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3. Jahrgang.
Sozialdemokrat
Zentralorgun der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der tschechoslowakischen Republit.
Samstag, 13. Jänner 1923.
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Würdige Saltung der Deutschen . Sie weisen Franzosenhilfe ab.- Die Franzosen verbieten Trauerkundgebungen. Versammlungen müssen angemeldet werden.
Berlin , 12. Jänner. ( Eigenbericht.) Nach hier eingelangten Meldungen wird der französische Vormarsch weiter fortgefeßt. Die Truppen stehen vor Bochum und Gelsentirchen. Auch in Dortmund und Elberfeld erwartet man den Einmarsch. Der kommandierende General in Effen hat eine Konferenz abgehalten, zu der von den Befohlenen nur die erschienen waren, die ein Amt belleiden. Die Ortsbehörden lehnten die Zumutung, als Unterbehörde der Militärbertvaltning die Gruben und Industrieanlagen zu beaufsichtigen, als ungefeßlich ab.
Weiters werden folgende Einzelheiten gemeldet: Die Gewerkschaften verkünden für Montag eine halbstündige Arbeitsruhe als Protest gegen die Beschung.
Die französischen und belgischen Truppen sind im Bejiße von 50 Prozent der rheinischwestfälischen Steinfohlengruben.
Die deutschen Behörden haben das Anerbieten auf wirtschaftliche Hilfe von Seite der Franzosen als eine Beleidigung zurüdgewiesen.
Eine Trauerfundgebung in den Schulen wurde von den Belgiern bei Strafe vers
In Hamborn wurde angeordnet, daß alle politischen Versammlungen angemeldet und die Bewilligung zu ihrer Abhaltung beim Oberkommando in Duisburg eingeholt werden müssen.
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Essen, 12. Jänner. Heute Vormittag wurden vom General Degoutte die Oberbür germeister der Stadt Essen und Redlinghausen und die Landräte der Kreise Essen , Redlinghausen und Dinslaken nach Altejjen befohlen,(!) wo ihnen eine Verordnung, betreffend die Maßnahmen in den befehten Gebieten und verschiedene Befehle vorgelesen wurden.
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Erscheint mit Ausnahme bes Montag täglich frlih. Nr. 9.
Ein Angriff auf die letzten Reste der nationalen Schulautonomie.
Wie wir bereits fur; gemeldet, hat sich die Regierung darangemacht, die legten Reste der deutschen Schulautonomie zu beseitigen. Be fanntlich wurde im mährischen Landtag im Jahre 1905 zwischen Deutschen und Tsche chen ein Ausgleich geschlossen, der bei all seiner sonstigen Unzulänglichkeit doch insofern einen gewiffen Fortschritt bedeutete, als dadurch im Schulwesen des Landes eine gewisse Selbst verwaltung der Nationen eingeführt wurde. Der Landesschulrat wurde in eine tschechi sche und eine deutsche Sektion geteilt und es wurden selbständige deutsche und tschechische Bezirks- und Ortsschulräte geschaffen. Deutsche Schulen wurden grundsäßlich nur von deutschen Schulbehörden beaufsichtigt und ebenso die sche chischen Schulen nur von tschechischen Behörden. Und obwohl damals die offizielle Staatssprache, die Sprache der öffentlichen Verwaltung deutsche war, so erhielten die tschechischen Ort und Bezirksschulräte das Recht, die tschechische Sprache als innere Amtssprache zu gebrauchen. Etwas früher war ein ähnlicher Ausgleich auch in Böhmen geschaffen worden, wobei mit Rücksicht darauf, daß dort die beiden Volksstämme im allgemeinen in scharf getrennten Gebieten wohnen, allerdings hinsichtlich der Be zirksschulräte die Abgrenzung unter Zugrunde legung der Sprachgrenze erfolgte, sodaß den tsche chischen Bezirksschulräten vereinzelt deutsche Minderheitsschulen unterstellt waren.
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Obwohl die Tschechoslowatische Republik bereits mehr als vier Jahre besteht, und das Barlament seither eine Unzahl von Gejeßen beschlossen hat, so daß es auch dem gewiegtesten Juristen schwer wird, sich in der Fülle des neuen legislatorischen Stoffes auszufennen, haben sich die geseßgebenden Körperschaften dieses Staates noch niemals mit einer Frage befaßt, die in ihren tief einschneidenden Wirkungen alle Schichten der Bevölkerung mehr betrifft und insbesondere die arbeitenden Men schen mehr angeht, als die Frage der Zölle. Durch eine Unmenge Verordnungen wurden die Zölle in der Tschechoslowakei verändert und geregelt, ohne daß das Parlament die Mög lichkeit hatte, in dieser entscheidenden Frage auch nur ein Wort zu sprechen. Auch jetzt stehen wir vor einer neuen Regelung der Zoll- boten. verhältnisse, die aber wieder nicht erfolgen soll durch ein Gesez, sondern durch eine neue Ver ordnung, die im Handelsministerium eben ausgearbeitet wird. Diese Mißachtung des Parlaments, die Beseitigung jedes Einflusses der gewählten Volksvertreter auch in dieser Frage ist charakteristisch für das Wesen der tschechoslowakischen Demokratie, deren Lob in alle Welt hinauspojaunt wird, die sich aber bei näherem Zusehen als ein schwaches und frankes Sind erweist. Alle demokratischen Elemente in diesem Staate müßten in der Forderung einig sein, von der Regierung zu Kriegs erichte aus Elſen. und andere Sanktionsnaßahmen erlassen. Schwere Uebertretunger dieser Ver- dem Umsturz aufrecht. Nun wurde aber im verlangen, daß die Zollverhältnisse endlich im Dieser Zustand blieb zunächst auch noch nach Düsseldorf , 11. Jänner .( Havas.)( Amte ordnung unterliegen dem Kriegsrate, andere April 1920 ein neues Schulgesch ge Wege eines Gesetzes geregelt werden und licher Bericht des Hauptquartiers des Generals werden mit Gefängnis und Geldstrafen bestraft faffen, das grundsäßlich die national selbstän insbesondere wäre es die Aufgabe der sozial- Degoutte.) Die den unmittelbaren Schutz der werden. demokratischen Parteien in der Koalition, da Stontrollkommission sichernde französische Trup- Berlin, 12. Jäner.( Tsch. P. B.) Ta Tant digen Schulbehörden beseitigt, die Landes- und P.-B.) wieder in erster Linie der tschechischen Sozial penabteilung ist um 13 Uhr in Effen eingerüdt. geschwader und Flugzeuge in der Richtung auf Bezirksschulräte überhaupt aufhebt und nur gedemokratie, die Beratungen über 3ollfragen Andere französisch- belgische Truppenabteilungen Gelsenkirchen fonzentriert werden, rechnenmischtsprachige Orts- und Ganschit L. aus dem Dunkel ministerieller Kabinette in haben vor der Stadt Lager aufgeschlagen. die Blätter damit, daß Gelsenkirchen heute be- Schulministerium unterstehen. In richtiger Erräte schafft, welch letztere unmittelbar dem das volle Licht parlamentarischer Beratungen Die Kontrollkommission sowie die Vorstände der ſetzt werden soll. Auch die Beseßung von Verkenntnis, daß diefer rauhe Eingriff in die seiner Militärbehörden und der Industriellen im Ruhr bert scheint unmittelbar bevorzustehen. Zu zu bringen. Dies ist umso notwendiger, als gebiete traten am Abend zu einer Konferenz Stertrade, Sorst und Glabbed find die eit im Augwege geschaffenen Vertrags felbst die geltende Zollverordnung nicht entzusammen. Franzosen bereits eingerüdt. bestimmungen über die nationale Schulautono scheidend ist für die Einfuhr und Ausfuhr, General Degoutte hat eine Verordnung, Effen, 12. Jänner .( Tsch. P.-B.) Die jran nommen werden und die Chancen einer Berstan sondern das Handelsministerium den Verkehr betreffend die Polizei, die Aufrechterhaltung der zösische Rheinflotille, die bisher unitätig bigung zwischen Tschechen und Deutschen dadurch mtic unmöglich von den Deutschen ruhig hinge mit dem Auslande an das Bewilligungs- Ordnung, den Verkehr, die Poſt und den im Samborner Hafen gelegen ist, ist im Safen wesentlich erschwert würden, hat sich die Regieverfahren gefnüpft hat, und daß in Wirf- Telegraphen, die Waffen, die Munition von Ruhrort eingetroffen. lichkeit nicht das Gesei, sondern die Will= rung dazu entschlossen, vorläufig die national für in einer für die fonsumierende Bevölkeselbständigen Bezirksschulräte" oder Bezirksschulausschüsse bestehen zu lassen und an der nationalen rung lebenswichtigen Frage entscheidet. Sektionierung der Landesschulräte nicht zu rüh ren, sondern sich auf die Errichtung der national gemischten Ortsschulräte zu beschränken.
Im Namen der deutschen Herren erffärie Bürgermeister Schäfer, daß sie sich dem militärifchen Zwange zwar fügen müffen, gegen die Besegung aber feierlich Einspruch erheben. Der General nahm hievon Kenntnis.
trepiert an seinem Militarismus. Berlin
, 12. Jänner .( Eigenbericht. Die„ Daily News" bringen einen Aufruf des amerikanischen Senators Borha, der als Präsidentschaftskandidat genannt wird, an dic Völler Europas . Es heißt darin, daß Amerika gern bereit sei, den Völkern Europus zu helfen, daß aber der Wille der europäischen Nationen, sich selbst zu helfen, eine Vorausseßung hiefür sei." Europa
habe heute größere militärische Einrichtungen als vor dem Kriege. Solange die europäischen Regierungen ihren Böllern stets neue Militärlasten auferlegen, sei alle amerikanische Hilfe vergebens.
Die Stunde der größien Opfer jei gekommen, man müsse bereit sein, auf dem Boden der Toleranz zu verhandeln. Der Aufruf schlicht mit den Worten: Reigt uns den Weg, den Bölfern Europas zu helfen, und die Silje wird nicht ausbleiben! Ich muß aber sagen, daß wir nicht irgendwelche Schulden verkürzen werden, um große Armeen zu unterhalten."
Es ist auffällig, wie die Regierung bei der Borbereitung der neuen Zollverordnung jedes Verhandeln im Lichte der Deffentlichkeit Dieses Verhalten der Regierung entsprach scheut. Bisher hörte man nur, daß das Han vollständig einem Beschlusse der Nationalver delsministerium in engster Gemeinschaft mit sammlung, denn diese hatte gleichzeitig mit dem der Zentrale der Handelskammern, also den neuen Schulaufsichtsgesetze im April 1920 cine Vertretern des Industrie- und HandelskapiResolution angenommen, in der sie die Regie. tals, Beratungen über den Entwurf einer neuen rung ermächtigte, in der Uebergangszeit bis zur Errichtung der Gauschulräte nach freiem ErZollverordnung pflegt. Wenn die Zentrale der messen bestimmte Organe mit der Führung der Handelskammern eine Sigung abhält, find bisherigen Agenden der Bezirks- und Landes stets die Vertreter mehrerer Ministerien anschulräte zu betrauen. Und da die Gründung der wesend, als ob es sich um parlamentarische Gauschulräte schon aus finanziellen Gründen in Berhandlungen handeln würde. Es ist sogar nächster Zeit nicht möglich ist, so durfte man an zu vermuten, daß der erste Entwurf zur neuen nehmen, daß der in den älteren Schulgeseten Zollverordnung nicht im Ministerium, sondern in den letten Tagen berichtet hat, haben sich| Die Geheimnistuerei, die das Handels- enthaltene furze Ansatz zur nationalen Selbstver in der Prager Handelskammer entstanden ist, die landwirtschaftlichen Verbände, sowohl die ministerium mit der neuen Zollverordnung bewaltung vorläufig aufrecht bleiben und daß in die unter der Regierung des Handelsministers deutschen wie die tschechischen darauf geeinigt, treibt, ist also geeignet, die arbeitende Bevöl- absehbarer Zeit doch im Wege einer VerständiNovak zu einer Unterabteilung des Handels- für die verschiedenen Getreidearten einen sechs- kerung mit dem größten Mißtrauen zu die Grundlage für eine rechtliche nationale gung der Regierung mit den Minderheitsvölkern ministeriums befördert geworden zu sein scheint. fachen Zollschutz der Friedenszeit zu verlangen, erfüllen. Wenn schon die Regierung sich ent- Schulautonomic im Staate werde geschaffen wer Die Zollfäße, die die Herren Unternehmer in für Mehl gar einen achtfachen, wodurch für schlossen hat, die Zollverhältnisse nicht durch den. Diese Soffnung war umso gerechtfertigter, dem Gutachten der Handelskammer vorgeschla- 100 Stilogramm Mehl 120 Kronen für Zoll ein Geset, sondern durch eine Verordnung zu als die Tschechen im alten Desterreich immer gen haben, sind auch nicht niedrige. Danach zu entrichten wären und ein Kilogramm Mcht regeln, dann möge sie den Entwurf zu dieser und immer die Forderung nach nationaler Selbstwürden die Zölle auf wichtige Industrieartikel um nicht weniger als 1.20 Stronen verteuert Verordnung dem Wirtschaftsbeirat vorlegen, verwaltung erhoben und insbesondere auf die das 20- und 25fache der Zölle in der Vor- würde. Die konsumierende Bevölkerung müßte den sie doch) zur Beratung wirtschaftlicher Vor- innere tschechische Amtssprache ein ganz besonfriegszeit betragen. Eine solche maßlose Er- daher an die Bauern bei jedem Kilogramm lagen eingeseßt hat. Vermutlich aber ist der deres Gewicht gelegt hatten. Zudem hatte der höhung ist auch nicht mit den valutarischen Michl einen Ertraprofit von 1.20 Stronen zah- Wirtschaftsbeirat auch so ein Stück tschechoslo- Bräsident Masaryk öffentlich vor aller Welt und daher mit internationaler Rechtsverbindlichkeit Verhältnissen zu rechtfertigen, da die Krone len. Es besteht nun für die verbrauchende Be- wakischer. Demokratie, den man geschaffen hat, die Erklärung abgegeben, daß die Verfassung der nur sechs bis siebenmal gegenüber der Gold- völkerung die Gefahr, daß die Induſtriellen um sich seiner im Inland und Ausland zu Tschechoslowakei nach dem Muster der freien frone entwertet ist, wodurch also selbst der ein- und die Agrarier sich einigen, daß die Agrarier rühmen, der aber in Wirklichkeit bisher nur Schweiz gestaltet werden solle, die tatsächlich ein gefleischteste Schutzöllner Zollsätze in der bloß den industriellen Unternehmern die Zölle auf Dekoration gewesen ist. Die tschechische arbei- Bund freier Völker ist. Siebenfachen Höhe des Vortriegszolles verlans Industrieartikel bewilligen und die Indus tende Bevölkerung wird es sich wohl faum geIn letzter Zeit aber scheint der Geist des gen könnte. striellen den Agrariern die Zölle auf landwirt fallen lassen, daß ihr durch eine Erhöhung der Chauvinismus alle praktischen Erwägungen poDiese maßlosen Forderungen der Induschaftliche Produkte. Erst haben die Industriel- Bölle die Lebenshaltung erschwert wird. Ihr litischer Vernunft in der Regierung erschlagen zu striellen geben nun den Agrariern gleichfalls len den Arbeitern ihre Löhne kräftig abgebaut. Zweifel an dem Segen der allnationalen Stoa haben, und so wurde die Deffentlichkeit durch Gelegenheit, einen fräftigen Zollschutz der land nun sollen auch die Agrarier etwas haben und lition wird sich nach und nach in die Gewiß- eine neue Braris überrascht: die deutschen Be wirtschaftlichen Artikel zu verlangen. Die die arbeitende Bevölkerung soll mit ihrem ge- heit wandeln, daß in der gegenwärtigen Re- zirksschulausschüsse erhalten seit Neujahr von Landwirte reden von der Gleichberechtigung" ringeren Einkommen höhere Brot- und Mehlvon Induſtrie und Landwirtschaft, worunter preise tragen. Ein feiner Kriegsplan, sie scheinbar verstehen, daß sowohl die Indu- den sich da die Ausbeuter aller Branchen und strie als auch die Landwirtschaft das gleiche Nationen zurechtgelegt haben und der sich der Recht der Ausbeutung der konsumierenden hohen Protektion der kapitalistischen Elemente Bevölkerung haben. Wie ein Regierungsblatt der Regierung erfreut.
gierung wohl mit größter Energie die kapitaliftischen Interessen vertreten sind, daß aber die Lebensinteressen des Proletariats eine Zu rücksetzung nach der anderen erfahren. So wird auch das Bollproblem ein Nagel zum Sarg der allnationalen Soalition werden.