1. Jahrgang. Nr. 43.

Donnerstag, 20. Oktober 1921.

Sozialdemokrat

Sentralorgan der deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der tschechoslowakischen Republik.

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Aeußere Politit.

Debatte zur Regierungserklärung.

Gißung des Abgeordnetenhauses.

Von dem Verhältnis der Tschechoslo- Friede von Sevres hat durch den griechisch- träge drängen. Nur Benesch will sie meiter waken zu den Ententestaaten behauptet Be- türkischen Krieg ein Leck erhalten, der Friede treu hüten, wie Shylot besteht er auf ſci­nesch, daß es innig und freundschaftlich sei von Trianon und von St. Germain wurde nem Schein und verlangt sein Pfund Fleisch. Unter ärgfter Falschmeldung nennt eine und sich vertiefe. Bertiefen und kräftigen, zugunsten Ungarns durchlöchert, der Frie- So wenig Dr. Benesch, wie seine Rede Zeitung die Brogrammrede Benesch eine die ganze Neue Freie Presse", die auch in densvertrag von Versailles wurde in der zeigt, sich berufen fühlt, die inneren Pro­ diplomatische Rede". Wir stellten gestern in allen ihren betrachtenden außenpolitischen oberschlesischen Frage wie ein Fezzen Papier bleme des tschechoslowakischen Staates an­der Besprechung der innerpolitischen Aus- Leitartikeln vom vertiefen und ausbauen" behandelt und in England, Amerika und zupacken, so wenig auch will er die Zeit ver­führungen des Ministerpräsidenten feft, aller guten Beziehungen sprach, bis der Frankreich beginnt sich die Erkenntnis fiehen, will nicht erkennen, daß die Schild­welche Enttäuschung diese Rede für alle be- Weltkrieg verheerend hereinbrach. Daß wirk- Bahn zu brechen, daß die Friedensverträge knappendienste, die er den imperialiſtiſchen deutete, welche erwartet hatten, daß Benesch lich alles so rosig aussieht, wie Benesch er- die Quelle aller Arrnisse, die Bedrohung, Ententegewaltigen leistet, dem Staate und etwas Ernstes und Greifbares sagen werde zählt, das muß nach seinem Mißerfolg in des Friedens der Welt sind und die Stim- feinen Völkern tiefe Wunden schlagen. und noch mehr gilt das Gesagte von seinen estúngarn, da ihn Italien als Bemitiler men mehren sich, die auf Revision der Ver­außenpolitischen Ausführungen. Wenn man recht grob zur Seite schob, nach seinem Miß­unter diplomatischer Rede" das nichts erfolg, den die Venediger Beschlüsse dar­jagende Herumreden um die Dinge, das stellen, nach den Eifersüchteleien Italiens Verschweigen und Verhüllen der Tatsachen, gegen Jugoslawien , dem engeren Verbün= die Schönfärberei auf Kosten der Wahrheit beten der Tschechoslowakei und nach den versteht, mit einem Worte die ruhmlosen und nicht gerade freundlichen Zeitungsstimmen, abgebrauchten Behelfe und Mittelchen jener bie aus Rom zu uns herüberklingen, mit Geheimdiplomatie meint, deren auf die größter Skepsis aufgenommen werden. Im Der gestrige Tag war mit dem Beginn der 15. November vorzulegen. Darauf wird die größter Skepsis aufgenommen werden. Im Täuschung der Völker berechnetes Treiben anbauernden vertiefen und kräftigen" find Debatte zur Regierungserklärung ausgefüllt. Debatte über die Regierungserklärung er­die Weltkatastrophe herbeiführte, so hat ſich wir nachgerade zu einem scharfen Gegensatz Die Parteien haben im allgemeinen ihre Wort- öffnet. Benesch allerdings als ein gelehriger Schü ler dieser Schule des Verderbens der Bölfer amischen der großen und der fleinen Entente führer vorgeschickt. Die Debatte bewegte sich gezeigt, aber wenn man Diplomatic mit gekommen, doch auch davor weiß uns die auf ziemlicher Höhe. man Diplomatic mit Rede Beneich nichts zu berichten. Auch hier staatsmännisch übersetzt, so ist Benesch alles bietet fic itait larheit und Offenheit nur Deutschen parlamentarischen Verbandes, die Nach einer prinzipielferer Erklärung des ab, in der es heißt: In einer Zeit, da die wichtigsten inner- und schuldig geblieben, was die Verleihung Kautschuf: Kleine Entente... wichtiges abg. Se repet vortas, fam der Nationalsozia- außerpolitiſchen Fragen gebieteriſch eine ernſte dieses Titels an ihn rechtfertigen könnte. fftivum... Aktivum... Schirmer der neuen Ordlist Striberny zu Wort, der vorerst so eine bern, hat es die neue Regierung für gut be Während sich die Schwierigkeiten des Staa­Würdigung und eine klare Stellungnahme for tes häufen, ringsum neue Sonflikte und nung... starker Faktor des Friedens Art Abrechnung mit den Deutschen in diesem Art Abrechnung mit den Deutschen in diesem funden, das Parlament mit einer Ancinan Brandherde entstehen, die wirtschaftliche Und wieder nur Kautschuk in dem Teil- Staate halten wollte und dann in die nationals derreihung belangloser Säße abzufinden. Die Unsicherheit wächst und die Welt sich immer chen der Rede, das von den Beziehungen zu sozialistischen Nedensarten verfiel. sozialistischen Medensarten verfiel. Seine Regierungserklärung schildert mit unverständ mehr im Fieber schüttelt, sieht Benesch alles Deutschland spricht: Auch unsere Bezie­im rosigsten Lichte und spendet sich, seinen hungen haben sich it a bilisiert; auch be- temperamentvolle Vaterlandsbegeisterung rief licher Befriedigung die internationale Lage. " großen Verbündeten" und ihrer Politit züglich ihrer hat sich eine Tradition bei den Kommunisten etlichen Widerspruch Sie zeigt einen unbegründeten Optintismus gegenüber den innerstaatlichen Schwierigkei uneingeschränktes Lob. Alles sicht er glatt herausgebildet..." Schon wieder die Tra- hervor.

Der erste Redner, Abgeordneier Arepet ( deutscher part. Verband) gibt eine Erklärung

und geebnet vor sich, überall nur skonsoli- dition" und" Stabilisierung"! Wie oft will Nach ihm sprach Genosse Dr. Ezech. Intent. Seit der Begründung dieses Staates ist bierung, Ruhe und Sicherheit und versäumt Herr Dr. Benesch diese verwaschenen Be- eineinhalbstündiger formvollendeter Rede hielt die Regelung des Verhältnisses der Völker es im übrigen nicht, stolze Seitenblicke auf griffe zur Bemäntelung seiner wahren Aber mit der Regierungserklärung Abrechnung, sueinander niemals ernstlich in Angriff ge das herrliche Kriegsheer, die schimmernde fichten noch mißbrauchen! Es ist doch son- wies auf den Widerspruch der Versprechungen nommen worden. Der Devische Parlamenta Wehr des tschechoslowakischen Staates zu derbar, daß er just zu einer Zeit von der Masaryks und der Erfüllung Beneschs hin, rische Verband hat vielmehr aus den bisheri werfen, die schon alles ebnen wird, was sich" Stabilisierung der Beziehungen gen Erfahrungen die Neberzeugung geschöpft, seiner Politik der Konsolidierung" und Deutschland spricht, da sich die Meldungen geißelte in überaus treffender Weise die tsche daß in diesem Staate die Deutſchen immer Stabilisierung" etwa entgegenstellen wollte. von der Hilfeleistung Dr. Benesch in der hischen Phraseologie vom Bekenntnis" zum nur mit Worten veriröstet werden, hinter de Wer diese inhaltslose und die Tatsachen ver- oberschlesischen Frage bei der Entente zu Staat, zeigte an dem Vergleich des Brünner nen niemals der Wilfe zur Erfüllung steht. tuschende Wortemacherei als Diplomatic an- gunsten Polens immer mehr verdichten! zum Teplitzer Programme unsere unverän- Sache der Regierung wäre es gewesen, eine ficht, dem neiden wir eine solche Unbefan- Er sucht dies wohl zu leugnen, aber auf- derte Stellung zu den nationalen Probleme öffentliche Erklärung darüber abzugeben, wie genheit wahrlich nicht. fallend bleibt, daß seit der Entscheidung im alten Oesterreich und in der Tschechoslowa sie sich die Anbahnung des inneren Friedens Herr Dr. Benesch glaubt, daß wir auch wegen Oberschlesien zwischen Bolen und der tei und fand so beweisfräftige Argumente für vorstellt. Das vollkommene Schweigen der Tschechoslowakei , die bisher wie Hund und eine gerechte Lösung des Nationalitätenpro- Regierung über die von deutscher Seite wie­in der auswärtigen Politik in eine neue aße gegeneinanderstanben, heftige Liebes- blems, daß sie nur an tauben Ohren wirkungs derholt erhobenen Beschwerden und Forderun Periode" treten. Das auch" sagt genug.- Wenn die neue Periode der äußeren Politik beteuerungen ausgetauscht werden, sodaß los vorbeiklingen konnten. Kar und einden- gen läßt annehmen, daß die Regierung ent­jener der inneren Politik, deren Art und die Annahme wohl Berechtigung hat, daß

weber die Grundlagen und Lebensbedingun

Verkündigung wir vorgestern mit dem tief- fich Herr Benesch mit Polen auf Kosten und ig wies er den Weg zu einer Lösung der na- gent dieſes Staates vollständig verkennt, ober ften Befremben erlebten, gleicht, bann kann zum Schaden Deutschlands verständigte. tionalen Frage. In besonders energischer baß sie sich frankhaft schent, auch nur den Au man sich schon vorstellen, was sie bedeutet. Das eine solche Politik für die Tschecho- Weise forderte er namens der deutschen So- fchein eines Entgegenkommens den Deutschen Der Ministerpräsident widmet dann dem flowakei verhängnisvoll ausschlagen müßte, sialdemokratie die sofortige vollständige Am- gegenüber zu erwecken. Dem Deutschen Par Minister des Aeußern einen Lorbeerkranz wird jeder verstehen, der weiß, welche wirt- nestic der Opfer der Dezemberereignisse. Die lamentarischen Verbande erübrigt nichts an und behauptet kühn, die drei Jahre seiner schaftliche Verfilzung unseres Staates mit politisch bedeutungsvolle Rede wurde von Ab- deres, als mit allen ihm geeignet erscheinenden Außenpolitit wiesen sicherlich beträchtliche Deutschland besteht, und wie seine Schädi- geordnten aller Parteien mit großem Interesse Mitteln die Interessen des deutschen Bolles Arbeitserfolge" auf" und bedeuten einen gung uns am eigenen Leibe treffen muß. angehört. Lebhafte Beifalls- und Zustim- wahrzunehmen. Der Deutsche Parlamentari­ständig wachsenden Fortschritt der Konsoli- Herr Dr. Benesch deklamiert weiter sein mungskundgebungen begleiteten die wirkungs- ſche Verband wird daher gegen die Regie­rungserklärung stinument. vollen mitunter scharf sarkastischen Pointen. dierung des Staates. Nur Lumpe sind bes Sprüchlein von Stabilisierung! scheiden, sagt er sich wohl und er will nicht Den schärfsten Widerspruch aber muß das Darauf ergreift Abgeordneter Stribern Von den sonstigen Rednern seien insbeson-( tschechischer Nation. Soz.) das Wort. Seine sehen, wie die neue, nach dem Kriege errich- Konsolidierungsprogramm des Minister- dere Abg. Dr. Winter hervorgehoben, der stritit übe er nicht aus ogitatorischen ober deren Aufrichtung, Stüßung und Förde und obersten Grundsatz des Programms die erklärte, daß die tschechische Sozialdemokratie demagogischen Gründen, aber es scheine ihm, rung Benesch als Kammerdiener der Welt- Geltendmachung der Verträge, welche aus unbedingt darauf beharren muß, daß die So- daß die Deutschen eine sehr unglückliche Poli geschichte die Mitschuld trägt, alles eher als der Pariser Friedenstonferenz hervorgegan- zialversicherung unbedingt in fürzester Zeit til treiben. Die abgebrauchtesten Phrasen mit einen wachsenden Fortschritt der Konsoli- gen find, fordert. Konsolidierung und die Gesetz werden muß. Nur insolange werden dem gewohnten Inhalt der Vorwürfe mar­Abg. Bu fchieren auf. Die Denischen wollen die ruhige dierung des Staates bedeutet. Benesch Friedensverträge, weld) toller Widerspruch! Sie die Regierung unterstützen." zeigt, was er wohl auch für ein Rennzeichen Der imperialistische Gewaltfriede stürzt seit rian( tsch. Nom.) besprach vor allem die Ver- Arbeit der Tschechen stören, aber den Schaden seines diplomatischen Talentes ansieht, eine seinem Bestande die Welt in immer neue folgungen der Kommunisten in der Slowakei tragen sie selbst. Sie verkennen die Seele des beſagen nichts, bebeuten alles und verpflich- tehrende Gefahren. Die Zerſtückelung alter deren Stellungnahme zur weftungarischen Staates seien fester, als von den Deutschen besondere Vorliebe für Kautschutworte; die Wirren, immer größere, stets wieder und gab eine Erklärung seiner Partei über schechischen Voltes; sonst würden sie eine an dere Politik treiben. Die Grundlagen des ten zu nichts. So rühmt er denn das von Wirtschaftsgebilde, die strupellose Eintrei­ihm eingeleitete Heldenzeitalter der äuße- bung der Borkriegsschulden, die furchtbare Frage ab. Abg. 23ittich( ungarischer So- geglaubt werde. Revolution zu machen, jeien ren tschechoslowakischen Politit als auf Last der Deutschland auferlegten Repara- ziald.) besprach die Arbeiterverhältnisse in der die Deutschen nicht fähig. Großbeutschland einer gewiffen Tradition aufgebaut, die tionsleistungen, alles das bedingt die Slowakei . Der Abg. Sodza forderte die mit seinen 50 Millionen Einwohnern habe heute andere Sorgen, als eine fremde Frre­er weiter herausbilden" und stetig träfti- fchwerste wirtschaftliche Erschütterung, zei- Autonomie für die Slowakei . denta zu unterstützen. Die Gefahr liege ein­gen" will. Wie man nach drei Jahren von tigt den Valutajammer, die Erwürgung) Der Vorsitzende Tomaschet eröffnet die zig und allein darin, durch wirtschaftliche Un einer Tradition" sprechen tann, ist ebenso aller geregelten Handelsbeziehungen, schafft unerfindlich wie Wesen und Inhalt dieser Krisen, Arbeitslosigkeit und steigendes Sitzung um 11 Uhr 30 Minuten vormittags. fähigkeit den Staat zu zerstören. Sozialismus Tradition" selbst, die er herausgebildet Hat Maffenelend sowohl in den besiegten wie in Die Regierungsvorlage des Finanzgesetzes bedeute ihm Lebensaufgabe, wirklicher Reali­und sie ständig kräftigen will, er gleitet denn den Siegerstaaten. Aber Dr. Benesch ist für wurde dem Budgetausschusse mit der Auffor- tät, mit der die Verhältnisse zu betrachten die Geltendmachung der Verträge"! Der derung überwiesen, seinen Bericht bis zum feien. Einen neuen Banknotendrud gestatte auch aalalait darüber hinweg.

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