1. Jahrgang. Nr. 9.

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Samstag, 10. September 1921.

Sozialdemokrat

Zentralorgan der deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der tschechoslowakischen Republik.

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Die Magyaren stellen neue Jetzt haben sie den freien laffen ,, den Kampf für die Beibehaltung beiterschaft wird für solche Reben nur ein Abzugsbedingungen. Handel.

hält aber immer noch an der Forderung nach Garantien von Oesterreich hinsicht sich der Entschädigungsfrage feft. Die Entente­bertreter werden die Antwortnote sosort nach Paris telegraphieren und um dringende In­struktionen ansuchen. Die endgültige Entscheidung der ungarischen Regierung In der westungarischen Frage wird von der Rüdantwort der Entente abhän­gig gemacht.

der Bewirtschaftung des Getreides weiter Achselzuden übrig haben. Die bürgerlichen zuführen. Wir sind im Ernährungsaus- Parteien haben die freie Getreibebewirt­

Budapest, 9. September. ( Tsch. P. B.) bürgerlicher Seite den Ruf nach dem treten, daß der Streis der vor dem 1. Sep- verteuerung herbeigeführt, sie dürfen sich Seit Jahr und Tag hört man von schuß des Abgeordnetenhauses dafür einge- schaftung und damit die Brot- und Mehl­Die Ententenote ist von der ungarischen freien Handel: wenn nur die staatliche tember versorgten Personen auch weiterhin nicht wundern, wenn die Arbeiterschaft ab­Regierung bisher nicht beantwortet Bewirtschaftung des Getreides abgebaut derselbe bleibe, was die bürgerlichen Bar- lehnen sollte, die Folgen dieser Teuerung worden. Heute tritt ein Ministerrat zusam- sein wird, dann werde Getreide in teien aller Richtungen einmütig abgelehnt zu tragen und wenn sie dafür in den Kampf men, welcher die endgültige Redaktion der Ant- Hülle und Fülle zu haben sein, die Be- haben. Wenn also jetzt Arbeiter zu Tausen tritt, daß die Unternehmer die Folgen der völkerung werde sich soviel Mehl kaufen den aus der öffentlichen Versorgung einfach Politit ihrer Beauftragten, der bürgerlichen wortnote vornehmen wird. Jm großen und können, als sie nur will, die schönen Zeiten hinausgeworfen werden, so tönnen sie sich Barteien, mit übernehmen. Die Besitz­ganzen sind die Ententevertreter über den der Vorkriegsjahre seien dann wieder für bei den bürgerlichen Parteien und deren lassen werden dann die Segnungen" des Inhalt der Antwortnote informiert. Die un alle gekommen. Der freie Handel verfüge Führern, den christlich- sozialen", natio- freien Getreidehandels an ihrem eigenen garische Regierung vertritt den Standpunkt, über die Zauberkraft, die Bevölkerung gut nalen"," demokratischen" und national- Leibe spüren. den Frieden von Trianon restlos zu erfüllen, Agrarier stets so gesprochen haben, kann geannte Arbeiterfreundlichkeit, welche die Unserer Jugend zum Gruße! und ausreichend zu ernähren. Daß die sozialen" Abgeordneten bedanken. Die so­niemanden Wunder nehmen, denn sie bürgerlichen Parteien bei jeder Gelegenheit wissen es, daß der freie Getreibehandel tat- betonen, hat sich zum wievieltenmale? Vom 10. bis 12. September hält der so­sächlich das Paradies bedeutet, in dem sie als hohle Phrase erwiesen. Nicht die Wohl- zialistische Jugendverband in Teplitz­goldene Früchte pflücken, ungeahnte Ge- fahrt der Arbeiter, sondern die Profite der Schönau seinen ersten Berhandstag ab. winne einheimsen. Aber nicht nur die Agrarkapitalisten waren und sind die größte Alle Jugendgenossen, die der Sozialdemo Agrarier haben den freien Handel herbei Sorge der bürgerlichen Parteien, die sich tratie die Treue gewahrt haben, werden ihn gesehnt, sondern alle bürgerlichen Parteien: als Vertreter der städtischen Konsumenten beschicken. Eine Schar strebender, tampf­der Herr Fabrikant Wolfrum fonnte in der gebärden! froher Jünglinge und Mädchen wird in den bürgerlichen Provinzpresse nicht genug das Aber auch die Regierung hat sich in dreitägigen Verhandlungen des Verbands­Loblied des freien Handels singen, der ihrer ganzen Arbeiterfeindlichkeit offen- tages Rückschau halten über vergangene Herr Abgeordnete Kostka, der Beauftragte bart. Gewiß konnten die Herren Cerny Kämpfe und mühsame, doch erfolggekrönte der Fabrikanten im Parlament, hat in je- und Prochaska nichts anderes verordnen, Arbeit und wird, indem der Verbandstag der Rede die Bevölkerung von den Wohl- als was ihnen die Pětka erlaubte. Aber sie ein Programm des Jugendverbandes be­taten des freien Handels zu überzeugen haben nicht einmal die Beschlüsse des Er schließen wird, neue Ziele, neue Arbeit fest­gesucht, der Theoretiker der deutschbürger- nährungsausschusses respektiert. Was füm- zusehen haben. lichen Parteien, der Herr Zenter in mern diese Herrschaften auch die Beſchlüſſe Noch ist das Schicksal unseres alten Ju­Gablonz hat sogar in einem dicken Buche des Abgeordnetenhauses? Der Ernährungs- gendverbandes in Aller Erinnerung. Die den Beweis für die Segnungen des unge- ausschuß hat beschlossen, die Höchsteinkom- Kommunisten haben die Jugend als Stoß­hemmten Wuchers geführt, der Christlich- mensgrenze der noch der Versorgung teil- truppe" gegen unsere Partei mißbraucht, sie soziale Ledebour hat im Senat in das haftig werdenden mit 2500 Kronen zu be haben diesen Teil des Proletariats, der selbe Horn geblasen und sogar die deut- messen, in der Regierungsverordnung vom feiner Natur nach Utopien augeneigt ist, mit schen Nationalsozialisten, die heimische Ab- 16. August hingegen ist die Einkommens ihrer Ideologie von dem Wunder absoluter art der Hakenkreuzler, sind für den freien grenze mit 2000 Stronen festgesetzt. Der Diktatur des Proletariats erfüllt; und als Handel als mutige deutsche Reden in die Ernährungsausschuß hat beſtimmt, der dann auf dem vorjährigen Karlsbader Ju­Bresche gesprungen. Bei der Beratung Preis des bewirtschafteten Weizenmehles gendtage der Antrag auf Anschluß an die über den Ernährungsplan im Ernährungs- sollte 4 Kronen betragen, die Verordnung sogenannte Kommunistische Jugendinter­ausschusse des Abgeordnetenhauses waren schreibt 5 Kronen vor. Der Ernährungs- nationale gestellt wurde, löste die überwie­die Herren Nationalsozialisten gar nicht ausschuß hat in seinen Beschlüssen die Me- gende Mehrheit der Delegierten die alten anwesend, scheinbar interessiert sie die gierung verpflichtet, durch Ankauf auslän- Bande, die den Jugendverband an die ganze Ernährungsnot der Arbeiter nicht dischen Getreides dafür zu sorgen, daß die Partei knüpfte. Während aber ein Teil der und wir sind überzeugt davon, daß wenn durch die Verordnung umschriebenen Per- Jugendlichen ihren neuen Weg suchte, blie­die Arbeiter den Herrn Knirsch zur Ver- sonen das Mehl auch wirklich erhalten, die ben die kritisch denkenden Genossen der So= antwortung ziehen werden, wie es wäh- Durchführungsverordnung vom 17. Auguft zialdemokratie treu. Ihre Treue wurde mit rend des Wahlkampfes im Jahre 1920 der jedoch macht die Versorgung abhängig von dem Ausschluß aus dem der kominunistischen Fall gewesen ist, er mit frommen Augen- der erfolgten Anlieferung, das heißt, die Internationale angeschlossenen endver= aufschlag und mit seiner treudeutschen Bie- Regierung verpflichtet sich zu gar nichts: bande belohnt. Nun gingen aber die Aus­berkeit beteuern wird, er verstehe nichts von liefern die Bauern etwas ab, bekommen gestoßenen besorgt daran, den sozialdemo= volkswirtschaftlichen Dingen, so wie er die Arbeiter zu essen, wenn nicht, fönnen fratischen Jugendverband mi.der aufzu= seine Abstimmung für das Kriegsleistungs- die Arbeiter die Wucherpreise hezahlen. richten. über alle Hemmnisse hinweg kämpf­gesetz im alten österreichischen Parlament An der Ernährung in diesem Versor ten sie gegen die Kommunisten um die bamit entschuldigt hat, daß er die Wirkun- gungsjahr können die Arbeiter ermeffen, in Sirne und Herzen unserer Jugend. Schon gen dieses scheußlichen Gesetzes, die die Ar- wessen Interesse die Politik liegt, welche die am 5. Dezember 1920 erfolgte die Konsti­beiter im Striege wahrhaftig genug gespürt Regierung und die bürgerlichen Parteien tuierung des neuen alten Verbandes und haben, nicht vorausgesehen hat. Wir glau- treiben. Mit einer Gewissenlosigkeit ohne bald darauf erschien das neue vorbildliche ben im übrigen, es iſt, da man die Wohl- Gleichen sind die bürgerlichen Parteien mit Verbandsorgan," Die sozialistische Ju­taten" der freien Getreidewirtschaft schon dem Schlagwort vom freien Handel hausie gend". Bon da ab wuchs beständig die zu spüren beginnt, da der Haushalt jedes ren gegangen und haben der Bevölkerung Bahl derer, die den Reihen des Verbandes zurückzugehen, wurde fallen gelassen. Die Ar- Arbeiters, Angestellten, Beamten, ja selbst eingeredet, wenn nur der freie Handel ein- auströmten. Und wenn auch durch die Poli­beiterschaft von Wiener- Neustadt schrei- Kleinbürgers, die Verteuerung der Lebens- mal da sein werde, werde alles in Hülle tik der Kommunisten nur erreicht wurde, daß tet zur Bildung eines Selbstschutzes. Bei haltung in drückender Weise zu fühlen be- und Fülle zu haben sein. Bei der Bera- ein beträchtlicher Teil der proletarischen der sozialdemokratischen Partei tommt, da weiten Schichten der Bevölkerung tung des Budgets im Abgeordnetenhause Jugend sich nationalistischen und klerikalen haben die Einschreibungen zur Bildung eines das Herabsinken auf ein weit niedrigeres haben die bürgerlichen Parteien geschlossen Vereinen anschloß und so ihrer Klasse ent­

Italienische Truppen im Anmarsch. Wien , 9. September. ( Eigenbericht des Sozialdemokrat). Die Nacht ist im Burgen­ land an der niederösterreichischen Grenze im allgemeinen ruhig verlaufen. Matter 3 dorf wird von der österreichischen Gendars merie gehalten. Der Raum von Wiener­Neustadt, Wilmsdorf und Ebenfurt wird von österreichischer Wehrmacht gesichert. In Wie­ ner- Neustadt ist heute Mittag ein Batai! lon italienischer Soldaten einge­troffen, das ursprünglich für Oberschlesien be­stimmt war, aber ins Burgenland abgehen foll.

Wien , 9. September. Gendarmeriezentral­direktor Dr. Camp hat die Absendung der leßten verfügbaren Gendarme­ricreserve aus allen österreichischen Län­dern angeordnet, um die erschöpfte Besatzung der Zone I zu entlasten. Darüber hinausge­hende Sicherheitsmaßnahmen müssen noch im mer unterbleiben, da die Entente auch heute noch an dem Verbote des Einmar ( ches der Reichswehr festhält. Arbeiterwehren.

Wiener Neustadt , 9. September. ( Tsch. P. B.) Die Absicht, das Burgenland zu räumen und mit der Gendarmerie an die alte Grenze

Freiwilligen Heeres begonnen.

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Geistliche als Spione für das chriftliche"

Ungarn .

Wien , 9. September. Tsch. P. B. Gestern wurden von der westmagyarischen Grenze 49 Spione nach Wien gebracht. Darunter be­finden sich einige Gemeindefunktionäre und

bier Geistliche.

Die deutschösterreichische Landesregierung tehrt nach Mattersdorf zurück.

Lebensniveau droht, Zeit, daran zu erin- für eine Resolution gestimmt, in der der fremdet wurde, so kann doch mit Stolz ge= nern, daß die halbproletarischen Elemente, Freihandel mit allen bisher ſtaatlich besagt werden, daß sich der reisste Teil der eben jene Kleinbürger und Beamten, ia so- wirtschafteten Lebensmitteln verlangt wird. deutschen Arbeiterjugend dieses Staates im gar weniger Klassenbewußte Arbeiter vor Dieselben Parteien scheuen sich freilich nicht sozialistischen Jugendverband zu rühriger nicht gar zu langer Zeit vom freien Handel jetzt, Versammlungen abzuhalten, in der Tätigkeit vereint hat. alles mögliche erhofften, soferne das Ge- sie gegen die mangelhafte Ernährungsweise Die Partei verfolgt diese lebensfrohe schrei der bürgerlichen Parteien, der freie Sturm laufen. Sie, die die Urheber und Entwicklung der jungen Organisation mit Getreidehandel sei unser Glück, auch ihre Mitschuldigen des gegenwärtigen Er- großer Aufmerksamkeit. Sie ist sich bewußt, Stöpfe verwirrte und der Meinung waren, nährungschaoses sind, klagen jetzt über die daß ihre tätigsten, opferfreudigsten Kämpfer

die bösen Sozialdemokraten seien Folgen ihres eigenen Tuns. Aber die Ar aus den Reihen der Jugendlicher erstehen, Schuld, daß wir nicht mehr zu essen haben, beiterschaft hat in den letzten Jahren zu viel daß die Jugendlichen die Hoffnung und ba diese Anhänger der staatlichen Bewirt- gelernt, um nicht das falsche Spiel zu der Stolz der Partei sind. Mit allen ihren schaftung sind und nichts werde der Bevöl- durchschauen, um nicht zu erkennen, daß die Mitteln will die Partei unserer Jugend Wiener- Neustadt , 8. Septentber. Nach Be- ferung mehr frommen, als wenn die So- bürgerlichen Parteien nichts anderes sind die Möglichkeit geistigen und körperlichen richten von heute Vormittag kehrt die Lanzialdemokratie ihren Widerstand gegen den als die Sachwalter des geriſſenſten Profit- Wachsens und Gedeihens bieten, sie will fic machertums. Die Herren Fabrikanten, die nicht abhängig machen und mißbrauchen, de sbehörde für die politische Verwaltung freien Getreidehandel aufgeben wird., Wir Sozialdemokraten haben uns durch mitschuldig sind an der neuen Teuerungs- wie es andere Parteien tun, sondern sie will Weftungarns heute nach Mattersdorf zurüd.( Soffentlich fündigt sich mit dieser die demagogischen Parolen der bürger- welle, haben noch die Stirne, von einer der Jugend des Proletariats bie freie Ent­lichen Parteien nicht davon abhalten Lohnſtabiliſierung zu sprechen. Die Ar- wicklung zu selbstbewußten Menschen sichern. Meldung eine Wendung zum Besseren an.)