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3. Saurgang.

Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen   sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der tschechoslowakischen Republit.

Deutschgelber Wirrwarr.

Vor kurzem schrieb das deutschgelbe Hauptblatt: Wir haben seinerzeit die Ansicht vertreten, daß die Sprengung des deutschen   parlamentarischen Verbandes ein politischer Fehler und taktisch verfrüht war.... Unsere Prophe­zeiung hat sich erfüllt." Es ist wahr, die Deutschgelben haben seinerzeit" prophe­zeit. Danach wäre man versucht, die Befähi­gung der Deutschgelben zum Prophezeien an­zuerkennen, wenn man sich nicht erinnern würde, daß sie vor dem seinerzeit" ganz anders prophezeit hatten. Knirsch und Jung und ihre Pressebedienten, konnten sich, als der Verband zerschlagen wurde, vor Freude und Begeisterung faum fassen, erklärten es als höchst an der Zeit, daß mit dem Gebilde des Verbandes, der die deutsche Einigkeit nur vor geschwindelt habe, aufgeräumt wurde und prophezeiten, daß es nun mit der Befreiung des deutschen   Volkes ganz anders vorwärts gehen werde. Da die Deutschgelben jede Spanne Zeit etwas anderes prophezeien". mag dann eine der Prophezeiungen wirklich zutreffen, wobei es nichts verschlägt, daß die Propheten damals, als sie die Sprengung des Deutschparlamentarischen Verbandes noch nicht als berfrüht" und politischen Fehler prophe­zeiten, jeden anbelferten, der ihre auf die

Sonntag, 10. Juni 1923.

Offiziersrevolte in Bulgarien  .

London  , 9. Juni( Reuter.) Aus Sofia   wird unter dem heutigen gemeldet: Die Re­gierung wurde durch die Organisation der Reserveoffiziere gest ürzt. Alle Minister find in Haft gefeßt worden. Die neue Regierung ist gebildet. Es sind in ihr alle Oppo­fitionsparteien außer den Kommunisten vertreten. Im Lande herrscht Ruhe.

Belgrad  , 9. Juni. Nach hier eingetrof fenen Nachrichten ist in Sofia   eine Revolution ausgebrochen. Die unter der Führung eines mazedonischen Komitees stehenden Revolutionäre bemächtigten sich der Regierungsgebäude. 3antow hat das neue Kabinett gebildet.

Sofia  , 9. Juni.  ( Bulg." Tel.-Ag.) Die im Ausland verbreiteten Nachrichten, daß die neue Regierung eine Mobilisierung an geordnet habe, find Erfindungen. Es wurde fein Mobilisierungsbefehl erlassen. Die öffentliche Gewalt in Bulgarien   genügt vollkommen zur Aufrechterhaltung der Ordnung, die übrig ens feineswegs gestört worden ist.

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Im Borgefühl des Kommenden.

Sofia  , 9. Juni. Der Minister des In­nern Stojanow teilte den Journalisten heute mit, daß mehrere mezedonische revolutionäre Organisationen den Beschluß gefaßt haben, den Ministerpräsidenten Stambolijski, den Kriegsminister Murawiew, den Minister des Innern Stojanow sowie zivci angesehene Mits glieder der Agrarpartei zu ermorden. Die Mörder befinden sich bereits in Sofia   und warten auf den geeigneten Augenblid, um ihre Absicht auszuführen. Die Polizei ist ihnen be reits auf der Spur. Wenn es gelingen sollte, ihrer habhaft zu werden, könne die Be­

Sprengung gefeßten Soffnungen nicht teilen Die deutsche Reaktion

völkerung erleichtert aufatmen. Sollten sie je doch die Tat ausführen können, so wirden dies nicht nur sic, sondern auch ihre Landsleute, ihre Führer und ihre Gesinnungsgenossen teuer bezahlen. Was geschehen wird, kann ich noch nicht sagen; sicher aber fann gesagt wer den, daß viel Blut vergossen werden wird und das ungezählte Opfer fallen werden. Gott   möge verhüten, daß die Ercig nisse einen Verlauf nehmen, der eine Vergel tung durch die Mitglieder der Bauernorgani fation und des bulgarischen arbeitenden Bolles notwendig macht. Der Kreis Petritsch, vielleicht auch Küstendil und selbst die Hauptstadt wir den in diesem Falle Friedhöfen gleichen.

gegen die Feiertage

der Revolution.

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Nr. 133.

Frankreichs Shergen.

Die Generale   Foch und Le Rond sind nicht umsonst in   Warschau,   Prag und Belgrad   gewesen: die Gefühle der besuchten Nationen zu Frankreich  find prompt um einige Wärmegrade in die Höhe gegangen und der militärische Geist, den der große Marschall" jo leuchtend repräsentierte, hat dank ihm in den drei Hauptstädten noch begeister­tere Befenner gefunden. Auch die Terminologie hat man mit anerkennenswerter Raschheit und Geschicklichkeit aus Paris   übernommen: die Re den zur europäischen   Lage, welche die Außenmi nister Polens   und des südslawischen Staates, Seyda   und Nintschitsch, Freitag in ihren Parlamenten gehalten haben, verwenden immer dann die Worte Gerechtigkeit" und Freiheit", wenn es sich darum handelt, irgend eine faule, schon von fern nach Imperialisms, Landgier und Vergewaltigung duftende Sache zu charakterisie­ren, und sobald gar der pathetische Ausruf Friede"," thige Entwicklung" oder dergleichen auftaucht, kann man gewiß sein, daß die Phanta fie der Herren Seyda und Tintschitsch Schrapnells plaßen und Gasbomben fliegent sicht.

Namentlich die Ausführungen des polnischen Ausdrücke gekleidet, ein einziger Saß und Raub Außenministers waren, in parlamentarische gesang, und wo er Bündnisse und Freundschaften feierte oder Spannungen von einst als schyvin dend, beziehungsweise als behoben bezeichnete, dort geschah das nur, um die Offensivfront noch schärfer und entschiedener gegen den gegenwärti gen Feind zu fehren. So erflärt sich einfach, und ohne daß man ihn deshalb als friedlicbend preisen müßte, Seydas Absage an jene polnischen Boliti­fer, die unter Pilsudskys Führung bisher den Krieg gegen Sowjetrußland vorbereiteten, und die ausschusse des Reichstage& unternahmen schon gesetzlicher Feiertag sei, auch in Zukunft gel­Berlin, 8. Juni  .( Tsch. PV.) Jm Recht den mit Ausnahme des 1. Mai, der dort, wo er Verlegung der Angriffsrichtung von Ost nach ausschusse des Reichstages unternahmen schon gefeßlicher Feiertag sei, auch in Zukunft gel- Weſt. Von der Ostsee   bis zum Ballan möchte er, die bürgerlichen Parteien gelegentlich der Bera- ten solle. Von sozialdemokratischer Seite wurde natürlich in edelster Friedensabsicht, eine Stette tung des Gefeßentwurfes über die Feier und beantragt, diese Ausnahme auch auf den 9. No von Staaten durch Bündnisse aneinandergeschlof­Die Politik der Deutschgelben ist derartig Gedenktage einen Borstoß gegen die in einigen vember auszudehnen. Die bürgerliche Mehrheit sen wissen, sei es in der Form einer Ausdehnung der Konfussion verfallen, daß nun selbst die ändern geseßlich festgelegten eistimmte aber nicht nur diesen sezial- demokrati- der Kleinen Entente  , sei es durch individuelle Deutschnationalen sich über den hoffnungslosen ertage des 1. Mai und des 9. November. schen Antrag nieder, sie hob auch die in der Re. Wirrwarr, der hinsichtlich ihrer politischen Die Regierungsvorlage sah die Bestimmung vor, gierungsvorlage vorgesehene Ausnahme für den daß politische Feiertage für Deutschland   nur 1. Mai auf. Nach diesem Beschlusse dürfen dem Ziele programmatischen Grundsäße burch Reichsgesetze für das ganze Reich zu nach der 1. Mai und der 9. November nicht mehr herrscht, weidlich lustig machen. Was geſtern regeln sind. Entgegenstehende Feiertage in ein durch Landesrecht zu Feiertagen gemacht werden.

wollte. Daß sie jetzt so tun, als wären sie mit Lodgman niemals eines Sinnes darüber ge­wesen, ist ein Versuch der Täuschung mit un­zureichenden Mitteln. Die Frage bleibt offen: was wollen die Deutschgelben eigentlich? Und das gilt von der Frage der deutschbürgerlichen Einheitsfront nicht allein.

galt, gilt heute nicht mehr, und was morgen zelnen Ländern sollten außer Straft gesetzt wer gelten wird, wissen die deutschgelben Führer selber noch nicht. Aber nicht nur das: auch

Berträge von Staat zu Staat;   Rumänien, Jugo­  slawien, Italien   und die Tschechoslowakei  sind in das Kalkül eingeschlossen, aber natürlich nur unter der Vorausseßung, daß der eine oder andere Staat, um der hohen Ehre eines Bündnis­fes mit Polen   gewürdigt zu werden, auch die entsprechenden Opfer bringe. Die Mahnung gilt der Tschechoslowakei  ; sie wird sich, der sla­wischen Einheitsfront zu liebe, endgültig zum Verzicht auf die Jaworina und zu einer gerechten

zu gleicher Zeit haben sie nachgerade so nationalen Selbstbestimmungsrechtes, als folglosigkeit ihrer Mühen, größere Zeile vom viele Meinungen, als sie man verzeihe die wären sie lauter wohlbewährte Canossa Heere der flassenbewußten Arbeiterschaft ab- Behandlung der in ihren Grenzen wohnenden Uebertreibung Köpfe haben. Einer der gänger", Sturm laufen. Herr Dr. Schilling zusprengen, läßt sie ihren Ehrgeiz auf die Polen   entschließen müssen. Nun finden wir das Hauptarundsäße der Partei schien doch der spricht vom nebelhaften Selbstbestim- Schaffung einer allgemeinen nationalen zeitgenannte" Verlangen durchaus berechtigt Antisemitismus zu sein. Nach dem aus mungsrecht", von der Phraseologie Voltsbewegung  " nach Sitlerschem Muster und auch wegen des drohenden Verlustes der Ja­ihren Reihen täglich erschallenden Pogromge des Selbstbestimmungsrechtes", von einem verwenden. Aber auch das unterliegt der po- worina beabsichtigen wir nicht die allerfleinste schrei war das sozusagen der Tragpfeiler des Schlagwort", das seine Träger nie litischen Konjunktur des Tages und der wech- Träne zu weinen; aber der energische Ton der Hafenkreuzlertums, die Ausrottung der Juden ernst gemeint" hätten, und er hält es für felnden Konfusion der Führer. Behaupten die Forderung und der deutlich durchklingende Wille ihr tägliches Morgen- und Abendgebet. Mit mehr als fraglich", ob das Selbstbestimmungs- einen, die Partei sei eine reine& Iaf. Sendas, in beiden Streitfregen auch nicht das ge ringste Zugeständnis zu machen, wird Wasser auf Tod und Teufel, selbst mit den Tschechen gegen recht überhaupt jemals durchgeführt werden sen partei", die es ablehne, als tan- die Mühle unferes Dr. Kramarich sein und die sie: so gelobten Krebs und die Seinen, es zu tönne. Und nicht nur Schilling, auch Starg und des partei zu gelten, jo erklären die anderen, Stellung des Herrn Benesch nicht eben erleichtern. halten. Da fam aber die Ueberaschung. Was Jesser und Strebs entwickeln auf einmal ein die Partei, die zur Grundlage die national Was Marschall Fech im stillen Kämmerchen den granitfest dazustehen schien, begann Herr Karg, Maß von staatserhaltender Besonnenheit, die sozialistische Weltanschauung" habe, müsse Brager Politikern versprochen haben mag. um einer ihrer Schriftleiter", der leberprüfung fie, wenn es in der Republik   Sofräte gäbe, alle Stände und Berufe aufnehmen und ihnen Wunsch und Klangfarbe halbwegs erträglich auf seine Berechtigung zu unterziehen und er, für diese Würde reif machen würde. Vor vertreten. Es geht im deutschgelben Lager recht zu machen, wissen wir nicht; dech wenig wird es nicht gewesen sein, sonst würde der Leitartikel der dem auf einmal Bedenken darüber auf- einigen Monaten trennten sich die Deutsch  - bunt zu! stiegen, ob es lug sei, die Juden abzustoßen, gelben und die Lodgmanianer von den an- Da nun die Knirsch und Jung gegen Brager Presse" die faftigen Siebenswürdigkeiten hielt eine Erörterung der Judenfrage deren deutschbürgerlichen Parteien, um beffer wärtig mit Lodgman in Nibelungentreue um Seydas kaum so gleichmütig hinnehmen. für äußerst dringlich. War es den für das Selbstbestimmungsrecht fämpfen" die Wette sich herumbalgen, erinangeln die Aber es ist auch etwas Großes, was der einen in der Partei klar, daß zuerst, eventuell zu fönnen, heute heißen sie Lodgman einen Deutschnationalen nicht, ihren ehemaligen Wortführer Warschaus   im Sinne hat und dem mit Hilfe der Tschechen  , die Juden ausgetilgt verstiegenen Phantasten, der dem Traumge- Stampfgemeinschaftlern die von diesen in so suliebe es sich schon iobut, allerlei hinunterzu werden müßten, begannen die anderen die bilde des Selbstbestimmungsrechtes nachjage; reicher Fülle produzierten Widersprüche wacker schlucken: Der Erb und Erzfeind, Deutschland  , foll in inniger Zusammenarbeit mit Frankreich  Unterhaltung darüber, ob die Parole zu lau- aber auch untereinander balgen sie sich darob um die Ohren zu schlagen. Und es vermehrt in die knie gezwungen und so verfrüppel; wer ten habe mit oder gegen die Juden. Das herum. Wobei bleibt es? Ist das Selbstbe- die deutschgelben Sorgen um ein beträchtliches, den, daß es dauernd ohnmächtig bleibt. Als war vor wenigen Wochen. Ob sich seither die stimmungsrecht Programm der Deutschgelben daß die Nationalpartei zu Konkurrenzzweden feines Ertrageschäft bereiten die zu beiden Gruppen in der Rollenbesetzung nicht oder nicht? Ihre Konfusion weiß feine Ant gegen die Knirschleute sich in eigener Regie schränkter Macht emporgestiegenen Schlachzizen abgelöst haben, kann nicht behauptet, aber auch wort darauf zu geben!" eine Arbeiterpartei" geschaffen hat, welche schon für die nächste Zukunft die Annerion

nicht bestriten werden, aber sicher ist, daß Herr Aber selbst über ihr Wesen herrschen Schaffung darin bestehen dürfte, daß sich einige Danzigs   und seine Verwandlung in einen Sarg seither seinen Standpunkt wieder ge- in der Deutschgelben Partei die dunkelsten deutschnationale Sekenkreuzler die Gesichter polnischen Sechafen" vor, ein flagranter Rechts­wechselt hat und einer gejeßlichen Regelung" Vorstellungen. Sind sie eine Arbeiterpartei", mit Rus beschmiert und so kostümiert die bruch, den sie im Jargon Poincares als Rüd­der Judenfrage das Wort redet. Es bleibt also oder schlechtweg eine nationale Partei", sind neue deutschnationale Arbeiterpartei" zu schaffenen Boden" bezeichnen. Und nach diesem noch abzuwarten, was der morgige Tag an fie eine Selassenpartei" oder Standespartei", mimen haben. Die Deutschgelben weitern gegen freundlichen Aufiaft soll es dann an deutschgelber Gesinnungstüchtigkeit zutage för- fie wissen noch immer nicht, ob sie sich für das das Konkurrenzunternehmen der National raftan spannung der Nation so eine oder das andere als Rockmitel entscheiden partei, diese dagegen werden nicht müde, zu wie an ein sinarbeiten zur Festigung der Exi­

dern wird!

Konfusion ist auch in den nationalen sollen. Eine Partei der Arbeiter zu sein, wäre versichern, daß die Deutschgelben keine Ar- stenz der auf den Trümmern der Zentralmächte Forderungen der Grundstein deutschgelber schon verlockend, aber dazu fehlt ihnen vor beiterpartei seien und daß sich die deutschen   geschaffenen Staaten" gehen. Der politische Ge­Politif. Daß die deutschen   Sozialdemokraten allem eines: die Arbeiter! Was sie Arbeiter durch ihre Gaufler- und Roßtäu- danfengang, innerhalb dessen dieser vom das Selbstbestimmungsrecht verraten" und unter der deutschgelben Hafenkreuzfahne zu scherfünste" nicht täuschen lassen dürfen. Der stungswahnsinn fiebernde, von Strömen fünftig verkaust" haben, das gehört gewissermaßen sammeln vermögen, das sind ein paar mißver Streit, der Staub und Stank aufwirbelt, ist zu bergießenden Blutes durchbrauste Satz steht, mißver- Streit, iſt verdient dauernd gemerkt zu werden: Seyda be­zum eisernen Bestande des deutschgelben gnügte, querulierende, ihrem Selaſſenbewußt nicht erbaulich, aber ſehrreich. Die deutsch  - gründet die Notwendigkeit einer Sträfteanſpan Sprachschatzes. Aber, welche Ueberraschung! sein und ihrer politischen Schulung nach in- bürgerliche Konfuſion und der deutschgelbe mung" Polens   und seiner Gesinnungsgenossen Seit geraumer Zeit sieht man einige der differente Proletarier, den Hauptanhang bil- Wirrwarr, sie sind einander gleich wert und mit den Gefühlen, die Deutschland   bekanntlich für Polen   hat", weil es immer probat ist, den deutschgelben Führer gegen die Forderung des den kleinbürgerliche Mittelschichten. Die Er würdig.