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3. Zahrgang.

Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der tschechoslowakischen Republit.

Ludendorffs Handstreich.

Der Krieg gegen das deutsche Wolf hat begonnen! Er wird aber nicht vom ausländi­schen Feinde geführt, es ist vielmehr ein Teil des Volkes selbst, und gerade jene, deren natio nale Gesinnung fte das Wort der Voltage­meinschaft" ständig im Munde führen läßt, welche das Signal zu einer Tat gegeben haben, ungeheuerlich und verbrecherisch zugleich, die unmittelbar oder in weiterer Folge von un absehbarer Tragweite sein muß. Am Mittwoch haben in München die bewaffneten Gewalts haufen Hitlers den längst angekündigten und erwarteten Handstreich geführt, haben die na. tionale Diftatur ausgerufen, sich, wie die erste Meldung lautete, in den Besitz der bayrischen Staatsmacht gefeßt und in der Person Kahrs einen Reichsverweser" für das ganze Reich eingesetzt. An der Spize der bayrischen Rechts. putschisten, ĵo fich Nationalsozialisten" nennen, welche die Durchführung des Ueber­falles au besorgen hatten, steht Hitler , aber es ist längst flar, daß dieser nur der Stroh mann General Ludendorffs ist, der der eigent liche Drahtzieher der Meutererbewegung gegen die republikanische Staatsverfassung war, und der jetzt die Bildung einer nationalen Armee" übernommen hat, welche die Bestimmung haben soll, vorerst den Vormarsch auf Berlin anzutreten, um später den Krieg gegen Frank reich zu eröffnen, um alle Gebiete, die früher zu Deutschland gehörten, wieder zurüdauer­obern. An die Ausführung dieses leßteren Teiles feines Programmes zu gehen, wird fich Ludendorff aber wohl noch überlegen, ebenso wie Mussolini nach Erlangung der Herrschaft in Italien sich befann und die Ausführung seiner imperialistischen Absichten unterließ. Den Feind aus dem Lande hinauszuwerfen, daß war nur eine Parole, um die Werbekraft des beutschnationalen Fascismus zu vermehren und die Aufmerksamkeit vieler seiner Zuläufer abzulenken, die nicht merken sollten, worauf es vor allem ankommt: auf die Erwürgung der Demokratie und die Wiedereinsehung der durch den Novembersturm von 1918 hinweg­gefegten bürgerlich- kapitalistischen, junkerlichen und monarchistischen Mächte.

Samstag, 10. November 1923.

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Nr. 263.

Hitlers Butsch niedergeschlagen.

Die Monarchisten Kahr und Loflow fiegreich.

Die Dittatoren" in Salt. Die nationalsozialistische Partei aufgelöst. München , 9. Rovember. Der Putsch ist beendet, der Präsident der bay rischen Regierung Knilling wurde befreit und hat die Regierung übernommen. In Bahern wurde die Ordnung wieder hergestellt. Berlin

, 9. November .( Eigenbericht.) Es fann als erwiesen gelten, daß der gestrige Putschversuch in München nicht auf Bayern beschränkt, sondern auf ganz Deutschland aus­gedehnt werden sollte. Viele mit Hitler sympathisierende nationalistische Organisationen und Zeitungen haben immer offenbar davon gesprochen, daß der 9. November den Umsturz bringen soll. Auf vielen großen Gittern der agrarischen Provinz Preußen und in Mecklenburg werden Waffenlager unterhalten und zahlreiche Nationalisten, als Handarbeiter verkleidet, beschäftigt. Daß die Rechtsradikalen und die Deutschnationalen darauf vorbereitet waren, geht and einigen hente morgen erschienenen Blättern dieser Richtung hervor. Die Deutsche Zeitung" berichtete heute früh, daß in München ungeheuere Begeisterung herrsche und Musik die Straßen durchzieht. Die Deutsche Allgemeine Zeitung", das Stinnesblatt, nennt Hitler bereits einen nationalen Rechtsdiktator und behauptet, daß der Umsturs in München geglädt ſei. Der schwerindustrielle Tag" gab zwei verschiedene Auflagen heraus, von denen die erste mit einem Sieg der Putschiften auch in Norddeutschland bereits rechnet und General Ludendorff als Machthaber, Rahr als Statthalter für die Monarchie bezeichnete. Weiter verkündet es, daß Hitler auf Berlin marschiere, die Reichsregierung und der Reichspräsident ab­gefeßt seien. Als sich die Nachricht von dem geglüdten Putsch als verfrüht erwies, wurde eine neue Auflage des Blattes herausgegeben. Die Nachmittagsblätter der Deutschnationalen find wieder ziemlich leinlant geworden, sie beschwören die Regierung und die Reichswehr , nicht zu schroff gegen die bayerischen Butschisten vorzugehen, da es sich doch um eine Bolls­bewegung handelt.

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Straßentämpfe in München .

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nationalsozialistische Partei für aufgelöst erklärt. Mittags wurde das Standrecht proflamiert. Bei den Zusammen stößen der Reichswehr und der Landespolizei nit den Nationalsozialisten auf dem Odeonplatz wurde Budendorff gefangen genommen. Nach mittags wurde er gegen Abgabe des Ehren­wories in Freiheit gesetzt. Hitler wurde ber­wundet. Sein Verbleib ist unbekannt.

Ein paar Stunden Dittator... Nürnberg

, 9. November .( Süddeutsche Korre fpondenz.) Jm Regensburger Anzeiger" wird eine Erklärung der bayrischen Regierung ber öffentlicht, in der es heißt: Infolge des heute nachts in München unternommenen Putsches be gaben sich die Staatsminister Dr. Matt, Dr. Meinel und Dr. Krausned nach Regensburg , um zunächst von hier, aus die Geschäfte der Regierung weiterzuführen. Sie haben alsbald die Berbin dung mit dem Regierungspräsidenten aufgenom men. Verstärkungen sind nach München abgegan­gen. Die Fühlungnahme mit Sahr und Lofson wurde aufgenommen. Die von beiden und dem Obersten Seiffer in der Versammlung am Don nerstag abends abgegebenen Erklärungen waren mit Waffengewalt erpreßt und sind bereits widerrufen. Die Reichswehr und die

Sutter H die fange in Bayern nach immer Landespolizei stehen tren zu der verfassungsmaßis

Der pillerputsch ist wohl zusammengebrochen, jedoch ift die Lage in Bayern noch immer nicht geflärt, Herr von Kahr hat sich gegenüber Hitler zur Beteiligung an dem Umstutz, sei es durch Erpressungen, sei es durch Versprechungen überreden lassen. Es dürfte ihm aber nicht mehr gelingen, noch länger die Geduld des deutschen Volkes auf die Probe zn stellen. Er wird wohl auch jetzt bei der bayerischen Boffepartet ansgespielt haben, nachdem er es zugelassen hat, daß Ministerpräfident Anilling und der Minister des Innern Schweyer verhaftet wurden, während er selbst sich durch die anfängliche Beteiligung am Hillerputsche in Sicherheit brachte. Die Reichsregierung hat heute wenigstens eine bemerkenswerte Energie gegen die baherischen Banden an den Tag gelegt. Sie kann aber nur dann eine endgültige Meinigung ter baheri­schen Atmosphäre durchführen, wenn sie nicht auf halbem Wege stehen bleibt. Kahr und Lossow, die sich jetzt gegen den Hitler putsch wenden, sind mitschuldig an ihm. Sie scheinen auch einzusehen, in welch ungünstige Situation sie sich befinden und haben der bayerischen Reichswehr die Weisung gegeben, sich den aus anderen Teilen des Landes anmar­schierenden Formationen nicht entgegenzustellen. Berlin

, 9. November .( Eigenbericht.). Nach dem am Abend in Berlin vorliegenden Mel­bungen aus Bahern, die infolge der Sperrung des Telephons ziemlich dürftig sind, ist der Mün chener Putsch vollständig niedergeschlagen worden. Nach einem heftigen Straßenkampfe, bei dem es viele Tote und Verwundete gab, wurde das Münchner Kriegs­ministerium, worin sich die Putschisten verschanzt hatten, gestürmt. Ludendorff , Hits ler, Pöhner und Hauptmann Römer sind gefangen worden. Heute abend wurde die ton General Seedt erlassene Zensurverordnung, wonach über die Vorgänge in München nur amiliche Nachrichten verbreitet werden dürfen, wieder aufgehoben.

Regierung.

Ein Teil ber Purschanführer befindet sich in Schutzhaft. Ein anderer, darunter uden dorff und Sitler, ist im Wehrfreistommando eingeschlossen. In Nürnberg , wie über­haupt in Nordbayern, ist alles ruhig. Gegen über anderslautenden Meldungen sei darauf hin­gewiesen, daß der Zugsverkehr mit München völlig intakt ist. Es sind Verhandlungen int Gange, um den Zugsverkehr zwischen Bayern und Norddeutschland wieder aufzunehmen, womit in fürzester Frist gerechnet wird. Auswärtige Reichswehr und Polizeifräfte sind in München zu fammengezogen und haben die Säuberungsaktion gegen das Reichswehrgebäude, in welchem die Nationalsozialisten ihren Sit haben, begonnen.

Ein Aufruf der Reichsregierung.

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Die Nachrichten aus München flingen verworren und geben fein flares Bild der augenblidlichen Lage. Wie es heißt, ist das Berlin , 9. November .( Wolff.) Die Deutsche abenteuerliche Unternehmen der Hitlergardisten Reichsregierung erläßt folgenden Aufruf: An das deutsche Wolf! In der Zeit größter auf München beschränkt geblieben, während im übrigen Bayern Nuhe herrsche. Auch in Mün­außen und innenpolitischer Bedrängnis haben sich chen selbst ist die Herrschaft der neuen Re­Berblendete ans Werf gemacht, um das Deutsche Neich zu zerschlagen. In München hat eine be gierung alles eher denn unbestritten. Es ist waffnete Sorde die bayrische Regierung gestürzt, nicht unwahrscheinlich, daß schon die nächsten den bayrischen Ministerpräsidenten von Knilling Stunden die Meldung vom Ende des infamen verhaftet und sich angemaßt, eine Reichsre Ludendorf enthaltet. Gewaltstreiches bringen, aber man muß auch stole gezwungen worden war, Erklärungen über gierung zu bilden, den General Ludendorff München, 9. November. Generalstaatsfom- die Errichtung einer Rechtsdiftatur in München zum angeblichen Befehlshaber der deutschen Ar­damit rechnen, daß die von Ludendorff ge- missär von Stahr, der gestern nachts von Hitler abzugeben, hat heute vormittags einen Aufruf mee, Herrn Hitler , der erst vor furzer führte Hakenkreuzlerbewegung eine Beitlang und Ludendorff mit vorgehaltener Pis gegen die Putschisten veröffentlicht und die Beit die deutsche Staatsangehörig fiegreich bleibt. Wenn es nur auf die staat­

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lichen Autoritäten ankommen würde, jo hätten ECTIONCILIITIONINGTON NOSSO

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es die Münchener Fascisten wahrlich nicht seine guten Wege. Kahr selbst aber wehrt sich sichtbarsten Folgen der deutschnationalen Hel- ben Tag gelegt, und hat deren proletarische schwer, denn in Bayern besitzt die Reichs- gegen die ihm zugeieilte Würde, und er läßt dentat sein. Ludendorff , der schon durch sein Hundertschaften ebenso wie die proletarische regierung auch nicht die geringste Macht, aber erklären, daß ihm die Zustimmung zur Ueber Verhalten im Weltkrieg, dessen Fortführung er Regierung Sachsens gegen Recht und Vernunft die gegen die demokratische Staatsverfassung nahme des Amtes mit Gewalt abgepreßt wor- betrieb, obwohl er längst verloren war, un- gesprengt, während sie gleichzeitig mit Lang­Anstürmenden teilen sich in zwei einander den sei. Noch fehlt die genaue Uebersicht, wer geheueres Unheil über das deutsche Volk ge- mut, wenn nicht mit Duldung, zujah, wie sich feindliche Teile: hie Großdeutsch", hie Wit in dem Ringen den Erfolg davontragen wird, bracht hat, jeßt sein satanisches Treiben fort die Gegenrevolution bewaffnete und für den telsbach! Die Richtung Sahr- Snilling ist sepa - auch über die Haltung der Reichswehrtruppen und scheut wieder nicht davor zurück, Leben entscheidenden Schlag rüstete. Schließlich müß­ratistisch und monarchistisch im Sinne der wird man wohl erst in den nächsten Stunden und Eristenz seiner Volksgenossen um seines ten auch die Kommunisten die Größe der Ge­Restaurierung des Hauses Wittelsbach, wäh genaues erfahren. Wie sich angesichts der furcht- unzähmbaren Ehrgeizes willen aufs Spiel zu fahr für die gesamte Arbeiterschaft erkennen. rend Ludendorffs Streben großdeutsch" ist baren Ernährungsverhältnisse und der allge- jegen! und einsehen, daß jeßt, wo alles auf dem Spiele und in lepter Hinsicht auf die Wiedereinseßung meinen Wirtschaftslage die Putschisten an der Wenn je, so müßte jeßt allen Menschen steht, für den Richtungsstreit teine Zeit ist, des Hauses Hohenzollern abzielt. Zuerst über Herrschaft erhalten wollen, auch wenn ihnen im Staate erschreckend zum Bewußtsein kom- sondern daß alles und jedes darangesetzt wer= tölpelte Kahr den Hitler der schon im Sep- diese restlos zufallen sollte, erscheint immerhin men, welche immense Gefahren von jenen aus den muß, die Existenz der Arbeiterbewegung tember losschlagen wollte indem er sich als ein Rätsel. Ganz abgesehen davon, daß gehen, welche in Selbstsucht und Herrschgier und die Republik zu schügen. Die Regierenden zum Generalstaatskommissär einseßte und die Frankreich erflärt, es werde die Errichtung zur Zeit der größten Bedrängnis des Vater und ihre Organe haben versagt. Der Ver­Macht im Staate an sich riß. Hitler mußte einer nationalen Diktatur in Deutschland nicht landes kein anderes Ziel fennen, als unter brecherwahnsinn des Hakenkreuzlertums, der seinen vorbereiteten Staatsstreich auf später dulden, da darin eine Gefahr für die Erhal- Ausnüßung der Notlage des Reiches das lange genug jein Unwesen treiben konnte, muß verschieben. Jeßt hat die Kompagnie Luden- tung der Friedensverträge gelegen sei. Wenn Volk. in einen Krieg der Bürger untereinan- unmöglich gemacht, die nationalistischen und dorff- Hitler wieder zum Schlag gegen Kahr , nicht alle Anzeichen trügen, wird bald von der zu verstricken. Nun müßte auch von allen monarchistischen Staatsstreichler in ihre Löcher beziehungsweise gegen die von ihm vertretene dem Ludendorfischen Staatsstreich nichts übrig Republikanern die Schmach der Schwäche und zurückgetrieben werden. Die Augen der sozia­Nichtung ausgeholt. Den persönlichen Wider- bleiben, als eine weitere Zerrüttung Deutsch - Lauheit begriffen werden, welche gegenüber listischen Welt sind auf die deutsche Arbeiter­stand Stahrs hoffte sie zu brechen, indem sie lands und seines ohnehin vom Unglück schwer Republikanermord, wie gegenüber den Ver- schaft gerichtet, die vor ihrer schwersten Schid. ihn als Reichsverweser" einseßte, was aller- heimgesuchten Volkes. Die unmittelbare Folge schwörungen und allen anderen Schandtaten falsprobe steht. Mit heißem Herzen ersehnen dings so viel bedeutete, wie ein König ohne war ein weiterer ungeheuerer Sturz der Mark von Rechts jahrelang beobachtet wurde. Energie alle Proletarierherzen, daß es ihr gelingen Land, denn bis zum" Verweser" des Reichs und voraussichtlich werden neben Blutopfern hat die Reichsregierung bisher nur gegen die möge, die Reaktionsgewalten erfolgreich abzu­durch einen bayrischen Diktator bat es noch gesteigerte Teuerung, vermehrtes Elend die Selbstwehrbestrebungen der Arbeiterschaft an wehren!