©Site t. ff.it für heule zum Beweise nur dieDeutsche Landpost" heranziehen, die über diev o l l- auf beabsichtigte Ueberrumpe- lung" ivutentbrannt leitartikelt. Schon der Titel dieseL AufsahesI h r e.Kampsgemein­schaft" sagt genug. Die Bündler sind empört über die^.beabsichtigte BrüSkienmg", über die Illoyalität" des Vorstoßes,der kaum einer für das Volkswohl aufrichtigen Politik eut- springt. Die übrige» Parteien sollen also, und das tst der Zweck, der Oeffentlichkcit als Hemmschuh und Hindernis der a l l e i n-völ- kischen Politik des Herrn Lodgman vorgeführt werden". Und welter wird dieser Herr Lodgman. mit dem doch flfcpct und Freunde vor ein paar Tagen noch in so n'ihrendcr Harmonie gemeinsame Richtlinien" herausgaben. fol> gendcrmaßengebrandmarkt": Daß Herrn Lodgman bei der Fusion hauptsächlich daran gelegen war, den B. d. L. zu den beiden übrigen Parteien abzu- drängen, ist uns, die wir mehr von der Ferne dieses unerquickliche Spiel verfolgen, klar. Dieser taktische Schachzug im Rahmen der im Verband ja gegebenen deut- schcn Einheitsfront, kann in der jetzigen Zeit keineswegs die Position der Deutschen stärken, so klug er auch ausgetüftelt sein mag. Das; das Phantom der Einhcits- Partei dadurch nicht um ein J-Tüpfcrl der Wirklichkeit näher gebracht wurde, ist eben- so klar, umsomchr man eine Einheitspartei nicht auf Grund rein persönlicher Anitas- jung und persönlichen Ehrgeizes züchten kann". Die deutschen Agrarier beteuern mit aller Inbrunst, das; sie genau so gute Deutsche seien wie die deutschnationalcn Unternehmer und deren deutschgelbe Knechte. Aber dem Lodgman zuliebe können sie ihredeutschländ- lich-wirtschaftlichen Interessen" nicht einer parteipolitischen Richtung unterordnen. Und so spricht denn das sonst immer so chauvinisti- schc Organ der Großgrundbesitzer, das seit jeher vom nationalen und vom Rassen- u.d .Klassenhaß lebt, plötzlich vompatentier- l e n N a t i o n a l i s m u s" der anderen! Die Katzbalgerei zwischen den deutschbürgerlichen Parteien verspricht lustig zu werben. Die nichterledigten Vorlagen. DieNarodni Lisch" sprechen, obwohl sie zu Beginn feststellen, daß die Regierung für diese Session nicht genü- gcnd vorbereitet war und Vorlagen oft so spät vorlegte, daß zu AuSschußverhandlungeu zu wenig Zeit übrig blieb, dennoch angesichts der ge- tanen Arbeit im Parlament ihre volle Zufne- denheit aus. Sie Vennissen die Erledigung der Regelung der Gehälter von Beam» t e n mit Hochschulbildung, das Gesetz über die Ermäßigung derFusionSge- bühren, die Verordnung über die Zwangs- Wechsel und das Spiritusgesetz. Freudig begrüßt eS das Blatt, daß die Vorlagen über die 'Wehrbegünstigungen sowie über die Kriegsanleihe 'zurückgezogen wurden. DemPravo Lidu" zum Muster. Der Severoöest Delnil", das Teplitzer Organ der tschechischen Sozialdemokraten, schrieb an- läßlich der Ermordung RathenauS unter andern Folgende«: «Die Hoffnung Deutschlands ist da« Pro- letariat, welches bei der internationalen Arbei- lerfchaft immer Unterstützung finden wird. Diesem Proletariat, das im November 1918 sozusagen das Schicksal Deutschlands in seine Einigung über die Getreideumlage. Festigung der republikanischen Front. BerNn, 30. Juni(Eigenbericht). Heute ver- handelten beide sozialistischen Fraktionell des Reichstages mit den bürgerlichen Koalitionspar- ! teien über die Verabschiedung der Getreidenmlage. Es ist eine sehr tot«gehende Annäherung erzielt worden, sodaß der Konflikt in dieser Frage ver- mieden worden ist. In der heutigen Sitzung wurde denn auch dieser Kompromißvorschlag, der den Preis für Roggen auf 6900 Mk. festsetzt, mit j den Stimmen der Koalitionsparteien und der litt» abhängigen Sozialdemokraten angenommen. Diese erzielte Verständigung wird ohne Zweifel außer- ordentlich günstig auf den Zusammenhang der Front zum Schutze der Republik wirken. Die zweite Berordnung zum Schutze der Republik . Berlin , 29. Juni. Im Artikel 1 der zweiten Verordnung zum Schutze der Republik vom 29. Juni 1922 heißt eS: Personen, die an einer Vereinigung tcilneh- men, von der sie wissen, daß eS zu ihre» Zielen gehört, Mitglieder einer im Amte befindlichen oder einer früheren republikanischen Regierung deS Reiche« oder eine« Lande« durch den Tod zu be- seitigen, werden mit dem Tode oder mit leben«- langem Zuchthaus bestraft. Ebenso werden be- straft Personen, die eine solche Vereinigung wissentlich mit Geld unterstützen. Dritte Personen, die um das Dasein einer solchen Vereinigung wis- sen, werden mit Zuchthaus bestraft, wenn sie es unterlassen, von dem Bestehen der Vereinigung, den ihnen bekannten Mitglieder» oder deren Ver- bleib den Behörden oder der durch da« Vcrbrc- che» bedrohten Person unverzüglich Kenntnis zu geben. Der Artikel 2 sieht einige Aenderungen der Verordnung zum Schutze der Republik vom 26. Juni 1922 vor. Nach Artikel 3 können Druck- f ch r i f t e u, deren Inhalt die Strasbarkeit einer ,ur Zuständigkeit de« Staatsgerichtshofes zum Schuhe der Republik gehörenden Handlung be- gründet, wenn e« sich nm eine Tageszeitung han- delt, bis ans die Dauer von vier Wochen, in ande- reit Fällen bis auf die Dauer von sechs Monaten verboten werden. Streik der Berliner DruSereien. Berlin , 30. Juni. (Eigenbericht) In den Druckereien von Scherl, Masse, Ullstein, in denen die größten Berliner Blätter wieBerliner Tageblatt".Bossische Zeitung",Morgenzeilung" u. a. erscheinen, sind Lohndifferenzen auSge .....^ W.»(U L Jnli 192z. s Der BimdeSvorstand de« A.D.G.B. ist heute morgen mit dem Vorstand de» A.F.A. Bundes zu einer gente'.i.samen Sitzung zusammengetreten, um in Aufführung deö Beschlusses des Leipziger Ge- werkschaftskoltgresses endgültige Beschlüsse zu sas- sen über die V e r t e i d i g n u g der R e p u b l i k und der von der Arbeitnehmerschaft erworbene» Rechte. Die Vorbesprechungen mit den Politischen Arbeiterparteien haben beide Bundesvorstände schon am Sonntag aufgenommen und auch am Montag fortgesetzt. An diesen Beratungen sind Vertreter der S.P.D., der U.S.P.D. und der K.P.D. beteiligt und es besteht begründete Aus- ficht auf ein gemeinsames Borgehen. Die Forde- rangen der Gewerkschaften werden noch heute der Regierung und dem Reichstage unterbreitet und auch sofort veröffentlicht werden. Telegramme. Wiener Strahenbaynerstreik. Wien , 30. Juni(Eigenbericht). Die Verhand- lungen zwischen den Vertretern der Gemeinde, Wien und den Straßenbahner«, die von der Ar- beiterkammer eingeleitet wurden, haben gestern bis spät nachts gedauert und wurden heute Vor- mittag sortgesetzt. Die Arbeiterkammer hatte ge- stern einen Vermittlungsvorschlag-,gemacht, der dahin ging, das; der zuvor von den Streikenden _,... abgelehnte Kollektivvertrag zunächst provisorisch Krochen, die zur Stillegung der Betriebe geführt! aus sechs Wochen in Kraft trete» soll, während haben. Heute abend ist ein Teil der Berliner Blätter nicht mehr erschienen. Hände nahm, untergräbt die Entente durch ihr Verhalten den Boden. Das Ver­halte,! Frankreichs seit dem Friedens-' schlusse ist der d e u t s ch e n Reaktion günstig, ja man kann fast sagen, daß die West- liaalen oie Konsolidierung der Verhältnisse in Deutschland deshalb nicht wünschen, well sie nicht die Stellung der Arbeiterschaft störten wollen. Die gemeinsamen Interessen der Re- aktion, deren Ehrbegriff auf den Schlachtfeldern endet, stehen ihnen höher. Dann darf aber nicht vergessen werden, daß der Friede von Ver- faille« kein fester Behälter ist, aus dem da« Menschengeschlecht Stärkung zum Frieden holen könnte. Für diesen Fall existiert in der Welt ein mächtigerer Faktor und das ist das internationale Proletariat. Dieses wird auch vor den Toren des Versailler Schlosse« nicht stehen bleiben." Wir haben sehr selten Gelegenheit, solche vernünftige, solch ehrlich-sozialistische Stimmen ans dem Lager der tschechischen Sozialdemokraten zu vernehmen. Umso freudiger begrüßen wir die offene Sprache deSSeveroceSky Delnil" gegen die reaktionäre Politik Frankreichs und gegen den Versailler Vertrag und empfehlen den Re« dnlleurcn deSPravo Lidu", öfters und auf- merksam ihr Teplitzer Bruderblatt zu lesen. Sie können daraus lernen. Ausland. Der Einhcitsdrang des deutschen Proletariats. Die Berliner Freiheit" erzählt von der SoniltagLdemollstration des Berliner Proletariats folgende Szene, welche auf die Stimmung der Ar vciterfchaft das hellste Licht wirft:Am Hauptpor tal des Domes hatte unser Genosse Rosenfeld in sehr eindrucksvoller Rede die Notwendigkeit der proletarischen Einignng nachgewiesen. Als der brausende Beifall auf den großen Platz verhallte, drängte sich einer der üblichen KAP.-Hetzer her« vor, Hub an zu reden aber er kam nur zu eini- gen Worten.Schluß mit den gegenseitigen Ver« hehmigen",Wir wollen die Einigung",Kein Herunterreißen mehr" so scholl eS ihm entge­gen; er mußte abtreten. Und als Genosse Rosen- seid noch einmal aufforderte, fest zusammen zu stehen, das Vergangene zurückzustellen und nicht wieder alles aufs Spiel zu setzen^da brach auS der Menge heraus erneute stürmische und bcgei- terte Zustimmung. Einer rief:Wir gehen zugrunde, wenn wir» iiS nicht verstehen", Wir wolle» uns einigen" und alle die Taufende um ihn stimmten ei» in das weit dahin schallende Hoch aus die einige, kämpfende Arbeiterklasse! In diesen Zehntauscndcn von Demonstranten lebt das Gefühl der Zerrissenheit, daS nur zur Ohn­macht verdammt, lebt die mählich dämmernde Er- kcnntnis, daß geteilte Kraft halbe Kraft ist, daß es so nicht weiter geht, sollen wir nicht dem beut- chen FaSziSmuS erliegen. Dieses gesunde Klassen- empfinden gab der Demonstration ihr Gepräge und sie hat damit der Arbeiterklasse hoffentlich mehr gedient, als alle bisherigen feierlichen Kund- gedungen, die trotz ihrer schwungvollen Begeiste­rung wieder verliefen: Als wär es nie gewesen.." Die Arbeiterschaft gegen die Reaktion. Der Internationale GcwerkschaftSbund in Amsterdam hat an den Vorstand deS Allgemeinen Deutschen GewerkschaftSbundcs folgendes Tele- gramm gerichtet:Auf daS tiefste erschüttert durch )ie Nachricht von der kaltherzigen Ermordung Mi­nister RathenauS übermitteln wir Euch als Ver- treter der deutschen Arbeiterklasse im Namen des organisierten Weltproletariats den Ausdruck unse- rer tiefgefühltesten Entrüstung und deS AbschcuS über diese Krönung der in Deutschland überhand nehmenden Verbrechen der monarchistischen real- tionären Kreise. Wir geben dem festen Vertrauen Ausdruck» daß die deutsche Arbeiterschaft jetzt der- artige Maßnahmen treffen wird, daß die Reaktion in Deutschland für immer vernichtet wird. Im Slawen aller zum Internationalen Gewerkschafts- bundr gehörenden Arbeiter verbürgen wir Euch die krästigstmögliche Unterstützung und Hilfe bei dem Säuberullgsprozeß, der in Deutschland nötig ist. Für den Internationalen GcwerkschaftSbund: Kimmen, Oudegeest. welcher Zeit die Verhandlungen über eventuelle Abänderungen geführt werden. Als Eventualvor- schlag könnte noch der Meinung der Arbeiterkam- mer statt der von den Streikenden bemängelten Verrechnung de« achtstündigen Arbeitstage« auf den ganzen Monat die 48stü»dige Woche einge­führt werden. Die Straßenbahner haben gestern beide Vorschläge abgelehnt, während die Ge« meindeverttetung erklärte, daß sie, trotzdem der zweite Borschlag die Finanzen der Gemeinde ziem- lich belaste, bereit sei, beiden Vorschlägen zuzu« stimmen. Heute Nachmittag hat die Arbeiterkam- mer wieder verschiedene VermittluiigSvorschläge gemacht, die aber von den Straßenbahnern abge­lehnt wurden. Die Vertreter der Straßenbahner erklärten, daß sie auf den Sonntag beschlossenen Forderungen bestehen. Die Verhandlungen dauern noch fort, doch hat sich die Aussicht, noch heilte zu einer- Beendigung des Streiks zu kommen, durch diese Stellglieder Streikenden wieder empfindlich verschlechtert. Die WerreichMe ZwangsaMeihe. Wien , 30. Juni(Eigenbericht). Heule Mittag trat der Nationalrat zusammen und man erwar- tete, daß die Regierung das Gesetz über die Zwangsanleihe vorlegen werde. Der Finanzmini- 'stet erklärte aber, daß er von de» FinanzlandeS- direktionen Material angefordert habe über die Leistungsfähigkeit der einzelnen Länder. Da dieses Material aber noch nicht vorliege, werde er den Gesetzentwurf im Laufe der nächsten Woche vorle­gen können. Die Blätter machen übrigen« über den geplanten Inhalt dieser Vorlage eine Reibe Mitteilungen. Danach soll diese Anleihe 400 Milliarden Kronen tragen, die innerhalb eine« halben Jahre« flüssig gemacht werden sollen. Aus den Grundbesitz soll eine VorzugShyPothek gelegt werden, die da« zehntausendfachc der Grundsteuer de« Jahres 1919 betragen soll. Diese Hypothek würde also eine Belastung von etwa 6 Prozent de« Wertes ergeben. Die Aktiengesellschaften sollen Prozent ihre« Aktienkapitales in Gold als Zwangsanleihe leisten, dagegen soll die Regierung die Anforderung von Gratisaktien, die von den Sozialdemokraten gefordert werden, unterlassen. Genollen. leset die.Arbeiterpresse'. rtna Der Einsam. Erzählung von Ludwig Anzengruber . Herausgegeben und eingeleitet von Carl W. Neumann. Einleitung. Selten ist ein bedeutender Dichter so dauernd vom feindlichen Schilfa! verfolgt worden wie Lud- >vig Anzengruber, und selten hat einer dem Schick- sal zum Trotz in der kurzen Zeitspanne zweier Jahrzehnte gleich zahlreiche bleibende Werke ge- schasse». Bald nach dem großen Erfolg seine« Pfarrers von Kirchfeld"(1870), der ihn mit einem Ruck zur Berühmtheit inachte, fetzte die Ungunst der Dinge ein, n»i ihn nie wieder los­zulassen. Seine besten Stücke mordete die Thea- ternot seiner Baterstadt Wien , die vereinigte Flach, best von Publikum und Direktionen der siebziger Jahre, mit der eine flache und schlaffe.Kritik in der TageSpresse und eine ebenso rücksichS- wie verständnislos chr entsetzlich Handwerk betreiben- de Zensur Hand in.Hand ging. Ein« seiner tief- stei> und stärksten Dramen, das 1377 erschienene Vierte Gebot", strich die Zensur derart sinn lo« zusammen, daß e» nach wenigen Anfführun gen klanglo« vom Spielplan verschwand. Nicht einmal der Titel fand Gnade vor dem allmäch- tigcn, bkiustiftbewaffnete» Zensor, so daß der Theaterzettel nur melden durfte: Ein Volksstück in vier Akten von Ludwig Anzengruber . Ms zwölf Jahre später(1890, ein halbe« Jahr nach dem Tode des Dichter«) die Berliner Freie Krnst einer Neuheit durch, und niemand nahm Schaden an seiner Seele. ES war kein Wunder, wenn der für die Bühnerein unnötig" gewordene Dichter im Jahre 1880 dem launischen Theater den Rücken lehrte, um nur als Erzähler zu schaffen. Wozu und für wen gme Stücke schreiben, wenn nie- mand in Wien sie- begehrte? Wozu den ennü» denden Wettlauf mit Operetten- und Possenfabri- kanten noch fortsetzen, wenn derReformer der Volksbühne" im Elend blieb', während die«n- dern sich prunkvolle Villen erbauten? Besser, das sauere Brot de« Erzählers genießen und da- bei in Ehren ein Dichter bleiben, als sich von billige» Kritikern nach dem Maßstab deS äußeren Bühnenerfolge« beurteilen lassen. Kein Zensor vermochte dem Epiker seine besten und tiefsten Probleme zu rauben, und außerdem ließen sich kleine Geschichten selbst dann noch in wirkliche Kunstformen gießen, wenn unter dem Druck der alltäglichen NahrungSsoracn die. Spannkraft zur Schöpfung dramatischer Werke versagte. In dieser Zeit der Theatermüdigkeit Anzen­gruber«(1880 bi« 1884), der wir u. a. den gro- ßen Roman«Der Schandfleck" in seiner heutigen reifen Gestalt und da« bedeutendste Werk de« Er­zählers, den DorfromanDer Slernlteinhof", verdanken, fiel auch die Entstehung desEinsam", der erschütternden Geschichte eines Pfalfenktndes. Auch hier ein famoser Dramenkonflikt, ein Stoff von ergreifender Tragik; auch hier aber wieder ein Gnmdmottv, dem jeder Weg äuf die Büh. neu verschlossen war. Bereits in den nackten vier Worten:Bater Pfarrer, Sohn Mörder", mit denen sich Anzengruber da» Thema notierte, war diesem Dramenvorwurf da« Urteil gesprochen. 1 Zumal in Oesterreich . WaS aus der Idee hätte loerden können, wenn sie der Absicht ihre« Erfin- derS entsprechend als Schauspiel sich hätte ver- wirklichen lassen,unaufhaltsam mit der Uner­bittlichkeit der antiken Tragödie bis zur Kata- strophe vorschreitend," daS läßt schon die Wucht der Erzählung vermuten. Man hört auch im Bu- che den Schritt der Gestalten, die schwer wie aus Erz gegossen dahinfchreiten, wo Striche und neue Kapitelzahlen mir Atempausen bezeichnen. Zeile um Zeile verrät die Novelle den Blick des geborenen Bühnendichters, den immer zuerst und zuletzt feine Menschen fesseln und dann erst die Umtvelt, den allein voran das Problem der Wech- selbeziehungen zwischen Charakter und Schicksal beschäftigt. Wilhelm Bolin , der unermüdliche Freund iuid Förderer Anzenarnbers, der als Professor der Philosophie und Aesthetik in Helsingfors wirk­te und seinen schwedischen LandSleuten u. a. eine treffliche Buhilenbearbeitung Shakespeares!>e- scherte, versuchte im Jahre 1333 trotz allem den großartigen Stoff auf die Bühne zu bringen. Ge- stützt auf den fachkundigen Rat Lltdwig Anzen- grubers, dramatisierte er die Novelle zunächst für das schwedische Theater und gab dann im An- schluß daran eine deutsche Uebersetzltng seiner Be. arbeitilng heraus. Glück jedoch hatte er nicht mit dem Werke. Dem schwedischenEnSlingen" war 1884 der erhoffte Erfolg trotz dreimaliger Auffüh- rung in Helsingfors nicht beschieden, weil die durchweg protestantischen Zuschauer dem Drama und seinen Konflikten verständnislos gegenüber- standen.DaS Tieftragische eines Verhältnisses zwischen Vater und Sohn bei etnem Zwana, der jenen durch das Zölibat von der Vaterwürde aus- schloß und diesen ohne sein Verschulden vorher- besttmmte, zur Unehre für einen Bankert gehal- te? zu werden ein solches Verhältnis hatte." wie der Bearbeiter nachträglich selber gestand, keinen Siml für Leute, denen eine kindergeseg» n«te Frau Pastorin zu den gewöhnlichen Bor- kommmssen im Alltagsleben gehört." Den öfter- relchischen Bühnen, die einen Versuch mit dem Einsam " wagen wollten, versagte prompt die Zensur die Erlaubnis, und ein paar Auffichrun- gen in Norddeutschland, die Mitglieder des Mün- chcncr VolksibeaterS in Szene sehten, erzielten nur einen Achtungserfolg. Es fehlten die Hand und der Geist Ludwig ÄnzengrubcrS. Sollte er selbst nun auch noch riskieren, den Stoff in die Form eines Dramas zu zwingen? Auf die Gefahr hin, gleichfalls verboten zu wer- den?Es gehört Mut dazu, den Steinen zu predigen, die einem gelegentlich um die Ohren fliegen können," schrieb er im Jahre 1835, und hier kam zum Mut die verlorene Zeit. Ihm dem im Kampfe deS Lebens sich allzeit derFeld- schandarm Sorge" an die Fersen heftete und der daher jegliche Arbeit vom Standpunkt des Er- werbsschriftstellers betrachten mußte, blieb für die Schöpfung von Buchdramen keine Muße. Der Stoff aber lockte ihn dennoch gewaltig. Und da er gerade vertragsmäßig für das Wiedener Thea- ter ein Stück zu liefern und kein Sufet mehr auf Vorrat hatte, entschloß er sich schweren Her- zenS, den geistlichen Bater deS Einsam in einen weltlichen Bürgermeister zu verwandeln, den ganzen Konflikt dementsprechend zu modeln und so schließlich doch noch das Brauchbare aus der Novelle zu retten. ES war aber leider vergebliche Mühe. DaS VolksstückStadt upd Stein", das zustande kam, bildet kein Ruhmesblatt in dem Kranz des Dramatikers, wie geschickt und beweg» lich er sich auch gezeigt hatte. Der Sinn der Er- findung war umgestoßen, das Wesentliche de« Vorwurfs gefallen. Der Einsam in seiner No- vellenaeswlt blieb der Stärkere. Auch die Novelle hat einen Fehler: fie ist nicht geschmackvoll im Sinne derer, die schon zu senlen Lebzeiten dem Dichter vorwarfen, er be- starte die Leute im Unglauben und leiste der'Un­moral Vorschub, indem er die Nachtseiten des Lebens hervorkehre.(Fortsetzung folgt.) I