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2. Jahrgang.
Sozialdemokrat
Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der tschechoslowakischen Republit.
Beschönigung des Rechtsbruches.
Geht die Schuldigen das Grauen an? In einem Teil der Presse herrscht diese Meinung und auch in Berlin scheint man dieser Auffassung zu sein, die bayerische Regieurng habe nachträglich die Ueberzeugung gewonnen, daß fie auf der Bahn der Zerstörung der Reichseinheit weiter gegangen sei, als sie gehen wollie und als dem Interesse Bayerns augenblicklich zweckdienlich ist. Die Reichsregierung will darum, ehe sie andere Mittel gegen das rebellische Bayern anwendet, der bayerischen Regierung Brücken bauen, damit sie den Weg zur Einfügung in die Gesamtheit der Bundesftaaten zurückfinde. Den bayerischen Sonderheitsbestrebungen soll sogar bis zu dem Punkte Rechnung getragen werden, daß den im Schutzgejeze normierten Reichsgerichten zur Aburteilung monarchistischer Verbrecher bayerische Senate angegliedert werden sollen.
Freitag, 28. Juli 1922.
Ein letzter Vermittlungsversuch der Reichsregierung.
Brief Eberts un Lerchenfeld.
Berlin , 27. Juli. ( Eigenbericht.) Die Reichsregierung will es nicht auf einen Bruch mit der bayerischen Regierung ankommen lassen, sie versucht es noch einmal mit einer Vermittlungsaktion. Dem Kabinettsrate, der wegen der bayerischen Affäre heute zweimal tagte, wurde ein Brief des Reichspräsidenten vorgelegt, den dieser an den baherischen Ministerpräsidenten gerichtet hat und der morgen früh in München überreicht werden soll. Der Inhalt des Briefes ist noch nicht bekanntgegeben, doch weiß man, daß der Reichspräsident die bayerische Regierung um Zurüdziehung der Berordnung und um die Durchführung der Reichsgefeße ersucht. Sollte dieser Schritt erfolglos fein, so will der Reichspräsident von seinem ihm nach der Verfassung zustehenden Rechte Gebrauch machen und die Verordnung aufheben. Es ist kaum anzunehmen, daß dieses zurückhaltende Borgehen auf die regierenden Münchner real tionären Kreise großen Eindruck machen wird. Es wird der Reichsregierung schon nichts anderes übrig bleiben, als schärfere Maßregeln zu ergreifen.
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Nr. 175.
nach Annahme der Reichsgesetze im Reichstage ihre Durchführung in Bayern zu ga rantieren ist.
Zur Abwehr der antirepublikanischen Bewe gung hat der Landesausschuß der bayrischen Gewertschaftsverbände einen Aufruf an die bay rische Bevölkerung erlaffen, in welchem er zur Vereinigung aller reichstreuen und repulitanischen Elemente in Bayern auf
fordert.
Inzwischen gehen aber auch die antirepublilanischen Demonstrationen im bayrischen Oberlande weiter. In einer Versammlung des All deutschen Verbandes äußerte der Referent, dai man sich mit den russischen Monarchi. st en verbinden müsse, die bald zum Siege gelan gen werden. Man müsse dies tun, auch auf die Gefahr hin, daß weitere Beschungen Deutschlands durch die Entente erfolgen. Durch diese Beschungen würde die Republic in Deutsch land erledigt werden. In einem Orte des bayrischen Oberlandes fand ein Regimentsfest der schweren Reiter statt. Bei dieser Gelegenheit hielt der Wittelsbacher Prinz Alfons eine Rede, in welcher er bedauerte, daß die stolze unbejiegbare deutsche Armee am Boden liege, und alle Reiter aufforderte, die alten Traditionen hochzuhalten.
Der Landesausschuß, der bayrischen Mittelspartei erklärt, daß er nur solange hinter der Regierung Lerchenfeld steht, als sie un
beugfam bei der bayrischen Ausnahmsverordnung
verharre. Der Bund der Landwirte, die Organisation der nordbayrischen Bauern, erflärt, daß er sich keine einseitige antinationale Alaffeniuftig eines Staatsgerichtshofes der Republik ge
Das Verhalten der bayerischen Regierung felbft zeigt allerdings noch nicht, daß sie einsulenten beabsichtige, sie will vielmehr, wie es heißt, die Entwicklung der Dinge an sich herankommen lassen" und hält indessen Reichs. Die Reichsregierung erklärt die Berordnung Bayerns als verfaffungswehr und Landespolizei in steter Bereitschaft". widrig und ungültig. Monarchistische Seße im bayerischen Oberland. Ein herrliches Bild, an dem alle Feinde Deutschlands , an dem vor allem der franzöfifche Kabinettsrat in Berlin . Aufruf der bayerischen Gewerkschaftsverbände Imperialismus, innige Freude haben tanu. an die republitanische Bevölkerung. Die Erklärung der Reichsregierung. Nach zwei Jahren bürgerlicher, deutschnatiofallen lassen werde. In einer Boltsversammlung naler Herrschaft ist es also so weit gekommen, Berlin , 26. Juli. Zum Konflikte mit Zusammengehen von Reich und Ländern hlander über die augenblickliche Lage und der Deutsch nationalen sprach Obeist von daß Bayern dabei angelangt ist, bewußt im Bayern veröffentlicht bas Wolfsbüro eine amt Pflicht macht. Aufgabe der Reichsregierung ist forderte die Anwesenden aus. im& ampie gegen Sinne Frankreichs zu wirken, das es je eher, liche Rundgebung, in der es u. a. heißt: es, die Reichseinheit wieder herzustellen. Die die Reichsausnahmegefeße durchzuhalten. Die je lieber sehen würde, wenn Deutschland zer Nach einstimmiger Auffassung der Reichsregierung bayerische Regierung hat durch den Mund ihres augenblickliche Lage hänge in ihrer Eniwidtune rissen und in Atome aufgelöst wäre wie einst, ist die Berordnung der bayrischen Regierung ver- Ministerpräsidenten ein flares und festes Be- von den Forderungen ab, welche die Meichszenie mächtig am Boden liegend, Frankreich Basal- laffungswidrig und ungültig Kein kenntnis zum Reiche und zur verfassungsmäßigen rung in den nächsten Stunden an die bayrische Regierung richten werde. lendienste zu leisten. Sah der Reichsverfaffung gibt einem Lande das republikanischen Staatsform abgelegt. Auf Grund Es ist aber doch wohl kaum ein Rest von Recht, das Inkrafttreten eines Reichsgefeßes des dieses Bekenntnisses erwartet die Heichsregierung, Einberufung des Reichstages? Scham, vielmehr die Besorgnis vor dem stei- halb zu verhindern, weil es bei einem Teile der daß die baherische Regierung fich den Forderungen Berlin , 27. Juli. Nach der„ Bossischen genden Widerstand und der wachsenden Er- Bevölkerung auf Widerspruch stoßen würde. Wenn nicht entziehen wird, welche die Reichsregierung Beitung" wird der Reichspräsident nicht unmittelnüchterung im eigenen Lande, wenn die baye- man den Ländern diese Befugnisse zugestehen im Interesse der Einheit des Reiches zu stellen bar von seinem verfassungsmäßigen Rechte der rische Regierung den von ihr vollzogenen würde, so würde dies das Ende der deut- genötigt sein wird. Aufhebung der bayerischen Verordnung Gebrauch Bruch der Reichsverfassung mit allerlei Grün- fchen Reichseinheit bedeuten. Das Reichsmachen, sondern der bayerischen Regierung den den zu beschönigen sucht. Sowohl die Sonder- gefeß zum Schuße der Republik ist vom Reichsrat Weg zeigen, wie sie selbst wieder auf den Boden der Berfassung zurückfinden könnte. Es wurde anMünchen, 27. Juli. Die nordbayris gekündigt, daß Graf Lerchenfeld demnächst nach verordnung der bayerischen Regierung, wie aug die vom Ministerpräsidenten Grafen Ler- mit mehr als einer Zweidrittelmehrheit angenom- fchen Bürgermeister haben beim bayrischen Mi- Berlin tommen würde, um mit der Reichsregiegenfeld im Landtage über diese Verordnung men worden. Für das Gesch haben im Reichs- nisterpräsidenten Grafen Lerchenfeld vorgefpro- rung zu verhandeln. abgegebene Erklärung sind auf den Ton ge- rat alle Landesregierungen, mit Ausnahme Bay- chen und ihrem Willen zum Schuße des ReiWie der Vorwärts" mitteilt, ist Reichstagsstimmt: Landesrecht bricht Reichsrecht! Eine erns, gestimmt. Im Reichstage ist das Gefeß Bürgermeister erklärt, daß der Konflikt zwischen präsident 25 be, der zeitweilig von Berlin abes kundgetan. Ebenso haben die pfälzischen Auslegung der Stellung Bayerns zu Deutsch gleichfalls mit Zweidrittelmehrheit beschlossen Bayern und dem Reiche so rasch wie möglich auf vesend war, wegen der gespannten politischen land, die, wenn sie weitere Ausdehnung ge- worden. Es darf nicht davon gesprochen werden, verfassungsmäßigem Wege beigelegt rüidgekehrt, um mit der Reichsregierung über die wänne, den Begriff des Deutschen Reiches zur daß das Gefeß die in der Verfassung begründeten werden müsse. Die pfälzische Sozialde- eventuelle Einberufung des Reichstages Besprebeigelegt age am Mittwoch Nachmittag nach Berlin zulächerlichen Farce rische Regierung versucht sich damit auszureden, Grundfäße verleße. Deutschland ist durch den motratie hat die republikanische Bevölkerung chungen zu führen. Der Aeltestenausschuß wird daß sie erzählt, der Inhalt des Schuhgesezes Schritt der bayerischen Regierung äußeren Wir zu einer Bersammlung eingeladen, in der die A b wahrscheinlich Freitag zusammentreten, um über wehrmaßnahmen zum Schuße der deut die Einberufung des Reichstages Beschluß zu und sein Zustandekommen habe eine große ren und Gefahren ausgesetzt. Die Reichsregie schen Republik beraten werden sollen. Die ch r i ft- faffen. Erregung des bayerischen Volkes" hervorge- rung bedauert dies umsomehr, als die außenpoli- lichen Gewerkschaften, die politisch in der bayrufen, welche„ Erregung" zu einer erheblichen tische Lage gerade gegenwärtig ein einmütiges| rischen Volkspartei organisiert sind, erklären, daß der Einberufung des Reichstages fann erst zur Berlin , 27. Juli.( Wolff.) Die Frage Störung oder Gefährdung der öffentlichen 0.0000000000000000000000000000000000000000000000000000000 Erörterung kommen, wenn die Bermittlungsaktion, Sicherheit und Ordnung" führen würde, wes. die Reichspräsident zwischen der Neichsregierung halb sie das Schußgeset„ nicht ohne Vorbehalt" Kein zweites Land bedroht ähnlich die De- das republikanische Deutschland eine Lanze zu und der Landesregierung von Bayern zu untervollziehen könne. Dabei ist es die Regierung mokratie Deutschlands , wie dies Bayern tut, nehmen gedenkt, durchgeführt sein wird. Dann Die deutsche Reichsregierung verfügt zwei- wird der Aeltestenrat über die Einberufung des jelber, welche die öffentliche Sicherheit und das in seiner Stellung zum Reiche und in seiOrdnung bedroht und durch ihr Verhalten so nen inneren Einrichtungen täglich den Begriff fellos über genug Mittel, die Rebellion der Reichstages beraten, gar die Gefahr des Bürgerkriegs in bedroh- der Demokratie schändet. Die bayerische Regie- bayerischen Regierung zu brechen. liche Nähe rückt. Der Herr Graf Lerchenfeld rung unterläßt es auch nicht, ihre Treue zur diese noch nicht zur Anwendung bringen und will auch entdeckt haben, daß die vom Reichs- Reichseinheit zu beteuern. Im selben Augen- vorerst den Weg der Verständigung suchen tage beschlossenen Maßnahmen den Grund- blicke, da sie sich des Hochverrates an dieser sollte, sind damit die Gefahren, welche Bayerns fäßen einer„ wahren Demokratie" widerspre- Einheit des Reiches schuldig macht und die verfassungswidriges Vorgehen gezeitigt hat, Auch die Größe des bon der hen und die Richtung auf eine Klassenherr Bevölkerung zum Rechtsbruch und zum Unge- nicht gebannt. bayerischen Monarchistenregierung an Volf und haft" nehmen. Troß des Ernstes der Lage horsam gegen das Reich auffordert! fann man sich der Heiterkeit nicht erwehren: Die Unsinnigkeit der Beschönigungen, mit Staat verübten Verbrechens erscheint darum Bayern als Süter und Retter der Demokratie! denen die bayerische Regierung ihr Vorgehen nicht fleiner. Unauslöschlich bleibt die Schmach, Man traut faum seinen Augen: just in Bayern , zu verteidigen sucht, leuchtet schon aus der Tat- daß das bayerische Bürgertum in der Zeit des in dem eine Minderheit das ganze übrige fache hervor, daß der Artikel 13 der Reichs- schwersten Ringens um Deutschlands WiederDeutschland zu terroristeren und zu komman- verfassung ausdrücklich feststellt: Reichsrecht aufbau, seines schwersten Existenzkampfes, dem dieren sucht, ist das„ Bolk" über die Bebro- bricht Landesrecht! Damit allein schon ist die Reiche in den Rücken fällt, feine Kraft schwächt hung der„ wahren Demokratie" so außer Hand Verfassungswidrigkeit des Vorgehens Bayerns und sein Ansehen und sein Vertrauen im Ausund Band, daß diese Erregung sogar die Ruhe hinlänglich erwiesen. Das Schutzgesetz wurde lande unterwühlt. Das ist die hakenkreuzlerische und Sicherheit gefährden könnte, wenn nicht rechtsgültig, wenn auch gegen den Einspruch Treue zum Deutschen Reiche! Es ist nicht das die wadere bayerische Regierung die bedrohte Boyerns, vom Deutschen Reichstag beschlossen erstemal, daß das Treiben der Deutschnatiowahre Demokratie wenigstens für das Gebiet und damit hat es auch für Bayern Geltung nalen dem eigenen Volfe die schmerzhaftesten Bayerns in Schutz nehmen würde! Wahrhaftig, erlangt, dem feinerlei Vetorecht dagegen zu Wunden zufügt. Die Tatsache, daß die bane bas wagt Graf Lerchenfeld, der Ministerprä steht. Was umso deutlicher hervorgehoben wer- rische national- monarchistische Regierung durch fident des Landes, das wie fein zweites ein den muß, als auch bei uns die hakenkreuzle- den von ihr versuchten Rechtsbruch schwerste Sort der Reaktion, das Zentrum der monar- rische Presse die Gründe" der bayerischen Re- Sünde auf sich geladen, vermag keine auch so histischen Verschwörer- und Mörderorganisa- gierung und ihrer Hintermänner aufzugreifen gesuchte Erklärung zu beschönigen. tionen ist, der Welt allen Ernstes vorzutragen! sucht, um für die bayerische Reaktion gegen
brechen.
Wenn fie
Die Arbeiterpresse verlangt Anwendung der Schärften Mittel. Berlin , 27. Juli.( Eigenbericht.) Der gestern von der Reichsregierung gegen die Regierung Bayerns erlassenen Stundgebung wird in der linksstehenden Presse im allgemeinen zugestimmt, jedoch verlangen die Blätter der Arbeiterschaft, daß es nicht bei Warten bleibe, sondern daß gegen die bayerische Reaktion mit den schärfsten Mittein borgegangen werden soll. So warnt die Freihett dringendst davor, die Meinung auffommen zu lassen, als ob die Regierung zu kompromissen Bayern gegenüber bereit sei. Nichts wäre schlechter und verhängnisvoller als Schwäche und Wanfelmütigkeit der Reichsregierung. Der„ Vorwärts" sagt, jedermann dürfe erfreut sein, wenn es gelingen würde, aller Stonflifte und schweren Erschütterungen der wirtschaftlichen age, unter denen die Arbeitermassen leiden müssen, zu vermeiden, aber vor einem Verfahren, das sie selbst mit vollem Recht als verfassungswidrig bezeichnet habe, dürfe die Reichsregierung nicht zurückweichen, wenn sie nicht das Reich selbst
preisgeben will.