18. August 1922.

Boincarés Haltung vom Ministerrat gebilligt.

Paris , 16. August.( Savas.) Ueber den Ver­lauf des heutigen Ministerrates, in dem die Saltung Poincarés in London ge­billigt wurde, wird strengstes Stillschweigen bewahrt. Nur soviel steht fest, daß eine Einbe­rufung der Kammer im gegenwärtigen Augenblick nicht in Frage kommt. Die Re­gierung fann erst eine Entscheidung treffen, so­bald die Reparationstommission' fich mit der Frage des Moratoriums für Deutsch land befaßt hat. Die Stommiffion wird morgen zusammentreffen, und es ist nicht ausgeschlossen, bak sie, entsprechend den Bestimmungen des Friedensvertrages, den Deutschen Gelegen heit geben wird, sich zu äußern. Die Ant wort ber Reparationsfommission wird frühe­tens Freitag bekannt sein,

Lages- Neuigkeiten.

Das Inventar des Pilsener Stadttheaters

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ein Raub der Flammen.

Unglüdlicher Zujail?

Kaiserfeier Ersat. Vorgestern brütete in mancher Redaktion arge Trauer. Mit nassen binden strenge untersagt wurde. Doch die Zu­Augen und naſſen Federn saßen die Schriftleiter geständnisse einer im Wanden begriffenen Mili­vor ihren Schreibtischen, gedachten wehmütig der ärherrschaft gelten natürlich nicht für den tſche Vergangenheit und wußten nicht, was sie mit der choslowakischen Militarismus. Eine Kompagnie Gegenwart anfangen sollten. Vor vier und fünf des Grenzjägerbataillons Nr. 5 aus Falkenan Jahren und alle die Jahre vorher herrschte dort fam am 5. d. M. nach Sauersac im Erzgebirge . gerade um den 16. und 17. August immer eitel Sier meldeten sich 14 übermüdete Soldaten aur Freude. Vierzig Jahre lang haben sich am 17. Marodenvisite. Bei der Marodenvisite, die vom Freude. Vierzig Jahre lang haben sich am 17. Oberst Stransky, tapitän Bures und Auguft stets alle Sträfte angespannt, um die einem schönste Raisergeburtstagszeitungsnummer

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hältnis in Frage. Besonders verhängnisvoll find bie Folgen der Geschlechte Trankheiten auf die Noclommen gewesen. Auf eine Million Geburten entfielen in der genannnten Zeit 30 bis 40.000 erbsyphilitische Stin­ber, von denen der größte Teil starb.

Das Aschenbrödel der tschechischen Klerika­Pilsen, 17. August. Heute nach der sechsten nen geschäst und ist teilweise durch Versicherung len, Während der Führer der slowakischen Kle Morgenstunde ist im Lager für Theaterdekoratio- gedeckt. Wie die Theaterdirektion mitteilt, ist die rifalen Hlinka am Orelfeste sich einfand, also nen und Kostüme des Pilsener Stadttheaters ein Theaterfaifon nicht bedroht, da für trotz der bestehenden Gegensäve zwischen den bei­Brand ausgebrochen, dem das gesamte In die ersten vier Vorstellungen die Dekorationen be- den flerifalen Barteien offenbar doch eingeladen bentar zum Opfer fiel. Außer den Feuer- reits in das Theater überführt wurden. Der wurde, war von einer Beteiligung der deutschen wehren beteiligte sich auch Militär an den Ret- Stadtrat beschloß, 500.000 Ke zur Beschaffung Christlichsozialen sehr wenig zu spüren. Der tungsarbeiten. Durch die Site sprangen in den der notwendigsten Theaterrequisiten bereitzustel- furze Bericht, den man im Brünner Organ der Nachbarhäusern die Fensterscheiben. Der Brand len und die Regierung, den Landesausschuß, In- Deutschklerikalen über den Festzug zu lesen be­ergriff auch einen Teil des Daches des benach dustrieunternehmungen und Banken um Ünter- fam, bestätigt unsere Vermutung, daß die Be­barten Speditionslagers der Firma Banyret. Stübung anzugehen. Nach einem Berichte des ziehungen zwischen Schramet und Silgenreiner Ebenso wurde das Gebäude der Tischlergenoffen Direktors der technischen Aemter ist es wahr recht getrübre sind. Im Gegensatz zum Den", schaft der Legionäre teilweise beschädigt, wobei scheinlich, daß der Brand auf einen unglüdlichen der von einer fabelhaften Beteiligung am Orel Möbel von bedeutendem Werte dem Brande zum Bufall zurückzuführen ist. Die Untersuchung ist feste phantasiert, schätzt die deutsche flerikale Opfer fielen. Der Schade, den die Gemeinde er im Zuge. Breffe die Zahl der Orefieilnehmer auf 23.000 leidet, wird auf etwa vier Millionen Kro- l ab und schreibt, daß 120.000 Personen den Uebungen im Stadion beigewohnt haben sol len. Die Herren haben also offenbar selbst an der Lüge des Den" gezweifelt und ihrem Zwei­lapouni!"( nein, das sind Kapauner.) fel, wenn auch nur indirekt, Ausdruck gegeben. Diese Bezeichnung der geschniegelten Herrchen mit Es bleibt nun die Frage zu beantworten übrig, den krähenden Trompeten und den stumpfen, warum die Tschechischtleritalen ihre deutschen nichtssagenden Gesichtern, die da unter Au Glaubensbrüder so offenfundig vor den Kopf ge­zweier schwarzen, gleich Gluchennen mitwan schlagen haben. Wahrscheinlich geschah dies mit berrden Batres einherzogen, ist so treffend, daß Ritesicht auf die Belgier und Franzosen , die die wir vorschlagen, den Orli die Bezeichnung Kadeutschchriftlichen Boches" besonders zu haffen pauner zu belaſſen. Sie schwingen fich wirklich scheinen, weil diese doch im Striege den Ferrgott nicht adlergleich in sonnige Söhen, sondern sie so herzzerbrechend um den Sieg der katholischen österreichischen Waffen über die katholisch italic ganzen Königreich Böhmen herzustellen. Und als wurde, begann Bures auf den Soldaten Wenzel Die Nichtigkeitsbeschwerden der Brüder Ko- nischen angefleht hatten. Freilich ist der Fußtritt, ber gute Staijer geftorben war, verlegte man alle Stovařit zu schimpfen. Kovařit verteidigte sich und die eblen Gefühle für das angestammte Herrscher- erklärte, daß er nicht zur Visite kommen würde, linsky verworfen. Der Oberste Gerichtshof hat den P. Schramek den deutschen Klerikalen ver haus um einen Tag zurück und feierte den neuen wenn er nicht fußtrant wäre. Darauf herrschte gestern die Nichtigkeitsbeschwerden der Brüder febt hat, nicht ganz zu verstehen, denn Schramet Jahresring des jungen herrlichen Monarchen ihn der Kapitän an: Balts Maul, Du Solinsky, die seinerzeit vom Schwurgerichte in gehörte mit seinen böhmischen Patern selbst zu ach, zivei Jahre nur am 16. August in höchster um p!" Kovařit, der ob dieses Zurufs in Brag wegen Raubmordes zum Tode durch den den größten Bewunderern des hl. gottwohlgefal Wonne. Jetzt aber ist der Aermiste gestorben und große Erregung geriet, erwiderte dem Offizier, er Strang verurteilt wurden, verworfen und das ligen Strieges. Nun schämt er sich vor den Aus­überhaupt es ist ja gar fein Raifer mehr da. fönne sich als russischer Legionärsoffizier eines Urteil der ersten Instanz in vollem Umfange be- ländern seiner früheren Kombattanten. Es fönn­te einem um die deutschen Klerikalen fast leid Jedes Jahr zur felben Stunde naht der alte solchen Benehmens schämen. Diese Antwort hörte ſtätigt. tun, wenn man sie in ihrer Jämmerlichkeit be­Schmerz, fie können all das Herrliche nicht ver. Oberst Stransky, der Kovařit zwei Stunden Agrarische Turner? Der Morabito- flezky obachtet. Sie haben ihr Schicksal aber verdient. geffen und es gewöhnt sich nicht ihr Geist anzubinden befahl. Zu dem Angebundenen Dennik" bringt die Nachicht, daß es zur Gründung Seit Jahrhunderten haben sie sich daran ge hieher"." Aber im Prager Tagblatt" fanden sie stellte er einen Storporal und zwei Mann mit von agrarischen Turnvereinen kommen soll, die wöhnt, sich von Rom und dessen chriftlichter" heuer einen Ausweg. Zwar durften sie nicht fa- Obersten weigerte sich die Mannschaft, das de Touriſtit" sich mit Körperübungen beschäftigen Bolt und trotz der flingenden Peterspfennige heuer einen Ausweg. Zwar durften sie nicht fa- aufgepflanztem Bajonett. Bei der Abfahrt des unter dem Namen Vereine zur Förderung der Tochter Frankreich trotz des vielen Verrates am gen, was sie leiden, aber es aufzumalen, de fonnte ihnen boch nicht leicht jemand verwehren. domov muj" und das Sokollied zu fingen, wenn werden. Diesen Vereinen soll auf den Eisenbahnen eine Badpfeife nach der anderen aufpelzen zu Die Mann die gleiche Begünstigung erteilt werden wie den lassen. Sie haben daraus nichts gelernt, find Würden Franz Josef oder Karl noch in Gottes ovařit nicht abgebunden würde. Die Mann die gleiche Begünstigung erteilt werden wie den Gnaden leben, hätte man im Prager Tagblatt" fchaft mußte deshalb bis Abend strafweise nach andern Turnverbänden. Rom gegenüber immer fnechtseliger geworden im Bilde sehen fönnen, wie sich ihr Aussehen egerzieren und am nächsten Tag 30 Kilometer Gründung einer Herifalen Kulturorganisa. und bleiben auch heute, trob der moralischen in voller Rüstung marschieren. Zu dieser Mel- tion. Während des Oreffongresses in Brünn und physischen Prügel, die sie in den letzten Jah vorteilhaft geändert habe. Da hiezu aber die dung, die das Ceske Slovo" brachte, haben die wurde beschlossen, eine fierifale Kulturorganisa- ren erhalten haben: römisch und fnecht Jahr für Jahr feit dem embryonalen Zustand in voller Rüstung marschieren. Zu dieser Mel­Aftualität verloren ging, begnügte man sich be- berufenen Militärstellen bis jetzt nichts zu berich- tion, die den Namen Lidova Akademie" führen selig bis in die Knochen. Wohl bekomms! scheiden mit einem einzigen Bilde Alexan- ten gehabt. wird, zu gründen. Die gründende Versammlung ders von Jugoslawien ". Wirklich, der Monarchistisches von der tschechischen Bour­Adler Kapauner. Ein Genosse schreibt dieser Akademie findet am 27. und 28. August in önigsbesuch in Marienbad " tam ihnen sehr uns: Nach d: großen Brünner Feste der fle- Brag statt. Der Pražsky Večernit" bringt das coisie. In dem Organ der tschechischen Kapita­Alex, mit Stiefel und Sporen, im" Prager Tag- Verbände ausländischer, belgischer, franzöſiſcher knüpft an den Bericht die Erwartung, daß die sich mit den hochgeborenen flawischen Herrscher­gelegen. Und so prangt er denn, der schöne rifalen Turner sah man gestern auch in Prag Programm dieser" gründenden Versammlung und listen, den Narodni Listy", wird seit neuester Zeit Notizen und Artikeln Raum gegeben, die blatt", dessen Beferinnen wehnutsvoll und freu- klerikaler Turner in losen Gruppen, in Marsch Lidova Akademie" ein mächtiger Faktor für den ich mit den hochgeborenen slawischen Herrscher­familien beschäftigen. Den legten Schlager" dig zugleich ausrufen werden: Aber wie der abteilungen, mit den langen, irähenden Trom weiteren Siegeslauf des klerikalen Gedankens ſein für die Narodni Vifty" bildeten verschiedene aus­Start!.. Na, ist's nicht ewig schade....?" veten bewaffnet, durch die Stadt ziehen. Die werde. Die Gründung dieser Kulturorganiſa- ländische Blätterſtimmen zur Frage der Anwart­Und dann werden sie erzählen, wie herrlich es Trompeter marschierten in zwei Reihen, und, tion ist ein Zeichen dafür, daß der Kleritalismus schaft auf den russischen Thron, die jetzt von dem doch war und wäre, wenn ihn doch, wie sie bete- während die einen lieblich schmetterten, stützten feine Macht wachsen fühlt und daß er nun auch Großfürsten Cyrill Vladimirovič, einem Enkel des ten und fangen, Gott erhalten hätte.- Die Trä- die andern kokett die Trompeten in die Hüfte. dafür Sorge tragen will, die Intelligenz für sich früheren ruſſiſchen Zaren, aufgeworfen wird. Die­zu födern. Die fafifarbenen Uniformen waren tadellos neu, ser Bladimirovič hat im Pariser Temps" einen sogar die Handschuhe fehlten nicht und selbstver Die Geschlechtskrankheiten. In dent soeben tschechische Kapitalistenblatt verfolgt damit selbst­ständlich trugen die Kappen als Zier Truthahn erschienenen Jahrbuch der Krankenversicherung des ruffifchen Thrones bereit ertiärt und den federn, welche wohl den Adlerflaum ersehen sol- 1921" macht Dr. Wilhelm Fischer sehr bemer- Wunsch ausspricht, daß der berüchtigte Großfürst len. Die Jünglinge hatten sogar Gardeherren, fenswerte Ausführungen über die Bekämpfung Nikolaj Nitolajovie an die Spitze der russischen die in großen Stiefeln, bebrillt und didbebaucht, der Geschlechtskrankheiten. 1913 wurden in zehn Armee treten jolle. Diese Proflamation des aus in der letzten Reihe mitmarschierten. Es waren deutschen Großstädten auf je 10.000 Einwohner der Verborgenheit wieder auftauchenden neuesten Jesuitenpatres und die Turner dürften wohl 64 Geschlechtskrankheiten gemeldet, 1919 dagegen russischen Thronfolgers findet natürlich ihren Wi­3öglinge irgend welcher Klosterschulen sein. Als nur 61. Von den Geschlechtskrankheiten wurden derhall in jugoslawischen und polnischen Monar­so ein Trupp den Wenzelsplay herabstolzierte, in erster Linie die Altersklassen von 20 bis 25 chistenblättern und die Narodni Listy" müssen fragte eine Frau, was das wohl für Soldaten Jahren betroffen. Die weiteste Verbreitung fan felbstverständlich alle diese Blätterstimmen wort­feien, worauf ein älterer Herr antwortete: To den die Geschlechtskrankheiten in Bremen und getreu abdrucken, damit ihre Leser ja genau dar isou Orli."( Das sind Adler.) Ein junger Samburg. In Bremen entfielen auf 10.000 Ein- über orientiert sind, wie weit die Angelegenheit Bursche mit dem typischen wißigen Schuster- wohner ungefähr 76, in Hamburg 70 Stranke. der Ansprüche der Romanows gedichen ist. Das jungengesicht rief aber: Bane, tou isous Für Berlin tommt annähernd das gleiche Ber - tschechische Kapitalistenblatt verbolgt damit selbst­

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nen fließen vorbei....

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Zwei Stunden angebunden. Wie noch er innerlich sein wird, wurde im Weltkriege in der österreichischen Armee die Strafe des Anbindens endgültig abgeschafft. Jene Unglüdlichen, über die irgendein unmenschlicher f. u. t. Offizer die Strafe des Anbindens verhängt hat, werden mit Schaudern an die Qualen zurüddenken, die sie durch diese barbarische, mittelalteriche Züchtigung erlitten haben. Denn dadurch, daß der Mensch an den Händen so angebunden wird, daß er nur mit den Fußspißen die Erde berührt, steht er Folterqualen aus, die ihn oft zum Wahnsinn bringen können. Es atmeten daher die Sol­daten im Felde auf, als im Jahre 1918 das An

Erwedung.

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Ein Roman von Oskar Maurus Fontana . So sprach er stumm zu sich, als er den To­ten anblidte und neigte sich über ihn, umfing ihn und küßte den Stalien. Da sprach sein Inneres nichts mehr und ruhte in diesem Stusse.

ballten Fäusten und großen tränenlosen Augen sah sie ihn an. Er hatte sich von dem Leichnam ge­hoben und seine Augen in die ihren gesenkt. Er fühlte: Auch in dir bin ich, auch deine Verzweif­lung ist meine. An den fallenden Abenden stürzte fie auch in mich, war giftige Saat, war Trübnis und Ohnmacht und Empörung. Ja, Jeliza, du vist in mir, und ich bin in dir. Das war es, was mich in den Schoß der Frauen trieb, um es zu vergessen, um mehr zu sein als ein Verhöhnter, um aus der Qual Luft zu fühlen. Du aber? Jch tenne nicht dein Leben, ich weiß nichts von deinen Tagen. Warum stehe ich vor dir als ein Fremder? Warum kam ich in deine Finsternis nicht als ein großes Licht?"

Und er gab laut die Antwort: Ich war dir kein Vater."

Jelita verstand ihn, hörte Stlage und Anklage daraus und fenfte in einsamer Trauer den Kopf.

Die anderen sahen diesem langen Schauen und dieser plötzlichen Bewegung zum Toten nieder mit erstarrten mastenhaften Gefichtern zu. Mit einem Male löste sich die gewaltsame Anspannung in Jeliza und wurde bei dem Anblick des toten Bruders und des verwandelten Waters und im Gefühl ihrer eigenen Zerrissenheit schluchzendes Wort: Beid, überall Leid. Warum gebären wir Frauen? Immer wieder wächst Leid hoch. habe die Kinder geliebt, immer war meine Sehn­sucht, eins, nur ein einziges mein, gang mein nen Der Beg aber blickte weiter im Streise, sah nen zu können, es wachsen zu sehen von ganz klein den Sohn Stojscha und hatte ihn in der Erin­bis zu meinen Schultern, bis zu meinen Haaren. nerung, mit welch verzerrtem Gesicht er von der Aber ich will teine Kinder mehr, ich will nicht ge- Schwarzen nachts aufgefahren war, mit einem Ge­bären, ich will nicht Mutter sein, Mutter von ewig ficht, das plöglich mitten im Trunk des Süßesten wiederkehrendem Leid." Sie sant zusammen, aber Galle zu schmecken bekommen hat und weiß, daß hob sich gleich und rief: Warum hast du mich ge- alle Süße sich in Galle wandelt und Bitternis das zeugt, Bater, warum hast du nicht die feimende Ende ist. Und sah die Angst und das Entseßen, mit Frucht im. Schoß meiner Mutter zu Gallert ge- denen Stojscha über den Liegenden gesprungen macht? Nicht geboren werden, nicht fühlen müf- war, die Hände über den Blößen knabenhaft ge­sen den Sohn eines Tages wie des anderen, Jahre spreizt, aber den Naden, die Schultern von Schuld­und wieder Jahre, und hundertmal gestorben sein, blöcken wie ein Sterbender verdreht. Und blickte che man falt wird, sich selber einzufargen dazu jetzt in Augen, die die seinen nicht ertragen tonn­verurteilt zu sein, Galeeren- Sträffing, gefesselt an ten, sich in trüber Flucht wandten. Das ganze Ge die Eisenkugel Leben, und schneidet man die Ket- ficht beugte sich seitwärts. Begouja fah nur mehr ten durch, sucht die Freiheit Sohn ohne Ende die Mundwinkel der troßig aufgeworfenen Lippen, versinkt alles, ist man nichts mehr, noch weniger in denen aber ein weinendes Zucken heimliches als ein Gefangener, noch weniger als ein zum To- Versteck suchte. Und er fühlte: Auch du bin ich, bin de Verurteilter, ist man im selben Augenblic schon der Stnabe, der verfallen ist seinem Geschlecht und Verwesung und Fäule. Vater, wie konntest du erliegt der brandigen Gier nach dem Fleisch, im mich zu solcher Verhöhnung erwecken?" Mit ge- mer erliegt, ber mit geschlossenen Augen hinstürzt

auf die nackt Ruhende und weiß, zwischen ihren| ausladenden Flügeln, sah ihre raubtierhaften Brüsten keimt schon der Fleischfraß und wird auch Kinnbaden und malmenden Zähne, sah ihre ge­dich ergreifen, aber du stürzt hin, rettungslos in ducten, ängstlichen Ohren, die aus den schwarzen deiner Gier. Du? Dich? Nein. Ich! Mich! Denn ein Blut treibt uns, wir fallen zusammen, sind ein stürzender geschändeter Leib. Aber, Sohn Stojscha, vielleicht ist solche Leidenschaft zu haben nichts, dessen man sich schämen müßte, am Ende könnte auch aus ihr wie aus der Verzweiflung am Da sein und aus dem Trieb, Erster zu sein Unend liches werden.

Und er sah weiter, sah Sajkuna. Sie hatte zu essen begonnen, unbekümmert um die anderen, nachdem die erste Scheu vorüber war. Er blidte sie an und in alter Sehnsucht dachte er: Oh, so­viel Gesundheit, soviel Jugend, soviel Leben, das nichts anderes weiß, als daß es schön ist zu leben.

Strähnen hervorlugten. Und wie ein Schlag kam ihm die Erkenntnis: An diesem Tische fehlte noch einer, fehlte Lasar. Ihn vergaß ich zu laden. Aber fein Sirn hatte die blißhafte Gewißheit, daß Lasar von selber kommen müsse, weil er einer war, den man nicht einzuladen brauchte, der sich selber einlud.

Da sah er ihn eintreten und wußte zugleich: Keiner der anderen erblickt ihn jetzt, zu mir kommt er, zu mir allein.

Mit einem erschreckend zarten, fast zitternden Lächeln sagte ihm Begonja: Du fehltest noch."

Den um den Tisch Sizenden liefen bei diesen Worten ins Leere Eistörner über den Rücken.

Er aber sah Lasar ganz deutlich, sah ihn, einen Gurt voll Patronen um den Leib geschnallt, eine Pistole star dahinter, ganz nahe an den Tisch kommen, immer Auge in Auge mit ihm, hörte ihn sprechen: Ich fam."

Begonja schwieg. Er sah in dieses abgetrie­bene Geficht, vom ewigen Hunger gebildet und zugleich zerschlagen, das er vor vielen Jahren am St. Georgsfest als Bruder gefüßt hatte, und fand die traurige Frage: ,, Warum, Lasar, hast du mich verraten?"

Aber wie er so schaute, wurde ihm das Mäd­chen, um das er in soviel Leid und Verhängnis ge­kommen war, immer ferner und fremder. Er sah es groß werden, wachsen, über das Zimmer, über den Turm, über den Berg, in den Raum hinaus. Sajtunas unergründliche Augen waren zwei Seen, geheimnisvoll, fühl und lockend tief. Ihre wilden Lippen waren zwei Grate, einander in sausender Eile schneidend. Und ihre goldenen Rasseln waren das Gold der ganzen Erde. Und die Riesin, führte die Bissen zum Munde, malmte sie ruhig. Er selber, der Mann, schrumpfte immer mehr auf Da hörte er den andern lachen, sah ihn sich feinem Stuhl zusammen, er war bereits ein Kind zu seinem Ohr niederbeugen und vernahm die mit dickem, Strampelnden Füßen, aber einem grei- Worte: Du hast mich verraten. Hundertmal, an fenhaften Gesicht, wurde zum Sohn dieser Erz- jedem Tag, in jeder Stunde. Du gabſt mir Brot mutter, sah zu ihr auf und streckte die Batsch- und Fleisch und Bett, aber das alles hättest du händchen nach ihr aus. Sie aber fümmerte sich auch einem Hunde, einem Pferd gegeben, hättest nicht um den Kleinen, kaute Fleischbrocken um es gefüttert, getränft und ihm Streu aufgeschüttet, Fleischbrocken. einem Tier, mit dem du zusammen gewachsen wärest. Das hätte doch sein können."

Da verschwand das Gesicht und Hajfuna saß wieder vor ihm in irdischer Gestalt. Wie einen fremden Menschen, den man zum erstenmal sieht, sah er sie, sah ihre harte träftige Nase mit den

( Fortsetzung folgt.)