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Juden, herbei!

Und nun kommt das überraschende.

13. Mai 1923.

um Anschluß nicht nur an die von ihnen in Liste stimmen, die ein jüdischer oder judenfreund­

In demselben Durer Tag", der sein Das letzter Zeit so geschmähten Deutschnationalen, licher Deutschdemokrat führt, und Hakenkreuz sein von Hepp- Sepp- Geschrei fristet, veröffent fondern auch an die anderen größeren Parteien lerische Pogromisten werden wiederum mit Hilfe Die Parteien, die die Interessen des deutlichte am letzten Donnerstag der Hauptschriftlei- des deutschen Bürgertums. Und das ebenso fleine braver Israeliten ins Parlament gewählt wer schen Bürgertums in diesem Staate vertreten, ter May Karg einen Artikel, in welchem er Grüppchen judenliberaler Deutschdemokraten den. Dort werden sie wieder ein Weilchen bei­find jeder Wandlung fähig. Das haben sie unge die Judenfrage im Sudetendeuschtum" zur sucht sein altes Bündnis wieder mit den übrigen sammenfißen, sich ihres Kuhhandels freuen, der zählte Male bewiesen und eben bemühen sie sich Diskussion stellt! Zum Unterschied vom Gliedern des verendeten, nen erstehenden rare Deffentlichkeit einreden, daß sie nicht begreifen wieder, mit viel Fleiß und Schweiß der belustige Herrn Krebs, der in Uebereinstimmung mit der lamentarischen Verbandes. Die Deutschdemokra fönnen, warum die deutschen Sozialdemokraten ten Deffentlichkeit ein neues Beispiel ihrer Prin gesamten bisherigen Politik und Saltung der ten können fein Wahlbündnis eingehen mit Par- diesen Schwindel aber schon bei gar feinem An­ipienlosigkeit und Intonsequenz zu bieten, den welben die Juden als Hauptfeinde der Deutschen teien, die rücksichtslose antisemitische Propa- laffe mitmachen wollen. Dann aber werden Deutschen parlamentarischen Verband, dessen erklärte, gegen den sich die Tschechenfresser mit ganda" treiben und da eine Partei die andere Agrarier und Großindustrielle, Los von Rom­müden Leib sie vor kurzem erſt in ein halbes den Tschechen verbinden müßten, meint Karg: braucht, da sich alle zusammen vor dem Kampfe schreier und Schwarze, Hakenkreuzler und Juden Dußend Teile zerlegt haben, wieder zusammen Wir müssen uns flar sein, wer un- mit der Sozialdemokratie fürchten, doch wieder übereinander herfallen, einander be­zuflicken und die berühmte deutsche Einigkeit, die fer Hauptfeind ist, der Jude oder der wenn sie nicht während der Wahlschlacht schimpfen, beleidigt auseinandergehen, die wit­sie vordem wie einen toten Hund verscharrten, ich e ch e." Es gehe nicht an, daß die arischen durch dia und dünn miteinander marschieren, tendsten Kämpfe gegeneinander führen, bis- Tscheche." wieder zu neuem Leben erstehen zu lassen. Das Parteien weiter den Antisemitismus als Agi- blafen sie zum Sammeln und der gelbe Fanghund nun wiederum bis zum nächsten Wahlkampf. Ein ist so Hausbrauch im deutschen Bürgertum und tionsmittel" benügen," gleichzeitig aber mit den der kapitalistischen Bourgeoisie macht als erster possierliches Spiel, das sich immer wiederholt nimmt weiter nicht wunder. Dennoch gibt es deutschdemokratischen jüdischen Abgeordneten und durch lautes Bellen darauf aufmerksam, daß er und das die Lachmuskeln der Zuschauer reizen in diesent lieblichen Spiel Momente, die auf den Senatoren in einem gemeinsamen parlamentari schon schön folasam sein werde. Herr Karg ver- müßte, wenn dadurch nicht auch zugleich so jenigen überraschend wirken müssen, der nicht erkannt hat, daß jede Varole, jeder Grundſchen Verband siben. Es sei auch nicht zulässig, sprach den Chriftlichsozialen, Agrariern und sonnenklar würde, welch elenden Schwindel, fat, je de politische Formel im Wunde des dent in den Zeitungen täglich zu erklären, daß das Deutschdemokraten bereits, daß die Gelben nicht welch niederträchtigen Betrug die deutschbürger­schen Bürgertums nur Phrase ist, selbstverständ Judentum unser ärgster Feind ist", aber mit mehr das Selbst bestimmungsrecht, son- lichen Parteien samt und sonders mit der Mäh­lich mit Ausnahme jener Losung, der sie ihre dem Juden Dr. Kafka im verschlossenen Ver- dern Selbstverwaltung fordern und da lerschaft, mit dem deutschen Wolfe treiben. Durch­bandzimmer vertrauliche Beratungen zu pflegen". dieses Zugeständnis nicht genügt, gurgelt er ihnen schaut diese die Jämmerlichkeit und Demagogie Existenz verdanken, der Losung von der Heilig­feit des Eigentums. Was darüber ist, ist Schwin Sarg fährt seinem Freunde Krebs an die Gura nun auch in heiseren Tönen vor, daß er den diefer Parteien, deren verächtlichste gestern noch: del und Demagogie. Und dies zeigt sich manchgel, erklärt die Tschechen als Haupt- lieben Juden, sofern sie für die bürgerlichen Nieder mit den Juden!" rief, heute aber: feinde", deren Drud die Annäherung der sonst Parteien stimmen, auch nichts zu leide tun wolle., Juden, herbei zur Wahlurne!" schreit, um mors mal in überraschender Weise. durch die Judenfrage streng geschiedenen Parteien Und alle finds zufrieden. Nun fönnen die gen wieder gegen sie zu hetzen durchschaut die veranlaßte" und erklärt mit Sperrdrud: Wahlgemeinschaften wieder in Aktion Wählerschaft diesen Volksbetrug, so wird sie den Wenn dem aber so ist, so ist es von uns treten, die Judenfresser können wieder für die Gauklern die richtige Antwort zu erteilen wissen. mehr als unflug, durch eine rücksichts- 000000 lose antisemitische Propaganda die Juden, die sich zur deutschen Sprache bekennen, den Tschechen in die Arme zu treiben."

Jedes lleine Feind weiß heute, daß die deutschen Nationalsozialisten, die in ihrer Firma das Hakenkreuz tragen und deren Bresse täglich zum Progrom hetzt, in der Haupt­fache auf den Kampf gegen das Judentum ein gestellt sind. Dieser Kampf ist, so versichern fie täglich, ihr oberstes Prinzip und sie fennen feinen blutigeren Schimpf gegen Parteien, Parteiführer und Institutionen als den, daß sie verjudet ſeien, Also: Juden, herbei! Im Kampfe gegen die jüdischen Interessen dienen und darum das ver- Tschechen seid auch ihr uns als Verbündete gut werflichste auf dieser Welt wären, die doch be genug.

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Der Sprachunterricht an den Mittelschulen.

Debatte in der Abgeordnetenlammer.

Sür eine gute Schule. Abg. Genosse Hillebrand.

Auf der Tagesordnung der gestrigen Sitzung Abg. Houser( Kom.) erblickt in der Tatsache, fanntlich nur am deutschen Wesen der Rassen- Herr Karg tut zwar dann wieder so, als ob Gegenstand das Gesetz über Die Regelung des len die tschechische Sprache obligatorisch einge des Abgeordnetei hauses befand sich als erster daß die nationalen Minderheiten an ihren Schu fanatiker a la Hittler genesen fann. Es ist noch für ihn die Frage noch nicht ganz geklärt wäre, Unterrichtes in der Staatssprache und den führt erhalten, während die Sprache der Minder gar nicht so lange her, daß ihnen der Renegat als ob die beiden anderen Möglichkeiten zulässig Sprachen der Minoritäten an Mittelheiten selbst an den tschechischen Schulen nur teil Ernst Klee ein pogromlüsternes Büchlein ge- wären, nämlich entweder die Juden als Hauptschulen und Lehrerbildungsanst a I- weise, obligatorisch sein wird, eine gewisse Vor schrieben hat und daß sie den sauberen Verfasser feinde zu betrachten oder Tschechen und Juden ten." eingenommenheit gegenüber den Minori darum fast zum Parteiheiligen erhoben haben. als gleich gefährliche Feinde gleichermaßen zu Und vor wenigen Tagen erst hat der deutschgelbe bekämpfen. Aber das sagt er nur so nebenbei, Abg. Blir erklärte es für eine wichtige Aufgabe Der Berichterstatter des Stultuvausschusses täten. Reichsparteisekretär Serebs in öffentlicher Ber - gewissermaßen um vor dem fommenden Bündnis! der Staatsverwaltung, dafür zit sorgen, daß die jammlung erklärt und nachher durch einen Leit mit den Saujuden" sich zu bekakenkreuzigen. Absolventen der Mittelschulen, die tschechoslowa artikel im Duger Tag" des Näheren ausgeführt, Aber er will das Bündnis, will leine jiische Unterrichtssprache haben, ins Leben mit daß die Nationalsozialisten, wenn es fchen Stimmen verlieren zugunsten der Tiches einer prattischen Stenninis der Sprache der natio Im Emanzipationsfampf der Arbeiterklasse gegen die Juden geht, auch mit den hen", will die jüdischen Abgeordneten deutscher naten Winderheit treten. Dies erfordern die spielt das Ringen um eine gute Schule natürlich Tschechen zusammengehen werden". Zunge als parlamentarische Bundesgenossen im praktischen und wirtschaftlichen Bedürfnisse des eine außerordentliche Rolle, es nimmt einen brei Der Jude, so sagt Serebs und so sagen die an- Kamipfe um das Deutschtum in diesem Staate Staates. Der unobligate Unterricht fann nicht ten Raum in unseren Kämpfen ein. Seit jeher deren Hakenkreuztöpfe täglich, ist der Fluch des anerkennen". die Erfolge haben, die vom obligaten Unterricht haben die sozialistischen Arbeiter gewußt, daß es deutschen Volkes; alles, was da mauschelt, ist Tentsches Volf, wie wird dir denn? Gestern zu erwarten find. Der Berichterstatter spricht sich für sie von außerordentlicher Bedeutung ist, die eine rassenmäßige Provokation", den Deutschen noch bist du vom Krebs zum Safenfrenzung gegen entschieden dagegen aus, daß die Staatssprache Gehirne der Proletarier mit jenem Maß weit gefährlicher als die Tschechen samt ihrer das Judentum als deinen ärgsten Feind aufge- oder die Sprache der nationalen Minderheiten von Wissen auszustatten, das den Politik und darum würden die Hakenkreuzler rufen worden und heute ist die Frage: Mit nur relativ obligat gelehrt werden, denn alle bis Arbeiter befähigt, die Ursachen fagt der Strebs je eher desto lieber auch mit den Juden oder gegen die Juden" für den Bo relativ obligat gelehrt werden, denn alle bis Arbeiter befähigt, Po­herigen Erfahrungen sprechen dagegen. seines Elends zu erkennen, die öfono den Tschechen zusammengehen, um die Juden- gromheter und Rassenhaffer Sarg und seine Ge­Der Berichterstatler des verfassungsrecht mifchen Zusammenhänge zu beurteilen, die Wege frage zu lösen". Die Gelben fämpfen nun dafür finnungsgesellen strittig? Gestern noch schrie der lichen Ausschusses Abg. Spatny erffärte u. a.: zur Ueberwindung der kapitalistischen Ausbeu­-jagt der Strebs die Juden, diefes Semmnis felbe Starg in feinem Blatte: Nieder mit den Den pflichtgemäßen Unterricht der Staatssprache tung als die Wurzel des Elends der Massen zu des nationalen Ausgleiches in diesem Lande zu Juden!" und heute warut er vor rücksichtslofer an den Wittelschulen wünscht ein jeder und der erfassen und die Arbeitermassen mit jenem Selbst beseitigen", denn das Glück zweier antisemitischer Propaganda" und empfiehlt das obligate Unterricht der Sprache der nationalen bewußtsein auszustatten, das sie zur Führung Völker hängt davon ab". Zusammengehen mit den Juden? Minderheiten ist aus praktischen und wirtschaft- ihrer Stämpfe unerläßlich nötig haben. Die fichen Gründen zu empfehlen. Schulkämpfe, die wir führen, sind im Grunde Borausschung für den Befreiungskampf des Proletariats.

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So fagt der Reichsparteisekretär Srebs int Ja, wenn man nicht wüßte, würde man es Lettartikel des hatenkreuzlerischen daß Gott aus dem Aufsatz des Herrn Karg über die Juden- Der erste Debatteredner ist Abg. Dr. Spina erbarm Zentralorgans. Er muß es ja wissen frage erfahren, daß das deutsche Bürgertum zu( B. d. Landw.). Er verweist auf die Bedeutung und er zieht damit ja auch nur die Konsequenz neuen Wahlen rüstet. Da werden auf einmal Saifer Jef II. betreffs der Wiedergeburt der! aus der täglichen Judenheze seiner Partei und die heiligsten Prinzipien zurückgestellt, alle tren böhmischen Sprache und auf die Einführung des Da wir eine gute Schule wünschen und zu er insbesondere des genannten Dux- Miesbacher nenden Fragen aus dem Wege geräumt, da obligaten Unterrichtes der tschechischen Sprache in ringen trachten, bemühen wir uns, sowie unser Anzeigers. Die Deutschgelben, die das Haten braucht man wieder Einigkeit zum Wählerfang, Mähren im Jahre 1894. Er schildert die Pe- Programm tesagt, die Arbeiter wehrfähig und freuz mit weit mehr Stolz noch als die Deutsch - da ist den Deutschnationalen selbst der letzte ji titionen der deutschen Volksräte zweds Einfüh fampffähig zu machen. Die heutigen Schul nationalen im Schilde führen, find wie in dische Schieber bei der Wahlurne höchst will rung des obligaten Unterrichtes des Tschechischen zustände entsprechen feineswegs und wir haben Deutschland , so auch hierzulande, die radikalsten kommen. Und insbesondere die Gelben, dieses an den Mittelschulen, die bezüglichen Schritte der oft genug die Wünsche dargelegt, die wir hegen. Vorkämpfer des Antisemitismus und tun sich armselige Säuflein käuflicher treaturen, die da Direktorenkonferenzen und die Forderungen des Vor allem haben wir für die Wassen des Voltes nicht wenig darauf zugute, daß es keinen kompro- wiffen, daß fie den Wahlkampf nur von Gnaden schlesischen Landtages bom Jahre 1908 viel zu wenig Schulen. Die vorhandenen Schu mißloseren Judenhaß ale den ihren gibt. der Großbürger bestehen können, suchen wieder in dieser Angelegenheit. len find mangelhaft, schlecht organisiert,

Swift.

Bon Felix Stöffinger( Berlin ). Es gibt Dinge, die so bekannt sind, daß man sich um sie nicht mehr fümmert. So geht es uns mit allem, was wir täglich haben, mit Verwand ten, Freunden, mit Worten, die wir täglich aus­sprechen, ohne uns um ihren Sinn zu kümmern. So geht es uns dann auch mit Büchern, mit Dich tern, mit Werfen, mit denen wir aufgewachsen find. Wie viele Bücher könnten sich an Popularität mit Gullivers Reisen messen. Wie wenig weiß man von Swift. Wer hat überhaupt eine richtig historische und menschliche Vorstellung von dem Mann, der uns die Reise nach Liliput, Brobding­nag, Laputa geschenkt hat und zuletzt die schauer lich große zu den Houyhnhnms, dem Lande, wo die Pferde denkende und herrschende Wefen sind, und der Mensch ein kleines, ekelhoftes Tier, das bei den edlen Landesbewohnern Efel und Verachtung erzeugt.

Ja, der Mann. der dies schuf, fann nicht ge­wöhnlicher Art gewesen sein, denn fein Gulliver t var ein Broduft der riesigen Reiseliteratur des 17. Jahrhunderts, aber es ist in seiner Art etwas ganz Vollkommenes. Und so ist es natürlich. Daß hinter diesem Werf eine große und interessante Bersönlichkeit steht, die zum Saffen geboren war und die Menschen mit schäumender Wut zur Liebe singen wollte...

Wie bei allen in ihrer Art ganzen Menschen, fiebte auch Swift nur das, was er von seiner Ge­burt an gewesen war: ein Leben der Enttäuschun gen und des Saffes, das seinem eingeborenen Saß immer neue Nahrung gab. Swift mußte leiden, weil Menschen seiner Art niemals Erfolomens schen find: Swift mußte leiden, weil Erfolgsju­chern, wie ihm niemals, trots allem Ruhm. Die Zuneigung der Menschen gehören konnte. Weil er ein von Saß erfüllter, von Geburt

der erschienen ist und damit aufs neue einen Mann der literarischen Oeffentlichkeit gibt, der in dieser Zeit der Not, Unterdrückung und Menschennie­brigkeit noch zu den aktuellsten Schriftstellern ge­hört.

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Sein Hauptwerk freilich bleibt der Gulliver, der auf vier Reisen zu den Zwergen, Niesen, Spe­fulanten und Pferden kommt und dabei Menschheit in ihrer Verkümmerung, Hochentwick lung, Verzerrung und vollkommenen Aufhebung durch die Pferdezucht kennen lernt.

an verbitterter Mensch war, hatte er auf dem für| war für ihn, den fleinen irischen Geistlichen, nicht ihn entscheidenden Gebiet feine Erfolge. Weil ihm möglich. Aber diese Bischofsmüße erhielt er nie. diese Erfolge versagt blieben, verbiß er sich in eine Im Wege stand ihm seine literarische Vergangen Menschenfeindschaft größter, aber auch fruchtbar- heit, sein föstliches satirisches Märchen von der ster Art. Wenn Sie an die Welt denken, geben Tonne, in dem er die katholische, lutherische und sie ihr einen Hieb von mir", schrieb er einem falvinistische Konfession verhöhnte. Das Stüd war Freunde. Einen Sieb der Welt aebent... das zwar nach außen zugunsten der englischen Soch war seine Sehnsucht, seitdem die Welt ihm einen firche geschrieben, aber man verstand schon die Sieb gegeben hatte. Nicht um die Menschen zu wahre Gesinnung des Autors, die sich innen ver­bessern, sondern um sie zu ärgern, zu vernichten, barg. Nächstens war ihm vielleicht die Hochkirche schrieb er den Gulliver. Und was tat die dumme, und vielleicht alle religiöse Lehre nur noch einen aber schlaue Welt? Sie riß dem Werk seine gifti- guten Wit wert. Um dieses Märchens willen hatte Svift zeigt uns die Erbärmlichkeit des Men gen Teile aus und warf den Nest den Kindern ihn die hohe Geistlichkeit und die Königin Anna zum Spielen hin. Seitdem ist der Gulliver ein in Bann getan. Alle Beziehungen mit den füh- fchen, indem er uns ein Volt von winzigen Wesen Kinderbuch. Erinnert das nicht an das Raubtier venden Männern des Landes, alle Leistungen vorführt. Alle unseren Schwächen lehven dort in im Säfig, das die Menschen mit Stöcken und flei- nüßten ihm nichte. Sooft auch versucht wurde, einem verniedlichten Zustand wieder. Die Intri nen Steinen neden? Aber in der Welt kommt die Beförderung durchzudrücken, Swift wurde gen und Erbärmlichkeiten der Gesellschaft werden ein Wille zuleßt doch immer an sein Ziel an. Der ftets fallen gefaffen. Zuletzt wurde er Dechant von uns sichtbar gemacht, indem das Zwergbolt von unverkürzte Gulliver erschien zwar zum erstenmal St. Batrid, verließ London , das ihm unzählige Liliput sie in der Formt verschiedenster Spielereient erst 1905 in England und 1909 in Deutschland . geheime Ehren, aber kein öffentliches Amt gebracht wiederholt. So wird man in Liliput mur Mi­Aber nun ist es auch Zeit zu erkennen, mit wel hatte, und fehrte in feine irische Heimat zurüd, nister, wenn man eine Probe auf einem Seil chem gewaltigen Wert wir es zu tun haben. Welch für die er die hinreißenditen Stambfschriften der glücklich bestanden hat. Wer auf dem Seil die ein gewaltiger Mann hinter dem Werke steht Weltliteratur gefchrieben hatte. Mie alles, batte höchsten Sprünge machen kann, erhält die höchſte Swift war der geborene Politifer. Niemals er, weil es gerade in die Torhyolitik paßte, auch Aemter. Eine andere Unterhaltung bei Hof be hatte er einen anderen Ehrgeiz als auf die Bestal Irland verraten. Aber seine mit Recht berühmten fung der englischen und europäischen Bolitik ein- Tuchhändlerbriefe machten ihn schnell wieder zum zuwirken. In welchem Sinne, das läßt sich nach vergötterten Liebling des unterdrückten Landes. frönlich schwer erkennen. Swift lebte im fitten Die ganze Qual des ausgefogenen Volkes erhielt fofesten Jahrhundert. int fittenlosesten Bande, in in seinen Worten Stimme, und wenn er mit der dem Storruption. Aemterschacher, Hofdienst und Miene des Erustes den Vorschlag machte, die Kin­Falschspiel mit Starten und mit der Liebe üblich der der Armen von ihremt zweiten Lebensjahr an spar. Da fonnte man freilich nie wissen, zu wel zur Ernährung der Erwachsenen zu verwenden cher Partei sich ein Bolitiker schlagen würde. So- und nur sponzigtausend Knaben zur Aufzucht zu weit erkennbar, hielt sich Swift gewöhnlich an rückzubehalten, was schon mehr ist als bei Scha­die Regierungspartei, und mit dem We.hsel der fen, Hornvieh oder Schweinen, dann spürte das Ministerien war er bald Whig, bald Tory, das dem Sungertode preisgegebene. Land in der schein­heißt bald das, was wir heute liberal ober ton- baren Verhöhnung seiner Not den ingvinmigsten fervativ nennen. Swift lag es in erster Linie Haß gegen seine Beiniger. baran. volitische Macht zu erhalten, um praktisch In Swifts politischen Flugschriften, Brie­Politit. treiben zu können. Um das zu erreichen, fen und Predigten ist heute noch viel von leben­ftrebte er nach dem Bischofshute; dadurch hätte er einen Sitz in Oberhaus erhalten und Zutritt zu den höchsten Aemtern gefunden. Ein anderer Weg

digster Birkung. Man kann sich daher nur freuen, daß die einzige deutsche Swiftausgabe, die vier­bändige des Verlags Erich Reiß - Berlin , jest wie­

steht darin, daß Ministerkandidaten über einen Stab, den der König in der Hand hält, springen oder unter ihm durchschlüpfen müssen. Wer darin am geschichtesten ist, erhält ein Stück farbigen Zwirn zur Belohnung, worauf man sehr stolz ist.

In Liliput findet Gulliver aber bereits Sit ten, die an Vorzüge und Schönheiten des edlen Landes der Riesen erinnern. In Liliput muß der Ankläger den unschuldig Angeklagten aus eigenen Mitteln reich entschädigen. Vertrauensbrüche wer­den schwerer bestraft als Diebstahl und Einbruch. Der liliputanische Richter fennt nicht nur Stra fen, sondern auch Belohnungen. Wer dort 73 Monate ununterbrochen alle Landespeseße einhält, wird öffentlich belohnt. Daher wird die Justitia . mit einem offenen Sack Gold und einem in der Scheide befindlichem Schwert dargestellt, Zeichen deffen, daß sie lieber belohnt als bestraft. Undant gilt als Kapitalverbrechen. Dann wer seinem