1091

An die

Kommission

8.21

A

Kreisgewerkschafts

Fischern.

Boltihedamt 57544.

Inferate werden laut Tarif

billigft berechnet. Bei öfteren Einschaltungen Preisnachlaß.

2. Jahrgang.

Lastenstr.87.

demokrat

Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der tschechoslowakischen Republit.

Dienstag, 15. August 1922.

Die stärkste Großmacht. Die Londoner Konferenz gescheitert.

Ein Fürst der Erde ist gestorben. Zwar wachten nicht Hofdamen an seiner Wiege und eine Strone strahlte nie auf seinem Haupte; aber jeine Stimme wurde dafür von Millio­nen und Abermillionen Menschen vernommen und Blut floß ihm zu Ehren in viel reicherem Strome, als je zu Ehren des größten Tyran­nen oder Feldherrn. Die Heere, die er fommandierte und die gar nicht wußten, daß fie von Lord Northcliffe geführt wur den, rekrutierten sich aus der Bevölkerung Englands und Ameritas, aber auch Frank­ reichs Volk war ihm zum goßen Teile dienst­bar und das Mittel, durch welches er die un­geheuen Scharen zusammenhielt, war die Be­herrschung der öffentlichen Mei­nung. Wenn irgendwo, so hat gerade auf diesem Gebiete der Kapitalismus, im letzten Jahrzehnt am sinnfälligsten vertreten durch den Lord Northcliffe , ganze und furchtbare Franzöfifch- belgisch- italienischer Vorschlag auf Regelung in zwei Monater. Arbeit getan.

London , 14. Auguft.( Havas.) Die Stßung begann heute vormittags um 11 Uhr und tvar um 1 Uhr 45 Min. zu Ende. Die Chefs der fünf alltierten Delegationen haben darüber beraten, die Entscheidung auf 3 Monate aufzuschieben, aber schon jeßt Deutschland ein Mo­ratorium zu bewilligen. Poincaré hat sich formell der Bewilligung eines Moratoriums ohne Pfänder wibersept. Ein Abkommen hat also nicht erzielt werden können. Die Delegierten haben sich getrennt und haben erklärt, daß man noch über die Lage nachdenken müsse. Ein Zeitpunkt für eine neue Sißung wurde nicht festgeseßt. Es scheint ziemlich sicher, daß die Kommission auseinandergeht, ohne eine ge­meinsame Entscheidung über den Zahlungsaufschub zu treffen. Lloyd George hat für 5 Uhr nachmittags die alliierten Minister zu einer Besprechung der Maßnahmen zusammen­berufen, durch welche Oesterreich Hilfe gebracht werden könne.

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Wohl hatte man längst begriffen- man erinnere sich nur des alten Schlagwortes von der fünften Großmacht" daß den Zeitun gen eine ungeheue und, je nachdem sie sie an­wandten, nußbringende oder verhängnisvolle Gewalt innewohne. Fühlt doch jeder an sich selbst, wie die tägliche Bearbeitung seines Gei­ftes täglich im gleichen Sinne jein Denken jelbst wider Willen umformt, wie sein Ber­hältnis zum Staate und zu dessen Parteien, zu Seultur, Wissenschaft und Kunst sich all­mählich nach dem Charakter feines Leibblattes modelt. Aber in früheren, harmloseren Zeiten war diese Wirkung sozusagen eine Wirkung von Mann zu Mann, der Herausgeber und die Redakteure, deren Namen und Charakter man fannte, standen dem Leser Auge in Auge gegenüber und trugen noch eine Art persön

London , 14. Auguft.( Wolff.) Die Konferenz ist an der Reparationsfrage ge­scheitert. Die Vollkonferenz verhandelt jest über die Lage Oesterreichs .

Reparationen und interalliierte Schulden.

Paris , 13. August.( Havas.) Heute traten der französische, italienische und belgische Minister zu einer Beratung über die Lage zusammen, und zwar nach einer gleichlautenden Meldung der Pariser Blätter in Abwesenheit der englischen Minister. Bei den Delegierten besteht der Wunsch, zu verhindern, daß die Konferenz ohne eine gemeinsame Ent­scheidung der Alliierten über das de ut sche Moratorium für die Jahre 1922, 1923 und 1924 auseinandergehe. Die Delegierten der drei Mächte haben die Mittel be­sprochen, wie man aus der Sackgasse hevauskommen könne, in welche die Meinungsverschie denheiten der französischen und britischy en Delegierten bei der Frage der deutschen Staatsforste und staatlichen Bergierte geführt hätten. Einesteils scheine es unmöglich, für den Augenblid eine Aenderung in der Saltung des französischen oder engli schen Premierministers in dieser Frage zu erhoffen, anderseits aber seien die drei Dele gationen einer baldigen Behandlung der Frage einer internationalen Reparationsanleihe, die der britische Vorschlag enthalte, vollkommen günstig gesinnt. Aber in Paris wie in Rom halte man es für unerläßlich, die Frage einer Reparationsanleihe nicht zu trennen von einer all­gemeinen Regelung ber interalliierten Schulten. Unter Berüidsichtigung dieser Tendenz sei es fet es unwahrscheinlich, daß man die Zustimmung der franzöfifchen, belgischen und italienischen Dele gierten erhalte zu einem Borschlage, der darauf abziele, provisorisch die allgemeine Regelung des Reparationsproblems auf etwa zwei Monate su bertagen. Erst dann virden die Alliierten entscheiden, zu welchen Bedingungen man Deutschland ein Moratorium für seine Barzahlungen glaube bewilligen zu können.

liche Verantwortung dafür, was sie schrieben Morgen Entscheidung der Reparations- den Borgängen auf der Londoner Konferenz. Es

oder taten.

tommission.

ist anzunehmen, daß dort morgen die Entschei­Der Kapitalismus hat darin einen un­dung über die Reparationsfrage gefällt wird und feligen Wandel geschaffen. Er erniedrigte die Berlin , 14. Auguft.( Eigenbericht.) Die daß dann die Reparationstommiffion sofort ihre Zeitungen und die an ihnen arbeitenden Reparationstommission hat heute der deutschen Antwort gibt. Soviel steht jedenfalls sicher, Männer zu Agenten seiner Interessen, und Striegslastenkommiffion in Paris mitgeteilt, daß daß die morgige Zahlung nicht zu wenn auch noch fernerhin unter den Artikeln, fie vor dem 15. August nicht in der Lage leisten ist. Auch die Ankündigung einiger fei, auf das Schreiben der deutschen Regierung franzöfifcher Blätter, daß Frankreich am 15. heim Druckvermerk und anderen Ortes die Na- vom 12. Juli, worin um Stundung der fälligen August isoliert vorgehen werde, dürfte sich nicht men der Verfasser und der Verantwort- Zahlungen ersucht wurde, eine Entschei erfüllen, denn das heutige Schreiben der Repa lichen" auftauchen, so sind die Träger dieser dung zu treffen. Die am 15. Auguft zu leirationsfonmmission ist von Dubois unterzeichnet, Namen nur noch die Sklaven des großen Ano- stenden Beträge bleiben also vorläufig in der der sicher im Einverständnis mit der französi­nymus„ Sapital", der hinter ihnen steht, Schwebe. Diese hinhaltende Antwort der Repa- fchen Regierung handelt. ihnen seine Aufträge gibt und sie schreiben rationsfommission steht im Zusammenhange mit heißt, was er will, nicht was sie wollen. Der Schriftsteller, von dem der naive Leser meint, er trage ihm seine tiesinnerste Ueber zeugung vor, folgt in Wahrheit, und oft zähneknirschend, nur dem Dittat seines Brot­herrn, und wenn er nicht schreibt, wie er be auftragt ward, darf er mit der Entlassung, mit Sunger, ja vielleicht mit der Aussperrung rechnen von allen andern gleichgesinnten Un­ternehmungen.

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Nr. 190.

Josef Schiller.

Ein Gedenkblatt zu seinem 25. Todes

tage.

Am 16. Auguft sind es fünfundzwanzig Jahre, daß Josef Schiller in Germany in den Vereinigten Staaten seinen Feuergeist ausge haucht und seine Augen für immer geschlossen hat. Er starb just in demselben Alier wie 23 Jahre später Josef Seliger . Josef Schiller wurde im Jahre 1846 in Reichenberg als Sohn eines Tuch machermeisters geboren und mußte sich schon als Senabe, also in einem Lebensalter, in dem die Kinder der begüterten Voltsschicht noch jahrelang die Schule besuchen, sein Stück Brot in der Jo­hann Liebiegschen Fabrit verdienen. Später er lernte er die Tuchmacherei. Sein Vater starb schon, als sein Aeltester, unser Seff" noch ein Snabe war, und ließ eine Frau mit fünf Kin­dern, zu denen nach des Vaters Tode noch Zwil­linge hinzufamen, in Not und Sorge zurüd. Die Mutter Schillers starb ungefähr ein Jahrzehnt nach des Mannes Tode, und die Schiller- Kinder waren dann vollkommen verwaist. Die Fa­milie Schiller fiel auseinander. Die Zwillinge waren nicht allzulange nach ihrem Eintritt in das Licht der Welt wieder gestorben, mithin waren nach wie vor nur die fünf Geschwister zwei Burschen und drei Mädchen zu verteilen oder unterzubringen. Das jüngste Mädchen fam ins städtische Waisenhaus, ein zweites Wlädchen fam zu einer Tante, der Bruder des Seff" tant in die Lehre, die älteste Schwester verdiente sich ihr Brot in der Fabrit und„ Seff" selbst verbrachte feine Tagesstunden hinter einem Sandwebstuhle mechanische Webstühle waren damals bei der Tucherzeugung noch nicht eingeführt.

So war Josef Schiller schon durch das Schick fal feiner Familie für den sozialen Stämpfer prä­destiniert. Ja, er mußte ich zu einem Führer in den Reihen der Kampfer für die Ziele des Sozialismus entwideln, sobald mur einmal disse Kämpfer vorhanden waren. Ind diese Zeit fam im Jahre 1869. Jn Reichenberg hatte sich ein Sozialdemokratisches Komitee" gebildet, an

deffen Spitze Josef Ser of ch ſtand und deſſen Mitglieder sich aus dem in Reichenberg bestehen­den Industriellen Bildungsverein" refrutierten. Dieses Komitee hatte sich die sozialistische Pro­paganda zur Aufgabe gemacht und zur Errei­chung dieses Zieles sollte in Reichenberg ein All­gemeiner Verein gegründet werden; es fanden daher im Gasthause Zum Feldschlößchen" in Reichenberg allgemein zugängliche Propaganda­Vereines von der Prager Statthalterei noch nicht versammlungen statt, obgleich die Statuten dieses Vereines von der Prager Statthalterei noch nicht genehmigt worden waren. In einer dieser Ber­sammlungen erschien auch Josef Schiller auf dem Plane, um von da ab von der Bildfläche des öffentlichen Lebens nicht mehr zu verschwinden, bis er endlich, wohl nicht fampfesmüde, vielnichr nur kampfverdrossen, Europe den Rücken fehrte, beschwören, die Weltatmosphäre zu vergiften des Mobs, unterhält ein populäres Wochen- um drüben in Amerika nicht den inneren Frie und zu Kriegen zu heßen, nicht etwa, weil die blatt und eine gelehrte Revue. Northcliffe, der den und das Glück, sondern nur einen frühzei Gesinnung der entscheidenden Männer ihnen eben verstorbene, brachte im Laufe der Zeit tigen Tod zu finden. Josef Schiller trug in jener diese Stellungnahme aufzwang, sondern weil an sechzig Blätter, die" Times"," Daily Mail", Berfammlung ein von ihm selbst verfaßtes Ge­sie aus der Aufpeitschung der Geister ein Daily Mirror"," Evening News"," Weekly damit stürmischen Beifall. Er wurde von da an dicht: Das Sklavenjoch" vor und fand Wachstum ihrer Profite erhofften. Die großen Dispatch"," Daily Graphit" usw. durch Kauf der Liebling der Reichenberger Arbeiterschaft und Schlagworte Baterland"," Nation"," natio- oder Gewalt unter seine Herrschaft, feine Pro- später der Liebling der Arbeiterschaft von ganz nale Ehre" usw., wie sie lauttönend aus jeder paganda zog Amerifa in den Krieg und ent- Deutschböhmen und ist es auch geblieben De Weg, auf dem das Kapital zu dieser Beitungsspalte schallen und die Geister der fremdete die Neutralen von Deutschland , er zu seiner endgültigen Auswanderung. Herrschaft über die Zeitungen fam, mögen die Leser umnebeln, wurden und werden Tag um machte und beseitigte Miniſter, hob Lloyd Der geplante Allgemeine Arbeiterverein Inserate gewesen sein und die Angst des Zei- Tag durch den Staub geschleift, damit viel George auf den Schild, seßte die allgemeine kam nicht zustande, dagegen tam es am 19. Jan­tungsbefißers, seine großen Inserenten persön- leicht die Schwerindustrie einen Fischzug Wehrpflicht in England burch, bereitelte ner 1870 aus Anlaß der Anwesenheit von An­lich zu verleßen oder fie in ihren Geschäften mache oder damit die Textilmagnaten beffer jebe Friedensmöglichkeit und ließ bis heute breas Scheu aus Wien zu einer Demonstration zu stören. Je kapitalistischer orientiert der exportieren können. Der Ruhm des einen Po- teinen Verständigungswillen aufkommen. wie auch zu einer Schießerei auf dem Altstädter Zeitungsbefizer wurde, desto zielbewußter litikers strahlt auf und der des andern erlischt, Der Zeitungstrust, dessen Anonymität Marktplate in Reichenberg, wobei ein Arbeiter, namens Fischer, erschossen wurde. Eine reaktio­richtete er dann den Handelsteil seines Blattes nicht etwa, weil der erste wirklich so groß man nirgends recht fassen, dessen lezie Ver- näre Welle sette ein, die Verfolgungen begannen. nach den von ihn vertretenen Interessen ein; und der zweite wirklich so flein ist, sondern zweigungen man nicht aufbecken kann, ist die Für die Eingesperrten und ihre Familien mußte die politischen Nachrichten mußten es sich ge- weil an die Macht des einen oder des andern Kette geworden, an der das Weltkapital die etwas geschehen, es mußte gesammelt werden. fallen lassen, daraufhin geweriei zu werden, sie der Bestand der Kohlensteuer, eine Eisen- öffentliche Meinung" hinter sich einher- und da das Geld damals für unsere Partei noch wurden zugestußt, ausgelassen und, wenn es bahn- oder Bankkonzession geknüpft ist. Waf- schleppt, dank ihm tanzen die Maffen so, wie weit weniger auf der Straße lag wie heute, fo fich besonders lohnte, auch frech gefälscht; die fenstillstand und Friede, Retorsion und Re- die Geldmagnaten pfeifen. Northcliffe hat stellte einfach Josef Schiller seinen Mann. Er ganze politische Richtung eines Blattes vom paration, Moratorium und interalliierte Schule gemacht. In Deutschland gehen Stin- ging des Samstags wie auch Sonntags in die großen Artikel vorn bis zur letzten Notiz rüd Schulden werden in den Zeitungen heiß um- nes, Ulstein und Scherl in seinen Spuren, in Gasthäuser der Dörfer, wo sich die Arbeiter zu­wärts rakte sich nach und nach den Tendenzen tämpft nicht nach den Erwägungen der Ver- der Tschechoslowakei versucht sich der Merch- gen; aber nicht etive für sich, obgleich er es hätte Merch - sammenfanden und suchte Geld zusammenzubrin­an, welche der Befißer als Börsenspekulant nunft, sondern nach denen des Profites, die Konzern als Northcliffetrust in Taschenaus ebenfalls brauchen fönnen, sondern für die An­etwa brauchte. Wissenden blinzeln einander verständnisinnig gabe. Ists auch nur eine fleine Streuzotter bern, die schon hinter verschlossenen Züven faßen, Die Eigentumsfrage an den Zeitungen zu und der gläubige Leser brüllt im Chore neben einer Riesenschlange, im Wesen ist sie oder doch aussicht hatten sehr bald dahinter siten wurde, als die Entwicklung soweit gefommen mit, ohne zu wissen, wem er damit dient. genau so giftig und genau so gefährlich. Der zu müssen. Siebei fam ihm sein Feuergeist wie mar, damit zur Lebensfrage für die mitein- Nicht eine, nicht zwei und nicht ein Dut- Giftzahn kann dem Ungeheuer, Zeitungstrust fein dichterisches Talent sehr zustatten. Er ander ringenden, um Ausbreitung fämpfen- zend Beitungen gehorchen einer Interessen- genannt, erst ausgebrochen werden, wenn die maate ernste wie heitere Gedichte und trug die den, nach neuen Absatzgebieten oder Rohstoff- gruppe, sondern Blätter jeder Art und jeder Forderung berSozialdemokraten: Klärung der selbst fabrizierten Gedichte und Couplets auch quellen lüsternen Industrien. Nicht mehr ein Größe und in beträchtlicher Menge. Derselbe Eigentumsverhältnisse an Zeitungen bis ins felbst vor und erzielte Beifall über Beifall. Es einzelner Börsenjobber- bas Kohlen- oder Trust, der ein vornehmes Tagblatt" für letzte, Tatsache geworden sein wird. Der Leser Stimmung wurden fie für das Gute und Neu, tam Stimmung in die Menschen, und durch diese Eisen- oder Petroleumfapital hatte das bren- die oberen Behntausend herausgibt, wirft hun foll wissen, wem die Zeitung wirklich das in der sozialdemokratischen Lehre lag, auf­riendste Daseinsinteresse daran, auf das Bei derttausende von Exemplaren eines Revolver gehört und wessen Interessen sie dient, dann nahmsfähig und für die leiden der andern' opfer­tungswesen seine Hand zu legen, politische blattes auf den Marfi, fißelt die Eitelkeit des wird er sich der Hypnose ermehren können, die bereit. Aber Josef Schiller war nicht nur ein Gegensäge zu schüren, Staatsfrisen heraufzu- Gebildeten" und die niedrigsten Instinkte sie über ihn auszuüben trachtet. Dichter und Deflamator, sondern er wurde auch