein Uder flammt im Abendlicht, Den teine Fäuste pflegen.
Sonntag
Das Korn stand gut auf seinem Grund. Kus feinem Schoße quollen
Die Ernten einst so hoch und bunt. 2as Korn stand gut auf seinem Grund 2nd stirbt nun in den Schollen.
En Uder brennt im Abendschein. De Bauern find im Kruge Und schlagen sich die Schädel ein. Ei Uder brennt im Abendschein Um schreit nach einem Pfluge.
Hans Bauer( Champagne).
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Beilage zum„ Vorwärts" Berliner Volksblatt
fampfgemälde im Germinal" war den Arbeitern durch Abdruck in der Parteipresse bekannt geworden und hatte starken Eindruck hinterlassen.
wurde dann das Bedeutsame, bis dann im letzten Jahrzehnt und schon früher eine fast vollständige Stagnation eintrat.
So mußte die Volksbühne ursprünglich in erster Reihe Auch in der Kunst, so schien es, wuchs etwas Zukunfts- als Mittlerin zwischen der neuen, so verheißungsvoll sich anvolles an, das zu den großen Strömungen ringender Gegen- fündenden dramatischen Bewegung und der Arbeiterschaft gewart, ja lezthin zu dem Geist der sozialistischen Bewegung selbst dacht, den Rahmen ihrer Aufführungen nach allen Seiten erin innerer Beziehung stand. Von der Abspiegelung der Ober- weitern, soweit als ihre Kräfte es gestatteten, den Schaz der flächen, wie sie in den Jahrzehnten herrschenden Epigonentums Klaffifer verwerten und bei der Aufführung moderner Stücke üblich war, wandte sie sich, mit allen überlieferten Formen die Strenge ihrer Maßstäbe zum Teil ermäßigen. Wozu brechend, der Darstellung lebendiger Konflikte, dessen, was in dann weiter kam, daß sie in den Theatern, in denen sie nicht den Tiefen gärte, der Darstellung gesellschaftlicher Mächte, die Vorstellungen unter eigener Regie veranstaltete, in ihrer Ausüber alles Einzelschicksal walten, zu. Ein Ansturm der Wirklich- wahl dem gegebenen Jahresspielplan dieser Rechnung tragen keit durchbrach die Schranken, die eine in bürgerlicher Enge mußte. Aber die Kunst dem Volke" blieb darum das Leitgroßgezogene Aesthetik aufgerichtet. motiv. Die Organisation gab die Gewähr, nicht nur, daß in So war der Sinn für dieses Neue durch vorbereitende immer weitere Kreise des arbeitenden Volfes, die sonst abseils Lektüre schon geweckt, als die von Brahm und Schlenther standen, Liebe und Interesse fürs Theater geweckt wurde, gegründete Freie Bühne ", die Gerhart Hauptmanns sondern auch, daß ihrer Empfänglichkeit das relativ Wertfühnes Erstlingswerk Bor Sonnenaufgang" aus der Taufe vollste und Beste, das unter diesen Umständen sich beschaffen hob, den Gedanken an ein Unternehmen nahelegte, das gleich- ließ, geboren wurde. An die Stelle des Zufalls und des falls in Vereinsform organisiert und damit gleichfalls dem bloßen Zerstreuungsbedürfnisses, die über den Theaterbejuch schifanösen Einspruchsrechte polizeilicher Theaterzensur ent- der einzelnen so oft entscheiden, hat der Zusammenschluß hoben, den Arbeitern zu billigen Preisen das Beste, was die einen planmäßigen, den Zwecken fünstlerischer Bildung zuneue Bühnenkunst geschaffen und schaffen würde, vermitteln gewandten Kollektivwillen gestellt, der ein durch seinen besollte. Im Frühjahr 1890 erschien der Aufruf Bruno Willes stimmenden Einfluß unschäzbares und durch nichts anderes in dem„ Berliner Volksblatt", dem damaligen Vorwärts". erfeßbares. Moment der geistigen Fortentwicklung darstellt. Das Theater, in der kapitalistischen Gesellschaft zu einem Ein paar Jahre, nachdem sich infolge organisatori. Werke fader Schöngeisterei und Unterhaltung erniedrigt" so fcher Streitigkeiten die Neue Freie Volksbühne unter
Die Frein Volksbühnen Berlins . hieß es da –„ bat den Beruf, die Quelle hohen Kunstgenuſſes, Wille vom alten Verein abgeſplittert hoite, erfolgte, charat
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sittlicher Erhebung und kräftiger Anregung zum Nachdenken teristisch für die preußischen Zustände, ein Angriff von seifen Von Conrad Schmidt . über die großen Zeitfragen zu sein." Wertwolles sei erschienen, der Polizei, die, unter Berufung auf die Mitgliederzahl, den Das achtunzwanzigste Spieljahr der Freien Volks- die Arbeiterschaft dürfe nicht länger teilnahmlos zur Seite Vereinscharakter der beiden Verbände bestreitend, die Unterbühnen begint in diesen Tagen. Aus fleinsten Anfängen stehen. Ein Arbeiterverband sei möglich, der bei fleinen Bei- stellung der Aufführungen, gleich den öffentlichen, unter die erwachsen, umfazt die Organisation jetzt achtzigtausend Wit- trägen seinen Mitgliedern in regelmäßigen Vereinsvorstellungen Benfur verlangte. Als das Oberverwaltungsgericht die Forglieder und beit in ihrem neuen Heim am Bülow- an Sonntagnachmittagen Kenntnis und Mitgenuß des Guten derung für zu Recht bestehend erklärte, antwortete der alte platz das größt und eins der schönsten Theater Berlins . Auch verschaffe. Berein, damals unter dem Vorsiße Mehrings, demonstrativ die furchtbaren zahre des Weltkrieges, der alle anderen Bildungsorganisatio en der Arbeiterschaft zerstörte, hat diesem Unternehmen niets anzuhaben vermocht. Nach einem starken Rückgange im ersen Kriegsjahr jezte bald wieder ein sich ständig berniehrender Zutrom ein, der die Zahl der Mitglieder jetzt erheblich über dasmaß erhöht hat, mit dem man für den Herbst 1914 zur Gröffnung des Theaterbaus gerechnet hatte. Erfolge vollaf in vieler Hinsicht, noch mehr, als man damals im Jahre 190 bei der Gründung wohl erwarten durfte. Und doch schweift die Erinnerung der alten Mitglieder in jene von unbestimmter Hoffnungen erfüllten Zeiten sehnsuchtsvoll zurüd.
Die Anregung schlug ein. Eine große Volksverfamm- mit seiner Selbstauflösung. Aber das Bedürfnis nach lung beschloß die Gründung und setzte die Kommission zur Bühnendarbietungen in dieser Form hatte in der Berliner ArAusarbeitung der Statuten fest. Die Grundzüge der damals beiterschaft bereits zu feste Wurzeln geschlagen. Mit einer entworfenen Organisation bestehen im wesentlichen heute noch: strafferen, den Vereinscharakter noch nachdrücklicher betonenLeitung der Geschäfte durch einen von der Generalversammlung den Formulierung der Statuten, die ihm die Busage einstzu wählenden Borstand und Kassierer. Stünstlerische Zeitung weiliger Beniurfreiheit eintrug, trat der Verband im Jahre und Bestimmung des Spielplans durch Zusammenarbeit des 1897 abermals zusammen. Schon 1898 hatte er 6000 mitVorstandes mit dem literarischen Ausschuß. Einheitlich gleiche glieder gesammelt, deren Anzahl sich bis zum Ausbruch des Beiträge für alle und dementsprechend Verlofung der Krieges aufs Dreifache erhöhte. Noch rascher nachdem sie Blagfarten vor der Vorstellung. Gewählte Ordner und Obleute sollten für die äußere Ordnung bei den Vereinsveranstaltungen sorgen. Der Beitrag für die Vorstellung, der zugleich den Preis für die die aufgeführten Dramen erläa ternden Boltsbühnenhefte wie das Garderobengeld einschließt, heute annähernd aufs Dreifache gestiegen, wurde auf 50 Bf. festgefekt. Gleich die erste Spielzeit, die mit Ibsens scharf sozialfritischen Stüßen der Gesellschaft" und Hauptmanns bei aller Düsterheit sozialer Milieuschilderung in der Figur des sozialistischen Agitators Both auf die Hoffnung einer lichteren Zukunft deutende Erstling Bor Sonnenaufgang" begann, brachte dem Verein ein paar tausend Mitglieder.
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1903/04 einen Bachtvertrag mit Reinhardt abgeschloffen, wuchs die lange Zeit hindurch zurückgebliebene Neue Freie Bolfsbühne, die 1910 schon 37 000 und vor dem Kriegsaus. bruche 50 000 Mitglieder umfaßte. In ihrem Schoß entstand der Plan zu einem eigenen Bolfsbühnentheater. Die 1908 begonnene Sammlung von Mitgliederbeiträgen für den Baufonds nahm rüftigen Fortgang und lieferte den ersten Grundstod für den stolzen Millionenbau am Bülowplak.
Hatte der bekannte Jagowiche 11fas, der 1911 die bisherige 3ensurfreiheit der beiden Vereine endgültig faffierte, in der leider ergebnislos verlaufenden Abwehr, eine gegenseitige Annäherung der beiden Volfsbühnen angebahnt, so führte dann das Bauprojekt im Jahre 1913 zum Abschluß eines schon lange wünschenswerten festen Kartellverbandes zu gemeinsamer Arbeit.
Welch ein Kontrast! Seute der Klaffende Abgrund, der alle Errungenschaften er Kultur, an die sich menschheitlicher Fortschrittsglaube fnürte, in seine blutigen Tiefen zu verschlingen droht, und damals in den letzten Tagen des am unbeugsamen Widerstand der Areiter zusammenbrechenden Sozialisten gefetes, jenes schwellende Kraftgefühl, das in dem ziel ficheren Gange der sozialen Entwicklung die gewisse Bürgschaft für den triumphiernden Aufstieg in eine bessere Zukunft fah, die Stimmung, die in Dehmels schönem Arbeiterliede: Nur Zeit" poetisch wiedeflingt. Die Marristischen Gedankengänge, Der gehobenen Stimmung jener Zeit entsprechend, knüpferst unter dem Sojalistengesetz in weitere Parteischichten ein- ten sich wohl auch kühne Träume an die Gründung.. Man dringend, schienen aif die Verhältnisse angewendet, das Kommen glaubte einer Periode entgegenzugehen, in der die Ansäge zu eines allgemeinen Imschwunges zu verkünden. Ueberall war einer neuen, durch große soziale Perspektiven vertieften Kunst Nun ist das Haus, das Neinhardt 1915 gepachtet hatte, an Spannung und Benegung. Und nicht zuletzt in der Litera zu reichster Blüte entfalten würden und in der die von dem die Neue Freie Bolksbühne", in deren Auftrag Herr Kayßtur, in welcher en aller traditioneller Schönfärberei den Bolt fürs Bolf geschaffene zenfurfreie Bühne im Ier die Direktion übernommen, zurückgefallen. Der Andrang Kampf ansagender naturalistischer Wahrheitswille vordrang. Vorrang vor den öffentlichen zenfurgebundenen Theatern für die nächste Spielzeit war so groß, daß bei weitem nicht alle Ibsens an den Freiheitssinn und das Selbstdenkenwollen| Heim und Schauplatz für das Neue werden würde. Aber der Neuanmeldungen berücksichtigt werden konnten. Ein neuer be der Persönlichkeit eppellierende Gesellschaftsdramen atmeten Aufschwung dramatischer Produktion ließ seit Mitte der deutsamer Abschnitt in der Entwicklung hebt an. Der Pflege einen neuen, einen felisch revolutionären Geist. Manches von neunziger Jahre von neuem, als Hauptmanns junges des Schauspiels hat sich die Veranstaltung vortrefflicher Konden großzen Russen, vor allemt aber 30 las gewaltiges Klaffen- Schaffen sein Bestes gegeben, nach. Seltener und feltener zerte, von Vortragsabenden und Kursen, in immer weiteren
Der Glockenzieher.
zwischen Nehrenfeldern, Wiesen oder Tannenbüschen friedlich Schall der Töne kurz erstickt, so daß der Nächststehende vom feine Patrouillentracht gegen die nicht immer besonders Gesagten nichts vernehmen fann. So muß auch an jedem artigen Noten Garden, und von der Nähe wie Ferne summen Glockenstrange ein besonderer Läuter ziehen, sich mühen durch Ein russischer Viltstypus. Von Valentin Budwig. einem die Lüfte die fröhlichen Glockenlieder des Werkel- oder Hängen und Reden und Streden, bis er das Riefending in Das altbejezte russische Gebiet ist so gut wie seiner Festtages zu, oder sie weinen einem Sterblichen auf seinem wuchtenden Gang richtig gebracht hat. Und ebenso gemach Kirchenglocken berault. In den Vormarschkämpfen im Som- letzten Wege jeufzend und zagend nach. dauert es, bis der Koloß zum Schweigen gekommen. Ich mer und Herbst 1915 die uns im wesentlichen das ursprüng- Ein Eigenes, ein uns ungewohntes liegt in dem Alange erinnere mich noch mit Freuden an die Lage meiner Jugend, liche Gebiet Oberoft scherten, fonnten die weichenden Stussen der Glocken, der ernsten und feierlichen Zeitgemahner, die im da ich mich unter der hohen Glockenkammer am Stride hinaufrückwärtig noch so viel Zeit gewinnen, um ihre Kirchenglocken Getürm der orthodoren Gotteshäuser ihr gottbestimmtes und herunterwiegen konnte, wenn der Glöckner das Zeichen zu zerstören oder mizunehmen, wie sie es in mancherlei Dasein fristen. zum Ausläuten gegeben. Hei, wie schwebten wir da in großen Städten mit ihren Denkmälern getan. Hingegen hat das neu Der Russe liebt nicht allein die großen Glocken, sondern Rucken und Schwüngen an den Ziegelmauern herum. besetzte Oberoit- Gebiet, soweit es nicht unmittelbare Stampf- gefellt den größeren Glocken, gewissermaßen sie wie in einen Im russischen Glockenturm fitt nur ein Glockenzieher, zone war, so gut wie keine Gloden verloren. Nur hie und Rahmen engend, eine Anzahl kleinere zu, die aber zu dem ein schlichtes Männlein, das ein ganz origineller Typus ist. da, wie z. B. in Minst und einigen wenigen Städten Weiß- Grundton der großen passend eingestimmt erscheinen. Ich In aller Gemütsruhe hodt er auf seinem Treppchen oder rußlands, sieht man an din Türmen oder abstehenden Glocken- habe auf meinen Friedensfahrten in Rußlands weitem Reiche einem Kloze mitten unter seinen Pfleglingskindern und übt häusern die Mauerausbriche, durch die man die metallenen auch sehr große funstvoll gegossene Glocken gefunden, wie in peinlicher Sutsamkeit seine Kunst. Ja, eine gewisse kleine Sünder zur Erde beförderte. Doch ging unser Vormarsch, z. B. in den lurusüberladenen Kremlkirchen Moskaus , der Kunst ist es, mit der er zu Werke geht. Und auch ein ausam 18. Februar 1918 beginnend, so überraschend schnell vor mundervollen Jiaakkathedrale und der stimmungsreichen gezeichnetes rhythmisch fühlendes Empfinden ist seine beste fich, daß den Ueberrannter keine andere Zeit mehr übrig Sühnefirche Petersburgs, Metallriesen schönster Form und Tugend. Man traut es dem bäuerlich schlichten Alten nicht blieb, als in der Eile nur ihr„ kostbares" Leben zu retten. besten Gusses; aber die schlicht gebauten und doch kunstgemäß zu, dessen brünette Haare die entsprechend respektvolle Länge Es tut dem Ohr und Herzen wohl, wenn man jett tief gezimmerten Holzkirchen der Ländlichkeit und der Mittel der Jahre haben und auf dessen Antlig sich die Spuren von in Rußlands Weiten hinter der Düna , der Beresina oder am und Kleinstädte, meist ortsmitten oder auf schöne ortsüber- Wind und Wetter nur zu deutlich genug bemerkbar machen. Dnjepr das Geläut der Kirchen vernimmt. Friedlich mutet herrschende Anhöhen gesetzt, weisen solch kostbare Größen Seine selbstgeschneiderte erdgraue Tuchjacke, deren Stoff von es an und leiht dem Ländlichen eine gewisse festlich vergnügte nicht nach. den Hausschafen des Bauers bergenommen und von irgendHeimlichkeit, die der Seele viel Schönes mitzuteilen hat. Nicht So kommt in das Geläut eine leichtere spielerische Be- einem Dorfmiller in einem primitiven Dampffaften gewalft so totenstille ist es, jo flangausgestorben wie im alten Oberoit- weglichkeit hinein, etwas Trauliches, ja Bierliches, manchmal morden ist, reicht ihm weit über die nie; oder auch er präLande, wo selbst die größeren Städte mitunter feine brauch bis ins Buntheitere verkleinernd Klingendes. Wie die sentiert sich in der durch Winter und Sommer getragenen bare Kirchenglocke mehr befizen. Man zieht durch ein kleines, Sprache einer Art Miniaturkunst mutet es an. Wie ernst zeitverfärbten Belajace. Die robleinene hausgewebte Hoje, geschäftsrühriges Städtchen und wird in den Morgen-, und feierlich dagegen ist der Gesang der deutschen Glocken an deren Enden mit umwunden die leichten eigengewirften Mittag- oder Abendstunden von sellem Glockengeschirr um stimmen. Brausend, gewaltig, feelenbestürmend dröhnt es Borkenschuhe hängen, nicht zu vergessen der Pudelmüße mit spielt; man hält irgendwo an der nach dem Lage der end- vom Turm herab, und man schaut zum ehernen Sänger hin- grauweißem Krimmerbejak, geben dem armen Bäuerlein das gültige Friedensunterzeichnung im 17. März 1918) mit auf, wie mit tiefstem Erichauern zu den eisernen Gerüsten typische Aussehen. So ein origineller Kauz ist auch nur im den Grenzfommissionen der Sowjetbehörden vereinbarten der Glockenkammern emporgezogen. Das Wort, daß man heiligen Kirchenrußland zu finden. Aber er fühlt sich in Demarkationslinie vor einem schlichten Kleinbauerndorfe voll Bewundern den Lippen entlöst, wird durch den wogenden seinem Betpußtsein nicht wenig, und das ganze Dorf ist stola,