27. Mai. 1923.

Zustizbarbarei in Horthyungarn.

Der Bariser Kommunistentongreß.

Geite 7

Gerade als der Beklagte anfängt, den Eid nachzusagen, stürzt sie vor, schleudert seine aus gestreckte Hand beiseite und reißt die Bibel an sich. Ein furchtbares Entsetzen hat ihr endlich den Mut gegeben. Er darf seine Seele nicht verschwö­ren. Er darf nicht. ihr die Bibel abzunehmen und sie zur Ordnung Der Gerichtsdiener eilt sogleich herbei, um zurückzurufen. Sie hat ungeheure Angst vor al­Schrecken. Sie macht ein paar heftige Bewegunt fie glaubt, daß das, was sie jetzt getan bat, fie Die Klägerin hört dies mit dem äußersten lem, was mit dem Gericht zusammenhängt, und gen und preßt die Hände zusammen. Nun will auf die Festung bringen wird. Aber sie gibt die jie vor dem Richterstuhl sprechen. Sie kämpft Bibel nicht her. Was es auch fosten mag, er darf einen furchtbaren Stampf mit ihrer Scheu und mit den Gid nicht ablegen. Er, der schwören will, dem Schluchzen, das ihr die Kehle zusammen- läuft auch herbei, um das Buch zu ergreifen, aber schnüvt. Das Ende ist doch, daß sie kein hörbares fie leistet auch ihm Widerstand. Wort hervorbringen fann. Du darfst den Eid nicht ablegen!" ruft sie. ,, Dit darfst nicht!"

und ihr Verhältnis zur Tuberkulose angestellt wor Es kommt manchmal vor, daß der Richter Jetzt hat der Richter vz Eid abermals vor­Wien, 26. Mai.( Eigenbericht.) Nach zwei Staubes, dann auf die Dauer seiner Einwirtung an. ger   Ratgeber, und die Parteien davor behütet, sich vollbracht sein. Jene Tat, von der es keine Um­den. Danach kommt es zunächst auf die Art des in einen Prozeß eingreift, als ein guter und flu- gefagt. In einigen Augenblicken wird die Tat monatigen Verhandlungen wurde in Budapest   Am schädlichsten ist harter, unlöslicher Staub mit ganz und gar zugrunde zu richten. Aber diesmal fehr gibt, die niemals gutgemacht, niemals aus­der politische Prozeß gegen 35 Jugendliche scharfen Eden, z. B. der Riefelsäurestaub in Granit- ist er müde und überdrüssig, und er denkt an gelöscht werden kann. abgeschlossen. Fünf erhielten Zuchthaus von zehn bis vierzehn Jahren, andere werken. Auch die chemische Beschaffenheit des Stau nichts anderes, als dem gesetzlichen Verfahren sei­von zehn bis vierzehn Jahren, andere bes spielt eine Rolle. So soll Arsen- und Kobalt- nen Lauf zu lassen. Kerker von zwei bis zweieinhalb Jahren, 28 Staub ernste entzündliche Veränderungen und selbst Gefängnis bis zu einem Monat. Er legt das Zeugnis hin und sagt dem Be­Krebs in der Lunge verursachen. Riefelsäureftaub tlagten mit ein paar Worten, er hoffe, daß dieser tann bei intensiver Einwirkung einen Arbeiter in die verhängnisvollen Folgen eines falschen zwei bis acht Jahren vollkommen arbeitsunfähig Schwures genau bedacht habe. Der Beklagte hört Paris  , 25. Mai.  ( Havas.) Der Ministerrat machen, während Kohlenstaub erst in 20 und 30 ihn mit derfelben Ruhe an, die er die ganze Zeit hat beschlossen, daß die Akten in der Angelegen Jahren nachweisbare Veränderungen hervorruft. über an den Tag gelegt hat, und antwortet re­heit der angeklagten Kommunisten vom General- Auch Zementstaub sowie tierische und pflanzliche spektvoll und nicht ohne Würde. profurator dem Prokurator der Republik   über- Staubfasern wie sie im Tegtilgewerbe vorkommen, geben werden, der sie dem Untersuchungs- find verhältnismäßig unschädlich. Rallstaub hinge richter abtritt. Der Ministerrat beauf- gen ist, worauf die Umschau" hinweist, nicht nur tragte den Justizminister Colrat mit der Aus- nicht schädlich, sondern eher ein schützender Faktor arbeitung eines Entwurfes einer Neuorganis für die Lungen. Die kleinen Staubteilchen werden sation des Gerichtshofes.( Erfolgt diese wahrscheinlich als Kalzium- Bikarbonad resorbiert. eigens zum Zweck des Kommunistenprozesses, so Die geringe fiebröse Veränderung, die Rohlenstaub ist das ein in der Rechtspflege bisher ganz un- und Rus im Lungengewebe hervorrufen, ist als eine erhörter Vorgang. D. R.  ) Art Schutzwall gegen das Bordringen des Tuberkel­Teims aufzufaffen. Im allgemeinen bieten Staubin­hallationen und Lungentuberkulose oft sehr ähnliche Erscheinungen, und sicherlich werden die Folgen der Staubeinatmung in vielen Fällen fälschlich als Tu­berkulose angesehen. Jedenfalls spielt die Staubin­hallation in der Ruantheit und Sterbeftatistit eine fehr geringe Rolle. Sie wird meist überschäßt, und Der Staubarbeiter steckt sich sehr häufig nicht in fei­nem Betrieb, sondern in seinem Heim bei tuberku lösen Familienmitgliedern an.

Sturz des Ministeriums Silorsti.

Warschau  , 26. Mai.  ( Tsch. P.-B.) Zu Be ginn der heutigen Sejmsizung erklärte der Refe­rent des Budgetausschusses, daß diefer mit Stimmen majorität zwei Posten des Budgetprovisoriums für das zweite Viertel­jahr, u. zw. den Dispositionsfond des Ministerpräsidenten und des Mini­sters des Aeußern verworfen habe. Nach dieser Erklärung ergriff Ministerpräsident Sikorski das Wort, der erklärte, daß die Regierung aus diefer Tatsache die Konse quenzen ziehen werde, jedoch wolle, daß das Plenum des Hauses über das Verhältnis des Sejm   zur Regierung die Entscheidung fälle. In seinem Tätigkeitsbericht verwies er gelegentlich der äußeren Angelegenheiten darauf, daß alle Hoffnung vorhanden sei, daß in der Jaworinafrage das polnische In­teresse gewahrt bleiben werde und daß die Entscheidung in der Jaworinafrage gleichzeitig den Anfang freundschaftlicher Be ziehungen zwischen Polen   und der Tsch) e- choslowakei bilden werde. Zum Schlusse er klärte er, daß er auf seinem Posten nur bis zu dem Momente ausharren wolle, bis sich im Hauſe eine Majorität herausgebildet habe, auf die sich eine neue Regierung stützen könne. Trotzdem wurden bei der Abstimmung die Posten, be­treffend den Dispositionsfond mit 279 gegen 117 Stimmen bei 1 Stimmenenthaltung abgelehnt. Dies bedeutet ein Mißtrauens votum für die gegenwärtige Regierung.

Mac Kenna englischer Schattanzler.  

London, 25. Mai  .( Reuter.) Mac Renna, der unter Asquith Schazkanzler war, hat denselben Posten im Kabinette Baldwin ange­nommen. Indessen wird er mit Rücksicht auf eine kürzlich durchgemachte schwere Krankheit sein Amit erst übernehmen, wenn er vollständig ge­nesen ist. Baldwin wird infolgedessen seine Tätigkeit fortsetzen, bis die Finanzbill endgültig angenommen ist.

Kleine Chronit.

Arbeitertod.

Der Eid foll also geleistet werden. Er wird ihn ablegen. Niemand wird ihn hindern, feine Seele zu verschwören.

Bis dahin hat sie nicht glauben fönnen, daß es geschehen würde. Aber jetzt packt sie die Ge­wißheit, das es unmittelbar bevorsteht, daß es im nächsten Augenblick eintreten wird. Ein Schret­fent, der viel überwältigender ist als alles, was sie bisher gekannt hat, bemächtigt sich ihrer. Sie wird ganz versteinert, sie weint nicht einmal mehr. Die Augen stehen ihr im Kopfe still.

dammnis auf sich herabzubeschwören. Es ist also seine Absicht, die evige Ver­

Was jetzt vorgeht, ervedt natürlich das größte Staunen Die Versammelten drängen sich zum Nichtertisch, die Geschworenen erheben sich, der Protofollführer springt auf, mit dem Tinten­faß in der Hand, damit es nicht umgestürzt würde.

Da ruft der Richter mit lauter Stimme: Still!" und alle die Menschen bleiben regungs­los stehen.

Was fällt dir bei? Was hast du mit der Bibel zu schaffen?" fragt der Richter die Klägerin mit harter und strenger Stimme.

Nachdem sie ihrer Angst in einer Tat der mung gewichen, so daß sie antworten kann: Er Verzweiflung Luft gemacht hat, ist ihre Beklem darf den Eid nicht ablegen!" Sei still und gib das Buch zurüd!" ruft

der Richter.

Aber sie gehorcht nicht, sondern umflammert das Buch mit beiden Sänden. Er darf den Gib nicht ablegen!" muft fie mit ungezügelter Heftigkeit.

Tage ist der von Kolozsvar nach Nagyvarad verfeh Die Telepathie des Lokomotivführers. Diefer rende Schnellzug in der Nähe der Station Gjucfa auf merkwürdige Art einem Unglüd entgangen. Der bes willen freischwören will. Aber wenn er auch Sie versteht wohl, daß er sich um seines Wei­Lokomotivführer brachte den Zug ohne erklärliche Ursache plötzlich zum Stehen, und, wie es sich später einen schweren Stand mit ihr haben sollte, so darf herausstellte, verhinderte er dadurch einen schweren er doch deshalb nicht seiner Seele Seligkeit preis­Eisenbahnunfall. Der Fall ist höchst merkwürdig, geben. denn der Lokomotivführer erzählte, daß sich vor Es gab nichts Furchtbareres als einen Mein­seinen Augen plöglich alles verfinstert hatte. Er sah eid. Es war etwas Geheimnisvolles und Gräßli­durch das Lokomotivfenster die Strede nicht, und ein ches um diese Sünde. Es gab feine Gnade ober beklemmendes Gefühl bemächtigte sich seiner. Unter Vergebung für sie. Die Tore des Abgrundes öff dem Zwang dieser Eingebung brachte er den Zug nen sich von selbst, wenn der Name des Moin­zum Stehen, und dem herbeieilenden Zugspersonal eidigen genannt wurde. erflärte er, nicht früher weiterfahren zu wollen, bis Wenn sie jetzt die Blicke zu seinem Gesicht er­die direkt vor ihm liegende Strede untersucht würde. hoben hätte, würde sie gefürchtet haben, es schon Die Schaffner machten sich auf den Weg und fehr- mit irgendeinem Zeichen der Verdammnis gestem ten nach kurzer Zeit mit der überraschenden Mel- pelt zu sehen, von Gottes Zorn ihm aufgeprägt. dung zurüd, in einer Entfernung von 300 Metern Während sie so dasteht und immer größere vor dem Zuge sei ein Geleiseabschnitt in so hohem Angst sich ihrer bemächtigt, hat der Richter dem Maße loder geworden, daß die Schienen die riesige Beklagten gezeigt, wie er die Finger auf die Bibel Last nicht hätten tragen können und eine Entglett legen hat. Dann schlägt der Richter im Gesucht sich zu beruhigen. Sie hört selbst, wie sie fung unvermeidlich gewesen wäre. Es wurden aus Csucsa Arbeiter geholt, die die Strede wieder her­stellten, so daß der Zug nach mehrstündiger Verspä tung den Weg nach Nagyvarad fortseßen konnte.

Im Gerichtssaal.

Erzählung von Selma   Lagerlöf. ( Schluß.)

Der Richter fönnte doch nicht glauben, daß fie in einer solchen Sache lüge, daß sie so furcht vares Unglück auf sich heraufbeschworen hätte, wenn sie einen andern hätte antlagen fönnen als einen verheirateten Mann. Und wenn er dies wußte, so müsse er doch den Eid verhindern.

Sie sieht, daß der Richter dasißt und das Zeugnis des Pfarrers ein paarmal durchliest. Darum fängt sie an zu glauben, daß er eingreifen wird.

In der Munitionsverwertungsfa. Es ist auch richtig, daß der Richter nachdenk­brit Kelsterbach bei   Frankfurt a. M. erfolgte beim lich aussicht. Er heftet seine Blide ein paarmal Entladen von Granaten eine Explosion, auf die Klägerin, aber dabei wird der Ausdruck Fünf Personen celitten täbliche Verletzun- des Efels und des leberdrusses, der auf seinem gen, vier weitere wurden schwer verletzt. Gesicht ruht, intmer deutlicher. Es sieht aus, als wäre er ungünstig gegen sie gestimmt. Selbst wenn die Klägerin die Wahrheit spricht, so ist sie ja doch eine schlechte Person, und der Richter kann fein Interesse für sie empfinden.

Staub und Tuberkulose. Neuerdings sind in  Amerika mehrfach Untersuchungen über die Bedeu­tung der Lungenkrankheiten durch Staubeinatmung

Ein Nachfahre Rousseaus.

Trommeln in der Nacht, Drama von Bertold  Brecht. Erstaufführung im Prager   Deutschen Theater am 25. Mai 1923.

feyzbuch nach, um die Eldesformel zu finden.

Als sie ihn die Finger auf das Buch legen sieht, macht sie noch einen Schritt zum Richter­stuhl hin, und es sieht aus, als wollte sie sich über den Tisch beugen und seine Hand fortziehen. Aber noch wird sie von einer letzten Hoff­nung zurüdgehalten. Sie glaubt, daß er jetzt im letzten Augenblick noch davon abstehen wird.

Der Richter hat die Seite im Gesetzbuch ge­funden, nach der er gesucht hat; und jetzt beginnt er, den Eid laut und deutlich vorzusagen. Dann macht er eine Pause, damit der Beklagte feine Worte nachsprechen kann. Und der Beklagte fängt wirklich an, fie nachzusprechen, aber er macht einen kleinen Fehler, so daß der Richter von vorn anfangen muß.

Jetzt fann fie feinen Schimmer von Hoffnung mehr haben. Jest weiß sie, daß er falsch schwö ren, daß er Gottes Zorn für das ganze zukünftige Leben auf sich herabschwören will.

Sie steht da und ringt die Sände in ihrer Silflosigkeit. Und es ist alles ihre Schuld, weil sie ihn angeklagt hat.

Aber sie war ja ohne Arbeit, sie hungerte und fror. Das Kind lag im Sterbent. An wen hätte sie sich sonst wenden sollen, um Hilfe zu finden?

Nie hätte sie auch geglaubt, daß er eine so schreckliche Sünde würde begehen fönnen.

Ist es dir so sehr darum zu tun, den Pro­zeh zu gewinnen?" fragt der Richter mit immer schärferer Stimme.

Jch will die lage zurückziehen!" ruft fie mit lauter schneidender Stimme." Ich will ihn nicht zwingen, zu schwören!"

Was schreist du da?" fragt der Richter. Bast du den Verstand verloren?"

Sie ringt heftig nach dem Atem und ver schreit. Der Richter muß wohl glauben, daß sie toll getvorden ist, weil sie das, was sie will, nicht in rithigen Worten sagen kann. Noch einmal fämpft sie mit sich selbst, um Macht über die Stimme zu erlangen, und diesmal gelingt es ihr. Sie sagt langsam ernst, laut, während sie dem Richter gerade ins Gesicht sieht:

Ich will die Klage zurückziehen. Er ist der Vater des Kindes. Aber ich habe ihn noch lieb. Ich will nicht, daß er falsch schwört!"

Sie steht aufrecht und entschlossen vor dem Richtertisch und sieht dem Richter gerade in sein strenges Gesicht. Er sitzt da, beide Hände auf den Tisch gestützt, und lange, lange wendet er den Blid nicht von ihr. Während der Nichter sie betrachtet, geht eine große Veränderung mit ihm vor. All das Schlaffe und Mißvergnügte, das in feinen Zügen lag, verschwindet, und das großze, grobe Geficht wird durch die Rührung geradezu schön. Sich da, denkt der Richter, sieh da, so ist mein Volt. Ich will mich nicht darüber bekla­gen, wo doch bei einer der Geringsten so viel Liebe ind Gottesfurcht zu finden ist.

Plöglich aber spürt der Richter, daß seine Augen sich mit Tränen füllen, und da zuckt er beinahe beschämt zusammen und wirft einen ra schen Blick um sich. Da sieht er, daß die Schrei ber und Gerichtsdiener und die gange lange Reihe der Beisitzer sich vorgebeugt haben, um das Mäd chen anzusehen, das vor dem Richtertisch steht, die Bibel an sich gedrückt. Und er sicht einen Schim mer auf ihren Gesichtern, so als hätte sie etwas richtig Schönes gesehen, das sie bis in das tiefste Herz erfreut hat.

men werden. Oder soll es Flucht sein? Dann an Geist und Leib vergewaltigt zu werden. Da­müßte Brecht von einem rein negativen Urteil von tann man wahnsinnig werden. Dann kommt betroffen werden. Das verdient er nicht. Sein die Lyrik der dritten Aftes: Zwischenaktmusik. Tierhaftes ist das Urelementare, das der Ma- Sie ist entbehrlich, wenn auch ihr Motiv schön terie Gegenübergestellte, das Unbedingte, die letzte ist. Aber was folgt, erschüttert nicht mehr- und Hierauf sieht der Nichter auch über das ver Konsequenz. Darin liegt Genialität. Aber auch sei es auch ernsthaft als letzte Folge gedacht. In sammelte Volt hin, und es ist ihm, als fäßen Gefahr, Wegweisung zum Tier und sei sie diesem Falle weiß der reine Mensch von heute alle diese Menschen stumm und atemlos da, als Bertold   Brecht scheint ebenso unmittelbar felbft grotest gedacht raubt die Erschütterung. anderen, besseren Weg als den zum Tier. Und hätten sie gerade jetzt das gehört, wonach sie sich mit   Rousseau zusammenzuhängen wie die Stür- Das erweist sich als wahr in Brechts Schauspiel wollte Brecht grotest sein, dann hat er damit am meisten gesehnt. mer und Dränger des 18. Jahrhunderts. Daraus Trommeln in der   Nacht". Erschöpfung verraten. Dieser Kontrast zwischen Zu allerletzt sieht der Richter den Beklagten ergeben sich seine Vorzüge und seine Fehler. Rous- Andras Kragler( zum Teil Typus Michael Anfang und Ende macht sich bis in die an. Jetzt ist er es, der mit gesenktem Kopf da­seau, der bildungshungrige Volkssohn, verneinte Kohlhaas) kommt aus dem Krieg aus   Afrika äußere Form bemerkbar: die ersten zwei Afte steht und zu Boden blickt. Der Richter wendet die Existenz der Kultur an sich, weil er statt Bil- direkt nach   Berlin. Er findet seine Verlobte an find beinahe kleistisch klar und wuchtig. Die zwei sich abermals an das arme Mädchen. Es soll dung schöngeistiges Surrogat vorfand. Deshalb einen Schieber verkuppelt. Da hebt der eigentliche letzten sind verworren. Die Trommeln in der so sein, wie du es haben willst", sagt er. Die stürzte er sich kopfüber in die Natur. Ohne Ueber- Stampf an: Natur rast gegen Unnatur. Natur: Nacht, hart und scharf auhebend, verklingen ganz selage wird zurüdgezogen", diftiert er dem Pro­gang, unbedingt. Seine Jünger in   Deutschland: das ist Andreas Stragler, ürelement, in seinem verworren. Der Sturm des Genies Brecht muß tokollführer.

"

Lenz, Klinger, Wagner versuchten es dichterisch reinen Wesen besudelt, wehrt sich, wahnsinnig, sich zur Harmonie der Sphären durchringen.

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Der Beklagte macht eine Bewegung, als ihrem Propheten nachzutun. Sie machten es be- d. i. elementar, verbunden mit allem sonstigen Die Aufführung stand im Zeichen guter wollte er einen Ginwand vorbringen. ,, Was denn? dingter, nicht romanisch- gefühlsmäßig, sondern Elementaren der Weltstadt: proletarischen Kell- Führung. Sans Demetz und sein Bruder Was denn?" schreit ihn der Richter" an. Sast  deutsch- ideell und zerfleischten sich dabei selbst. nern, Dirnen, Zuhältern und Spartatiſten Star I folgten tren den Anregungen der Münch du vielleicht etwas dagegen?" Der Beklagte läßt Ihre Salbgeburten starben bald in einem, wenn gegen die Unnatur, die sein reines Gefühl ver- ner Aufführung, vor allem aber imponierte das den Kopf noch tiefer sinken und sagt kaum hör­auch erschütternden, so doch gräßlichen Kampf. wirren will. Unatur: das ist Nationalismus, große schauspielerische Können Wenzel of bar: Ach nein, es ist wohl am besten so." Als Zeichen der Zeit sind sie allerdings noch Schiebertum, Journaille. An zwölf Stunden manns. Ihm ist es gelungen, das Leid der Der Richter sitzt noch einen Augenblick still, immer mehr als markant. dauert der rasende Kampf, wirbeln die Trommeln verwundeten Tierkreatur beinahe bis zum letzten Auch Brecht schreit: Ihr Wucherer! Ihr in der Nacht. Dann aber hat sich das Element Aft also über die Intentionen des Dichters hin- dann schiebt er den schweren Stuhl zurück, erhebt Halsabschneider! Ihr blutdürftigen Feiglinge, von allem Selebzeug befreit, Natur an sich siegt, aus, zu gestalten. Im Gegenspiel leistete Herr sich und geht rings um den Tisch zur Klägerin ihr!", auch er will nicht mit falscher Romantik das Animalische: Andreas Stragler geht mit Anna Josef Renner mehr als Durchschnittliches. hin. über die Gräßlichkeit der Gegenwart hinwegsprin- in das großze, weiße, breite Bett". Frl. Voz drang nicht vollends in das Wesen Ich danke dir", sagt er und reicht ihr die gen, auch er zieht die letzte Konsequenz: Zurück In der Unbedingtheit des Andreas Kragler der an sich ein wenig farblosen Rolle ein. Unter Hand. Sie hat die Bibel jetzt fortgelegt und steht zur Natur! Das wäre gut, wenn auch nicht neu. offenbart sich Brechts Genialität. Diese Unbe- den übrigen ragte Frau Medelsky als Pro­Aber während sich   Rousseau gegen die Interpre- dingtheit wirkt solange erschütternd, solange sie stituierte hervor. Der Beifall des Parquetts war da und weint und trodnet die Tränen mit dem tierung seines Rufes durch   Voltaire energisch ge- mit Menschlichkeit, Humanität im höchsten Sinne schwach oder blieb aus. Die Jugend auf der zusammengerollten Taschentuch. wehrt hat, indem er sagte, daß er nicht nach Wie- zusammenhängt. Das ist in den zwei ersten Aften Galerie nahm das Revolutionäre im Stück mit derherstellung unserer tierischen Einfalt strebe, der Fall. Hier sind die Trommelrufe sehnsüchtig Begeisterung auf. muz bei Bertold   Brecht gerade diese tierische oder echt aufrüherisch. Hier leidet ein Mensch Dr. Ostar Kohn. Einfalt" als das Letzte, als Rettung angenom- unter dem furchtbarsten Schicksal der Gegenwart:

Ich danke dir!" sagt der Richter noch ein­mal und ergreift ihre Hand so leicht und behut fam, als wäre sie etwas gar Feines und Kost­bares.