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Telegramm- dresse: Sozialdemokrat, Brag II, Havličkovo nám. 32. Bostichedamt 57544.

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3. Jahrgang.

R

So aldemokrat

Zentralorgan der Deutschen   sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der tschechoslowakischen Republit.

Ein Hochverrats". Prozek.

Das Pilsner Schwurgericht hat vorgestern über fünf junge Leute aus Plan abzuurtei­Ien gehabt und es hat auch nicht verfehlt, über sie das verhängnisvolle Schuldig" zu sprechen. Die fünf jungen Männer, von denen der jüngste 19 Jahre, der älteste 24 Jahre alt ist, waren gleich folgender Verbrechen, Vergehen und Uebertretungen angeklagt: des Berbrechens der öffentlichen Gewalttätigkeit nach§ 87 Str. G., der Bergehen der Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, der boshaften Beschädi­gung fremden Eigentums, gegen die körperliche Sicherheit, schließlich der Uebertretung des§ 4 des Vereinsgefeßes und des§ 23 des Preß­gesetzes. Die Krönung der Anklage bildete aber die Beschuldigung des Verbrechens dez Hochverrats nach§ 61 des Str. Ges. Die Angeklagten waren ein Gymnasiast, ein Hand­lungsgehilfe, zwei landwirtschaftliche Hilfs­arbeiter und ein Glasergehilfe, sämtliche deut­ scher   Nationalität. Und nun höre man, was ihnen zur Last gelegt war: Sie waren beschul­digt, in der Nacht zum 6. August des Vor­jahres einige Postkasten und Pfla

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Freitag, 23. März 1923.

Bezugs Bedingungen: Bei Zustellung ins Haus oder bei Bezug durch die Bost

monatlich.. 16.­vierteljährlich 48.­halbjährig.. 96.

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ganzjährig.. 192- it 192.­

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Nr. 68.

Blutige Arbeiterdemonstrationen in Budapest  . ,, wohlwollendes Entgegenkommen" der staat­

Die größte Demonstration seit Beginn des Horthy- Regimes.-

Hoch die Revolution!"

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Mehrere Schwerverlette.

- Wien  

, 22. März.( Eigenbericht.) In Budapest   hat heute eine riesige Arbeiter demonstration stattgefunden, wobei es zu blutigen Zusammenstößen mit der Polizei fam. Der Berband der Metallarbeiter hielt nämlich heute vormittags sechs Versammlungen ab, in denen über die Aussperrung berichtet wurde. Die Versamm­lungen waren riesig besucht. Nach der Versammlung im Heim der Metallarbeiter zogen die Teilnehmer gegen die innere Stadt. Es war ein riesiger Zug, der sich unterwegs noch immer durch den Anschluß von anderen Arbeitern vergrößerte. Seitdem das weiße Regime herrscht, hat es eine so große Demonstration in Budapest   nicht ge geben. Die Polizei kannte sich zunächst nicht aus und ließ die Massen weiterziehen, die auf dem Wege immer Hoch die Revolutionn!" riefen. Hoch Garami!, Hoch Bokanh!" und andere Ruse wurden laut. Die Arbeiter sangen die Marseillaise  . An der Ede der Tökölyftraße und der Arenastraße wurden die Demonftranten aber durch ein starkes Polizei­aufgebot angehalten. Sie leisteten dem Befehl, sich zu zerstreuen, nicht Folge, sondern zogen unter fortwährenden Kusen weiter. Die Polizei zog nun die Säbel. Ein junger Ar­beiter wurde verhaftet, weil er, wie die Polizei sagt, ein Hoch auf die Proletarierdiktatur ausgestoßen hatte. In der Rakoczistraße wurde die Menge nochmals angehalten, sie zog aber wieder weiter. In der Nähe der Redaktion der Nepszava  " und zwar en derselben Stelle, too während der Oktoberrevolution ebenfalls ein blutiger Zusammenstoß zwischen Ar­beitern und Polizei stattfand gingen die Polizisten zu Pferde und zu Fuß mit der blanken Waffe gegen die Arbeiter los. Mehrere Arbeiter wurden schwer verlett ins Spital gebracht. Ein anderer Teil der Demonstranten wurde in der Andrassystraße von der Polizei angehalten und auch hier kam es zu blutigen Zusam menstößen, wobei zwei Arbeiter schwer verleßt wurden. Außerdem wurden viele Verhaftungen vorgenommen. Sonst aber kam es noch an sechs verschiedenen Stellen der Stadt zu blutigen Zusammenstößen, wobei die Polizei immer schonungslos gegen die Arbeiter vorging.

lichen Behörden an sie ansehen, selbst dann wenn es sich um so dunkle Ehrenmänner wie Bergler handelt, sie können die anderen jetzt nicht oft genug als Hochverräter brand t marken und dazu erscheinen ihnen auch die Ausgelassenheiten einiger unüberlegter Bur- 1 schen, wie es die Pilsner Verurteilten sind, gerade gut genug. In feinem anderen Lande wäre nach unserer Einschäßung etwa mit Ausnahme   Horthy- Ungarns   es möglich, daß 1 die Justizverwaltung es zuließe, daß ein sol cher Prozeß wie der Pilsner vor sich gehe. In 1 Deutschland   würde man sich damit begnügen, die Burschen wegen groben Unfugs" zu be strafen, bei uns dagegen macht man aus dem Besitz von Saßungen eines nicht eristierenden " Bundes", aus dem bübischen Beschmieren einiger Postlästen, aus dem Ankleben eines dummen deutschnationalen Liedes und aus drei Stinkbomben bei einer Unterhaltung eine hochnotpeinliche Schwurgerichtsverhandlung wegen des Verbrechens des Hochverrates, öf fentlicher Gewalttätigkeit und boshaften Be 1 schädigung fremden Eigentums. Und eine ver antwortungslose Presse ermangelt nicht, diesen Prozeß durch Verallgemeinerung zur neuerlichen Vergiftung des Verhältnisses zwischen der deutschen   und tschechischen Bevölkerung auszu st erst eine schwarz- rot- gold übermalt und an schroten und aufzubauschen. In der Atmo­einigen öffentlichen Orten die Druckschrift sphäre, in der wir hier leben, würde es uns " Freiheitslied der Sudetendeutschen  " angellebt nicht wundern, wenn die tschechischnationale zu haben. Nach der Verhaftung der eruierten Presse über uns herfiele, daß wir, indem wir Täter wurden bei ihnen Hausdurchsuchungen diesen Gedanken Ausdruck geben, den Hoch­porgenommen, wobei bei dreien der Angeklag­verrat verteidigen", und daß der Staatsanwalt ten je ein Eremplar von Sagungen irgend darin einen Angriff auf die Justiz" und was eines übrigens gar nicht bestehenden weiß Gott   sonst noch, erblickte. Man mißvers Groß- Deutschland- Bundes" zutage gefördert fteht hierzulande gerne und viel und jedes Wort wurde. Einer der Angeklagten war beschuldigt, der Mahnung zur ruhigen Erwägung und zur am 17. September v. J. in ein Gasthaus, wo Vernunft. fucht man in eine Verteidigung gerade eine tschechische Unterhaltung stattfand, Staatsfeindlicher Bestrebungen" umzufälschen. drei Stinkbomben geworfen zu haben. Schließ­Haben wir es wirklich nötig, ausdrücklich zu lich legte die Anklage allen zur Last, sie hätten beteuern, daß es uns bei der Warnung vor der im Mai 1921 eine Tischgesellschaft Deutsche  Wiederholung solcher Prozesse nicht um die Jungmannen Körner" gegründet. Als ein Jahr Sofia, 22. März.( AR.) Nach langen Ber­Bularest, 21. März. In der gestrigen In der gestrigen Gutheißung" und Verteidigung der Taten" später die Tischgesellschaft um die behördliche handlungen zwischen dem Ministerpräsidenten Sigung des Abgeordnetenhauses wurde, wie be- der Angeklagten zu tun ist, sondern daß uns Bewilligung zur Umwandlung dieser Tischge- Stambolijsti und den Führern der inter  - veits gemeldet, der neue Verfassungsentwurf in dabei nur die ernste Besorgnis vor den politi­sellschaft in einen Verein angesucht hat und allierten Kommission wurde ein Einvernehmen erster Lefung angenommen. Die Opposition ent- fchen und nationalen Folgen solcher Anti­die Behörde die Bewilligung versagte, setzte über die von Bulgarien   zu zahlenden Reparatio hielt sich der Abstimmung. Im Namen der Hochverrats"-Aktionen leitet? die Tischgesellschaft ihre Tätigkeit fort, worinnen erzielt. Aufgrund dieses Uebereinkommens toalierten Opposition protestierte der transsylva- Das Schicksal der Pilsner Verurteilten ist die Anklage eine Uebertretung des Vereins- veröffentlicht die Regierung im Sinne des Art. 47 nische Woiwode Vajda gezen die Annahme und der bulgarischen Verfassung eine Berordnung, der bestritt der jetzigen gejeßgebenden störperschaft gewiß bedauernswert wobei sie noch von gesetzes erblickte. Die Geschworenen fanden die zufolge die Zolleinfünfte gemäß dem von der in die Kompetenz zur Durchführung der Gesetz Glück reden können, daß sie nicht schon nach Angeklagten jämtlicher Delikte schul- teralliierten stommission und Bulgarien   ausgear- gebung. Aus der gestrigen Sitzung wurden wei- dem neuen Schutzgesetz abgeurteilt wurden, dig, worauf das Gericht drei der Angeklagten beiteten Vorschlage," im Einvernehmen mit der tere 6 oppositionelle Abgeordnete denn sonst hätten sie für ihre übermütigen zu schweren Kerferstrafen in der bulgarischen Regierung als Garantie für die wegen neuer Auftritte im Parlament ausge- Dummheiten statt 14 bis 16 Monaten eben Dauer von 14 bis 16 Monaten unbedingt. Reparationen dienen fönnen. Die Bedingungen schlossen. Der gestrige Tag ist bis auf eine soviele Jahre schweren Kerkers zugemessen zwei zu je sieben Monaten schweren Kerters dieser Vereinbarung werden später veröffentlicht Stundgebung im Nationaltlub ruhig verlaufen. erhalten- aber das weit Entscheidendere werden. Sie sind jedoch als für Bulgarien   günstig Militärvadhen durchzogen die Hauptstraßen und auf drei Jahre bedingt verurtsifte zu bezeichnen, da sie mit der gegenwärtigen wirt- verhinderten Ansammlungen. Die oppositionellen scheint uns die Wirkung solcher Prozesse und schaftlichen und finanziellen Situation des Lan- Führer halten heute eine Beratung über eine wei- aller fie begleitenden Umstände auf das poli des rechnen und außerdem die neuerliche wirt- tere Aktion der Regierung ab. Die Situation tische und nationale Leben im Staate zu sein. schaftliche Entwicklung dieses Staates, die lange bleibt weiterhin ernst. Zeit hindurch bedroht war, ermöglichen.

eine

Die sozialdemokratischen Abgeordneten beschlossen sofort nach der Demonstration, sich zum Minister des Junern zu begeben, um von ihm Genugtuung zu fordern. Sie erklärten, daß die Partei nicht dulden werde, daß die Rogiernag die Erwachenden beschwichtigt, indem sie die Polizei gegen die Arbeiter losläßt. Der Ministerpräsident Graf Bethlen begab sich nachmittags nach Gödöllö  , wo er eine Audienz bei dem Reichsvervejer Horthy   hatte.

Einigung über die bulgarischen Reparationen.

Die rumänische Berfassung ange­

nommen.

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Der Prozeß hat eine jui politische Seite So hart das iso be stürzend wirkt, wegen dieser Taten" drei Wenn die Staatsverwaltung der Meinung ist, junge unreife Menschen auf mehr als ein Jahr daß es sich um die individuellen Zaten" eini in Kerkersträslinge verwandelt werden, so ger unbesonnener junger Leute handelt hält scheint uns die politische Seite des Prozesses ste es dann für flug und gerecht, auf sie das doch die bedeutsamere. Was den juristischen nehmen" unterließen, denn für diesen Vorfah" weis, daß auch die Behörden von der Angst Schwert der Justiz in seiner ganzen Schwere Inhalt der Anklage betrifft, so erwedt Beden müßte doch wohl der Nachweis der über hochberräterische Umtriebe" in der deut- niedersausen zu lassen? Oder hält sie dafür, ken, daß in feiner Weise festgestellt wurde, daß Senntnis des Inhaltes der besagten Sat- schen Bevölkerung des tschechoslowakischen Staa- daß es sich hier um eine symptomatische Er­die Angeklagten Mitglieder des, wie behauptet, zung en- und nicht ihr bloßer Besib tes infiziert sind und es entsteht daher die Ber- scheinung handelt, welche das Vorhandensein hochverräterischen Groß- Deutschland- Bundes" und der Nachweis, daß es ein solches hoch lockung, zu fragen, wo denn eigentlich diese hochverräterischer Bestrebungen im deutschen  waren, ja, es lag auch gar fein Beweis vor, verräterisches Unternehmen" überhaupt gab. Irrebenta" zu finden ist. Soll man etwa ernst- Bolfe andeutet? Meint sie dann, daß in die lich diesen Prozeß als Beweis ihrer Eri- sem Falle die Arragierung solcher Hochverrats daß der Bund überhaupt eristierte. erbracht sein.( Aber nicht diese Schulderwägungen sind stenz ansehen? Für jene, die ihre Zufriedenheit Prozesse das geeignete Mittel darstellt, Das ganze, was in der Anklage als erwiesen erklärt wurde, ist, daß eben die- Sahun- es, vielmehr Betrachtungen anderer Art, zu darin finden, sich täglich die Kehle über die solche Bestrebungen in Zukunft zu verhindern? gen eines solchen Bundes" im Besige einiger denen dieser Hochberrats"-Prozeß hauptsäch deutschen Hochverräter" heißer zu schreien, Waren Aburteilungen von Hochverrätern" Der Angeklagten vorgefunden wurden, welche lich anregt. Eben jetzt, da die beiden Häuser mag das genügen, doch ernste und ihrer Ver- nicht zu allen Zeiten nur ein Beweis der behaupteten, sie unmittelbar nach dem Umsturs, des Barlamentes das Gesetz zum Schuße der antwortung bewußte Menschen werden in dem Schwäche und Unfähigkeit der Herrschenden, also vor vier Jahren erhalten zu haben. Tat- Republik beschlossen haben, zeigt der Prozeß. Creiben der fünf jungen Menschen höchstens solcher Gegenströmungen anders als durch Ein­sache ist, daß eben nur die Satzungen eines daß es dieses Schutzgesetzes wahrhaftig gar nicht den Ausfluß ihrer Unreife, werden darin ferferungen Herr zu werden? " Bundes" gefunden wurden, von dem nicht bedurft hat, und daß auch die alten österreichischlimmstenfalls den Beweis ihrer tindischen unsere Staatslenter nicht, daß ihnen die Pflicht feststeht, ob und wann er bestanden hat. Nun schen Gesetze mehr als hinreichen, um alle wirk- eonfusion und verstiegenen politischen Roman  - erwüchse, an die Stelle des Kerkers ein an­jagt der§ 61 des Str. G., nach dem die Ver- lichen und vermeintlichen Hochverräter" in tik erbliden können. Die Taten" der jungen deres Band zur Festigung der Beziehungen der urteilung erfolgte, daß sich auch derjenige des den Kerker zu schicken. Die Anklage hat die Leute mögen ihre ungezogenheit, Berworren- ben Staat bewohnenden Nationen treten zu Hochverrates mitschuldig macht, der eine hoch jungen Leute des Hochverrates bezichtigt und heit und ihren Uebermut, der sich politisch" lassen? Wir fürchten, daß unsere Fragen ohne berräterische Unternehmung oder in den tschechischen Blättern, die nun einmal austobte, erweisen, sie ernst zu nehmen, blieb Intwort bleiben werden und daß eine toll­eine Person, von welcher ihm eine solche ihre Freude daran empfinden, den deutschen   den Behörden des tschechoslowakischen Staates patschige ideenarme Staatskunst nach wie vor Unternehmung bekannt ist, der Be- Hochverrat" an die Wand zu malen, machte vorbehalten, dessen Lenker allerdings aus sehr die Ausübung der Polizei- und Staatsgewalt hörde anzuzeigen vorfäßlich unter sich schon vor dem Prozesse eine gewaltige Ent- durchsichtigen Gründen ein starkes Bedürfnis als das Um und Auf ihres Könnens erweisen läßt." Aus den erbrachten Beweisen scheint rüstung über diesen angeblichen Beweis des nach Aufdeckung von Hochverrats"-Affären wird. Dem Worte, daß die Götter den mit uns aber nicht hervorzugehen, daß die Ange- Vorhandenseins einer deutschen Irredenta" haben. Sie, die" Hochverräter" von gestern, die Blindheit schlagen, den sie verderben wollen, klagten, die sich dahin verantworteten, die Sat- fund. Das zweifelhafte Bergnügen der ewigen wie der Fall des früheren Tokioer Gesandten sucht hierzulande eine impotente Staatskunst zungen nicht gelesen zu haben, vorsätzlich" die Hochverratsriecherei soll dieser Preſſe nicht ge- Pergler beweist, auch heute noch die Teilnahme aktuelle Bedeutung zu geben. Anzeige von einem hochverräterischen Unter- stört werden, aber jeder Tag erbringt den Be- an diesem Hochverrat als Grund für ein

Und meinen