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27. Juli 1923.

fem Zweige des Regierens unmittelbar beirof- Imtehr bedarf. Diese Entwidlung vom chisch- kleritalen Intereffengemein folle den Staaten der Kleinen Entente   unmöglich fenen Staatsbürger bleibe." Die Kombi Arbeitstier zur Persönlichkeit nation der politischen und funksie ist die Entwicklung zum Sozia tionellen Demokratie nun war die lismus. Jede Revolution staatlicher und ge­Regierungspraxis der österreichi sellschaftlicher Institutionen bedeutet für die Ente schen Republit, wie sie den Machtverhältnis widlung zum Sozialismus so viel, als sie für die fen des Proletariates nach der Revolution ent- Entwicklung vom Arbeitstier zur Persönlichkeit bedeutet."

sprach.

Inland.

Donnerstag, 19. Juli: Fieberhafte stungen der Stonterrevolution! Arbeiter seid wachsam!"( Riesenfettern, erste Seite, zwei­spaltig, halbfett, Aufruf.)

haft einreden. Mag an der Koalition alles gemacht werden, von England insolange Geld zu schlecht sein- die Klerikalen sind über jeden erhalten, als sie feinen befriedigenden Ausgleich Verdacht erhaben. Die reinen Lamperin. mit Magyarien erzielen würden. Baron   Charn­Spekulation auf die Dimmsten betreibt die moor schlossen sich der Forderung, daß mit wood, Earl Denbigh und Baron Par­der wir gestern erst nachwiesen, daß sie selber reich verfahren werden soll, an. Curzon cr Sudetendeutsche Tageszeitung". Magyarien auf dieselbe Weise wie mit Defter­nicht einmal weiß, daß ihre österreichischen Bar- innerte an die Geschichte des magyarischen Re­teifreunde dort in der Regierung sizen. ind gestern brachte dasselbe Blatt einen länglichen parationsproblems, sowie an die jüngst getroffene Entscheidung der Reparationskommission und Aufsatz, der mit platten Phrasen gegen die do sprach sein Bedauern darüber aus, daß die fran­zialdemokratie förmlich gespickt ist. Wir zitührat ösische Regierung nicht, bevor sie ihren Schritt aus dem Wust blödsinnigen Geschreibsels einehmen sige Stelle des an den deutschen   Ar in de hat, die Lage mit Großbritannien   erörtert hat. Art In einer Unterredung mit dem tschechoslowaki­ter gerichteten Artifels: schen Minister des Aeußern Dr. Benesch habe er ,, Was haben dir deine Führer Noske, Deutsch   mit Befriedigung dessen freundschaftlichen Stand und Seliger versprochen, als sie dich dazu mi- punkt gegenüber dem magyarischen Problem fest brauchten, die Schlagkraft des deutschen Vol- gestellt.

setzen vermocht?"

Die ungarische Regierung und die Emigra

fes im Ringen um seine und damit auch deine Existenz zu brechen. Völkerfriede, Befreiung der unterdrückten Nationen, Entmilitarisierung und tion. Das U. T. K. B. meldet: In einzelnen allgemeine Abrüstung, Demokratic, Freiheit und Blättern sind im Zusammenhang mit der Heim­vieles andere mehr. Und was haben sie von all fehr der sogenannten Emigranten Gerüchte auf­den schönen Versprechungen zu halten, durchzu- getaucht, bezüglich deren au fompetenter Stelle folgende Erklärungen erteilt werden: Die unga­rische Regierung hat mit den sogenannten Enti­Freitag, 20. Juli: 1. Arbeiter! Es gilt Nationen Völkerfriede, Befreiung der unterdrückten granten weder in ihrer Gesamtheit noch mit ein bereit zu sein!" 2. Arbeiter der Tschecho- die Deutschnationalen. Und nun fommen sie und Heimkehr Verhandlungen gepflogen. Der Stand­usw. all das bekämpfen zelnen von ihnen in der Angelegenheit ihrer jlowakei es geht um Eure Zukunft!"( Beide fragen scheinheilig, was wir von diesen unseren punkt der Regierung geht in dieser Frage unver Samstag, 21. Juli: Ein Kampfruf der Forderungen durchzusetzen vermochten. Spekula ändert dahin, daß jedem von den sogenannten KPC. An die gesamte Arbeiterschaft der tion auf die" Gehirne" und besonders auf die Emigranten, falls er feine strafbare Sandlung BC. An die gesamte Arbeiterschaft der Tschechoslowakei.( Riesenfettern, erste... usw.) Stimmen der Dümmſten iſt's, was die saken- begangen hat, die Heimfehr freisteht, wenn et Sonntag, 22. Juli: An alle Völker unb frenzler da betreiben. Da sie ihren Kampf gegen eine strafbare Handlung begangen hat, wird er uns schon heute auf ein so tiefes Niveau stellen, sich selbstverständlich vor den zuständigen Gerin Regierungen der Welt!" Höher geht's nim­mer.( Aufruf des Zentralen Vollzugsaus. fann man sich vorstellen, was alles im Wahlten zu verantworten haben.

Aufrufe in Riefenlettern, erste Seite usw.)

Diese Machwerhältnisse wälzten auch die Stellung des Proletariates zum Staate um. Im alten Sesterreich war das Proletariat staats­feindlich, da der Staat repräsentiert war durch Dynastic, Bürofratie und Bourgeoisie, die alle Die Partei der Aufrufe. Es tut von Zeit zufammen das Proletariat beherrschten. Das zu Zeit not, die revolutionären Taten" der Ergebnis der österreichischen Revolution war communisten zu registrieren. Täte man dies durch zwei Jahre nach dem Friedensvertrag ein nicht, so könnten die Arbeiter vielleicht gar zu der Gleichgewicht zustand der Klassen. Weder die Weder die Meinung gelangen, daß die Kommunisten hier Bourgeoisie konnte durch den Staatsapparat das zulande und überall nur Parolen schmieden und Broletariat, noch umgekehrt das Proletariat die Aufrufe verbreiten. Also wollen wir als kleines Bourgeoisie beherrschen. Der politische Aus Beispiel die bescheidene Tätigkeit des Reichenber­druck dieses Gleichgewichtszustandes war die ger Vorwärts" aus den letzten Tagen zitieren. Koalitionsregierung. Damals war Dort geschah folgendes: Desterreich fein Selassenstaat, weder ein Klassen­staat der Bourgeoisie, noch ein solcher des Prole­tariates. Deutschösterreich war damals weder eine Bourgeoisrepublif, noch eine proletarische Repu blif. Die beiden großen Klassen der modernen Gesellschaft hatten eben beide Anteil an der Staatsgewalt. Bauer nennt den Begriff eines folchen Staates die Volksrepublit. Nicht im Sinne der fleinbürgerlichen Illusion, daß die Volksrepublik die Gegenfäße der Klassen auf hebt, dem Klassenkampf ein Ende macht, sondern daß im Gegenteil die Volksrepublik das Er. gebnis des Stlassenkampfes ist, sein Ergebnis in dem Augenblid, da sich die Kräfte der Klassen das Gleichgewicht halten. In der Zeit des Ueberganges vom Kapitalismus   zum Sozialis- schusses.... Riefenlettern usw.) Und nun wieder vom Anfang: mus wird die Volksrepublik, der demokratische Mittwoch, 25. Juli: Für die Einheits­Staat, in dem sich Bourgeoisie und Proletariat das Gleichgewicht halten, in dem die Bourgeoisie front des Kampfes! Ein Aufruf der tom nicht mehr wie früher ihre schrankenlose Klassen- munistischen Bergarbeiter."( Riefen... usw.) herrschaft ausübt, das nächste Ziel des Und so weiter! Mit Riefenlettern und Ric­proletarischen Kampfes um den Be- jsendemagogie jeden Tag- zwar keine revolutio- der durch den Rüdtritt von Sir Ervin Drum sein wird, der Fascismus, welcher die Revolu fit der Staatsgewalt. näre Tat aber ein neuer Aufruf, eine neue mond frei werden wird, bewirbt. Das dem Mition gemacht und alle Verantwortung auf sich Aber nicht nur die Stellung des Arbeiters Parole. Das nennt sich proletarischer Stlassen mister nahestehende Ceste Slovo" ist zu der Er- genommen hat, auf die bewaffnete wacht der zum Staate hat die Revolution geändert, sondern fampf, darin liegt das Heil, das die Spalter der flärung ermächtigt, daß diefe Nachricht nicht den Schwarzhemden" nicht verzichten kann. Sas   ganze innere Leben des Arbeiter 3 Arbeiterschaft gebracht haben. Die Kommunisten Tatsachen entspricht. selbst wurde geändert, der Proletarier ist als haben seit Jahr und Tag in den verschiedensten Mensch ein ganz anderer geworden. Aus den Fragen fräftig umgefattelt, aber in einem sind sie bielen müden, im ewigen Einerlei des Ucher- fich gleich geblieben: im täglichen Parole Mieferten geistlos dahinlebenden Arbeitstieren schmieden, in der täglich geübten Augenaus­find mitdenkende, mitarbeitende, mitkämpfende, wischerei. ihrer Mitverantwortung bewußte Persönlich

mentar:

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verwendet werden wird.

Agitationsmittel

Dr. Benesch und der Völkerbund  . Die gestrige Bohemia" brachte die Nachricht, daß der Mi nister des Auswärtigen Dr. Benesch sich um den Posten des Generalsekretärs des Völkerbundes,

Ausland.

Die Horden der Schwarzhemden" die Stüßen des Fascismus. Der große fascistische Rat nahm eine von Mussolini   vorgeschlagene Resolution an, in welcher erklärt wird, daß, in­solange der Staat nicht vollkommen fascistisch

Die Schwarzhemden" repräsentieren die Blüte(!) des Fascismus, die sehr um fichtige und unüberwindliche Macht der fascisti schen Revolution und den unerschöpflichen Vorrat von Begeisterung und Glan  ben an das Geschid des Vaterlandes, das durch die erhabene Persönlichkeit des Königs symboli  Die Sanierung Ungarns  . Zur Mittwoch fiert wird. Die Miliz ist eine große politische Die reinen Lauperin. Die christlich. Jeiten geworden. Diese Revolution im geistigen soziale Warnsdorfer knüpft an die Meldung, Debatte im englischen Unterhause wird ergänzend Polizei und ihr Zweck ist, unter Teilnahme Leben der führenden Schicht der Masse ist der Revolution größtes Ergebnis. Denn alle Revo- daß die ersten Gemeindewahlen in der Republik   gemeldet, daß Lord Curzon   die Unterstützung oder ohne Teilnahme der regulären Polizei jed­lution in Staat und in den Gemeinden, in den in Pilsen   stattfinden sollen, folgenden Kom- des magharischen Ansuchens um eine Anleihe wede Verlegung der öffentlichen Ordnung un­seitens Englands gedachte und erklärte, wenn möglich zu machen, besgleichen alle Aufstandss Safernen, in den Betrieben und in den Schulen England Magparien diesen Beistand geleistet versuche gegen die fascistische Regierung und hie ist bloßes Mittel, das dem letzten Zweck, der habe, besize auch Magyarien Verpflichtungen. durch die ständige Ruhe in dem Produktions­Revolution in den Seelen selbst, Redner fügte hizu, England habe die Magyarien und sozialen Leben der Nation zu sichern. Die dient. Die ganze Geschichte der Klassenfämpfe nachbarten Staaten aufgefordert, mit Wagha- Miliz darf nicht an der gewohnten polizeilichen rien freundschaftliche Beziehungen anzufnüpfen. Tätigkeit teilnehmen, we des Proletariates ist nicht nur die Geschichte der Die Hauptsache hiebei sei, daß Mlagharien gute behalten ist. Die Mili; befreit durch ihren Be­Umwälzungen der Bedingungen, unter denen die Urbeiterschaft lebt, sondern auch die Geschichte Beziehungen zu den Großmächten unterhalte und stand und ihren Geist die regulären Truppen voll der Entwicklung der Arbeiterschaft selbst. Am An­die ihm durch den Vertrag von Trianon auf fommen von jedweder Intervention zur Aufrecht­fang dieser Entwicklung war der Arbeiter im erlegten Verpflichtungen nach Möglichkeit erfülle. erhaltung der Ordnung, so daß sich die Armee, Betrieb nichts als ein willenloses Werkzeug in Habt ihr verstastnden, christliche Lefer? Mit Magyarien müsse sich unser Vertrauen erhalten für welche der Fascismus die größte Achtung der Hand des Fabrikheron, in den fargen Muse- Ausnahme der katholischen Volkspartei, mit Aus- und das Mißtrauen der Nachbarn beseitigen. Lord   hegt, ihrer eigentlichen Aufgabe, den Vorberei stunden am Feierabend nichts als ein rohes, nahme der Tschechisch- Kleritalen! Für Newton erklärte, das einzige Heil für Magha- tungen für die Verteidigung des Vaterlandes, erschöpstes Tier. Am Ende dieser Entwicklung die legen die Deutsch- Kleritalen die rien bestehe darin, daß mit ihm so wie mit widmen tann. Die Disziplin der Miliz muß muß der Arbeiter zur allseitig entwidelten Per Hand ins Feuer. Feierfeil und Böhr wissen es, Desterreich verfahren werde und daß es durch streng sein. Wenn die Schwarzhemden" in Waf­sönlichkeit gereift sein, die, zur Selbstregierung daß die Partei des Herrn Sramef rein da steht Vermittlung des Völkerbundes die gewünschte fen oder im Dienste der politischen Polizei stehen, ihres Lebens und ihrer Arbeit fähig geworden, und wissen sie es nicht, so müssen sie es ihren Anleihe erhalte. Redner unterzog die Politik der sind sie lediglich der Milizdisziplin oder dem Wi­feinen Herrn mehr erträgt, weil sie feines Herrn Anhängern im Sinne der deutsch- tsche- Kleinen Entente einer Stritik und schlug vor, es litärstrafgeses unterstellt.

Krauses Kirchenaustritt.

Von Otto Schumann.

Lehrer Krause hatte sich entschlossen. Schon seit Jahren bot ihm die Stirche nichts weiter, als daß er seine Taschenuhr nach ihr stellte und sich über die Stirchensteuer ärgerte. Von der letzteren wurde er durch den Austritt frei, das erstere blieb ihm nach wie vor unbenommen. Auch dem Religionsunterricht, diesem Eiertans zwischen Verlegenheit und Unaufrichtigkeit, konnte sich der Lehrer Krause auf diese Art und Weise am besten und sichersten entziehen. Und damit war cs wirklich eine Plage: von sieben bis acht Uhr lebte die Schlange in Paradiese, fraß Erde ihr Leben lang und besas Intelligenz und Sprache, von acht bis neun Uhr fam fie auch in andern Erdteilen vor, fraß Meerschweinchen und Frösche und war stunrm.

Zwar bemühte sich Krause nach Kräften, den Unterricht durch moderne Parallelen zu beleben. So hatte er gezeigt, daß der Apfel auch heute noch die Menschen zur Sünde verleite, z. B. die Werderschen, die vom Baume der Erkenntnis so nachhaltig gegessen hatten, daß die Kinder aus Berlin   N. seit Jahren Aepfel   und anderes Obst nur noch im Naturfundeunterricht auf der An­schauungstafel aus Pappe zu sehen kriegten.

Der Rektor Schleimig jedoch hielt solche Ver­gleiche für unpassend. Die göttlichen Wahrheiten seien in sich selbst begründet und bedürften der artiger Erläuterungen nicht.

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" Diese von einer Koalitionspartei gemachten Angaben über die Wahlkorruption geben einen Borgeschmad von dem, was im Laufe der nächsten Zeit an Wahlmanövern und Wahlterror von Seite der Regierung und ihrer Parteien( mit Aus. nahme der Volfspartei) angewendet wer­den wird, um günstigere Wahlergebniffe zu er­zielen."

imma!" Und Krause schwieg, denn er fühlte sich geschlagen.

Und die Mädchen waren noch kritischer. Der Herr Rektor Schleinig hatte einmal in ciner ,, Bitte ganz vertraulichen" Besprechung angesichts der Ruhrinvasion betont, die Geschichte der Ju­dith, welche sich ins feindliche Lager schleicht und dem schlafenden Feldherrn Holofernes den Stopf abschneidet, müsse ganz anders als bisher auf ihren religiösen und vaterländisch- sittlichen Gehalt hin ausgeschöpft werden. Lehrer Krause hatte, wenn auch mit innerlichem Widerstreben, die Anweisung des Rettors wenigstens soweit befolgt, daß er im Unterricht am Schluß dieser Geschichte zaghaft an­deutete: Wir Christen müßten gottvertrauend in ähnlichen Fällen ähnlich handeln. Aber da kam er bei Minna Krawutschte schlecht an: Au weih, Ha Lehra: wenn unsereens sowat machen dähte Neulich ham se an de Schleusenbrüde n' Ropp je funden von' n Meechen. Justaf, wat ntein iroker Bruder is, hatte Jlid un jing jrade vorbei. De Pollezei war voch fleich da. Na, Ha Lehra, wenn fe den kriejen, wo det jemacht hat Au Bade! Justaf fagt, se sagen, der eijne Bräntgam is't je­wesen von det Meechen, wat zu den Kopp passen duht!-

Und dann der Katechismus! Jedesmal, wenn Lehrer Strause seinen Jungens ans Herz legte, fie sollten ihren Nachbarn nicht sein Weib, Gesinde oder Vieh abspannen, abdingen. oder abwendig machen, bedauerte er, feinen photographischen Apparat bei sich zu haben, um die Gefichter der erstaunten Zöglinge im Bilde festzuhalten.

doch einmal gern des Näheren aus dem Konver| angestammte Stirche hatte Krause gefunden, und sationslegilon unterrichtet. Denn seiner Gewissen- zwar in der indischen, oder, wie Strause sich ge haftigkeit wäre es peinlich gewesen, wenn der nauer hätte ausdrücken sollen, in der buddhistischen Rektor Schleimig vergeblich an ihn die Frage rich Religion. ten würde: Wissen Sie denn überhaupt, was Dissident bedeutet?" Krause war Got sei Dank fein Philologe, und schließlich war ja auch die Sache das Wesentliche. Immerhin, besser war es schon, wenn er das Wort zunächst vermied. Bekenntnislos" oder bekenntnisfrei" varen ihm zu umständlich.

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Unschlüssig und halb mechanisch blätterte er in einem Bande Verfügungen", den er aus der Zeit, da man noch Bücher laufen konnte, gerettet hatte. Da fesselte eine Stelle des Buches seine Aufmerksamkeit und plöhlich brach er in ein höllenmäßiges, dem ernsten Augenblid feineswegs angepaktes Gelächter aus. Ich hab's," und kurz entschloffen schrieb er: Herrn Rektor Schleimig, hier. Seit gestern bin ich nicht mehr e v., fon­dern Ind. Krause Lehrer."

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Nun, ich will ihm gleich schriftlich meine Meinung mitteilen." Und Rektor Schleimig griff zur Feder: Herrn Lehrer Strause. Eine münd liche Rüdsprache über Ihren bedauernswerten Schritt muß ich mir versagen. Sie müssen das mit Ihrem Gewissen und der Reichsverfassung abmachen. Wenn Sie indessen glauben, indischen Religionslehren in meiner Schule Eingang ver­schaffen oder die Schüler zum Drehen Ihrer Ge­betsmühle heranzuziehen zu können, so irren Ste sich. Schleimig, Reftor."

Krause staunte. Hier tat schleunige Aufflä-. rung not. Und Strause antwortete: Sehr geehr ter Herr Rektor! Zu Indien   hat mein augenblick­licher Zustand keinerlei Beziehung. Ich verchre die religiösen Werte und Gedanken, die sich in allen Menschheitsregilionen bergen; irgendeinem dog­Rektor Schleimig var ein Schulleiter, wie er menmäßigen Bekenntnis indessen, dem buddhisti sein sollte, echt deutsch   und christlich- unpolitisch bis schen oder einem anderen, möchte ich in Zukunft ins Mark der Knochen. Sein vom langen Dienst nicht mehr anhängen. Die Silbe In b. hat auch nivelliertes Gesicht war halb zugewachsen; denn eine viel bescheidenere Bedeutung. Ihnen, Serr er hatte sich geschworen, daß kein Schermesser ihn Rektor, als Schulleiter, ist sicherlich die Ministe berühren sollte, che nicht ein dritter Friede von rialverfügung vom 8. Mai 1847 Nr. 1097 II be­Versailles, einer, den die Deutschen   der Welt dif- fannt, welche bis in die neueste Zeit hinein Ge­tierten, zustande gekommen sei. Aber dann!!! brauch gehabt hat. Sie schließt mit den Worten: Schleimig hatte sich vorgenommen, die Regierung ebenso fann weder ein aus den anerkannten zu bitten, ihm Poincaré   als Hilfsheizer für seine Landeskirchen ausgetretener Lehrer in seiner Stel Schule zu überweisen. Diesen wollte er dann auf lung an einer öffentlichen Schule verbleiben, noch legalem Wege zu Tode martern. Schleimig hatte ferner ein solches Individuum an bestehenden zwei Bücher geschrieben: Erstens: Perlen aus öffentlichen Schulen als Lehrer angestellt werden." ben fleinen Propheten, für Baugewerfschüler, mit Wenn nun auch die Revolution manches geändert einem Anhang: Vaterländische Gedenktage." hat, so darf die föstliche, unnachahmliche und amt­Zweitens: Nationale Jugendbünde und Jung- lich geheiligte Bezeichnung Individuum" wohl frauenvereine in der wechselseitigen Befruchtung auch heute noch als die für uns arme Ungläubige ihres inneren Lebens. Ein Versuch." allein passende gelten. Ich jedenfalls möchte mir in aller Bescheidenheit diesen Namen zu eigen machen und bitte auch Sie, sehr geehrter Herr Rektor, mich von nun an zu würdigen und zu bezeichnen als Ihren ergebensten Krause. Lehrer und Individuum."

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Sturz und gut, von allen diesen Plagen er­So gewöhnte der Lehrer es sich denn an, alle löste ihn der Kirchenaustritt, und bald trug er Zweifel und Fragen seiner Schüler mit dem Sin- stolz die Bescheinigung des Amtsgerichts in der weis auf die göttliche Wahrheit zu beschwichtigen. Tasche. Noch morgen früh sollte der Rektor die Das war nicht immer leicht. Als er den dreimal Mitteilung davon auf seinem Tische vorfinden. gefiebten Jafob, welcher seinen alten blinden Va- Sie sollte huurz und lapidar sein: Seit gestern ter vorn und hinten betrog, und den König David, bin ich nicht mehr e v., sondern Diss. Strause, der seinen Untertanen die Frauen nahm, als Lehrer." fronime Männer und auserwählte Rüstzeuge Got- Aber da stockte Krause, und eine verlegene tes hinstellte und zur Nacheiferung empfahl, mel- Röte malte sich auf seinem Gesicht. Ihm war ent­dete sich der blasse, stets nachdenkliche Emil Rübe- fallen, wie denn eigentlich das Wort Dissident" Hohl und brachte, zum Reden aufgefordert, nur die im Grunde zu erklären sei. Daß es aus dem La­Worte heraus: Ha Lehra, id staune man bloß teinischen komme, wußte er; aber er hätte sich artig wahrhaftig! Also gleich einen Ersatz für die

Als der Rektor die Mitteilung der Lehrers Krause   in seinem Amtszimmer vorfand, schnellte er in die Söhe. Unfaßbar! Also auch in fein Lehrerfollegium war die Pest des Atheismus ein­gedrungen. Aber was hieß denn das? Nicht mehr e v., sondern Ind."?- Ach so. Groß­

"...