1. Jahrgang. Nr. 3.

dem

Donnerstag, 6. Oktober 1921.

Sozialdemokrat

Zentralorgan der deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der tschechoslowakischen Republik.

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Abſtinenzpolitik?

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Truppen gegen Albanien  . Soffnungen der Karliſten.

Bedrohung der serbischen   Grenze. Belgrad  , 5. Oktober.  ( Tsch. P. B.) In Ver­

tung" über die Hoffnungen der Karlisten

Das Schifflein der deutschbürgerlichen Was ein ungarischer Feudaler aus der Schule Politik ist auf Sand geraten und die Steuer- Graz, 5. Oktober. Die Grazer ,, Tagespost" plaudert. männer es gibt gar unterschiebliche meldet aus Belgrad  : Der Ministerrat hat ge­Gewisse deutschbürgerliche Blätter, die nur darunter find, da sie sich über Mittel, Weg stern die Anträge des Kriegsministers und des bindung mit den Grenzereignissen ist eine ernſte mühsam ihre alte Lieve für den Monarchismus und Ziel so gar nicht einig werden wollen, Generalstabes betreffs der Operationen und bemerkbar, besonders in den Gegenden Kosowo  Bewegung unter den Albanesen in Serbien   verhüllen, bringen unter großer Aufmachung in peinvoller Verlegenheit, wie sie es wieder Unternehmungen gegen Albanien   beraten. Es und Malesma. Die Führer der Bewegung sind Aeußerungen des Prinzen Ludwig flott machen können. Gegen Ende der Früh- wurde beschlossen, starke Truppenkontingente Katholische Geistliche. Ihre Agitation zu Gun Windischgrät, die er gegenüber einem jahrstagung sind sie, Černy Zei­Aussiger Vorfälle nicht gleich Rede stehen gänge 1918 bis 1920 einzuberu- risch bewiesen. Es sind Vorkehrungen getrof- machte. Das Weiste, was der Herr Prinz da­wollte, wieder einmal mit stolzgeschwellter fen. Der Ministerrat hat auch eine Note fen, um die an der Grenze befindlichen ferbi machte. Das Meiste, was der Herr Prinz da Brust aus dem Verhandlungssaal abgezogen und haben seither an den Barlamentsbera- an die Alliierten beschlossen, in der ge- fchen Truppen vor Angriffen von rückwärts es zeigt immerhin, wie sehr den feudalen Herr­tungen nicht teilgenommen. Das schien gen die Grenzlinie, wie sie im Jahre zu schützen. ihnen ein wuchtiger Schlag zu sein, aber es 1913 zwischen Albanien   und Ser­war nur ein Lufthieb, der niemanden traf bi en festgeseßt wurde, protestiert wird. und nur ihre Unfähigkeit zum ernſten Rampfe zeigte. Die Ausgangstür des Par­Tamentssaales war spielend leicht gefunden,

Kritische Lage.

Die Note an die Entente.

schaften der Kamm geschwollen ist. Die großen Rosinen, die der Windischgrät im Kopf hat, Belgrad  , 5. Oftober.( Tich. P.-B.) Die lassen ihn die habsburgische Werbearbeit für Protestnote an die Verbandsmächte, die im überflüssig" halten, da sich, so meinte das gestrigen Ministerrat betreffs der Grenzlinie Prinzlein, diese Frage von selbst lösen werde gegen Albanien   beschlossen wurde, wird wahr- und feiner Werbearbeit benötige". Der gute scheinlich heute abgehen. Sie wird von neuem Mann überschätzt da die Vorliebe der Bevöl­darlegen und die Erwartungen Jugoslawiens kerung für das blutbefleckte Haus Habsburg die Bedeutung der bevorstehenden Entscheidung sowie die gegenwärtige schwere Situation her- um ein Gewaltiges. Wie der Herr vom Bolle vorheben. Die Note wird ganz entschieden denkt, geht daraus hervor, daß er sagte, in Un erklären, Jugoslawien   werde feine garn müsse das Volk wissen, wer die Macht ohne seine Mitarbeit getroffene in Händen hat. Der gesenmäßige König müsse Lösung anerkennen. Mit Recht werde als unsichtbare eiserne Faust, die leine günstige Wirkung dieser Note erwartet. alles unterdrückt, was sich den Gesetzen

Die Konferenz in Venedig   nicht gesichert.

Graz, 5. Oktober.  ( Tsch. P. B.) Die Grazer aber jetzt steht die Frage: was nun? Wie Tagespost  " meldet aus Belgrad  : Die Lage an fommt man wieder hinein? Und da zeigt es der albanischen Grenze wird als höchst kritisch sich, daß der Weg zurück weit schwerer zu bezeichnet. Die Armee der albanischen Re­finden ist und daß die Wanderer, die ihn gierung rüdt in großen Abteilungen gegen die gehen, bei weitem nicht von jener Gloriole jugoslawische Grenze vor. Nördlich von Die des Heldentums umstrahlt sind, wie sie es bra kam es im Laufe des gestrigen und heuti­glaubten, als sie ihn fürbaß hinausschritten. gen Tages zu Kämpfen zwischen albanischen Die waderen Kämpfen hatten übrigens und jugoslawischen Abteilungen. gleich, als sie dem Rate der Jüngsten fol­widersetzen will", die Macht ausüben. Das sei gend, die Türe hinter sich hatten, das Gefühl die einzige Bürgschaft der Ruhe und Ordnung. des Feldherrn nach einer verlorenen Die eiserne Faust", man sieht, der Herr Schlacht; die verantwortlicheren unter Wien  , 5. Oftober.( Tsch. P. B.) Einige| Italien   auf der Verwirklichung des Kompro- glaubt noch immer in der habsburgischen Mo­ihren Zeitungen sagten es ihnen auch Abendblätter enthalten Informationen in der misses bestehen würde, das nur ein Vorteil narchie zu leben, wo wirklich alles unter­auf den Kopf zu, daß sie die Politik des deut- Richtung, daß die Konferenz in Venedig   bis für Magyarien wäre. Es iſt klar, daß mit die drückt" wurde, was sich den Gesezen( lies: dem schen Bürgertums wieder einmal schwer bla- her nicht gesichert ist. England und Frank- sen äußersten Konsequenzen nichts anderes ge- Willen der adeligen und sonstigen Parasiten) miert haben und daß kämpfen doch nicht be- reich hätten bisher ihre Zustimmung zur italie  - meint sein kann als die Demission der Regie- widersetzen wollte. Die Offenheit, mit der Win heuten könne, sich zu entfernen. So ließen nischen Intervention nicht gegeben und falls rung Schober. Das Abendblatt der Neuen dischgräß ausplaudert, was die Bevölkerung denn die deutschbürgerlichen Abgeordneten sich die Situation nicht ändere, werde die Kon- Freien Breffe" glaubt, daß im Falle der Ver- im Falle der Restaurierung der Habsburger  den Sessionsabschnitt sang- und Klanglos ferenz nicht stattfinden. Auch in dem Falle, wirklichung der Konferenz von Venedig   die erwarten würde, das ist die eiserne vorübergehen, kein Heldenlied erklang und daß die Konferenz stattfindet, zeigen sich fast Frage der Vermittlung des Ministers Benesch Faust", die sie so oft gespürt hat, ist recht die wenigsten unter ihnen trauten sich vor unüberwindliche Schwierigkeiten. Desterreich wieder in den Vordergrund treten wird. Aber dankenswert. Sie wird jeden darüber beleh. ihren Wählern erscheinen, da es so gar nichts tönne auf ein Stompromiß, Magyarien Oeden- auch im Falle der Beilegung des weſtungari- ren, was geschehen würde, wenn die Träume von gewonnenen Schlachten und Ruhmes- burg für einen Teil des Wieselsburger Komischen Problems wird es zu einer gewissen Re- der Habsburger   und ihrer Satrapen in Erfül. taten zu berichten gab. tates zu überlassen, nicht eingehen, da es diese konstruktion des Kabinetts Schober kommen. Lung gingen. Da wie so vieles andere in diesem Staate, Lösung im Parlamente nicht durchzusetzen ver- Die Bankvorlagen werden noch in der laufen­sich in dem Deutscher parlamentarischer Ver- möchte. Diese Nachrichten bestätigen die In- den Woche im Nationalrate erledigt werden, band betitelten Parlamentsgebilde auch formation, daß die österreichische Regierung der worauf Finanzminister Dr. Grimmt, der sich Wesen, Geist, Fleisch und Blut des ehemali- Konferenz von Benedig nicht günstig gegen verpflichtet hat, nur die Bankgesetze zu erledi­gen Deutschen   Nationalverbandes zu uns übersteht, im Gegenteil, daß sie entschlossen ist, gen, seine Demission geben wird. herübergerettet hat, so ist es nicht weiter er- die Konsequenzen für den Fall zu ziehen, als| staunlich, wenn die deutschbürgerliche Politik

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Das hochfahrende, arrogante Prinzlein ist weiters der Meinung, daß auch in Oesterreiaj ähnlich regiert werden müsse, denn es steht sei. ähnlich regiert werden müsse, denn es steht sei. ner Meinung zufolge ,, auf feiner höheren Sul­turstufe als Ungarn  ". Dem Windischgräß und seiner Sippe ist das Volk nach wie vor die Kanaille, die karnüsselt werden muß. Als der

lung des früheren Zustandes ohne Skrieg dent.

von Mißerfolg zu Mißerfolg taumelt. Es Steuerverweigerung und die Nichtzahlung welche die eigentlichen Drahtzieher des Deut- Ausfratschler der Wiener Allgemeinen Zei. wäre töricht, zu leugnen, daß es im Deut- der Telephonanleihe betreffend," Aktionen", schen parlamentarischen Verbandes so un- tung" die Frage stellte, ob eine Wiederherstel. schen parlamentarischen Verband politisch die aus der Unkenntnis der tatsächlichen rühmlich auszeichnet. Es gibt auch unter" die Frage stellte, ob eine Wiederherstel. verständige Männer gibt. Die gab es auch im Machtverhältnisse geboren, sämtlich mit den Deutschbürgerlichen Leute, denen die bar sei, erwiderte Windischgräß: Aber ja, Deutschen Nationalverband, aber hier ist ihr schweren Blamagen enden mußten. Sie sind jungdeutsche Katastrophen- und Konfuſſions- wir müssen nur ein wenig warten; Einfluß genau so gering, wie er es dort es auch, welche unfähig eine wirkungsvolle politik widerstrebt, aber sie beugen sich furcht- burchhalten, wie die Deutſchen   im Strieg war. Im österreichischen Abgeordnetenhause Bolitik zu machen, die Mitglieder des Deut- sam und demutsvoll vor dem drohend ge- gesagt haben." Dann meinte Windischgrät, die wurde Dr. Lecher, da er ein Feind der schen parlamentarischen Verbandes nun schwungenen Knüppel der nationalistischen neuen Staaten seien nicht lebensfähig, ihre national- hysterischen Dummenjungenpolitik schon zum drittenmale zum Auszug aus dem Schlagworte und um nicht als national we­Tage wären gezählt. Das adelige Gelichter war, von seinen Verbandsgenossen derart Parlamentsſizungsfaal getrieben haben, wie niger verläßlich zu erscheinen, tun sie, glaubt wirklich, daß ohne ihre Bevormundung faltgestellt, daß er es schließlich vorzog, der wohl sie schon nach dem erstenmal die Wir- wenn auch mit Unbehagen, mit. die Völker nicht leben können. Nun häufen sich aber die Gründe für die persönlichen Bequemlichkeit zu leben und tungslosigkeit und Schädlichkeit dieses Vor­Ueber die Tschechoslowakei verzapfte d'Evert und mancher andere, die an der gehens als alltägliche Gebrauchswaffe hät- Rückkehr der Deutschbürgerlichen und sie Oberfläche bleiben wollten, mußten mit der ten erkennen müssen. Die Abstinenz von den wissen, schon die vor der Verhandlung ste- der Herr den besonderen Unsinn, daß dieser Woge des nationalistischen Ünverstandes Parlamentsverhandlungen kann unter Um- hende Frage der Kriegsanleihe allein drängt Staat deshalb nicht haltbar sei, weil hier mitschwimmen. Ist es bei uns anders? Die ständen ein notwendiges Stampfmittel oder sic ins Barlament; denn daß es ihre Wähler bier Millionen Tschechen nenn flügeren deutschbürgerlichen Parlamentarier doch wenigstens ein letztes Verzweiflungs- verstehen würden, wenn die Striegsanleihe- millionen arg feindlich gesinn müssen sich in gelegentlichen Zeitungsarti- mittel werden und wir können uns sehr wohl frage in ihrer Abwesenheit ihre Lösung ter Elemente gegenüberstehen." feln und Wählerversammlungen ausleben, Berhältnisse denten, die auch unsere Partei fände, können sie selbst nicht glauben. Also: Die Hochfahrenheit des Prinzleins geht auch denn im Rate des Verbandes zählt ihre veranlassen könnten, ihre Vertreter aus dem rückwärts, rückwärts! Aber wie nur rasch? aus seinen Aeußerungen über die rumänische Stimme nichts, es fehlt ihnen Kraft und Parlamente abzuziehen. Gewiß, die Arbeit Wie glüdlich wären sie, wenn ihnen ein Bevölkerung hervor, indem er den rumänischen Mut, sich und ihre Anschauungen durchzu- in diesem Parlamente, dem die Mehrheit Strohhalm zugeworfen werden würde, um Bauer ein Halbtier" nennt. Daran erkennen setzen und so führen dort die Nachfolger der( většina) der allesvermögende Göße ist, ist ans Ufer zu gelangen! Manche von ihnen wir die adelige Gesellschaft von chedem, die auf Summer und Teufel, die Baeran und al- ber Kampf, den eine oppositionelle Partei zu wollen eine Brücke, die sie zurückführen soll, die Plebs" verächtlich herabblickte, für die Lina, Hanreich und Schollich das große führen hat, oft härter als in jedem anderen schon in der Art der Besetzung der Posten ieder Nichiadelige ein Wesen zweiten Grades Wort. Diese Männer der großen Gefte und Parlamente und dem Pflügen steinigen Bo- bes Handels- und des Finanzministers er war und jeder Soldat ein Kert". der starten Lungenkraft sind die Väter jener dens gleich. Aber zu glauben, daß das Da- blicken, aber sie fürchten, man könnte der Auf dieser Weltanschauung und Menschen. verantwortungslosen Politik, die den Deut- vonlaufen bei jeder unpassenden Gelegeheit, Wahl dieses Rettungsmittels doch zu sehr bewertung fommt das Prinzlein, dem Demo­schen parlamentarischen Verband mit dem da das hemmungs- und verantwortungs- die Verlegenheit nach einem geeigneteren an- tratie und republikanische Staatsforinen als Rufe des Unernstes behaftet hat. Das sind lose Temperament und Demonstrationsbe- merken. Der Deutsche   Parlamentarische   Ver- Eingriffe in die göttliche Weltordnung erschet. die Urheber jener in der Fittion des mögli- dürfnis etlicher Heißsporne es gerade ange- band spürt wieder einmal die Folgen der nen, zu dem Schluß, daß es zu einem 8u. cherweise zu bewerkstelligenden Zusammen- messen findet, an diesen Verhältnissen etwas Tatsache, daß seinen Mitgliedern Mut und sammenbruch kommen muß: Alle diese bruches des Staates entstandenen Parolen, bessern und die Mehrheit zum Einlenken be: Willen fehlt, fich dagegen zu wehren, Werk- Länder werden von selbst zu Grunbe die Nichteinrückung der Rekruten, die wegen könnte, dazu fehlt uns die Naivität, zeug der nationalistischen Schreier zu sein. gehen, sie werden sich auflösen unt