Seite 4. min die Hinweise ans Oberleutnant Hejas betrifft, bin ich imstande, eine Verordnung des Reichdver- wesers und de« Justiz- und Honvedministers zu verlesen, wornach ein besondere« OfsizierSgericht das Verfahren gegen Hejas durckjgeführt hat, worauf dann ans Grund des Amnestieerlasses vom Jahre 1920 Hejas amnestiert wurde. Diese Am- uestie lvnrde damit begründet, daß er die Hinrich- tungen infolge seiner sxitriotischen Entrüstung ,übct die Kommunisten durchgeführt hatte. Die Angelegenheit des Oberleutnant Hejas ist damit endgültig erledigt.— Diese Aeußernngen des Staatsanwaltes und die Verlesung des Aninestie- erlosses erregten im Verhandlnngssaale große Aufregung. Die Verteidiger erhoben sich sofort und erklärten, daß sie nun nicht nur eine milde Strafe für die Angeklagten verlangen, sondern ihre vollständige Freisprechung. Denn seht sei es festgestellt, das; der Anstifter der Taten, für lvelche die Anklage erfolgte, die allerhöchste Begnadigung erhielt. Die beiden angeklagten Feldwebel wandten sich nun weinend zum Borsitzenden und rie« sen, daß sie nicht bestraft werbe» könnten. Der Vorsitzende schloß nun die Verhandlung und teilte mit, daß die Urteilsverkündigung Montag erfol- gen wird. Sie VolutkMaltropkie in yeNerrM. Wien , 8. Juli, tisch. P.-B.) Die Sanierung?» nktion der Regierung hat vorläufig keinen positiven Erfolg. Die T e n e r u n g s>v e 11 e geht ständighöhe r. Das Bemühen der Negierung, das Steigen der Preise aufzuhalten, geht an dem Aufstieg der Kurse der fremden Valuten zu nichte. Jnöbesonders ist es die t s ch e ch o s l o w a k i s ch e Krone, die am meisten gesucht ist. Die Flucht vor der Krone konnte auch nicht durch die Ankündi- gung der finanziellen Maßnahmen der Regierung aufgehalten werden und zeigt sich einerseits in der Unlust, wertvollere Ware zu verkaufen, an- dererscits in ungemessen hohen Preisen. Im Hin- blick auf die haussierende Tendenz an der Börse ist auch für die nächste Zeit nicht zu erwarten, daß die Teuerungswelle etwas abfällt. Die Kämpfe in Irland . London , 8. Juli. Die irische nationale Wehrmacht hat den Vormarsch angetreten, um dle Rebellen einzuschließen, welche die Umgebung von Dublin bedrohe». Das Hauptquartier der Aus- ständischen, welches sich in Blessington, ungefähr 20 Mellen von Dublin entfernt, befindet, wurde bereit? umzingelt. Das russische Budget. Haag, 7. Juli. (HavaS.) Auf Fragen nach Einzelheiten über das russische Budget erklärten die Sowjetdetegierten, daß die Volkskommissare noch die Ziffern«prüfen, so daß der der Konserenz vorgelegte BudgetentUnirf bisher der Genehm! gung MvSkauS entbehrt. Zokolnikow Ksland' zu, oaß die wirklichen Einnahme n nur r,!^ I>......... l.-. r....... ra:.... gewisser Prozentsah der russischen Arbeiterschaft zu verwenden ist. Litwinow erklärte weiter, daß die früheren Bescher noch immer ein Priori- t ä t s r e ch t aus solche Konzessionen geltend rna- che» können, daß aber die Erledigung dieser Frage von den zu erwartenden Krediten ab» hängt. Bis heute, sagte Litwinow , hat die Un- terkommission für Kredite hierüber noch nichts Bestimmtes mitgeteilt. Der Vorsitzende der Kam. Mission Lord Greani erwiderte, daß die Unter- kommission für Kredite keine Antwort geben könne, solange der allgemeine Zustand in Ruß land und die Art und Weise, in der die Kredite gewährt werden könnten, nicht bekannt seien. Verurteilung der rufMen Geistlichen. Wa.schau, 7. Juli. (Tsch. P.) Man meldet an? Moskau : Im Prozesse gegen die PeterSbur- ger Geistlichkeit wurden 12 Angeklagte, darunter der Metropolit Benjamin, der Bischof Benedikt und der Archimandrit Sergius, zum Tode und 53 Angeklagten zu Gefängnisstrafen verurteilt Prozent der m e n erreichen. angeführten E i n n a h Die rn'stfchen KonzeWnen. Haag, 8. Juli. (Havao). Die Unterkommis- sion für das Privateigentum hielt gestern nach- mittags wieder eine Sitzung mit der russischen Kommission ab. Litwinow machte eine Mittel- (ttiig über die Konzessionen, die den Privateigen- tüuiern durch das Dekret vom 3. November 1921 gewährt werden. Es handelt sich um Konzes- üonen an gemischte Gesellschaften, die von der russischen Regierung unter Beteiligung ausländischen K a p i- t a l e s organisiert werden. Die Konzessionen werden von de» Verfügungen über Nationalisierung, Konfiskation und Requisition nicht be- troffen werden. Die Erteilung von Konzessionen wird an die Verpflichtung gebunden sein, daß ein Tages-Neuigkeiten Nachtarbeit Von Alfred P c tz o l b. Silbern blüht der Mond in die schlafschwere Nacht hinein. Die am Tage so neugierigen Tore der Hänjer(ind jetzt versperrt. Wie die Augenhöhlen loter Riesen starre» die Fenster der abertausend Gebäude in die nächtliche Ruhe. Da und dort glotzt noch die geostnete Türe cincß Gast- oder Kaffeehauses schlaftrunken und miß- iimlig ans die Straße. Diese ist ruhig und lärmsrei geworden. Nichts laß, inr Pjlaster erbeben. Alles Getöse des Tages ist wie von einem Schwamm aufgesogen. Mir ist, als hätte der schwere Schatten der Hau- jer alles Lebendige erdrückt. Jetzt dröhnen massige Tritte auf den granitnen Schrittsteine». Und Klang von Eisen aus Eisen läßt ein fernes Echo aufhallen. Aus dem breiten Miindungsloch einer Gasse treten viele Männer aus die breite, mächtige Haupt, strafte hervor. Sie tragen Schaufeln, Krampen, Hebestange» und verteilen sich aus Befehl eines Aussehers in einer langen Reihe entlang dem Schienenstrang der Straßenbahn. Windlichter flackern aus und greisen mit Kren- »enden Tatzen in die laue Lust. Krampen heben sich in hohem, festem Schwünge und treffen sunkensprilhend den Boden. Brechstangen zwängen sich gierig zwischen die ., Granitrippen der steinernen Brust der Straße. Diese hustet vor Schmer; blaue Funken. Stählerne Finger umklammern das eine Schie. nenglied, daß es auszittert in klirrender, ohnmäch. tiger Wut. Schweißtriefende Männer haben ihre Röcke ans- gezogen, aus die Pfähle erloschener Laterne» ge- hängt, wo sie, sinnreichste Fahnen der Arbeit, in der Nachllust schaukeln. Hinter den Fenster» des erste» Stockwerk? eines prächtigen Gebäudes ist ein Bürger wach geworden. Verdrossen horcht er aus die Nachtmelodie der Arbeit und grunzt: „Gesindel." Gemeindeabgaben. Am 23. Mai 1922 wurde das Iii. Stück der tschechischen Ausgabe der S. d. G. n. V. herausgegeben. Dieses Stück enthält die Regierungsverordnung vom 27. April 1922, Slg. Nr. 143, zur Durchführung des Geineindesincinz- gesetzes. Die deutsche Ausgabe dieses Stückes der Gesetzessammlung wird erst jetzt versendet, also mehr als eineiiilzalb Monate nach der Ver sendung der tschechischen Ausgabe. Nun schreibt diese Regierungsverordnung vor, daß die Gemein- den binnen längstens 69 Tagen nach der BerlaUl- bärung dieser Verordnung der höheren Aufsichtsbehörde(dem Landesansschnsse) ei» vollständiges Verzeichnis der Gebühren und Abgabe», die biS- her auf Grund der vor dem 1. Oktober 1921 er- teilten Bewilligungen eingehoben worden sind, samt den betreffende» Richtlinien und den Be- schlich der Gemeindevertretung darüber vorzule- gen haben, ob und welche von diesen Abgaben und für welche Zeit die Gemeinde auch nach dein 1. Oktober 1922 einznheben beabsichtigt. Da von dieser sechzigtägigen Frist kaum noch vierzehn Tage übrig sind, hat der Verband der deutschen Selbstvertvaltungskörper im Finanzministerium wegen angemessener Erstreckung dieser Frist unter Hinweis auf die Verzögerung der Versendung der deutschen Ausgabe des betreffenden Stückes der Gesetzessammlung interveniert. Der Referent, Ministerialrat Bracht!, erklärte jedoch einc all» gemeine Fristverlängerung für ausgeschlossen. Die Gemeinden müßten vielmehr einzeln beim Landesverwaltungsansschusse die Fristverlängerung erwirken, wenn sie sich nicht der Gefahr aus- sehen wollen, daß ihr Einschreiten vom Landes- verwaltungsausschiisse nicht zeitgerechi erledigt wird. Ter Verband empfiehlt allen Gemeinden, welche infolge der Verzögerung der Versendung der deutschen Ausgabe der Gesetzessammlung die oben bezeichnete Mtägige Frist nicht einhalten können,»in angemessene Fristerstrecknng beim Landesansschnsse anzusuchen.— Hier tritt wieder einmal kraß an den Tag, welche verfahrenen Verhältnisse bei der Herausgabe und Versendung der deutschen Ausgabe der Gesetzessammlung Herr- scheu. Bei einigem guten Willen könnte die deutsche'Ausgabe gleichzeitig oder doch wenigstens unmittelbar nach der tschechischen Ausgabe erschei- neu. Mehrmonatliche Verzögerungen sind nicht zu rechtfertigen, zumal, wenn.es sich um Fristen handelt. Denn sonst hätte ja die deutsche AuS» gäbe überlzaupt keinen Zweck. Wir stellen fest, daß dieser Vorgang dem Gesetze vom 29. Tezem- ber 1921, Slg. Nr. 500, nicht entspricht, nach welchem die Gesetzessammlung womöglich gleich- zeitig mit dem authentischen Wortlaute auch in amtlicher deutscher Uebersetzung zu erscheinen hat. Eine Bergarbelterdeputaiion aus Dux nach Prag zu Fuß. TaS„Rnve Pravo" berichtet, daß am.rreitag abends eine Deputation von 150 ar- beitslosen Bergarbeitern zu Fuß aus dem Dnxer Revier, in Bysotschan bei Prag anlangte und dort lagert. Die Bergarbeiter wollen beim Ministerium für soziale Fürsorge vorsprechen und Hnze verlangen, weil in der Vorwoche in diesem Revier 12.000 Bergarbeiter aus der Arbeit entlassen wur- den. Tie Arbeiterschaft ist in einer verzweifelten Lage und sandte deshalb die Deputation nach Prag . Da sie über das Reisegeld nicht verfügten, entschlossen sie sich zu dein viertägigen Fußmarsch und kamen ganz entkräftet an. Wir sind neugie- rig, ob sich die Regierung nun doch endlich ent- sctnießen wird mit einer ernsten Tat einzugreifen oder, ob sie die weitere Berelendung der Massen ruhig mit ansehen will. Es ist ein unerhört brnta- les Vorgehen, das die Unternehmer in letzter Zeit anzuwenden belieben, sehr weit ist aber der Bo- gen nicht mehr zu spannen. Genossen, tragt das Parteiabzeichen! Wenn heute alle Bürgerlichen durch ihre Abzeichen die von ihnen vertrelene Gesinnung dokumentieren wollen, so müssen auch wir Sozialdemokraten uns jederzeit gegenseitig erkennen. Wir müssen überall zeigen, daß wir die stärkste deutsche Partei in die- sein Staate sind. Das Parteiabzeichen, das bei allen Vertrauensmännern zu haben ist, trägt ans Emailgrund die role Nelke und darunter aus schlvarzem Grunde die Buchstaben S. D. A. P. (Sozialdemokratische Arbeiterpartei ). Der Stiel der Nelke ist durch de» Buchstaben S 9. Juli iv.'2. bindurchgeschlungen. Die Genossen können es ain Rock tragen, die Genossinnen auch als Brosche. Tragt überall und immer das Parteiabzeichen; es wird allein dazu beitragen, manchen müßigen Schwätzer zum Schweige» zu bringen, wenn er sich in der Gesellsckzast zahlreicher Sozialdemokrat ten sieht. Es wird manchen Genossen ermutigen, wenn er sieht, daß er nicht allein ist. Es wirst agitatorisch für unsere Partei; er zeig!, wer wahr- scheinlich noch nicht politisch organisiert ist es wirbt für die Sozialdemokratie. Drum, 0c» Nossen , tragt immer das Parteiab- zeichen! Lebrerknndgebungen. In Eger hielt der Verband sozialdemokratischer Lehret am>>. d. M. im Fraillentcilsaal- eine öffenlliche Boltcvrr sammlung ab, in der Abgeordneter Genosse H i I. lebrand über das Thema„D e r K a in p f u in die Schule" referierte. An Hand eines reich, licheu statistischen Materials wies der Redner das Verbrechen nach, welches von den Macht- Hävern dieses Staates an der deutschen Schule be- gangen werde. Die Arbeiterschaft könne es nicht dulden, daß ihren Kindern die einzige BildungS- Möglichkeit geraubt oder geschmälert werdt. Wir fordern die nationale Selbstverlvaltnng, weil sie uns die einzige Sicherstellnng dafür ist, daß n» fern Kindern die Schule erhalten bleibt. Tie Erreichung der autonomen Schulverloaliung wird zur Tatsache werden, wenn die tschechische Arbeiterschaft, gedrängt durch die immer größer>ver» dende Kluft, die sich zwischen Unternehmertum und Arbeiterschaft auftut, mit den deutschen Genossen für diese einzig mögliche Lösung der Schul- frage wird eintrete» müssen. Nach dem Genossen Hillebrand sprach Abgeordneter Genosse Hofs- m a n n über„Sozialismus und Schule und for- derte die Durchführung einer Reform des Schul- Wesens, damit die EinheitS-Arbeilsschnle endlich zur Tat werde.— Der deutsche Lehrer- verband hielt am Dienstag in der Sängerhalle in Karlsbad die diesjährige HauPIversamm- lung ab. Bor 1399 Teilnehmer» hielten nach der Eröffnung der Versammlung durch Obmann Röhn ans Reichenberg Vertreter verschiedener politischer Parteien und Lehrerorganisationen Begrüßungsansprachen; für den Parteivorstand sowie den Klub der deutschen sozialdemokratische» Abge- ordneten und Senatoren sprach Genosse Hille- brand, der in einer kurzen Rede unter stürmt- schem Beifall der Anwesenden für die Schul- a u t o n o in i e und für die T r e n» n n g der Schule von Kirche und Staat eintrat. In der Erledigung der Tagesordnung referierte E n d- l e r-Reichenau über die Gelialtsfrage, Scholz- Prag über Trennung von Kirche und Staat und Genosse K a t s ch i n k a-Brüun über die S cb n l- a u t o n o in i e. Alle vorgeschlagenen Resolntio- neu wurden einstimmig angenommen. Zum Kapitel Wohnungsnot. Nach dem „Pilsner Tagblatt" wird mit dem Bau der Käser- nen in Tachau im September begonnen werden. Auf diese Weise wird dem WohnungSelcnd nicht abgeholfen werden. Verband„Deutsche Hilfsschule". Der Ver- band„Deutsche Hilfsschule" hielt am 2. d. M. in der Universitäts -Kinderklinik in Prag II seinen zloeiten Verbandstag ab. Nach der Eröffnung durch den Vorsitzenden, Hilssschul- Leiter Marschas-Reichenberg, hielt Direktor Doktor Maly-Troppan einen Vortrag über„Die Ent- Wicklung des kindlichen Seelenlebens". Dann sprach Oberlehrer G ü r t l e r-Chemnitz-Altendorf, der dem Verbandslag die Grüße der reichödent- scheu Bereine übermittelte, über„Die eidetische Veranlagung und ihre Bedeutung für die Praxis des Unterrichtes in der Muttersprache bei Geistes» schtvachen". Sein überaus lebendiger, anschan- licher Vortrag, ganz„anS der Praxis für d'e Praxis", bot den Anwesenden eine Fülle von An- regnitgen. Nachmittags berichtete Hirlfsschul- Der Einsam.<?, Erzählung von Ludwig A n z e n g r Ii b c r. „Das iaugt nicht, Herr Konfrater," rief der Pfarrer,„das taugt iu Ewigkeit nicht, durch Zu- warten wird AergeruiS alt und übles Beispiel mächtig!. Es ist leider nur zu lange zugesehen worden, und ich fühle mich verpflichtet, dem ein Ende zu machen, und werde ohne Zögern den bei- den Burschen de» Daumen aufs'Auge drücken; der eine soll sich entschließen zu leben, wie es unter Thrisleninenschen der Brauch ist, der andere soll die Dirne zu Ehren bringen oder er soll sie las- sen! MaL etwa ans den beiden werden mag, wenn sie sich nicht fügen und vom Orte müssen, darüber habe ich»icbt zu arübeln." Der Pfarrer qrhob sich, der Kaplan, der seinem Beispiele folgte, trocknete sich mit einem bunten Sncktuche den Schweiß von der Stirne. „No, nit für ungut," sagte er mit vor Erregung zitternder Stimme,„daß ich mir überhaupt er- laubt Hab, etwas zu bereden, aber ich wollt nit damit zurückhalten, weil ich gemeint Hab. mein Wort, als von ein'm, der lang genug hierorts ich Sie ersuche, dort nach einer Person zu for scheu, die seit Jahren für mich verschollen ist". „Gern, Kitt mir nur'n Namen zu sagen und was ich sonst etwa zu wissen nötig Hab'". „Hm ja," dehnte der Pfarrer, er blickte nach dem Fenster, außen war düstere Nacht geworden, rings waren Wolken aufgestiegen und der Berg mit den Hörnerstumpfen war verschwunden. „Wir sprechen noch darüber", sagte er kurz. „Es ist wenig Zeit mehr". „Ich kann ja auch schreiben." „Nun, ist recht, gute Nacht!" „Gute Nacht!" Kopsschüttelnd ging der Kaplan nach seiner Stube.„Bor Gott übernimmt er die Verantwor- tung!" murmelte er.„Die vor Menschen liegt doch näher; ich möcht' nix vorm lieben Herrgott zu vertreten haben, was ich nit vor d' Menschen kann!" Bald stand der Pfarrhos im Dunkeln, alle Lichter waren verlöscht, und die Inwohner zur Ruhe gegangen. Der Pfarrer lag in tiefem, ruht- (zcin Schlafe und nur ein paar Schritte davon, in der Stube nebenan, quälten den Kaplan böse Träume— er sah den gehetzten Einsam wie. ein war. nnl sich auszuwissen, möchi nit zu"verachten Fildes Tier in das friedliche Tal einbrechen— sein, und weil ich darauf bedacht war. Unheil zu s>uf einer endlos langen Straße hing der Schnei- '-•••---- der-Tomerl dahin und schlug mit seinem Wan - vergüten, das ich niöglich kommen sich, wann.." „Kein Wort weiter in der Sache, Herr Kap- lau", unterbrach ihn der Pfarrer,„ich handle, wie mir Pflicht und Gewissen vorschreiben, und übernehme vor Gott die Verantwortung!" „No, so empsehl ich mich halt, Herr Pfarrer, gehorsamer Diener!" „Glückliche Reise! Noch eins.." Der Kaplan blieb, die Hand an der Klinke, stehe». „Da Sie nach der Stadt übersiedeln, so dürste es Sie wohl nur wenig beschweren, wenn derstecken nach großen, runden Kieseln, die am Wege lagen, wie auf geschorene, harte Pfaffen- schädel, und bei dem einen Streiche rief er„just nit". bei dem andern„zu Trutz" und„zwingen nit"— und weit unten, dort, wo sich der Bach ober der Mühle stauet, da fischten die Leute mit Stangen und Sellen den Leichnam einer Dirne aus den» Wasser, an deren Brust ein fahles, totes Kind angeklammert lag. Er hatte einer recht unruhige Nacht, der gute, alte Mann. 3. Es war zur frühen Morgenstunde. Das Licht war noch nicht wach, und rings lag alle Farbe wie im Traum und sprach wie aus dem Schlafe. Es war um die Zeit, wo vor dem Tage ein leichter Schauer einhergeht. Ein Leiterwagen mit zwei Pferden bespannt, die.schnaubend aus einer Futterbarre fraßen, stand vor dem Pfarrhofe, dessen beide Torflügel weit geöffnet waren; in dem Flur bewegte sich schwerfällig ein dickes Frauenzimmer, das bald nach dem Wagen, bald nach der Treppe sah, es war die Pfarrköchin, welcher die Abreise des Kaplans so nahe ging, wie der Tod des stüheren Pfarrers; beide, für deren Abfütterung sie doch eine so rechtschassen lange Zeit gesorgt hatte, gingen ja auf Nimmer- Wiederkehr. Jetzt ward es laut auf der Treppe, zwei Bauernbursche schleppten sich mit der einen der beiden großen Kisten. Der Kaplan wollte seine Kostbarkeiten nicht aus den Augen lassen; unter fortwahrendem Ermahnungen zur Vorsicht zwängte er sich wiederholte Male zwischen Wand und Kiste vorbei und war den Trägern bald voraus, bald neben, bald hinterher und immer im Wege, und als im Flur die Dicke angerufen wurde und, statt zur Seite zu treten, kopflos gegen die Leute. anrannte und der Kaplan mit aller Kraft da anfaßte, wo nichts zu halten war, da geschah, was bei solcher mit störender Umsicht geleiteten Verhinderung zu erwarten stand, die Kiste siel polternd zu Boden. Wäre es zu Zeiten des Mittelalters gewesen, wo es noch fruchtete und man daher leichter darauf verfiel, der Kaplan hätte die beiden Bnr- scheu sicher in Bann getan, so aber begnügte er sich damit, unter Anrufung von„Jesus und Joseph" die Hände über dem Kopfe zusammen» zuschlagen. „Oes Verdangelten Dodeln," sagte er zornig, „öS Hanls mer ja alles z'samm'!" „Na ja," sagte der eine und kraute sich die Wange,„freilich, jetzt sein wir Dodeln. Wir täten sich ja eh' leichter, wenn nit d' Jungfer Sepherl im Weg stehn und ein'm Her hochwürdig' .Herr nit allweil unter'n Füßen h'rum rennen mächt'." Die beiden Angeschuldigten ließen sich be- deuten. Die Pfarrköchin nahm, den» Kaplane wiederholt die.Hand küssend und drückend, Ab- schied und ging vor sich hinnickend nach der Küche. Ja, ja, was man erlebt, wenn man alt wird. Der alte.Herr stieg die Treppe hinun und blieb in seiner Stube, bis das letzte Gepäckstück hinweg- getragen worden war, dann folgte er mit dem .Handkofferchen. Als er aus dem Tore trat, empfahl sich der eine Bursche mit vielen Kratzfüßen in ein gut' Angedenken bei dem hochwürdigen Herrn. Der gab ihm einige fleine Münzen. „O. so wär'S nit g'meint g'wesen," beteuerte der Beschenkte, „der'halb Ivas anzunehmen, müßt er sich ja frei schämen,"— dabei schloß er die.Hand—„ganz für umsonst hätt's sein soll'»,"—und damit schob er sie in die Tasche. Der andere Bursche befand sich auf dem Sitzbrette deS Leiterwagens, knallte mit der Pert- sche und machte sich recht schmal, denn neben ihm sollte Platz, viel Platz bleiben für den Herrn Kaplan; der reichte eben sein Kofferchen hinauf und war im Begriffe aufzusteigen, da schlich einer heran, der ihm vor wenig Stunden durch die Träume spuckte, der Einsam war eS. (Fortsetzung folgt.)
Ausgabe
2 (9.7.1922) 159
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