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3. Jahrgang.
Sozialdemokrat
Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der tschechoslowakischen Republit.
Mittwoch, 3. Oktober 1923.
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Nr. 230.
lehnt dirette Berhandlungen ab.
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, 2. Oftober, 23 Uhr.( Eigenbericht.) Außer dem Wirtschaftsminister Raumer ist auch der Ernährungsminister Luther
· Eine Palastrevolution in der Kanzlerpartei. Die Stinnesgruppe greift die Sozialdemokraten an und fordert: Aufnahme der Deutschnationalen in die Regierung, Abschaffung des Ahitundentages und Hilferdings Ridiritt.- Demission der bürgerlichen Minister Raumer und Dr. Luther. Die Reichstagsligung abgesagt. Berlin , 2. Oktober .( Eigenbericht.) Das Deutsche Reich steht inmitten einer so schweren Arise, daß man über den Verlauf die größten Besorgnisse hegen muß; sie wird in der Hauptsache verursacht durch die Weigerung der französischen Regierung, in direkte Ber handlungen mit dem Kabinette Stresemann über die Lösung der Reparationsfrage zu treten. Damit handelt Frankreich entgegen seinen Versprechungen, daß nach der Aufhebung des paffiven Widerstandes die Verhandlungen mit Deutschland beginnen sollten. Bisher ist es lediglich zu örtlichen Vereinbarungen im befesten Gebiete gelommen. Der allgemeinen Wiederaufnahme der Arbeit stehen aber erhebliche Schwierigkeiten besonders dadurch entgegen, daß von den deutschen Beamten ein Treneid abverlangt wird. Das ist in der Regel verweigert worden und die deutsche Regierung sieht sich auferstande, die deutschen Beamten dazu zu veranlaſſen, da diese dann von selbst aus dem Reichsdienste scheiden würden. Durch diese unßenpolitischen Hem mungen wird die wirtschaftliche und innenpolitische Situation immer gefährlicher.
Die Situation ist jeßt so, daß Stresemann zwischen der Weiterführung der bisherigen Politik, die innerpolitisch allerdings nur mit den schärfften diftatorischen Mitteln gegen rechts und gegen Bayern zum Ziel gelangen fann, oder der Uebertragung der buyrischen Verhältnisse auf ganz Deutschland wählen muß. Entweder er geht mit den Deutschnationalen und dann tritt die Sozialdemokratic sofort in schärfste Opposition gegen die Re gierung, oder er schafft mit der Sozialdemokratie die notwendige Klarheit. anderes gibt es heute nicht mehr.
Etwas
zurüdgetreten.
Die weiteren Besprechungen der Parteiführer mit dem Reichskanzler führten ebenfalls zu feinem Ergebnis; im Gegenteil, fie vergrößerten die Kluft in der Auffassung der einzelnen Parteien. Die Demokraten sind für eine allgemeine Er mächtigung ohne jeden Vorbehalt. Der Reichsfanzler begab sich nach Beendigung der Bespres chungen mit den Parteiführern zum Reichspräsidenten, um mit ihm die Lage zu erörtern. Um halb 9 Uhr abends trat dann das Reichskabinett zu einer Sigung zusammen. Die sozialdemokra
e Frattion wird am Mittwoch vormittags 10 Uhr zu einer neuen Sizung zusammentreten. Berlin
, 2. Oktober .( Eigenbericht.) 24 Uhr. Die augenblickliche parlamentarische Situation läßt es wahrscheinlich erscheinen, daß eichskanzler Stresemann is Laufe des morgigen Tages dem Reichsbräsidenten die Demi s- sion des Gesamtkabinetts überreichen wird.
München, 2. Oftober. Herr von Sehr verbot für den Bereich von Bayern alie Arbei terausstände Für Landesverrat fetic er die Todesstrafe feit. Der Völlische Botschafter" meldet, daß der reichsdeutsche Gesandte in Winchen um militärischen Edhuß angesucht habe. Es seien ihm sofort 30 Mann grimer Polizei aur Verfügung gestellt worden. Beriretern der Preffe gegenüber erflärte Kahr, daß die militärischen Organisationen Hitlers ein gemeinsames und einheitliches Ziel anstreben.
Das Verbot des Hitler- Biaties.
Gestern wurde in Olmüş mit dem üblichen Pomp und unter großer Beteiligung der Bevölkerung die Leiche des verstorbenen DImüßer Erzbischofs und Senators Cyrill Stojan bestattet. Daß die auf Schaugepränge sich verstehende katholische Kirche ihre Würdenträger unter Entfaltung aller szenischer Regie zu Grabe trägt, daran ist weiter nichts Auffallendes, und an der Aufmachung der offiziellen Begräbnisfeierlichkeiten hätte, nicht ein Sind gefehlt, auch wenn der verstorbene_Erzbischof ein anderer gewesen wäre, als Chrill Stojan. Auffälliger ist schon die zweifellos innige Teilnahme weiter Schichten der Bevölferung. Niemand wird leugnen, daß sich Stojan, der durch lange Jahre auch Parlamentarier war, und schon vor dem Kriege im Reichsrat uud im mährischen Landtag Abgeordneter war, sich bei Freund und Feind einer ungewöhnlichen Auch der bayrische Konflitt ist noch immer nicht beseitigt; Herr von Kahr steuert immer Achtung erfreute. Bei Freund und Feind? Das deutlicher auf eine Loslösung vom Reiche zu. Für heute nachmittags war eine Sigung ist nicht ganz richtig ausgedrückt, denn Stojan des Reichstages angefeßt worden, in der die Regierung eine Erklärung über die politische age hatte, obwohl er im politischen Leben stand, abgeben wollte; dazu ist es nicht gekommen. In der heutigen Sißung mit den Parteiführern das bei uns leider oft genug hinterwäldlerischen unternahm der jeßige Vorsitzende der Deutschen Volkspartei, der rechts gerichtete Abgeordnete Dr. Scholz, einen scharfen Vorstoß gegen das Kabinett Stresemann. Die Regierung ver Charakter trägt, wohl faum einen perjönlangte ein Ermächtigungsgesch, um die notwendigen Maßnahmen auf wirtschaftlichem, finanlichen Feind. Viktor Hugo zeichnet in seinem ziellem und sozialem Gebiete auf dem Verordnungswege durchzuführen. Die Regierung ber Roman„ Die Glenden" in der Gestalt des sprach sich davon eine schnellere Wirkung, als wenn sie, wie es bisher geschah, den von der Ver Bischofs Myricla den guten Priester", eine faffung vorgeschriebenen geschgeberischen Weg einhalten mußte. Die Verordnungen sollten allerGestalt, die sich nur in idealisierenden Romanen dings nachträglich dem Reichstag vorgelegt werden, der sie bestätigen oder aufheben konnte. In findet. Erzbischof Stojan erinnerte in seinem der Sigung der Parteiführer griff Abgeordneter Dr. Scholz einige Mitglieder des Kabinettes von Güte erfüllten Wesen an diese französische an und verlangte die Umbesetzung der von ihnen bekleideten Aemter. Weiter Romanfigur, wenn auch seine Schlichtheit und müsse das Kabinett durch die Einbeziehung der Deutsch nationalen in die Koa. lition erweitert werden: schließlich aber sei ber Achtstundentag zu beseitigen, um geistige Einfachheit mit dem geistvollen Weltcine Hebung der Produktion insbesondere im Bergbau zu ermöglichen. Nur wenn diese Bemanne feinen Vergleich zuläßt. Die stets auf dingungen erfüllt würden, fönne seine Partei dem Ermächtigungsgefeß zustimmen. Die Forde Agitation bedachte flerifale Partei ist natürlich rungen der Deutschen Wolfspartei find felbstverändlich von ben Vertretern der Sozialdemo bestrebt, wie sie schon zu Lebzeiten Stojans aus fratic fofort als unerfüllbar zurüidgewiesen worden. Die Sigung wurde daraufhin abden persönlichen Sympathien, die er genoß. gebrochen, um den einzelnen Parteien Gelegenheit zu weiteren Beratungen zu geben. Dic Vorteil zog, auch jetzt seinen Tod publizistischregung des Reichstages mußte bis zum späten Abend verschoben werden. auszuschlachten, seinen Ruf als duldsamen, selbstlosen Menschen in klingende Parteimünze umzuseßen und auch den verblaßten Glanz der „ Aйeinseligmachenden" neu zu vergolden. Aber was beweist es für die katholische Kirche, daß Stojan Erzbischof war? Wie viele derer, die im gleichen Range stehen, erfreuen sich ähnlicher Liebe und Achtung in der Bevölkerung? Hatte die Kirche, die Religion. Teil daran, daß dieser eine Stojan in seinen edlen, menschlichen Eigenschaften eben so ward, wie er sein mußte, um die Verehrung seiner Mitbürger zu finden? Auf demselben bischöflichen Stuhle saß doch einmal auch ein Mann, der, wenn die Religion ellein genügte, um die Herzen zu formen, als Priester die gleichen menschlichen Tugenden hätte besitzen müssen wie Stojan, und doch war er hart, unverträglich, gefühllos und heizte Gendarmen auf die Armen, die in den ungeheueren Waldungen des Domkapitels dürres Laub oder Fallholz sammelten. Alle Religion hat nicht zu verhindern vermocht, daß Stojan eine Ausnahmserscheinung darstellt. Er war ein weißer Rabe unter denen, die Nachfolger des edlen Menschen von Nazareth sein wollen. von dem es heißt, daß er lehrte:„ Wer zwei Röcke hat, der gebe dem einen, der keinen hat." Noch weniger als die Lippenchristengemeinde hat die Klerikale Partei Anlaß. Stojan, der dieser Partei wohl angehörte, als aus ihrem nung. Er war eben Priester, Christ und Mensch| Prag und wer sich an ihn wandte, dessen Sache recht" und„ ungerecht" erworbenen Reichtum Schoße hervorgegangen und als Schwurzeugen im edelsten Sinne des Wortes. Seine politische wurde zu seiner eigenen, für die er keine Mühe unterscheiden. Gegen den„ gerecht" erworbenen ihres Strebens auszugeben. Der gütige Mensch. Begabung war nicht groß, er fühlte sich aber scheute. Nehmt alles nur in allem: er war ein Reichtum habe Christus nichts einzuwenden der ein schlichtes Leben wahrhafter Nächsten auch als" Träger eines Mandates als Prie- Christ, der das Christentum im sozialen Sinne, gehabt, nur vergißt das flerikale Blatt anzuliebe führte und die klerikalen Heßapostel: ster, der seine höchste Aufgabe darin erblickte, als Bereitschaft, in seinem Wirkungskreise den geben, welcher Reichtum denn gerecht", das welch ein unüberbrückbarer Gegensaß! Ein leidenden und hilfesuchenden Menschen beizu Menschen zu helfen, auffaßte. Wo sind die ist aus eigener Arbeit und nicht durch Mehrflerifales Blatt sagt in seinem Nachrufe von stehen, und so wurde er, wenn auch unbewußt. Priester, die ein gleiches tun? Und wie fernab wert, der der Arbeitskraft anderer entstammt. Stojan, er sei fich bewußt gewesen, das katho zum ungleich wirkungsvolleren Werber für seine von diesem menschlich- schönen Tun liegt das entstanden sei. Doch wo und wann bekämpften lische Volk( lies: die Klerifalen) müsse sich zu Partei, der er wesensfremd blieb und die doch Christentum der Klerifalen, die zu Dienern je die Klerifalen auch nur den„ ungerecht" erwehren und für seine Rechte auch politisch zu aus der persönlichen Beliebtheit Stojans po- der Reichen und Mächtigen geworden sind und worbenen Reichtum? kämpfen bereit sein. Aber Stojan zählte nie litischen Nußen zog. Ihm war Geben seliger die nicht nur die heutige soziale Unrechtsord- Mit der Ausschrotung des einen Stojan zu den streitbaren Priestern, welche die Reli- denn Nehmen und er gab mehr als er hatte, nung zu stüßen suchen, die auch überall Lob- für ihre Parteizwecke werden also die Klerikalen gion in den Dienst schäbigster Parteiagitation so daß er oft in Schulden geriet und die redner der Ausbeutungsordnung und Ver- kein Glüd haben. Er war Priester und Mensch, stellen, Sie haßverzerrt gegen jeden Anders Parici Mühe hatte, ihn wieder zu finanzieren. bündete der Plutokratie sind. Mit dem Munde dem auch die politischen Gegner die Ehrerbiedenkenden wüten und der Machtgier des Kleri- Einen Bittsteller abzuweisen, hätte sein Herz preisen sie die werktätige christliche Nächsten- tung nicht versagen. An seinem Wirken hat die bedrückt und mit größtem Mißvergnügen sahen liebe als Mittel zur Beseitigung aller sozialen Partei fein Teil, sein Fühlen war ein dieser Das Leben des hanakischen Bauernsohnes es die selerifalen, als er, zum Erzbischof er lebel, doch das tut die Kirche schon an die Partei der Intoleranz und Machtgier ganz Chrill Stojan war Stüd um Stüd ein dem wählt, freigebig sein wollte, wie er es früher weitausend Jahre, ohne daß es ihr selbst und entgegengeseztes. Gerade der Lebenslauf des Treiben und Wesen der Schein- und Dußend war und es fehlte darum nicht an Vorstellun- ihren Bekennern eingefallen wäre, darnach zu dahingeschiedenen edlen Priesters weist den christen schroff entgegengesettes. Ein Mensch gen. die ihm gemacht wurden, den Reichtum handeln. Vor uns liegt ein klerikales Blatt, Unterschied zwischen wahrem und falschem der politische Stellungen bekleidet und es da der Kirche nicht durch Wohltaten zu vergenden. tas gegen die Behauptung polemisiert. Christus daß Christentum in schärfstem Lichte auf! bet fertig bringt, feinen persönlichen eind zu Er führte ungezählie Deputationen und Ein wäre der erste Sozialist gewesen, und sich dabei Christentum in schärfstem Lichte auf! haben, ist sicher eine außergewöhnliche Erschei- zelpersonen in die Ministerien nach Wien und bemüht, zu beweisen, man müsse zwischen ge
falismus dienen.
Abends war die Lage folgend: der Wirtschaftsminister Raumer ist zurüdgetre. ten. Sein Rüdtritt hängt zusammen mit der Forderung der deutschen Vollspartei nach per fonellen Veränderungen im Rabinete, die insbesondere den Reichsfinanzminister Genossen Hilferding betrifft. Anscheinend will man mit dem Rüdtritt Raumers unseren Genossen die Zurückziehung des Reichsfinanzministers Hilferding aus der Regierung erleichtern.
Die Sigung der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion hat heute abends folgende Beschlüsse gefaßt: die geforderte personelle Aenderung im Koalitionsfabinett wird abgelehnt. Abgelehnt wird auch die von der Regierung gewünschte Ermächtigung zur Herausgabe von Verordnungen wirtschaftlicher und sozialer Natur. Unsere Fraktion will nur die Ermächtigung für finanzielle und währungspolitische Maßnahmen geben. Abgelehnt wird selbstverständlich auch die Hinzuziehung der Deutschnationalen in die Koalition. Abs gelehnt wird ferner die volksparteifiche Formulierung, wornach Arbeitszeit und Arbeitsleistung auf den Stand wie vor dem Kriege gebracht werden sollen. Unsere Fraktion wird für den Antrag der Kommunisten auf Aufhebung des Ausnahmszustandes in Bayern stimmen; sie fordert Klarheit über das staatsrechtliche Verhältnis Vaherns zum Neiche.
Am späten Abend finden noch immer Verhandlungen zwischen den Parteiführern und der Regierung und ebenso in den einzelnen Fraftionen statt. Zur Abgabe einer Regierungserklä rung wird es heute faum mehr kommen. Beim Zentrum sind der Arbeiterführer(!) Brauns, der jeßige Arbeitsminister und Gewerkschaftsführer(!) Stegerwald, der frühere preußische Ministerpräsident, welche die volksparteiliche Formulierung über den Arbeitstag annehmen wollen, isoliert. Die Mehrheit der Zentrumsfraktion hält an der großen Koalition fest und ist gegen die Hinzuziehung der Deutschnationalen. e
Berlin, 2. Oftober. General v. Rossow ist vom Reichswehrminister er sucht worden, das Erscheinen des Völfifchen Beobachters" zu ver hindern.
Der Eintritt der Kommunisten
in die sächsische Regierung. Dresden, 2. Oktober. Der Eintritt deg fächsfschen Kommunisten in die Regierung begegnet dodurch Schwierigkeiten, daß die Sozialdemokraten als Vorbedingung hiefür die Anerkennung der Verfoisung durch die Kommunisten fordern. Bei früheren Verhandlungen zwischen den beiden Linksparteien über diesen Punkt haben die Kommunisten iene For derung stets abgelehnt.
Die sächsische Regierung betont ernent, daß sic nicht daran denke, ihre Forderung auf Ernennung des sächsischen Zivilkommissärs aus den Reihen der Mitglieder der Regierung fallen zu lassen