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3. Jahrgang.

Saldemokrat

Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der tschechoslowakischen Republit.

Ein frivoler Plan.

Das wenn auch noch nicht international

Dienstag, 8. Mai 1923.

Die franzöfifche Note.

den Bersailler Bertrag.

organisierte, so doch international vorgehende Die deutsche Note im einzelnen unannehmbar, im ganzen Revolte gegen im ganzen Revolte gegen Agrariertum in der Tschechoslowakischen Re: publik sucht zu einem schweren Schlage gegen die Lebenshaltung der Arbeiterschaft auszu holen und bei den Zuständen in der Soalition, welche ein schier hemmungsloses Uebergewicht der Vertreter der besitzenden Klassen dort be­dingen, ist es nicht ausgeschlossen, daß der Plan gelingt. Der Plan betrifft die Ein­führung von Agrarzöllen. Die Agrarier verlangen nicht weniger, als daß auf ben Metergentner Mehl 90 Seronen Zoll ge­legt werde, auf den Meterzentner Weizen 45 Kronen! Das würde eine Verteuerung des Mehles im Kleinhandel um über eine Serone bewirken! Man muß sich flar machen, was diese ungeheuerliche Berteuerung des Mehles, als des wichtigsten Lebensmittels, welches gleich­zeitig bei der Preisbemessung der anderen lebensnotwendigsten Lebensmittel maßgebend ift, bedeuten würde.

Paris , 6. Mai. Die Habas- Agentur veröffentlicht den Text der französischen Antwort auf die deutsche Nois, welche um sieben Uhr abends dem deutschen Geschäftsträger, Botschafts rat von Hoesch, übergeben wurde. In der Note heißt es, daß feine Maßnahmen, die Frankreich und Belgien getroffen haben, gegen den Sinn des Versailler Ber trages unternommen wurden, was bei den Vorschlägen der deutschen Note nicht der Fall ist. Die Note erinnert daran, daß Deutschland den passiven Widerstand orgas nisieren wollte, welcher die Zusammenarbeit der Deutschen mit den MIliterten verhindern sollte. Die Note verweist weiters auf den aktiven Widerstand, welcher sich in Streits der Beamten, in allgemeinen und systematischen Konflitten, Angriffen, Sabotageaften und Uebertretungen des gemeinen Rechtes fundgab, wodurch auch das Leben französischer und belgischer Soldaten und Beamten in Gefahr gebracht wurde.

Die einst hochentwidelte Industrie in den Gebieten der Republik gleicht einem Trümmer­haufen. Daß nicht nur die Folgen der welt­wirtschaftlichen Krise daran die Schuld tragen, geht schon daraus hervor, daß in Amerika , froß der Krise in Europa , eine ungewöhnlich starfe Prosperität eingesetzt hat. Die besonderen Ursachen des Niedergangs unserer Industrie, das

find vor allem die verderbliche Handelspolitik der bisherigen Regierungen und die Wirkungen der Deflationspolitif, wirken weiter fort, so daß das Einseßen einer die Industrie wieder be­lebenden Konjunktur faum abzusehen ist. Es fann vielmehr noch eine Steigerung der Kerise eintreten, wenn die in Begleitung des Ruhr­fonfliktes einhergehende Scheinkonjunktur in unserem Bergbau ein Ende finden wird. In weiten Schichten der Arbeiterschaft herrscht bitterste Not und vielfach geradezu Verzweif­lung: die Lohnreduzierungen und die Arbeits­losigkeit haben ihr Leben zur Hölle gestaltet. Die Arbeitslosenunterstüßungen reichen kaum dazu aus, das nadte Leben zu fristen.

Rein deutscher Borschlag werde also in Erwägung gezogen werden tönnen, so lange der passive Widerstand fortgeseßt werde.

Die Vorschläge seien auch von verschiedenen Standpunkten aus un annehmbar. Die angebotenen Ziffern stellen nicht einmal den vierten Teil des von der Re­parationsfommiffion festgefeßen Vertrages dar und gestatten es Frankreich und Belgien nicht, die verwüsteten Gebiete wiederaufzubauen. Deutschland verlange ein viereinhalb jähriges Moratorium. Wenn wir den Wert der als erste Rate angebotenen 20 Milli­arden berechnen, bedeutet dies 15.820 Millionen. Die zwei weiteren Zahlungen zu fünf Milliarden sind mit solchen Borbehalten versehen, daß das Ergebnis sehr unsicher sei. Deutschland fchlägt die Aufhebung der Reparationstommission und deren Erseßung durch eine internationale Kommission, durch Schiedsausschüsse und Schiedsgerichte vor, ein Vorschlag, den Frankreich und Belgien bereits früher abgelehnt haben. Deutschland teile auch nicht mit, welcher Art es seine Währung konso­libieren wolle, auch nicht die gefeßlichen Maßnahmen, die es zu treffen gedenke, noch bie Geldmittel, womit es die Anleihe garantieren wolle. Die Garanties vorschläge sind ebenfalls unbestimmt und illusorisch. Frankreich und Bel­ gien fönnten fich nicht mit neuen Erklärungen zufrieden geben, fie müßten Sicher­heiten haben. Demgegenüber verlangt Deutschland die Erneuerung des Status quo im Ruhrgebiete und am linken Rheinufer. Wir könnten ohne Pfänder und Garantien nicht geduldig biereinhalb Jahre warten, bis es Deutschland genehm ist, Maßnahmen zu treffen, welche ihm fonvenieren würden, und bis es einen bestimmten oder unbestimmten Teil­betrag anbietet.

Frankreich und Belgien werden inleiner Weise ihren Entschluß über die Räumung des befeßten Gebietes nach Maßgabe der effektiven Re parationszahlungen ändern.

Die deutsche Note ist der schwach verhüllte Ausdrud einer

systematischen Revolte gegen den Friedensvertrag von Bersailles und würde schließlich zur moralischen, politischen, wirtschaftlichen und militärischen Revanche führen.

Die Note erinnert schließlich daran, daß Deutschland durch alle Opfer, welche es verlang. - Aufhebung der Garantien und der interalliierten Kommission cin industrielles Uebergewicht über die von ihm verwüsteten Gebiete erlangen und sich der Pfänder und anderer Verpflichtungen entledigen würde. Frankreich und Belgien würden dann neuerlich einige Worte auf dem Papier erhalten. Gleichfalls am Sonntag wurde die belgische Antwort dem deutschen Gesche belgische Antwort dem deutschen Ge *

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Nr. 105.

Den Auszug der Note, den das Wolff Büro verbreitet, ist auf einen, weniger scharfen Ton gestimmt und bringt die Abschriften über die passive Resistenz und die Geldzahlungen

genauer, indem er berichtet:

,, Die deutsche Regierung behauptet, daß die Bevölkerung mit einem passiven Widerstand auf die Beseßung des Ruhrgebietes geantwortet habe. Nichts ist weniger richtig: Es ist nicht die Bevölkerung, sondern die deutsche Re gierung, die den Widerstand gewollt und or­ganisiert hat. Die belgische und die französische Regierung könnten leine deutschen Vorschläge in. Berücksichtigung ziehen, solange dieser Widerstand fortgesetzt wird. Das Angebot von dreißig Milliarden, das die deutsche Regierung ge­macht hat, enthält übrigens nach einem von der deutschen Regierung gebrauchten Ausdruck eine. gewisse El a ftizität," deren Willkür und Gefahr man nicht nötig habe aufzuzeigen. Die Zahlen, die angeboten wurden, würden nach der deutschen Regierung ein Magimum bilden und es würde Deutschland leicht fallen, sie wieder zur Diskussion zu stellen, bevor sie Wirklichkeit ge­worden sind. Diese ungenauen Borschläge find übrigens von Vorbehalten begleitet, die gestatten würden, in einigen Wonaten wieder alles in Frage zu stellen. Die deutsche Regierung garantiert nicht einmal, daß die ge­ringe Summe, die sie ins Auge jakt, tatsächlich on dem genannten Dainm bezahlt wird."

Die Regierungen von Paris und Brüssel find den Herren Cuno und Rosenberg getreulich auf ihren Wegen nachgeiofat, ja, ie über. bieten sie noch an Ungeschiflichkeit und in der Sunst, andere vor den Kopf zu stoßen. So wie die deutsche Note das viele Positive, das fie brachte, durch den Ton unwirfjam machte und ein unannehmbar" auch in Streisen pro­vozierte, die einer europäischen Verständigung durchaus wohlwollend gegenüberstehen, genau jo mimen Poincare und Theunis den starken Mann, weil sie des Beifalls ihrer Nationali sten innerpolitisch nicht entraten zu fönnen glauben, und bezahlen dieses Streben mit den bittersten Gefühlen, die sie in London aus­lösen. Den Chauvinisten zu Gefallen zu han­deln, ist eben für jede Regierung ein ver­hängnisvolles Unternehmen. Die schnelle Ani­wort Poincares, dic. mit einer durchsichtigen Ausrede motiviert, eine gemeinsame Beratung aller Ententegenossen hintertrieb, trägt ihm bei den Gemäßigten die Erfenntnis ein, daß Frankreich mit dem Ruhrabenteuer doch vo litische Ziele verfolge, und sie wird ihm den ferneren zweifelhaften Gewinn bringen, daß

In dieser Zeit nun verlangen die Agrarier die Einführung von Agrarzöllen, welche das schon jetzt entseßlich tiefe Lebensniveau der Arbeiterschaft auf eine Stufe herabsetzen wür­den, auf der ihre Eristenz zur glatten un­möglichkeit würde. Es darf nicht außeracht ge­lassen werden, daß die Arbeiter während und lange Zeit nach dem Kriege allen von ihm an­gehenden bitteren Leiden, allen Qualen und wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse in Zölle herbeigeführte Schuß vor der ausländi- ich England und Stalien diese offenfundige Entbehrungen am ungeschütztesten ausgesetzt einem jeden Lande angesehen werden. Aber schen Konkurrenz wäre der zweifelhafteste An Brüskierung nicht stillschweigend werden ge­waren, während für die Herren von Ahr und unsere Agrarier wollen ohne Rücksicht darauf, sporn für die Agrarier, eine Verbesserung ihrer fallen lassen. Die öffentliche Meinung dieser Halm die Kriegsjahre Jahre des fettesten Ver- die Getreidepreise in die Höhe treiben und Poduktionsmittel vorzunehmen, denn dann beiden Staaten hat sich darauf geeinigt, daß dienens waren. Die Geldströme, die ihnen zu eine Anpassung an die Weltmarktpreise" voll- hätten sie es umso weniger nötig". Verbesse das deutsche Angebot troß all seiner Wängel flossen, versiegten auch noch lange nicht mit ziehen, wozu ihnen eben die Zölle dienen rungen in den Arbeitsmethoden herbeizu den Ausgangspunkt weiterer Verhandlungen dem Kriegsende. Es mag sein, daß diese auf sollen. Denn es ist außer Frage, daß durch führen, die Zölle würden ihnen auch ohne bilden fönne, und so werden Curzon und Kosten der Ernährung und der Gesundheit der die Zölle nicht nur die Menge der notwendiger- solche reiche Erträgnisse sichern. Die Behaup- Mussolini die sachlichen Einwände, die Voin­arbeitenden Massen erzielten Uebergewinne weise einzuführenden Getreidemenge ein Bertung dagegen von der drohenden Schädigung care gegen Eunos Vorschläge vorbringt, wohl spärlicher geworden sind unddem gesteigerten teuerung erführe, sondern auch das im Inland der Kauffähigkeit der Agrarier fommt bei dazu benüßen, fommt bei dazu benüßen, um Deutschland zu weiteren Appetit der Agrarier somit nicht genügen, aber produzierte Getreide. Wohl behaupten die ihnen ein wenig überraschend, waren es doch Aeußerungen zu veranlassen und so den einmal darin liegt weder eine moralische noch eine agrarischen Zeitungen, daß die Zölle nur eine ihre Vertreter im Parlamente, welche für die angesponnenen Faden der Verhandlungen rechtliche Begründung für ihr Ansinnen. unbedeutende Erhöhung der Preise für Brot gewaltsame Kürzung der Staatsangestellten weiter zu spinnen. Denn darüber kann trot Die Produktion an Getreidefrüchten im und Mehl zur Folge hätte, aber um das zu bezüge eintraten und diese sogar damit be aller überfräftigen Worte der Paris - Brüsseler Inlande vermag den Bedarf der heimischen glauben, müßten alle Erfahrungen, die man gründen ließen, daß die dadurch gesunkene Stauf Antwort fein Zweifel bestehen, daß sie die Dis-, Bevölkerung nicht zu decken, es muß also ein mit der Profitgier der Agrarier und Händler kraft der Staatsangestellten ein Ueberangebot fuffion nicht abbricht, sondern deutsche Auf­Teil des erforderlichen Getreides aus dem gemacht hat, fehlen. Durch die Zölle gedeckt, und somit auch eine Herabsetzung der Preise klärungen zuläßt, ja herausfordert. Dies und Auslande eingeführt werden, der schon an sich würden sie die Preise des Inlandsgetreides der Waren bewirken würden! Wenn dies auch der von Lord Curzon , wie sehr er auch schwankt infolge der erhöhten Transportkosten keine automatisch dem durch die Zölle belasteten eine verlogene Behauptung war, so ist es nur und zaudert, betonte Standpunkt, daß England Preiskonkurrenz für das inländische Getreide Preise der ausländischen Mahlprodukte an- umso erstaunlicher, wenn die agrarischen Ab- sich eine einseitige Lösung des Reparationspro­bedeutet. Eine Gefahr" für die Ueberflutung passen. Genügte doch erst fürzlich die Nachgeordneten, um die Zölle volkswirtschaftlich blems durch Frankreichs Gewaltpolitik nicht mit billigem Mehl und Getreide besteht nicht, richt von einer Erhöhung der Zuckerpreise, berechtigt erscheinen zu lassen, jetzt das gerade bieten zu lassen gewillt sei, lassen Deutschland denn Rußland ist für unabsehbare Zeit als um die Erhöhung vielfach zur Tat werden zu Gegenteil behaupten. den Weg zu weiterem aktiven Handeln offen. Lieferant von Mahlprodukten ausgeschlossen, lassen oder doch zumindest die Möglichkeit zu Alle noch so ausgeklügelten Gründe der Und die Not der Welt verlangt gebieterisch, Ungarn und Rumänien haben nur geringe allerlei Praktiken zu geben. Agrarier fönnen über die Tatsache nicht hin- daß es ihn auch gehe. Wollen Cuno und Rosen­Ueberschüsse abzugeben und eine Einfuhr aus Unter den Gründen, die für die Ein- wegtäuschen, daß es ein beispielloses Verbrechen berg das Gebot der Stunde nicht hören, den Vereinigten Staaten und Argentinien führung der Zölle geltend gemacht werden, am Bolte ist, was sie planen. Eine Verteuerung müssen sie eben weichen. Unsere deutschen Ge­kann wegen der großen Valutaunterschiede wird angeführt, die heutigen Getreidepreise des Brotes in dieser Zeit der drückendsten Not nossen lassen jedenfalls feinen Zweifel dar­höchstens zur äußersten Not in Betracht kom hemmten die Erhöhung der Produktion, be- und Unterernährung weiter proletarischer über, daß sie einen Abbruch der Diskussion, so­men. Von Weltmarktpreisen" ist schon mit dingten ihre Sentung, so daß die Gefahr be- Schichten müßte zu Ausbrüchen der Verzweiflange sie sich irgendwie mit der Ehre des Vol­Rücksicht auf den verschiedenen Wert der Valuta stehe, daß bei gesteigerter Einfuhr ausländi- lung der von der Krise ohnehin schaver heim- fes vertrage, nicht zulassen, weil er dem deut­und der damit verbundenen Verschiedenheit schen Getreides die Stauffähigkeit der agrari- gesuchten und gemarterten Menschen führen. schen Proletariat unsägliches Elend bringen der Staufkraft der Bevölkerung in den einzelnen schen Bevölkerung sinken müßte, was eine Die Verantwortlichen im Staate können nicht müßte. Und daß Frankreich dann dasselbe Staaten zu reden nicht zulässig. Als entschei Schädigung auch der Induſtrie wäre. Diese eindringlich genug davor gewarnt werden, der Elend erwartet, vermag niemand zu trösten. dender Maßstab bei der Bemessung der Brot- Begründung der geforderten Zölle hält einer Habgier der Agrarier die Ruhe im Staate auf­

und Mehlpreise können legten Endes nur die ernsthaften Prüfung nicht stand. Der durch die zuapfern!

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