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3. Jahrgang.
Sozialdemokrat
Der Gegenstoß
Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der tschechoslowakischen Republik.
Freitag, 2. November 1923.
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Nr. 256.
läufig noch unbesetzt bleibt und von Fellisch selbst geleitet wird.
Dienstag wird die Regierung ihr Programm entwideln. Zugleich soll auch über einen voltsabgestimmt werden.
der Sozialdemokraten. Stresemann angeblich ertrantt.- Die Entscheidung über das Verbleiben parteilichen Antrag auf Auflöſung des Landtages
in
der Sozialdemokraten in der Regierung verschoben.
Die innerpolitischen Verhältnisse Das sächsische Kabinett fetzt fich folgenderDeutschland treiben nun durch den im Brenn- Berlin, 1. November .( Eigenbericht.) Die den Sozialdemokraten entsprochen wird und wenn Minister des Innern: Liebmann; Arbeits maßen zusammen: Ministerpräsident: Fellisch; punkt des Interesses stehenden Gewalt. Absicht der Partei, schon heute eine Entscheidung gegen Bayern eine schärfere Tonart angeschlagen minister: Elsner; Minister für Volfsbildung: streich der Reichsregierung gegen über das Verbleiben in der großen Koalition her werden sollte. Die Deutsche Allgemeine Zei- Fleißner; Justizminister: Neu; Finanz Sachsen, der Entscheidung entgegen. Es beizuführen, lonnte nicht verwirklicht werden, da tung" bezeichnet die Forderungen sogar als Er- minister: Held. wird immer offenkundiger, daß das Ultimatum der Reichskanzler Dr. Stresemann infolge pressungsversuch. Demgegenüber zeigen die De gegen Sachsen und die Absehung der sozial- ueberarbeit" merkwürdigerweise gerade hente motraten, das Zentrum und ein Teil der Heinze gesund entlassen. demokratisch- kommunistischen Regierung Sach- crtraukt ist und Besuche angeblich nicht emp- Volkspartei Geneigtheit, den sozialdemosens mit militärischer Gewalt nicht eine RechtsBerlin, 1. November. Der Reichskommissär beugung schwerster Art, sondern auch der tölpelfangen fönne. kratischen Wünschen entgegen zu tommen für Sachsen Dr. Heinze, der gestern von Dres hafte Mißgriff einer Regierung war, deren Aus diesem Grunde konnte die für heute mit und treten dafür ein, daß die Reichsregierung mit den nach Berlin zurüdgefehrt ist, hat dem Reichs verantwortliche Personen die Herrschaft über tag in Aussicht genommene Franktionsfißung vollem Ernst an die Wiederherstellung der Ver- erstattet und sein Amt in die Hände des Kanzlers fanzler über die Vorgänge in Sachsen Bericht ihre Nerven verloren haben. Der Reichskanzler nicht stattfinden; sie mußte auf Abend verfassung in Bayern schreite. zurückgelegt.( Glück hat der Heinze gehabt; ein hat seither, da er die Wirkung nahen sah, wohl tagt werden. Bis dahin hoffte nämlich Strefes Es ist selbstverständlich, daß, sollte die Spren- Weilchen später hätte ihm der plöglich erkrankte felbst die Größe der kapitalen Dummheit er mann Antwort geben zu können. Da dies nicht gung der Koalition verhütet und der Austritt Stanzler nicht mehr die Absolution erteilen taunt, denn fast unmittelbar nach dem Hand- geschah, beraumte die Fraktion für morgen eine der sozialdemokratischen Regierungsmitglieder noch streich, zu dem er sich durch die Hehe der neue Sigung an. Reaktionäre und gewiß auch aus eigener Hervermieden werden, es nicht bei bloßen papierenen zensneigung verleiten ließ, mühte er sich, ständlich die Forderungen der sozialdemokratischen der Partei bindende Zusicherungen geDie rechtsstehende Presse weist selbstver- Versprechungen wird bleiben dürfen, sondern Sachsen wieder eine verfassungsmäßige Regie- Fraktion mit Entrüstung zurück und fündigt macht werden müßten. rung zu geben und er hat gestern den für Sachsen ernannten Reichskommissär Dr. Heinze den Abfall Bayerns vom Reich an, wenn
-
Drüdeberger Stresemann.
Die endgültige neue Regierung
fönnen.)
Der neue sächsische Ministerpräsident FelIisch erklärte dem Berichterstatter der„ Vossiverständigt und verlangt, die Abberufung Heinzes schen Zeitung", er habe den Reichkanzler von der Bildung des neuen Miniſteriums telegraphisch fofort zu veranlassen.
Wie die Blätter melden, richtete die sächsische Sozialdemokratie in Gemeinschaft mit den freien Gewerkschaften einen Aufruf an die ,, streikenden Arbeiter, Angestellten und Beamten", in dem es
nach kaum achtundvierzigstündiger Amtsdauer nach Berlin zurüdberufen. Aber der im Nollen befindliche Stein farn dadurch nicht mehr aufgehalten werden. Heute gilt nurmehr ein Ent heißt, daß durch die Bildung der verfassungs weber Oder. Der militärische Gewaltstreich ist bettlägerig und darf auf den dringenden Rat" Berlin , 1. November. Der Reichskanzler in Sachsen . mäßigen Regierung mit dem Ministerpräsidenten gegen die sächsische Regierung drängt bazu, die der Aerzte zur Zeit das Bett nicht verlassen. Des Fellisch die Ursachendes Proteststreites Möglichkeit der Wiederholung ähnlicher Ge halb mußte auch die für heute vormittags anbe Bandtag trat um halb zehn 1hr zu einer Sigung munisten haben es daher für nötig gehalten, aubeer 1 ab her berichtlichen Instanzen einſchließlich ber KomDresden, 1. November.( Eigenbericht.) Der behoben sind. Die partei und gewerkschaft tum waltakte auszutilgen. Das ist der Inhalt und raumte Stabinettssigung, in der dringende Ruhr- zusammen, in der die Bereidigung des neuen munisten haben es daher für nötig gehalten, Wille des von uns gestern veröffentlichten Be- angelegenheiten zur Erörterung fommen sollten, Ministerpräsidenten vorgenommen werden sollte. den Streit aufzuheben. schlusses der sozialdemokratischen Reichstags- nicht stattfinden.( Also weil Herr Stresemann Die Deutschnationalen verlangten die Vertagung fraftion. Mögen daraus welche Folgen immer politisch leidend geworden ist, müffen unter an bis zur Entscheidung durch den Staatsgerichtshof, erwachsen, bleibt doch wahr: besser die offene berem auch dringende Ruhrangelegenheiten un ob die Wahl des sächsischen Ministerpräsidenten Diftatur der Reaktion, als die schleichende, bie erledigt bleiben.) Infolge der Erkrankung des zurecht erfolgt sei oder nicht. Der Redner der auch noch den Sozialdemokraten die Mitver- Stanzlers hat auch die für heute Vormittag in Deutschnationalen betonte, daß alle Regierungs- Reichswehrkommando mitteilt, kam es heute in urecht erfolgt sei oder nicht. Der Redner der Aussicht genommene Besprechung mit den antwortung für ihr Gewaltregime aufhalsen Führern der Sozialdemokratie über die von der afte des Ministerpräsidenten Fellisch ungültig Großenhain zu einem Zuſammenstoß zwischen möchte. Die nächsten Stunden müssen die not- sozialdemokratischen Fraktion beschlossenen Forwendige Klärung bringen. derungen noch nicht stattfinden fönnen. Sie fabrizieren Mär: grer.
Die Reichsregierung stüßte sich bei ihrem Vorgehen auf den Artikel 48 der Reichsver
feien.
und der dortigen Bevölkerung. Als Die Volkspartei war etwas gemäßigter und eine Abteilung von vier Reichswehrsoldaten einen verlangte nur die Vertagung bis nächsten Diens- Verhafteten eskortierte, wurde sie von der Menge tag. Beide Anträge wurden abgelehnt. Die Ver- umringt und angegriffen. Die zu Hilfe gerufene eidigung konnte um 10 Uhr vorgenommen wer:
fassung, wonach der Reichspräsident, wenn ein Berlin , 1. November. Wie aus Dresden den. Fellisch bildete sodann sein Rabinett, in das Reichswehrverstärkung säuberte" den Platz und Land die ihm nach der Reichsverfassung oder gemeldet wird, ist vom Dresdner Amtsgericht an Stelle des in Aussicht genommenen Arbeits- mußte, da die Menge Widerstand leistete, von der den Reichsgesehen obliegenden Pflichten nicht gegen den kommunistischen Ministerialdirektor| ministers Graupe der Gewerkschaftssekretär Els- Schußwaffe Gebrauch machen. Bisher sind 15
erfüllt, es dazu mit Hilfe der bewaffneten Brandler der Haftbefehl erlassen worden. ner tritt, während das Wirtschaftsministerium vor Schwerverlette gemeldet.
Macht anhalten fann". Wenn auch das Reichs
geseß, welches das Nähere bestimmen soll, bis
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heute überhaupt nicht erlassen wurde, so be- der Militärmusik -die Absetzung der gesam- demokratisch- kommunistischen Regierung zu er eigene Vaterland. Der bayrische Ministerprästeht doch gewiß die geseßliche Handhabe, gegen ten Landesregierung und die Einsegung eines füllen, beging die Reichsregierung aber auch fident hindert die Abseßung eines hochverräteeine Landesregierung, wenn diese tonsequent Reichskommissärs verfügt. eine abgrundtiefe Dummheit. Just am Montag, rifchen Generals und ignoriert die Weisungen gegen die Reichsverfassung verstößt, vorzu- Das Vorgehen der Reichsregierung, das also am Tage des Staatsstreichs, faßte der so- und Anordnungen der Zentralgewalten. Doch gehen. Wo aber find denn solche Verstöße in einen Staatsstreich, wie er noch nie dagewesen, zialdemokratische Parteivorstand einen Be- diese Schänder der Reichsverfassung, diese Sachsen erfolgt, welche die Anwendung dieses bedeutet, ist um so verwerflicher, als der Wort- schluß, der die sächsischen Genossen aufforderte. offenen Aufrührer wagt der Reichskanzler nicht Mittels der Reichsverfassung hätten rechtferti- laut ihres Ultimatums nicht im Reichsmini- die Regierungsfoalition mit den Kommunisten anzutasten! gen fönnen? Es ist wohl richtig, daß die säch- sterium beschlossen wurde, und die Zustim aufzulösen, da die kommunistische Partei Der Schlag Stresemanns und der hinter fischen Kommunisten wegen der Auflösung der mung zu dem Ultimatum von den durch ihr zweideutiges Spiel die Grundlagen ihm stehenden rechtsradikalen Reaktion fann proletarischen Hundertschaften zum General- jozialdemokratischen Ministern zerstört habe, auf denen seinerzeit der Versuch und wird nicht ohne Antwort bleiben. Unsere streit und zum Widerstand gegen diese von der überhaupt nicht eingeholt wurde. der gemeinsamen Regierungsbildung unter Genossen im Reiche sind in der gegenwärtigen Reichsgewalt verfügte Auflösung aufgefordert Der Reichskanzler hat die sozialdemokratischen nommen wurde. Die Kommunisten hatten durch Situation, in der sich die Republik und das haben. Da die Kommunisten Regierungspar- Minister auch mit der Durchführung ihr Spiel mit doppelten Karten jede Regie- Volk befinden, mit ungeheuerer Verantwortung teien waren, so fällt sicher ihr Vorgehen ins des Ultimatums überrumpelt. Das rungstätigkeit in Sachsen nachgerade unmög- beladen und sie wissen, daß jeder rein impulsive Gewicht, aber eine Begründung für den Streich schwerwiegende Dokument des Reichspräsiden- lich gemacht und eben vollzog sich in der Mei Schritt von den unheilbar schwersten Folgen der Reichsregierung bietet es nicht. Ebensowenig ten wurde dem Reichskanzler am Montag um nung der sächsischen Partei ein Klärungs- und für die Arbeiterschaft begleitet sein kann. Nicht tann dafür der Umstand, daß die beiden der 11 Uhr vormittags überreicht und schon um Reinigungsprozeß, der als Resultat die Un- nur um Deutschlands Zukunft, sondern auch sächsischen Regierung angehörigen Kommunisten 2 Uhr nachmittags seßten sich die Reichswehr möglichkeit des Zusammenwirkens mit dieser um das politische und soziale Schicksal der einige großmäulige Reden nach bekanntem truppen in Dresden zur Beseßung des Landes- verantwortungslosen und treulosen Partei ſicht- deutschen Arbeiterklasse geht jetzt das erregende fommunistischem Muster gehalten haben, die regierungsgebäudes in Bewegung! An die bar vor aller Welt ergeben hätte. Schon am Spiel. Ein taktisch falscher Zug kann dem listiggewaltsame Sprengung der fächsischen Regie Durchführung des Ultimatums war die Be- Dienstag wollten die Sozialdemokraten in der lauernden Gegner den Sieg bringen, der zurung rechtfertigen. Wenn wirklich in diesem dingung geknüpft, daß vorerst das fächsischen Regierung aus dem diabolischen gleich die brutalste nechtung des deutschen Sinne Berfehlungen der kommunistischen Ber- Einverständnis des gesamten Doppelspiel der Kommunisten die Konsequenz Proletariats auf unabsehbare Zeit bedeuten treter in der Landesregierung vorlagen, so Kabinetts und der Parteiführer ziehen und die Koalition zur Auflösung brin- fann. In dieser überschweren Verantwortung hätte die Reichsregierung vorher auf eine ein- einzuholen sei, dennoch wurde der Me- nen. Der plumpe und brutale Gewaltstreich des muß man die Erklärung dafür suchen, daß wandfreie Klarstellung des Sachverhaltes und chanismus der Verordnung sofort in Kraft Reichskanzlers hat diesen Reinigungsprozeß unsere reichsdeutschen Genossen, deren Erfaheine unzweideutige Erklärung dieser Minister. gefeßt. Reichskanzler Stresemann hatte noch in unterbrochen und Wasser für die kommunisti- rung und hohe politische Bedeutung über allem wie sie sich zur Einhaltung der Geseße und der der Nacht von Sonntag auf Montag den Ver- schen Mühlen geliefert.
Zweifel steht, mit Bedachtsamkeit ihre EntVerfassung stellen, drängen müssen, ehe ihr das tretern unserer Genossen die bestimmte Zu- Am unerhörtesten aber erscheint die Maß- schlüsse faffen. Wir als Zuschauer dieses traformale Recht zugestanden wäre, von Reichs- sage gemacht, daß vor Dienstag nichts ge- nahme gegen die sächsische Regierung, wenn oischen Ningens, dürfen nicht vorschnell und wegen mit Gewalt einzuschreiten. Doch die schehen werde, und daß vorerst das Ergebnis man damit die Langmut und Duldsamkeit ungeduldig mit unserem Urteil zur Hand sein, Reichsregierung hat nicht einmal der fächsischen von Beratungen unserer Parteiexekutive mit der Reichsregierung gegenüber der bayrischen sondern dürfen die volle Ueberzeugung hegen, Landesregierung zu dieser Klarstellung Beit den sächsischen Instanzen abgewartet werden Regierung in Vergleich zieht. An. Thüringens daß es der sozialistischen und politischen Reife gelaffen, fie hat unvermittelt ihr verhängniß- würde. Der Reichskanzler hat dieses Ber- Grenze stehen bayrische Regierungstruppen der deutschen sozialdemokratischen Arbeiterschaft bolles Ultimatum gestellt und hat nach dessem sprechen gebrochen. zum Vormarsch auf Berlin bereit. In allen und ihrer Führer gelingen wird, die richtigen Ablauf mit militärischer Gewalt und wie In dem Eifer, den Wunsch der Reaktio- Städten Bayerns wirbt der hakenkreuzlerische Entscheidungen zu treffen.
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zum Hohne noch dazu unter flingendem Spiel näre nach Beseitigung der sächsischen sozial- Fascismus Rekruten für den Kampf gegen das