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3. Jahrgang.

So aldemokrat

Zentralorg­

Die Lehre des Banttrachs.

Gestern wußte ein Prager Blatt zu mel den, daß über Veranlassung der Revisionskom­miffion zwei Direktoren der Bohemiabank in Untersuchungshaft versetzt wurden. Einige tschechische Blätter meldeten demgegenüber, daß die beiden Direktoren wohl verhaftet, doch nach ihrer Einvernahme wieder auf freien Fuß gesezt wurden. Wie dem auch sei, so ergibt die Betrachtung der Vorgänge bei den zwei verkrachten Banken und im Bankwesen über­haupt die Ueberzeugung, daß es höchft unzu­länglich wäre, einzelne Personen zur Verant wortung zu ziehen, ohne das System anzu­tasten. Das beginnen nun jogar politische Kreise, die der Regierung nahe stehen, einzu sehen und es dämmert ihnen die Erkenntnis auf, daß es so wie bisher im Banfwesen nicht weiter gehen darf, sollen nicht Volkswirtschaft und Staat die unheilvollsten Erschütterungen erfahren. Während sich im Staate die politische Reaktion immer mehr festseßte und die staats­bürgerlichen politischen Freiheiten nach ihren Bedürfnissen zurechtschnitt, wurde die Freiheit der Bankleitungen immer zügellojer, jodaß man schon von Anarchie sprechen konnte. Und die Banken machten zum Schaden der Bevölkerung und Wirtschaft von dieser hemmungslosen Frei heit den ausgiebigsten Gebrauch.

Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei der tschechoslowakischen Republit.

Freitag, 30. März 1923.

Große Streits im Ruhrgebiet .

Berlin , 29. März. Wie die Blätter aus dem Ruhrgebiete melden, wird auf sämtlichen Bechen , die von den Franzosen oder Belgiern ve feßt gehalten werden, gestreift. Die Zechenbeam­ten und Arbeiter wollen die Arbeit erst dann wie­der aufnehmen, wenn sich kein Soldat mehr auf

den Zechenanlagen zeigt. Auf der Zeche ,, Wester holt" find rund 5000, auf Rheinbaben" 4000, auf„ Graf Blumental" 2000 und auf„ Concordia" über 4000 Mann in den Ausstand getreten. Die Notstandsarbeiten werden auf allen Zechen ver­richtet.

Für den eigenen Staat haben die deutschen Kapitalisten tein Geld!

Das Fiasto der inneren Goldanleihe.

Berlin , 29. März.( Eigenbericht.) Das Ergebnis der Goldanleihe ist noch bedeutend schlechter, als man gestern vermutete. Anstatt der vorgesehenen 200 Milliarden sind nur 50 ge­zeichnet worden. Alle Entschuldigungsversuche der bürgerlichen Presse können nicht darüber hin wegtäuschen, daß der Patriotismus des deutschen Bürgertums nur bis zum Geldbeutel reicht.

Die Bariser Sozialistenkonferenz.

Paris , 29. März. Die Konferenz der Ver­treter der englischen, franzöfifchen, italienischen und belgischen Sozialisten ist heute nachmittags im Kammergebäude zusammengetreten. Der Kon­ferenz erstattete der nach Berlin entsandte Aus schuß über seine Verhandlungen mit der deutschen fozialdemokratischen Partei Bericht. Ob die Be­ratungen, die sich bekanntlich auf das Reparations problem und die Nuhraktion beziehen, noch heute zu Ende geführt werden können, ist unbestimmt.

„ Berein der Wanderer"

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Nr. 74.

Lohntämpfe und Gewerk­schaften in Horthyungarn.

( Von unserem ungarischen Mitarbeiter.)

Die Aussperrung in der ungarischen Me­tallindustrie, von der über 60.000 Arbeiter be troffen waren und die vier Wochen dauerte, iſt beendet. Der Kampf ist um Lohnforderungen entbrannt, die von kleineren Gruppen von Ar­beitern gestellt wurden und die der Unterneh merverband mit Abssperrung der ganzen Metall­arbeiterschaft beantwortet hat. Die Steuer- und Zollpolitik der ungarischen Regierung hat dazu geführt, daß die Preise der Lebensmittel die Weltparität erreicht, ja vielleicht überschritten haben. So konnte es kommen, daß Bulgarien an Ungarn mit dem Angebot, billigere Weizen zu liefern, herantrefen konnte, die Löhne blieben mit Zweidrittel hinter den Friedenslöhnen zurüd. Der Durchschnittslohn betrug in Ungarn Ende Februar, als die Aussperrung erfolgte, für eine 48- Stunden- Woche gerechnet zwischen 5000 bis 8000 ungarische Kronen, was bei dem damaligen Kronenfurse einem Wochenverdienst von 65 bis eine Hitler 104 Ke entspricht( Ke gleich 77 ung. Kronen). Eine von der ungarischen Gewerkschaftskommis­Filiale in Thüringen . sion sehr sorgfältig geführte Statistik, deren Berlin , 29. März.( Eigenbericht.) Das Tech- Grundlagen von Eugen Varga , dem späteren nitum in Ilmenau in Thüringen ist seit eini- fommunistischen Volkskommissär, gelegt wurden, ger Zeit ein Tummelplaß der Nationalsozialisten. berechnet, daß die Preise der Bedarfsartikel von Borgenommene Verhaftungen haben bestätigt, 1914 bis Ende 1922 um 44.361 Prozent zuge daß unter den Technifern unter dem Titel„ Bernommen haben, während die Löhne in derselben ein der Wanderer" eine militärische Organisation Statistik, deren Richtigkeit in großem ganzen Periode um 16.385 Prozent gestiegen sind. Diese bestand. Auch fand man eine Geheimliſte, auf der von niemandem in Ungarn angefochten wird, Personen verzeichnet sind, gegen die mit Terror zeigt deutlich, wie sehr das ungarische Proleta horgegangen werden sollte. riat verelendet wurde. Dortselbst wird berech­net, daß, um 10 Kilogramın Brot kaufen zit Gegen den kommunistischen Zerror. fönnen, im Jahre 1914 4.4 Arbeitsstunden not finer Sozialdemokratie hatte für gestern Abend Arbeitsstunden aufgewendet werden mußten. Berlin , 29. März.( Eigenbericht.) Die Berwendig waren, am 31. Dezember 1922 fchon 10.5 öffentliche Versammlungen mit dem Thema Wenn auch alle derartigen statistischen Aufnah einberufen. In einer von ihnen sprach der erst fen, so zeigen fie doch die allgemeine Tendenz und " Sozialdemokratie und kommunistische Partei" men mit großer Vorsicht verwendet werden dür fürzlich von den Kommunisten tätlich angegrif Richtung der Entwickelung mit einiger Klarheit. fene Genoffe& in it I er. Die Stommunisten ver- Der Monat, während dessen die Aussper­suchten auch diesmal, Radau zu machen, doch warung dauerte, war aber die Zeit einer katastre­London, 29. März.( Havas.) Ramsay Mac- ren unsere Genossen in Scharen herbeigeeilt, um phal zu nennenden Entwertung der ungarischen die Ordnung aufrechtzuerhalten. Genosse Künsterone. Als die Aussperrung begann, waren ler geißelte das Vorgehen der Kommunisten, die hundert ungarische Kronen in Zürich 17 Cen­den Bruderkampf der Arbeiter als ihre vornehmste times wert; heute sind sie aber nur zehn Centi­Aufgabe ansehen. Er warnte davor, die Taktik mes wert. Die Geldentwertung führte eine neue der Gewalt fortzusetzen, die der proletarischen Teuerungswelle mit fich, und wenn jest, nach bürgerliche Wirt die Schutzpolizei. Die Kommu- Prozent bewilligen, so ist diese durch die mittler­munisten im Vorraum Lärm schlugen, holte der nehmer eine Lohnaufbefferung von 12 bis 20 Moral schweren Schaden zufüge. Als die Kom- einer vierwöchentlichen Aussperrung, die Unter nisten gingen mit Gewalt gegen fie vor und es weile eingetretene Teuerung schon lange über­am zu einem heftigen Kampfe. Gegenüber ande- holt. Die allgemeine Bedeutung dieses Zohn­ren Meldungen muß nachdrüdlich festgestellt wer den, daß nicht unsere Genoſſen, ſondern der Wirt fampfes liegt nicht ſo ſehr auf dem wirtschaft die Polizei herbeirief.

fer Ausgabe des„ New York Herald " bringt Berlin , 29. März.( Eigenbericht.) Die Pari­einen Bericht über die Pariser internationale Sozialistenkonferenz, in dem sechs Vunkte auf gezählt werden, die angeblich beschlossen wurden. Es handelt sich bei diesem Bericht lediglich um Stombinationen, die sechs angeführten Beschlüsse entsprechen weder formell noch inhaltlich dem Ergebnis der Konferenz.

Berarbeitertød. Berlin

, 29. März.( Wolff.) Auf den Zechen Achenbach 1 und 2 und Brambauer sind nachts bei Abdämmungsarbeiten vier Arbeiter zu Tode gekommen. nf weitere Arbeiter wurden gerettet.

lichen Gebiete, sondern darin, daß der Kampf einen Beweis dafür lieferte, wie stark verhältnis mäßig trotz aller Verfolgungen die Gewerkschafts­bewegung ist. Obwohl nur ganz geringe Unter stübungen gezahlt wurden und obwohl der poli­tifche Druck, der auf die Arbeiter ausgeübt wurde, um sie zur Annahme der von den Unter­nehmern gestellten Bedingungen zu bewegen,

Jegt, nach dem Zusammenbruch der„ Mo­rabska slezska Banka" und der„ Bohemia" fin­det sogar ein Blatt wie der agrarische Ben­kov", der den Hintermännern der Bohemia­bank mehr als nahe steht, die Sprache. Aller dings wurde dies nur dadurch bewirkt, daß sich in zahlreichen Banken Fronten der Ein leger gebildet haben, die ihr Geld behoben, so daß bei manchen Banken die Gefahr besteht, daß sie ihren Schuldnern die gewährten Kredite fündigen müssen und eine große Anzahl der Einleger ihre Ersparnisse statt in den Banken in anderen und andersnationalen Geldinstitu­ten hinterlegen. So beschäftigt sich denn das Blatt notgedrungen mit der Frage, warum es bei den zwei Banken zum Strach fam. Es gibt donald, Henderson und Thomas zu, daß in den ersten Jahren nach dem Um- reisten als britische Delegierte zur Konferenz der sturz die Gelegenheit zu erträgnisreichen In- Arbeiterparteien aus London nach Paris ab. vestitionen, sei es durch Gründung neuer Un­Der Wucher in Deutschland . ternehmungen und durch Wareneinkauf und -verkauf, für die Banken eine große und viel tionen der Gewerkschaften beschäftigten sich heute Berlin , 29. März. Die Spißenorganisa zu verlockende war, als daß sie die Banken mit den Preisen und Löhnen und stellten fest, daß nicht verführt" hätte. Das Devisengeschäft besonders im Lebensmittelgewerbe in den beiden schuf die Möglichkeit großer, leicht und rasch letzten Wochen Preissteigerungen von 10 bis 20 zu erzielender Gewinne; die Valutageſchäfte Prozent zu verzeichnen gewesen seien. Fleiſch, waren eine Strankheit der Zeit" und sie wur- Hülsenfrüchte, Milch deutsche Fettwaren den nicht nur von den Banken betrieben. Diese haben gleichfalls eine Preissteigerung erfahren, lockenden leichten Gewinne hatten zur Folge, ohne daß dafür eine Notwendigkeit vorhanden sei. daß jeden Augenblick eine neue Bank entstand. Auf der anderen Seite glaubt man bei den Ge­Das geschah ohne Rücksicht darauf, daß nicht werkschaften, daß durch die Herbsehung der Koh­genug Personen vorhanden waren, welche hin- lenpreise eine Senkung der Preise für Induſtrie­produkte durchführbar sein wird. reichend Erfahrung, Fähigkeiten und Gewissen­haftigkeit gehabt hätten, um diese neuen Bank­unternehmungen ordentlich zu verwalten. Ihre Hauptjorge bestand darin, reichlich Einlagen eine Stelle von dieser Art der Betätigung der aus den Bankzusammenbrüchen gezogen wer-| dadurch zahlreicher Konkurrenten entledigt aufzutreiben und diese dann ohne Rücksicht auf Banken nichts zu wissen schien: die Regie- den muß, jollen die Banten aufhören, eine wären. die Bonität der Schuldner oder der Unter- rung! Die war blind und taub, und obwohl öffentliche Gefahr für das Wirtschaftsleben zu Daß bis heute der Staat den Banken jed­nehmungen zu investieren. Die Banken unter es bereits die Spaßen von allen Dächern pfif- sein. Die Schuldigen sollen bestraft werden, wede Freiheit ließ, hat seinen Grund darin, hielten unter sich im Kreditwesen feinen In- fen, sie wußte nichts und rührte feinen Finger, aber sich damit begnügen, hieße, neuen Bank- daß in ihren Verwaltungsräten Abgeordnete. formationsdienst, sodaß es möglich war, für sie wartete auch noch bis zum heutigen Tage, skandalen Tür und Tor öffnen, denn nach wie Senatoren und selbst Minister ſizen, die ihren eine einzige Bürgschaft gleich bei mehreren bis der Krach zweier Banten tausende Men- vor wäre die Verlockung zur Erzielung un- Einfluß innerhalb der Regierungsparteien zu­Banken zugleich sie voll erschöpfende Beträge schen und Eriſtenzen mit ins Verderben zu reeller Gewinne und zur persönlichen Bereiche gunsten des Institutes und der Banken über­aufzunehmen. Durch die Bürgschaft gedeckt er reißen drohte. Ihre Harthörigkeit und Stod rung der Funktionäre groß genug, um das haupt geltend machten. Das geschieht, obwohl schien nur eine Bank, doch glaubten auch die blindheit wirkt umso verblüffender, als es sich Risiko, das damit verbunden wäre, aufzu- in der Verfassung die Unvereinbarkeit eines anderen, Sicherheit für den gewährten Kredit gar nicht um diese geschäftlichen Praktiken der wiegen. Um die Wiederholung ähnlicher Ministermandates mit der Funktion eines zu besitzen. Viel Böses bewirkte auch, daß zahl- Banken allein handelte, sondern, daß auch Ereignisse, die leicht zu Katastrophen für Mitgliedes der Verwaltungsräte von Erwerbs­reiche Banken zu fremden Valuten mehr Ver- manche von ihnen ausgesprochene Schwindel- den Staat werden können, zu verhindern, gesellschaften, zu denen doch auch die Banken trauen hatten, als zur eigenen und auf deren unternehmungen waren, welche durch gefälschte muß der Staat die Banken und ihre gehören, ausdrücklich festgelegt ist. Diese Be­Kursrückgang spekulierten. Schließlich trug zu Bilanzen die Einleger anlockten, Reingewinne Geschäfte unter die sch är fste Kontrolle Stimmung bezieht sich leider nicht auch auf Ab­den gegenwärtigen Ereignissen nicht wenig der vortäuschten und Tantiemen und Dividenden stellen. Nur die Beladung der Regierung mit geordnete, Senatoren und öffentliche Beamte, Umstand bei, daß die Banken sich in einer zur Auszahlung brachten, wiewohl sie nach der Verantwortung einer strengen Aufsicht obwohl doch auch bei diesen infolge ihres poli­ihren Wirkungsfreis und ihre finanzielle Trag- ihrem geschäftlichen und finanziellen Stande über die Banken vermag eine Besserung herbei- tischen Einflusses eine solche Unvereinbarkeit fähigkeit weit überschreitenden Weise in Ge- längst zur Konkursanmeldung verpflichtet ge- zuführen. Diese Kontrolle fürchten die Banken ihrer Stellung mit der Funktion bei einer Er­schäfte einließen, bei welchen sie durch die wesen wären. Von den aufgelegten Betrüge am meisten und die ihnen nahestehenden Zei- werbsgesellschaft ausgesprochen werden müßte. Peisrückgänge der zu hohen Preisen eingekauf- reien und Diebereien in der Moravsko- flezita tungen versuchen daher, die Sache auf ein Ne- So fonnte es geschehen, daß der Vorsißende ten Waren und Immobilien schwere Verluste Banka " sei ganz geschwiegen, da es sich hier bengeleise zu führen. Es gibt zu viele Banken, des Aufsichtsrates der Bohemiabank, der Ab­erlitten. mehr um persönliche Verfehlungen handelt, rufen sie, und verlangen, daß es weniger Ban- geordnete Dr. Kubiček, von der Parlaments­doch hätten auch diese sich nicht ereignen fön- fen gebe. So zutreffend dies sein mag, so wäre tribüne für die Interessen der Spirituswucherer nen, wenn die Regierung die Banken nicht ohne auch die Zusammenlegung der Banken auch eintreten konnte. Die Lehren der Bankkrachs die notwendige Aufsicht gelassen hätte. nur eine halbe Maßregel, die dabei für die sind so eindringlich, daß sie nicht unbeachtet großen Banken noch den Vorteil hätte, daß sie bleiben dürfen!

Was das Blatt hier zugibt, ist wahrhaftig nichts Neues und müßte jedem Menschen im Staate, der offene Augen besißt, längst bekannt sein. Umso erstaunter muß man sein, daß nur

Das ist denn auch die Hauptlehre, die