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3. Jahrgang.

Srzialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der tschechoslowatischen Republit.

Zeitvergeudung als Politit.

Da wir dafür eintreten, daß jedem ar­heitenden Menschen das geseßliche Recht auf einen Sommerurlaub zustehe, haben wir na­türlich nichts dagegen einzuwenden, wenn die Minister der Tschechoslowakischen Republik und die Führer der heutigen Regierungskoalition sich einige Zeit von den Mühen, die ihnen das Regieren verursacht, erholen. Aber das beſagt noch nicht, daß im Sommer jede po­litische Arbeit zu ruhen hätte, daß man einfach alles laufen läßt und daß von allen Aufgaben, die man sich vorgenommen und deren Erfül­lung man der Bevölkerung versprochen hat, auch nicht die geringste einer Verwirk­lichung nähergebracht wird.

Die foalierten Regierungsparteien können nicht genug Aufhebens davon machen, daß endlich die Regierungsvorlage betreffend die Sozialversicherung der Oeffentlichkeit bekanntgegeben wurde. Was ist in den letzten Wochen geschehen, um den jahrzehntelangen Wunsch der Arbeiterschaft nach Versicherung der alten und invaliden Arbeiter, der Witwen und Waisen endlich zu erfüllen? Hieß es doch, daß der sozialpolitische Ausschuß sofort zu­sammentreten und einen Unterausschuß ein seßen wird, der während der Sommerferien tagen, sich mit der Regierungsvorlage befassen und der eventuell Aenderungen an ihr vorneh men wird, damit der anfangs September wieder zusammentretende sozialpolitische Aus. schuß des Abgeordnetenhauses bereits eine Grundlage für seine Beratungen vorfinde. Aber obwohl jezt schon Mitte August ist, hat man von dem Unterausschuß nichts gehört, und es ist gar kein Zweifel, daß aus dem Zusam mentritt des sozialpolitischen Ausschusses an­fangs September nichts werden wird. Weit und breit ist von Beratungen über die Sozial­versicherungsvorlage nichts zu hören.

Freitag, 17. August 1923.

Generalstreit der Bergarbeiter.

Beginn am 20. Auguft.

Prag , am 16. August.

Das Sekretariat des Bergarbeiterverban des gibt bekannt: Heute nachmittags wurden die Verhandlungen zwischen dem Präsidium der foalierten Bergarbeiterverbände und den Vertre tern der Grubenbesißer fortgesetzt. Zunächst wurde getrennt einerseits zwischen den Vertres tern der Ostrauer Arbeiter und den Vertretern der Grubenbesitzer des dortigen Reviers, andererseits zwischen den Vertretern der Arbeiter der Braunkohlenreviere und der dortigen Unternehmer verhandelt. Nach diesen Beratungen trat eine gemeinsame Konferenz der Vertreter der koalierten Verbände mit den Vertretern der Grubenbefißer zusammen, in der fonstatiert wurde, daß bei den getrennten Beratungen keine Basis gefunden wurde, auf der der Konflikt sowohl im einzelnen als auch im ganzen beigelegt werden könnte. Die Reichss tonferenz der Bergarbeiter, die mit Rüdsicht auf diese Beratungen auf 16 Uhr ver­tagt worden war, beschloß unter diesen Umständen über das weitere Vorgehen der Bergarbei­ter. Auf dieser Konferenz waren 53 Delegierte der foalierten Bergarbeiterverbände und 20 De­legierte der Revierräte vertreten. Den Borsiß führten die Obmänner der foalierten Verbände. Ueber den Berlauf der Verhandlungen und ihr Ergebnis referierten die Abgeordneten Bro­žit und Pohl. Nach ihren Neferaten fand eine Debatte itatt, an der Vertreter aller Reviere teilnahmen. Nach der Debatte wurde folgende Entschließung angenommen:

Mit Rücksicht auf den Beschluß der Revierkonferenzen und mit Rücksicht darauf, daß im Verlauf der seit Montag geführten Verhandlungen teine Einigung über die Rege= lung der Lohnverhältnisse weder im einzelnen noch für alle Reviere erzielt werden konnte, beschließt die Reichskonferenz der Bergarbeiter, daß am 20. August in allen Rohlen­rebieren der Reublik die Arbeit eingestellt werde. Für die Zeit des Streifes und für seine Führung gelten die früheren Streikvorschriften."

Ferner wurde einmütig nachstehender Antrag angenommen:

Die Reichskonferenz spricht den loalierten Bergarbeiterverbänden für die Führung der bisherigen Bandlungen das volle Vertrauen aus und ermächtigt fie ausdrüdlich zur Füh rung des Kampfes und zu: Führung eventueller Verhandlungen. Die Reichstonferenz erwartet, baß alle sozialistischen Parteien mit allen Kräften den den Berg­baßall: arbeitern aufgezwungenen Kampf unterstüßen werden. Zu dieser Unterſtüßzur gehört auch, daß sich die politischen Parteien nicht in die Führung des Kampfes einmischen. Außerdem hat, die Heichskonferenz alle Maßnahmen zur Durchführung des Kamp­fes getroffen und den Delegierten die erforderlichen Instruktionen erteilt. Der Zentral- Streif­ausschuß tagt seit heute in Permanenz, vorläufig in den Räumlichkeiten der loalierten Ver­bände in Prag ."

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Nr. 191.

Sollen Hausgehilfinnen bei der Krantentafla angemeldet werden?

Zu den am meisten bedrückten und rechtlosesten Schichten der Gesellschaft gehören die ausge­hilfinnen. Für sie haben in der Praxis die modernen sozialpolitischen Errungenschaften, die den Zwed haben, das Leben und die Gesundheit des Arbeiters zu schüßen und seine Menschenrechte ficherzustellen, feine Wirksamkeit. Und man kann die ganze Größe der sozialpolitischen Reaktion in der schechoslowakei daran ermessen, daß man dén Hausgegiljunen eines ihrer wenigen Rechte zu nehmen versuast, das sie seit dem Jahre 1919 be­sessen haben: vas Rea auf Serankenversicherung.

Am 2. Juli 1923 hat das Oberste Verwal tungsgericht ein Erkenninis gefällt, worin ausges sprochen wird, daß in zwei bestimmten Fällen der Dienstnehmer im Haushalte der obligatorischen Strankenversicherung nicht unterliegt. Damit hat das Gericht im Gegensatz zu dem flaren Wortlaut des Gesetzes vom 15. Mai 1919 entschieden. In diesem Gesetze wird der Umfang der Krankenver sicherung im Paragraph 1 folgendermaßen ums schrieben:

Für den Krankheitsfall sind nach Maß­gabe dieses Gesetzes alle Personen versichert, welche Arbeiten und Dienste auf Grund eines Arbeits-, Dienst- oder Lehr­verhältnisses verrichten und dieselben nicht als Nebenbeschäftigung oder gelegentlich ausüben."

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Diese Gesetzesstelle ist zweifellos für den Umfang der Versicherungspflicht bindend und es ist gar feine Frage, daß die Hausgehilfinnen einen Dienst ,, auf Grund eines Arbeits-, Dienst­eder Lehrverhältnisses" verrichten. Wer daran noch zweifeln könnte, wird durch den Paragraph 2 belehrt, in welchem ausgeführt wird, daß Per­jonen, die bei verschiedenen Arbeitgebern im Be­tebe oder in der Wirtschaft Arbeiten gegen Lohn verrichten( Bedienerinnen, Hausnähterinnen, Wä­scherinnen u. dergl.)" berechtigt sind. jich als Mit glieder bei der Krankenkasse anzumelden. Daß hier Hausgehilfinnen ausdrücklich nicht genannt wer den, ist ein klarer Beweis dafür, daß eben nur die im Paragraph 2 genannten Berufe, die gele­gentliche Arbeiten im Haushalte leisten, ange= meldet werden können, während ausgehil­finnen als dauernd in einem Dienſtverhältnisse befindliche Personen angemeldet werden müs­sen. Das Ministerium für soziale Fürsorge war auch bis zur Fällung des erwähnten Urteiles des Obersten Verwaltungsgerichtes dieser Meinung und hat in einem Erlasse vom 4. Juli 1919 aus­Dezember des Vorjahres prophezeiten Heran- und der Wiener Arbeiterzeitung " und Volkszeitung" mitteilt, hat Reichswehrminister tungen auf dem Lande und in der Stadt" für Dresden , 16. August. Wie di: Dresdner drücklich alle Dienstboten in den Haushal nahen der industriellen Konjunktur ist nichts gibt seiner Freude darüber Ausdruck, daß die Ab- Geßler als Antwort auf die schwere Beschul- versicherungspflichtig erklärt. Daß die zu spüren. Statt daß die Regierung darauf sichten der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion bigung Dr. Zeigners gegen die Reichswehr Wehrheit des Abgeordnеienhan bedacht wäre, durch wirtschaftliche Maßnahmen zur Hebung der industriellen Beschäftigung bei bon den deutschen Genossen außerhalb des Reiches in seiner bekannten Leipziger Rede jeden dienst rungsgesetzes vom Jahre 1919 beschlossen hat, zutragen, fennt sie nur ein Rezept, um den so richtig verstanden würden. Es sei eine Selbstlichen Verkehr mit dem Ministerpräsidenten Dr. derselben Meinung war, beweisen die

Die Uebereinstimmung aller deutschen es liege an den bürgerlichen Koalitionsparteien, fozialdemokratischen Parteien. diesen Zusammenhang richtig zu würdigen und daraus die notwendigen Schlüsse zu ziehen. Geßler gegen Zeigner.

Ebenso geschieht nicht das geringste, um die Wirtschaftskrise zu mildern und das Heer der Arbeitslosen abzubauen. Von Berlin , 16. August.( Eigenbericht.) Der dem vom Handelsminister Novak ebenso wie Vorwärts" zitiert heute die Meinungs­vom verstorbenen Finanzminister Raschin im äußerungen des Prager Sozialdemokrat"

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Worte ihres Berichterstatters, der im Plenum des Hauses ausdrüdlich erflärt hat, daß durch die No­velle des Gesetzes alle Dienstboten auch der Pri­vathaushalte in die Krankenversicherungspflicht einbezogen werden.

Troß dieser klaren Rechtslage hat nun der

Staat von der Fürsorge für die Arbeitslosen verständlichkeit, daß die sozialdemokratische Partei 3eigner verboten. zu befreien, indem sie die Arbeitslosenunter. in der neuen Regierungsfoalition ihren Willen Der Brotpreis fiuft! stüßung herabseßt. Wir werden in den heurigen mit aller Entschiedenheit zur Geltung bringen Winter abermals mit einer gewaltigen Menge werde. Sie habe für die zu leistende Arbeit ein Berlin , 16. August. Nach einer Meldung von Arbeitslosen hineingehen, aber die Qual Programm aufgestellt, von dessen Durchführung des Vorwärts" aus Magdeburg ist in der und Pein, der Hunger und das Elend, das ihr Verbleiben in der Roalition abhängig sei, und Provinz Sachsen in vollem Umfange die Ruhe Oberste Berwaltungsgerichtshof anders entschie den Arbeitslosen bevorsteht, treiben die Re- die bürgerlichen Parteien hätten dieses Pro- wiederhergestellt. Bis auf wenige Ausnahmen den. Er muß auch, um dieses Fehlurteil zu be­gierung nicht dazu, ihre Untätigkeit aufzu- gramun anerkannt. Wenn der kraftvolle Einfluß sind auch die Landarbeiter wieder zur Arbeit gründen, auf eine Gefeßesstelle zurückgreifen, die geben. Bei der geradezu ungeheuerlichen Geld- der politischen Arbeitervertreter auf die Führung zurückgekehrt. Die Plünderungen auf den Feldern für den Umfang der Verſicherungspflicht nicht von flüssigkeit, die auf dem Kapitalsmarkte herrscht, und die zu wahren Verdienstorgien an der der Reichsgeschäfte bemerkbar werde, dann wir haben aufgehört. Prager Börse geführt hat, wäre es der Re- den die früheren Gegner der Stoalitionspolitik in In Groß-- Berlin sind die Preise für mar­gierung möglich, unter gewissen Bedingungen der sozialdemokratischen Partei zu ihren An- fenfreies Gebäck ermäßigt worden. Das marfen ihr Investitionsprogramm durchzu- hängern werden. Im entgegengesetzten Falle aber freie Brot fostet ab Freitag 200.000 statt bisher führen und so tausenden von Menschen Arbeit würden sich die bisherigen Anhänger dieser Po- 240.000 Mart. zu verschaffen aber es geschieht nichts. Von litit in ihre entschiedensten Gegner verwandeln; den versprochenen Bemühungen des Volks- ●●●●●●●●●●●●●*********** ernährungsministeriums wegen des Abbaus

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Belang ist und wo sich durch eine gewisse Unflar­heit die Möglichkeit ergiot, die Anschauung des Verwaltungsgerichtes juristisy zu schüßen. Es ist dies der Paragraph 4 des Gesezes, in welchem als Arbeitgeber diejenigen ezeichnet werden ,,, auf deren Rechnung das Unternehmen oder die Wirt­schaft betrieben wird". Solche Arbeitgeber sin naa) Anschauung des Gerichtes die Haushaltungs­Ce vorstände nicht, weil der Haushalt fein auf Ge­winn gerichtetes Unternehmen ist! Außerdem

der Preise der wichtigsten Lebens. Dezembergesepes, die Koalitionsparteien haben den, wird sich der Zusammentritt des Parla- stügt sich das Gericht noch auf den Paragraph 20 mittel und Bedarfsartikel haben versprochen, die ärgsten Härten dieses Gesetzes ments verzögern, während des Wahlkampfes der Dienstbotenordnung für Böhmen , in welchem wir desgleichen nichts gehört, obzwar seit der zu beseitigen, aber die Staatsangestellten fön- wird nicht daran gedacht werden können, das dem Dienstgeber einer Hausgehilfin auferlegt i Ießten Sigung der sagenhaften ständigen Kon- nen weiter warten. Die Gemeinde wa h Herbstprogramm des Abgeordnetenhauses vor- wird, die Stranfenfürsorge zugunsten des Dienst­fumentenenquete, eine Schöpfung des Herrn len sollen ausgeschrieben werden, aber es zubereiten, das Abgeordnetenhaus wird zu- boten zu übernehmen, obwohl natürlich das Ministers Dr. Franke, auf die sich die Natio- scheint, daß auch hier die Sommerferien der sammentreten und nichts Fertiges vorfinden. fruhere Recht einer feudalen Dienstbotenordnung nalsozialisten sehr viel einbilden, mehr als Regierungs- und Koalitionspolitik ein Hin- Dann wird es nur eine Sorge geben, das durch das spätere Recht des bürgerlichen Staates zwei Monate verflossen sind. Die Lohnherab- dernis sind, um dem Gesetz Genüge zu leisten Budget. Von der Regierung und den Koali- außer Straft gesetzt wird. Die Folge der Entscheidung des Obersten fegungen gehen weiter, die Arbeiterschaft und das gefeßmäßige Recht der Bevölkerung tionsparteien wird bewußt die Zeit Verwaltungsgerichtes ist eine völlige Ver­fämpft schwer um ihr Dasein und statt des zu wahren. Würde nicht der Minister Benesch totgeschlagen und der höchste poli wirrung, die nun eingetreten ist. Als einer erhofften Preisabbaues, den das Ernährungs- geschäftig alle Hauptstädte Europas besuchen, tische Gedanke der allnationalen Koali- der ersten Arbeitgeber im Haushalte, der seine ministerium hat bringen wollen, bereitet das die Bewohner würden vergessen, daß sie regiert tion scheint der zu sein, daß es sich in der Hausgehilfin von der Krankenversicherung abge­Ackerbauministerium Getreide zölle vor, werden. Tschechoslowakei am besten und am leichtesten meldet hat, erschier: Herr Dr. Lodgeman auf damit für die große Masse der Bevölkerung Nach alledem scheint es, daß auch der regieren läßt, wenn man nichts macht. dem Plan, der Führer der Deutschen National­das Leben noch schwerer wird. heurige Herbst an gefeßgeberischen, für die Be- Im alten Oesterreich sagte man, daß mit dem partei, der auch hier gezeigt hat, daß er im In­nersten seines Herzens ein Vertreter der Unter­Und so ist es mit allen anderen brennen- völkerung notwendigen Arbeiten unfruchtbar Paragraph vierzehn jeder Esel regieren könne, nehmerinteressen und Feind der Arbeiterklasse ist. den politischen Fragen. Die Staatsange sein wird. Wenn die Gemeindewahlen im Sep- in der Tschechoslowakei sieht man, daß es auch Aber ein solches Verhalten der Haushaltungsvor­stände ist nicht nur ein zeichen der Arbeiterfeind­stellten warten auf die Novellierung des tember oder Anfangs Oktober stattfinden wer- ohne den Paragraph vierzehn geht.