20. Juni 1923.
Kleine Chroni.
Gerichtssaal.
Raubüberfall auf offener Straße. Havas meldet Aus den Herbergen der Prostitution. aus Barcelona : Sieben bewaffnete Männer überfielen mitten in der Stadt einen Finanzbeamten und bemächtigten sich seiner Tasche, in der sich 70.000 Pejetas befanden.
Die Kirsche in vorgeschichtlicher Zeit. Der Süß kirschenbaum hat sich schon in sehr früher Zeit unserer heimatlichen Flora zugefellt. Die ersten Spuren feines Auftretens reichen in die paläolithische Zeit zu riid, also in jene Erdperiode, in der das Mammut noch über die Erde verbreitet war, und über deren Beginn wir überhaupt keine einigermaßen sichere Zeitangaben besitzen. Nach den Kirschkernen, die man in Torfmooren, wie auch in Gestalt von Lehmab. drücken gefunden hat, scheint die Süßkirsche und zwar
sowohl in Böhmen wie auch in Dänemark schon in
der älteren Steinzeit aufgetaucht zu sein. Wahr scheinlich wurde sie durch Vögel, vielleicht aber auch durch den Menschen aus ihrer ursprünglichen Heimat Westasien nach Europa gebracht, wie denn auch ihre Veredlung vom Osten her, vermutlich von der Nordriiste des Schwarzen Meeres , ausging. Aus der jün geren Steinzeit, die von der älteren etwa bis zum Anfang des zweiten Jahrtausends vor Chr. reicht, fand man Süßkirschenkerne in den Pfahlbauten Desterreichs, der Schweiz und Italiens , ferner aus der Bronzezeit Kirschkerne in französischen Pfahlbau. ten. Nach einer alten Ueberlieferung soll Lucullus nach seinem Siege über Mithridates aus der Gegend von Trapezunt die Süßkirsche mit nach Rom gebracht und dort eingeführt haben. Das kann aber schon deshalb nicht stimmen, weil man, wie bereits erwähnt, Kirschkerne schon in den italienischen Pfahlbauten der jüngeren Steinzeit fand, die Römer die Kirsche also längst gekannt haben müssen, che Lu cullus nach Trapezunt zog. Dagegen ist es möglich, daß Lucullus von seinem Siegeszug eine veredelte Süßtirsche nach Italien verpflanzte. Ob man um diese Zeit auch die Sauerkirsche schon kannte, ist nicht sicher erwiesen. Auf pompejanischen Wandgemälden sollen sich sehr naturwahre Darstellungen von Sauerkirschen befinden; bei sämtlichen vorgeschichtlichen Kirschenfunden handelt es sich jedoch aus schließlich um die Süßkirsche, sodaß demnach die Sauerkirsche unbedingt später aufgetreten sein muß als die Süßkirsche. Bei den alten Preußen verehrte man einen Gott namens Kirmis, dem der Kirschenbaum geweiht war, ursprünglich, also vor der Einführung der Kirsche, war Kirmis indessen wahr. scheinlich ein alter Sonnengott. Man opferte ihm Hähne und bekränzte an seinem Ehrentag den schön sten Kirschbaum mit Blumentränzen.
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schienen sie aber wieder, legten den Maibaum um genannte Berufungsgericht über die Bestimmungen und nahmen ihn mit. Als dann am nächsten Tage des§ 1154 b hinwegfetzt, oder über die geradezu an allerdings der Baum wieder zurückgegeben, wobei die richtes, daß der Klägerin ein Entgelt nicht zusteht, die Gendarmerie hinter der Sache her war, wurde Gefeßesuntenntnis grenzende Behauptung des Ge Baumwieder Täter erklärten, daß sie der Entfernung des weil in dem Gesetz und in den Motiven nirgends Baumes nur eine Wiederherstellung der Versteige ausgesprochen ist, daß der Arbeitnehmer neben der rung durchsetzen wollten. Auch heute, angeklagt Krankenversicherung auch noch von dem Dienstgeber wegen Diebstahls, erklärten sie dasselbe. Und der ein Entgelt zu bekommen hat. Diese Entscheidung Richter sprach sie frei, da ihnen bei ihrem Vor- des Kreisgerichtes Leitmerig ist so ungeheuerlich, gehen eine gewinnsüchtige Absicht fern gelegen sei. und den Bestimmungen des schon mehrfach erwähnten§ 1154 b derart widersprechend, daß dadurch die
Richter
und Unternehmer im ritit in fchärffter Weise herausgefordert wird Kampfe gegen den§ 1154 b.
Wieso das Leitmeriger Berufungsgericht dazu kommt, die Begründung seiner abweislichen Entschei dung darauf zu stützen, daß in dem Gesetze nichts enthalten ist, was den Anspruch eines erkrankten Arbeiters auf Entgelt an den Dienstgeber ausspricht, ist uns absolut unfaßbar. Wir wissen noch keinen Fall, daß sich ein Gericht bei der Entscheidung der Entgeltsfrage bei Erkrankungsfällen von Arbeitern auf eine solche Begründung gestützt hätte und es blieb dies dem Kreisgericht Leitmerig vorbehalten. Unserer bescheidenen Meinung nach hat das Krankenversicherungsgesetz mit dieser Frage doch absolut gar nichts zu tun und wenn sich das genannte Berufungsgericht die Mühe genommen hätte, sich die Bestimmungen des§ 1154 b vor der Entscheidung etwas näher anzusehen, so würde es gefunden haben, daß einem Arbeiter das Recht auf Entgelt im Falle der Erkrankung zu steht und daß es ganz widersinnig ist, die Sache dahin auszulegen, daß ihm ein Entgelt nicht gebührt, weil das Krankenver. sicherungsgesetz nach dieser Richtung hin nichts enthält oder weil er Krankenrente bezicht. Wir empfeh len dem betreffenden Berufungsgericht, sich das Geseg vom 1. April 1921, betreffend die Abänderung der Bestimmungen des§ 1154 b a. b. G.-B., etwas näher anzusehen; da wird man finden, daß der Anspruch des Arbeiters auf Entgelt im Erkrankungsfalle gebezogenen Gesetzes ausdrücklich:
Ein Barbesitzer wegen Ruppelei vor Gericht. Prag , 19. Juni. Die verschiedenen Mädchen bummels- Strich genannt erfreuen sich infolge der gräßlichen Nachwirkungen der Wirtschaftskrise eines nie geahnt starken Besuches durch Dirnen und solche, die es aus Not werden müssen. Statt Fren denhäusern gibt es jest jogenannte„ Bars" in Hülle und Fülle. Die Animiermädchen dieser Tanzdielen waren gewöhnlich Insassinnen irgendeines Frendenhauses. Viele Freudenhäuser haben überhaupt nur offiziell als Bordell ihre Pforten geschlossen und füh Das Kreisgericht in Leitmerizz schaint mit sei ren das Geschäft unter einer neuen- Bar-Flagge weiter. Während nichts, aber garnichts ge- nen Entscheidungen als Berufungsinstanz in Sachen das Seer der Mädchen der Straße tagtäglich durch feit der Doffentlichkeit auf sich lenken zu wollen. Erst schicht, um die Prostitution zurückzudämmen, wird des§ 1154 b a. b. G.-B. die besondere Aufmerksam. Elemente vermehrt, die das Elend des Alltags- im Vorjahre hat das genannte Kreisgericht als Bewir leben ja in geregelten Verhältnissen!- dem Ge- rufungsinstanz den nach§ 1154 b erhobenen Anwerbe der fäuflichen Liebe zuführt. spruch auf Entgelt anläßlich der Mobilifierung als Natürlich versuchen die Besitzer der Tanzsicien, rechtlich unbegründet erkannt, welche Entscheidung den Behörden einzureden, daß die bei ihnen beschäfidoch durch das Oberste Gericht wicher aufgehoben tigten Animiermädchen mit der Proſtitution nichts wurde. Nun hat das genannte Gericht im Beru den Barbesizer Voticky beigewohnt hat, mußte des Entgelts in einem Erkrankungsfall, ſich in zu tun haben, ja wer heute der Verhandlung gegen fungsverfahren wieder und zwar in der Frage beinahe den Eindruck gewinnen, daß diefe Dielen in direkten Widerspruch mit dem Gesetz gestellt. Bunkto Moral höher stehen als manches Mädchen- Eine Arbeiterin der Spitzenfabrik Siegmund Brag und hat sieben Mädchen als" Stellnerinnen" Firma den Anspruch auf Entgelt. Die Firma wet. pensionat. Voticky ist Besitzer der„ Ideal"-Bir in Rindstopf in Turn war erkrankt. Sie stellte an die angestellt. Am 28. Dezember fam nun in diese Bar gerte sich, das Entgelt zu zahlen. Die Arbeiterin ein Wiitglied der Liga gegen die Prostitution, in lagte beim Gewerbegericht in Teplitz und dort er. Beamter aus dem Ministerium für soziale Fück rge. klärte der Unternehmer den Anspruch als unbegrün Der Beamte setzte sich mit zwei Animierdamen an det. Das Gewerbegericht in Tepliz wies die Klage einen Tisch und ließ sich nun von ihnen erzählen, der Arbeiterin ab Daraufhin brachte die Abgewie wie schön es in den Separees sei und wie angenehm fene bei dem Kreisgericht als Berufungsgericht in er sich dort mit ihnen werde unterhalten können. Leitmeriz gegen das gewerbegerichtliche Urteil die Der Beamte aing auf alles ein, äußerte nur ein Berufung ein. denken: Was wird aber der Chef dazu sagen, och Das Berufungsgericht in Leitmeriß hat nun die die Mädchen beruhigten ihn rasch: Dazu sind wir ja Berufung der tlagenben Partei ebenfalls zurückge. feßlich festgelegt ist, denn es heißt im§ 1, Abs. 3 des da und der Chef sagt nichts. Der Beamte sagte auch wiesen und das erstrichterliche Urteil bestätigt. Es nichts mehr, ging plötzlich weg und erstattete die An- hat sich aber, wie aus der Begründung des Bezeige. Gegen den Barbesitzer Voticky wurde die Anrufungsurteils hervorgeht, mit dem§ 1154 b nicht klage wegen Stuppelei erhoben. crst bosonders beschäftigt, sondern hat einfach gang Heute mußte der Angeklagte wegen Mangels an allgemein ausgesprochen, daß die Arbeiterin, die Beweisen freigesprochen werden. Und das kam von der Bezirkskrantentasse im vollen Maße unter so: Voticky brachte eine ganze Reihe von Zeugen filigt worden ist, aus diesem Grunde tein Recht hat, mit, die alle glänzend für ihn ausjagten. Zuerst der neben der Krantenunterstützung nod „ Ober" der Bar: Mit Stol; erflärte er, daß er der neben der Krankenunterſtützung noch vom Dienſt " Herr Ober", also der Macher der Bar sei. Und reber Entgelt während der Krankheit zu beziehen. Wir wollen auszugsweise die Entscheidungsgründe dann erzählte er: Die Bar beschäftigte sieben Mäd- des genannten Kreisgerichtes anführen. In den chen als Kellnerinnen- Animiermädchen stellte der Richter fest- die einen schriftlichen Vertrag unterEntscheidungsgründen wird folgendes gesagt: zeichnen müssen, einen anständigen Lebenswandel zut " Durch die Aussage des Gustav Kränkel, Dirigentenstellvertreter der Bezirkskrantentasse Tepführen. Nur wenn sie von den Gästen gerufen wer lig- Schönaut, ist festgestellt, daß die Klägerin am den, dürfen sie sich zu den Tischen jetzen. Alle Sepa 5. Ottober 1922 auf einem Krantenzettel die Schwan rees seien offen, unmoralische Handlungen demnach ausgeschlossen. Wenn ein Mädchen nicht nach den gerſchaftsunterstützung verlangte, die sie jedoch statt Das Unternehmertum in diesem Staate ist un Vorschriften handelt, so fliegt sie hinaus. Denn der für sechs Wochen nur für drei Wochen vor der Ent Chef set streng und sehe peinlich auf Anstand und bindung bekam, weil sie sich zu spät gemeldet hatte, unterbrochen bemüht, der Arbeiterschaft auch die geMoral. Die anderen Zeugen, meistenteils Var- daß sie weiter von der Kaffe wie jede andere Arante feglich festgelegten Errungenschaften der Nachkriegs. mädchen, sagten im ähnlichen Sinne aus wie der behandelt wurde und auch den Anspruch auf Unterzeit wieder streitig zu machen und es wendet alle „ Ober". Und da sie entschieden bestritten, caß eine Wedie! von Niedergeschlagenheit und Aufregung, wie die der Auflageschrift zugrunde liegende Szene Stillegung eines Unternehmens, sondern, weil fie fonders der S§ 1154 b liegt den Herrschaften schwer dann trat eine Lähmung zuerst der Hinterbeine, vorkommen könne, mußte der. Richter der Angeflag- fich krank meldete, für die Dauer der Krankheit und im Magen und sie versuchen es bei jeder Gelegenheit, später auch der Vorderbeine ein, und schließlich ten infolge Mangel an Beweisen freisprechen. daß sie endlich auch eine Stillprämie in der Hälfte sich von den ihnen durch diesen Paragraphen aufer. folgte ein kurzer Todeskampf. Die ganze Krankheit Die Ehre der Tanzdielen ist wieder cumal gedes Krankenunterstüßimgsbeitrages bekam. Daraus legten Verpflichtungen zu befreien. In diesem Behatte nur drei Tage gedauert. Bei der Untersuchung rettet. Wer aber Geld und Verlangen hat, eine Bar geht hervor, daß die Klägerin tatsächlich bei der Vestreben werden sie durch die oben erwähnte Urteils. fanden sich in den Nervenzellen die charakteristischen zu besuchen, dem wird dort bald ein anderes Licht zirkskrankenkasse die Krankenunterstützung im vollen begründung geradezu unterstützt und aus diesem Negrischen Rörperchen und die sonstigen Merkmale aufgehen. Maße erhielt und daß sie daher ein Recht hat, Grunde ist es umso notwendiger, daß sich die Ar. ber Hunds wut. Professor Manouelian impfte mit neben der Krankemunterstützung noch vom Dienst beiterschaft gegen eine derartige Urteilsbegründung der Substanz ein Raninchen und zwei Meerschwein. geber das Entgelt während der Krankheit zu be- mit aller Energie zur Wehr setzt, um sich ihre gesetzlich chen; bei allen drei Tieren stellte sich nach zwei Wo ziehen. gwährleisteten Rechte unter allen Umständen zu ver. chen die typische Tollwut ein. Ungelöst bleibt natüe teidigen. Im Interesse der Arbeiter wird man den lich die Frage, wie die Löwin zu der Erkrankung künftigen Entscheidungen dieses Gerichtes erhöhte fam. Es tann sein, daß sie schon in ihrer Heimat von Aufmerksamkeit zuwenden müssen, im vorliegenden einem tollen Hunde gebissen wurde. Möglicherweise Falle aber wäre dem Herrn Justizminister stammt das Gift aber auch von einem Tiere, das bringendst nahezulegen, die Entscheidungsgründe des ihr zur Nahrung diente; in diesem Falle müßte man Berufungsurteiles überprüfen zu lassen und dem geannehmen, daß eine kleine Wunde, ein Riß in der nannten Gericht in Erinnerung zu bringen, daß Schleimhaut etwa des Rachens den Uebertritt der gegenwärtig der§ 1154 b auch bei Erkrankungsfällen ansteckenden Substanz in die Blutbahn ermöglichte. der Arbeiter noch Geltung hat.
Eine tollwütige Löwin. Zum erstemma ist jetzt ein Fall konstatiert und wissenschaftlich untersucht worden, daß auch der Löwe von Tollwut befallen werden kann. In Paris tamen kürzlich vier junge Löwinnen aus Abessinien an. Eine von ihnen, deren Alter auf acht Monate geschätzt wurde, erkrankte als
Die Ursache.
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Roman von Leonhard Fran I. Und als der, Dichter die Bahnhofshalle betrat, grau und unscheinbar, deutete sie zurückweichend auf ihn.
Die Schuyleute hoben die fünfzehn langen Pistolen. Und über des Dichters lastbehangenes Gesicht huschte ein schmerzliches Lächeln.
Die Hände den Fesseln entgegengestreckt, trat er verloren in den Schutzmannskreis, der um ihn zusammenschlug.
An... ton Sci... ler," buchstabierte der Wachtmeister aus den Papieren des Dichters, geboren in... Ja, sind Sie denn von hier?" Ja, ich bin hier geboren." Dann fann's nur der Sohn vom Wagner Seiler sein," rief eine Alte, die einen Flanellbettkittel anhatte.
Und der Dichter fagte:„ Eine halbe Stunde Hoffnung war alles, was ich ihr noch geben fonnte."
Als er, gleich einem einziehenden Zirkus bom halben Städtchen begleitet, durch die Bahnhofstraße geführt wurde, zweigte die Alte im Flanellbetttittel ab und brachte der Muter die Nachricht.
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Gestörte Maibaumfreuden.
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Prag , 19. Juni. In der Gemeinde Nobilis bei Prag gab es heuer wie alljährlich anfäßlich der Die Krantenversicherung im Sinne des Gesetzes Aufstellung des Maibaumes ein großes Volksfest. bezweckt, eben dem Arbeiter während der Dauer Bei diesem Feste wurde auch der Maibaum verstei- der Krankheit die Subsistenz zu gewähren und es ist gert und fiel der Jugend von Kobilis zu. Die in dem Gesez gemeint ist hier wohl das KVG. Předboier Jungen und Mädchen gaben sich jedoch und in den Motiven nirgends ausgesprochen, daß mit dieser Entscheidung nicht zufrieden, erklärten die der Arbeitnehmer neben der Krantenversicherung Versteigerung für einen Schwindel und verlangten auch noch von dem Dienstgeber ein Entgelt bekommt." eine neue Versteigerung. Als man ihnen dies ver- Man weiß nicht, worüber man sich mehr wunweigerte, zogen sie grollend ab. In der Nacht er- dern soll: Ueber die Art und Weise, wie sich das
Des Untersuchungsrichters blondbehaarter Seine Stimme wurde klein und schnell:„ Aber Zeigefinger drückte auf den Taster. Man soll doch in der Hauptsache! Nicht wahr?" mir den Anton Seiler bringen," sagte er zum Der Dichter war wieder weit weg mit eintretenden Diener. Und zu sich selbst: Bum seinen Gedanken, so daß er eine Weile nicht antletzten Mal!" wortete und nur den Schluß seiner Gedankenreihe aussprach: Nein, denn die Hauptsache bei jedem Verbrechen sind immer die Ursachen."
Resolut schlug er die Aftenmappe wieder auf und begann, mit dem Taschenmesser die Struste an seiner Schreibfeder abzuschaben.
Die Hände vor den Leib gefesselt, wurde der Dichter hereingeführt. Sein Gesicht war blaß und faltenlos. Die Oberpartie seines Stopfes Augen, Stirn-hatte sich stark vergrößert. Ueber den Brauen waren modelliert hervortretende Höcker entstanden, wie manche Menschen sie haben, die jahrelang angestrengt denken. Nur das Schaben des Untersuchungsrichters war hörbar.
Und als er sich mit dem Schreibsessel Seiler zudrehte und nervös sagte:„ Geben Sie doch schon zu, daß Sie den Lehrer umbrachten, um zu dem Hundertmarkschein zu fommen," aut wortete der Dichter gedankenabwesend erst nach einer Pause:
„ Nein, das war es nicht."
Schließlich wir sind doch Männer was soll's denn sonst gewesen sein. Was hat er Ihnen denn getan?" Der Richter stieß die Hände beteuernd vor.
Getan?... hat er mir nichts... anderes, als was die meisten Menschen, die meisten Erivachsenen den Kindern antun."
,, Na also! Nichts hat er Ihnen getan. Jetzt sind Sie wenigstens vernünftig." ,, Er hat mich ruiniert."
Des Richters Kopf zuckte in die Höhe. aber wodurch denn!"
„ Rann der Dienstnehmer die Arbeit oder den Dienst deshalb nicht leisten, weil er erkrankt ist oder einen Unfall erlitten hat, so gebührt ihm an Stelle des im Absatz 1 angeführten Lohnes erst in der 3. und 4. Krankheitswoche, je 10 Prozent seines Lohnes, in der 5. und 6. Krankheitswoche je 20 Prozent des Cohnes, in der 7. und 8. Krankheits woche je 30 Prozent des Lohnes.
Aus dem Wortlaut des zitierten Absatzes geht also unwiderleglich hervor, daß dem Arbeiter im Falle der Erkrankung der Anspruch auf Entgelt an den Dienstgeber nach Maßgabe der gesetzlich festge. legten Bestimmung zusteht und es muß daher die Begründung der Entscheidung des genannten Beru fungsgerichtes nach dieser Richtung hin als ein schwerer Fehler angesehen werden,
,, Es war vielleicht nicht nur das allein schuld daran. Vieles Aehnliche zusammen... Ich erwarte ja nicht, daß Sie mich verstehen, und ich möchte auch nichts mehr sagen."
,, So." Der Richter brauchte eine Weile, ehe er sich wieder beherrschte. Weshalb haben Sie nun eigentlich den Schein genommen... nach Ihrer Meinung?"
" Ich glaube, um fliehen zu können.. Ich hätte ja das Geld gar nicht genommen, wenn ich nicht diese Erscheinung gehabt hätte... Das Gummiseil."
,, Ein Gummiseil hatten Sie?" fragte der Richter gleichgültig und lauerte.
,, Aus einem fremden Land ging ein auseinandergezogenes Seil aus Gummi bis zu mir... Ich fnüpfte mich daran, und das Seil schnellte Ja mit mir übers Meer... durch die Luft ins fremde Land."
,, Das habe ich Ihnen schon gesagt." ,, Na?" " Weil er mich damals nicht mit in die Wirtschaft gehen ließ."
"
Glauben Sie, ich size hier, um mich von Des Untersuchungsrichters Hand fuhr zur Ihnen zum Narren machen zu lassen!" brach die linken Brustseite; er war herzkrank.„ Einiger- Empörung aus dem Richter hervor. Seine Hand maßen handgreiflich müssen doch auch Sie... fuhr zum Herzen. Acht Jahre waren Sie da Ihrerseits motivieren fönnen, weshalb Sie mals alt! wie?... Und als einunddreißigjähri Ihren alten Lehrer erwürgt haben. Man geht ger Mann gehen Sie hin und ermorden Ihren doch nicht einfach hin und erwürgt ohne Grund Lehrer, weil er Ihnen, als Sie ein Kind waren, einen Menschen. Sie sahen den Schein liegen.. eine kleine Strafe auferlegt hat... Unsinn, und da geschah die Sache, glauben Sie mir's.. was?" So etwas ist schon manchem vor Ihnen passiert."
" Ich habe Ihnen schon gesagt, daß die lihat."" Weil er mir das Mal ins Gehirn gebrannt
Viertes Kapitel. Aergerlich blätterte der Untersuchungsrichter in den Aften, schlug die Mappe zu. Der Dichter hatte den Word zwar sofort sachen meines Verbrechens weit zurückliegen." ,, Bleiben Sie mir um Himmels willen nur eingestanden, aber der Untersuchungsrichter fam doch seit Tagen nicht vorwärts, denn der Dichter mit Ihrem Glas Milch vom Leibe!" Er nahm redete immer wieder yon einem Glas Milch, das| die Hände weg von den Schläfen.„ Gut, nicht mit schuld daran sei, daß er den Lehrer umge des Geldes wegen! Also gut, nehmen wir an, es bracht habe. war Ihnen nicht nur um den Geldschein zu tun."
,, Was für ein Mal?"
" Das mich ruiniert hat... weil ich's seits dem im Gehirn habe... Und solange ich lebe." Die Milch, wie?" sagte der Richter beißend. Der Wärter konnte ein Lächeln nicht unter
orüden.
Auch der Schreiber riß die Augen auf. Und der Richter brachte erst nach einer langen Pause hervor:„ Teufel auch!.... Eine fire Flucht... Und die Ankunft? Haben Sie sich auch Ihre Anfunft überlegt mit dem Gummiseil, dort in dem Land? Teufel nochmal!"
,, Deshalb nahm ich das Geld." ,, Während Ihrer ersten Anwesenheit in der Heimatstadt standen Sie doch auch schon vor des Lehrers Haustür; weshalb sind Sie da nicht hinaufgegangen?"
,, Weil ich Angst vor meinem Lehrer hatte." ,, Als Dreißigjähriger!... Angst vor Ihrem Lehrer?... Na, hören Sie!" Der Richter zündete sich eine schwarze Zigarre an. An dieser Angst ist ja eben auch das Mal schuld... An allem."
( Fortsetzung folgt.)