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I

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3. Jahrgang.

ord

Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen   sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der tschechoslowakischen Republit.

Ein Banten- Prozeß.

Freitag, 7. Dezember 1923.

Samstag- Reichstagsauflösung?

Berlin  , 6. Dezember. Wenn die Regierung heute die Reichstagsauflösung noch nicht vorgenommen hat, so ist dice, wie an zuständiger Stelle mitgeteilt wird, darauf zurückzuführen, daß sie nur im äußersten Notfalle zu einer so außerordentlich scharfen Maßnahme greifen will. Der Reichspräsident hatte atte angesichts der schwierigen Lage schon den Gedanken der Auflösung erwogen und dem Reichskanzler die Auflösungsurkunde in die Hand gegeben. Der Reichskanzler aber entschloß sich, noch einmal in die Bertagung des Reichs­tages zu willigen. Es wird dabei betont, daß dies feine Anwandlung von

Schwäche sei, vielmehr sei die Regierung fest entschloffen, an dem festzuhalten,

was fie für recht hält. Sie teile aber nicht den Standpunkt der Deutschnatio nalen, welche aus der geänderten Volksstimmung gegenüber den Parteien bei Neuwahlen eine Besserung der politischen Verhältnisse erhoffen. Die Regierung glaubt, daß die Auflösung zur Zeit für die beschten Gebiete fata Strophale Folgen hätte und separatistische Bestrebungen scharf hervortreten laffen würde. Gerade bei der nervösen und gespannten Stim­mung im besetzten Gebiete fürchtet man unheilvolle Entladungen. Die Regierung habe deshalb in die Vertagung gewilligt, um zu ermöglichen, daß noch die letzten fehlenden Abgeordneten erscheinen, zumal es sich nur um 5 oder 6 Stimmen handelt, die zu der 3.veidrittelmehrheit fehlen. Unter diesen Umständen hofft man, daß der Verlauf diesmal derselbe sein tönnte, wie bei der Abstimmung über das Ermächtigungsgesetz für das Kabinett Stresemann  , wo es noch in letzter Stunde gelang, die fehlenden Abgeordneten herbeizuzitieren. Jedenfalls aber ist die Regierung entschlossen, am Samstag bis zum Aeußersten zu gehen und vor der Auflösung des Reistages nicht zurückzuschrecken, wenn das Ermächtigungs­gefch zufallet ommt.

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Nr. 286.

Die Budgetberatung

im Senatsausschuß.

In Fortsetzung der Beratungen kommt das Kapitel Landesverteidigungsminis sterium" zur Verhandlung. In der Debatte spricht Genosse Reyzl. Er bedauert, daß der Be­richterstatter über dieses Kapitel für die Mann­für die Offiziere und tritt für eine bessere schaft nicht ebenso warme Worte gefunden hat wie Verpflegung der Mannschaft ein. Er begründet hierauf eine Resolution, in der eine Statistit über die Soldatenselbst­morde und Manöverunfälle sowie dic Einsegung einer parlamentari­ichen Untersuchungsfommission zur Feststellung der Todesursache ver langt wird.

Minister Udržal erflärt in Beantwortung der Kritik des Genossen Rey 31, daß er nie Stiagen über die Mannschaftskost gehört hätte, obwohl er persönlich Inspektionen vorgenommen habe, daz er sie heute zum ersten Male vernimmt und wünscht, daß ihm alle solchen Fälle mitgeteilt wer­den, damit das Nötige veranlaßt werden könne.

Zur Zeit des Starl- Putsches, in den No­vembertagen 1921, als die Tschechoslowakei  gegen Ungarn   mobilisierte, war an der Züricher  Börse ein auffallendes Sinken des Kurses der tschechoslowakischen Strone wahrnehmbar. Die­jen für den Staat und für die Volkswirtschaft besorgniserregenden Kursfall führten verschie­dene umlaufende Gerüchte nicht so sehr auf die drohende Kriegsgefahr zurück, als auf die Be­hauptung, eine Anzahl von Brager Banken, welche aus dem Konflikt Gewinn zu ziehen suchten, hätten durch Spekulationen künstlich) den Kurs der Krone herabgedrückt. Gegen die Banken, von denen man manche mit Namen nannte, wurde nichts unternommen. Nun, zwei Jahre später, wird die Erinnerung an diese dunkle Geschichte durch einen Prozeß geweckt. der in Brünn   vor dem Geschworenengerichte vor sich geht, und der zu Beginn der nächsten Woche seinen Abschluß finden wird. Geklagte find der frühere Abgeordnete Dr. Jaroslav Stransky als Herausgeber und Dr. Franz Zur Beratung fommt dann das Kapitel Selepa als verantwortlicher Redakteur der Ministerium des Innern". Hiezu Brünner Lidove Noviny"; Kläger   sind Dr. sprach Genosse Jarolim. Er betont zum Kapitel Karl Altmann, Kontrollor des Bankamtes Ministerium des Innern, daß die Fortentwidiung der Rechtsverhältnisse dem Staate ziemlich teuer des Finanzministeriums, Ottokar Tuma, zu stehen kommt, da von den Gesamtans­Oberdirektor der Prager Kreditbank, Starl gabenaufdie Polizei 127 Millionen Svoboda, Oberdirektor der tsch.-sl. Agrar­auf die Gendarmerie 235 Millionen bank und Karl Fuchs. Inhaber einer Bank­Kronen entfallen. Wenn die Kosten des unternehmens in   Prag. Die Klage lautet auf Ministeriums herabgesetzt werden sollen, muß die Ehrenbeleidigung, Fegangen durch die Presse, Regierung dahin wirken, daß sich die sozialen Ber­weil das genannte Blatt am 16. Desember 1921 Unruhen in Dressen. ichesse im allgemeinen bessern. unter dem Titel Spekulation mit der Repu- Dresten, 6. Dezember  .( Tsch. P.-B.) Heute und Straßen, namentlich in der inneren Stadt, zu Zum Schluß ersucht Redner den Ministe: ds blik" einen Artikel veröffentlichte, der die Un- nachmittag brachen nach längerer Pause neue bereitgestellten Sicherheitspolizei. Sammlungen für die notleidenden Arbete in usammenstößen mit der zahlreich Innern dahin zu wirken, daß die terſchrift Dr. Jaroſlov Stranſfers trug, und der Unruhen in Dresden   aus. Eine stark besuchte Versammlung von Erwerbslosen wollte gegen machen, doch scheint es nach den bisherigen Er­Die Polizei mußte von der Waffe Gebrauch die Kläger   beschuldigte, zur Zeit der Mobili- die Verordnung der Reichsregierung pr testieren, mittlungen zu keinen Verlegungen gekommen zu fierung ein fünstliches Sinken der tsch.-sl. die anordnet, daß Erwebrslose zu gemeinnüßigen Strone herbeigeführt zu haben. In dem Aufsatz Arbeiten herangezogen werden können. Die är sein. Der Bahnhof wurde abgesperrt, zahlreiche wurde dos Vorgehen der Kläger als eine i beitsle en verlangten Bezahlung für die Arbeit, Läden, Kaffeehäuser udv. haben geschlossen. Zur derwärtige Affäre tschechischer Börſianer", sie obwohl sie bekanntlich Unterstützung bezichen. Stunde, 5 Uhr nachmittag, sind Straßen und selbst als Sumpfblumen von Spekulanten". Die Versammlung wurde aufgelöst und im An- Plätze von großen Menschenmengen besetzt. bezeichnet, ferner wurde behauptet, daß Tuma 000000000000013000538000338800038080000088800000000000000000000006 Ausführungen des Genossen Jarolim c.n

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daran kam es auf verschiebenen Plätzen hältnisse der Bevölkerung d Deutschland  

nicht behindert werden,

wie dies namentlich in Hultschin der all war.

Minister Malypetr versucht verschiedene Uebelſtände in der Verwaltung auf die Schivier g feiten beim Uebergange vom absolutistischen zum demokratischen Regime zurückzuführen. Auf die

gehend, begründet er die Vermehrung der Schers gesunkenen Moral nach dem Striege in vielen. Ge­heitsorgane mit der Unsicherheit, die injo ge ver genden des Reiches noch vorherrscht, wobei er ich auf die Ausführungen des Senators Sr her beruft. Von der Beschlagnahme der Samme gels der für die deutschen   Arbeiter in Huftschin und einem Verbot dieser Sammlungen dort, jei nichts bekannt, er werde die Sache untersuchen lassen, nur glaube er, daß wahrscheinlich die Erlaubnis zu diesen Sammlungen von den Behörden nicht eingeholt wurde.

Svebeds und Fuchs den Kontrollor des Bank- tung dieser Unterlassung befragt, sagte der ehe- Zeugen einvernommenen Senator Dr. Stran­amtes Dr. Altmann von seiner Pflicht abge- malige Finanzminister Dr. Englis als Zeuge sty die Frage, ob es nicht das Vernünftigste bracht hätten. Sie Limitierung der Krone in in der Verhandlung: In kritischer Zeit das gewesen wäre, wenn er, als alter Advokat, zu Bürich veranlaffen, was die tschechoslowa Limit nach Zürich   nicht abzugeben, konnte auf Dr. Rašin gejagt hätte: Lassen Sie die Kerle fische Währung der Gefahr der internationalen der Züricher   Börse bedeuten: Sie vermögen einsperren und erstattet gegen sie die Straf­Spekulation ausaciebt habe. die Krone nich tmehr zu stützen, darum weg anzeige!" Worauf Dr. Stransky entgegnete: Schon der bisherige Verlauf des Prozesses von der tschechoslowakischen Krone!" Bemerft Es wurde mir gesagt, ich weiß nicht mehr von hat manche Schlaglichter auf gewisse Vorgänge sei noch, daß aus der Prozeßverhandlung her wem, daß gegen die Herren ein Haftbefehl hinter den Kulissen der politischen Schaubühne vorgeht, gegen Dr. Altmann sei die Beschuldi- werde erlassen werden, der wohl auch er­geworfen, wobei die Frage, ob gegen die Kläger nung erhoben worden, er spekuliere durch das lassen, dann aber wieder zurück die Anwürfe mit Recht oder Unrecht erhoben Bankgeschäft Fuchs selber an der Börse, welche genommen wurde." Er fügte dann noch Die Genossen Jarslim und Stegl me.oen sich wurden, vorläufig außer Betracht bleiben mag. Beschuldigung durch eine Disziplinarkommis hinzu, es sei leider bei uns allgemeine Was am stärksten in die Augen springt, ist. sion geprüft und als unrichtig befunden wurde. Ueberzeugung, daß gegen die Ba n= auf Grund der unbefriedigenden Antwort des Mi­nisters noch einmal zum Worte und verlangen daß die damals regierenden Kreise von den Es wurde festgestellt, daß Altmann wohl bei fen niemand etwas auszurichten eine flare Antwort, ob etwa die Behörden auf Beschuldigungen gegen die betreffenden Prager   der Firma Fuchs ein Bankkonto habe, doch im stande sei. Die Anzeige unterblieb also, dem Standpunkt stehen, daß auch die Arbeiter und Banken nicht nur Kenntnis hatten, sondern habe er, seitdem er Beamter des Bankamtes ist, niemand wurde eingesperrt, Finanzminister ihre Organisationen für Ge djammlungen zur Un­daß sie es waren, welche die Beschuldigung nicht mehr, wie er dies früher getan hat, speku- und Parlamentarier hielten es nicht für nötig, terstübung von Streiks usw. an geradezu erhoben haben. Herr Dr. Jaroslav liert. Dagegen wurde tatsächlich er- das Gericht mit der Angelegenheit zu betrauen. gung der Behörden gebunden sind und ob nicht Stransfy, der Verfasser des infriminierten Auf- boben, daß Altmann an dem fritischen Tage Nur gegen Dr. Altmann wurde das Diszipli- etwa die Praxis der altösterreichischen Behörden jazzes  , fam zu jener Zeit nach   Prag, wo ihm nach Zürich   kein Limit gab, was er mit narverfahren eingeleitet, das damit endete, in den Achiziger- und Neunzigerjahren wieder zur sein Voter, der nationaldemokratische Senator Bergeßlichkeit zu entschuldigen suchte. daß er in ein anderes Ressort ver- Anwendung komme. Darauf gibt der Minister beruhigende Zusicherungen und präzi­Dr. Adolf Stransky  , wie der erstere er- Was geschah nun? Man bebenke: der sept wurde! Aus der Verhandlung ging fiert den Begriff öffentliche Sammlung". zählt, Vorwürfe machte, weil die Lidove No- Finanzminister macht einer Versammlung von auch hervor, daß bei der Revision einer der Es wird dann das Kapitel Unterrichtsmini­viny" über diese Skandalgeschichte noch nichts Abgeordneten und Senatoren offiziell Mit- angeschuldigten Banken an dem revidierenden sterium" behandelt. Minister Bechyne führte gebracht haben, bei welcher Gelegenheit dieser teilung von einer nach seiner Meinung bösen Beamten ein Bestechungsversuch unter- aus: Das Ministerium wird auch Gelegenheit ihm mitteilte, im Klub der tschechischen natio- Standalgeschichte, die er umso ärger findet, nommen wurde, indem ihm von einem Ange- haben, sich mit dem Investitionsprogramm der naldemokratischen Abgeordneten und Senatoren als es tschechische Banken waren, welche er des stellten der Bank 50.000 Kronen als Schweig- Prager deutschen   Hochschulen zu befassen. Biel­habe der damalige Finanzminister Dr. Na Anschlages gegen die tschechoslowakische Wäh- summe gegeben wurden, die er annahm, aber leicht heute schon wird das Ministerium die Arbeit sin selber erzählt, es sei schrecklich. rung für schuldig hält. Fünfundzwanzig Män- sofort bei seinem Amt hinterlegte. Gegen die für zwei der größten Bauten für die Karlsunivers wie gerade von tschechischer Seite ner, Mitglieder der Volksvertretung, hören Direktoren der Bank wurde die Straf­gegen den urs der tschechischen diese Beschuldigungen und entrüsten sich, daß anzeige erstattet, über höheren Befehl aber rone angestürmt werde. Senator Dr. sich) Leute, sogar tschechische Patrioten, finden. wurde das eingeleitete Strafver Stransfy habe Dr. Rašin direkt gefragt, wer welche die durch die Kriegsgefahr bedingte be- fahren wieder eingestellt! eigentlich auf das Sinken der Krone spekuliere, drängte Lage des Staates dazu ausnüßen, sich Die Anführung der trockenen Tatsachen, worauf der Finanzminister den Konzern durch Schädigung der finazniellen Kraft der soweit sie als Ergebnis des Prozesses bisher der Pragobank, das sind die Pragobant. Republik   zu bereichern. So mußte diesen vorliegen, genügt als Unterlage für den Reim, die tschechische Agrarbank und die Böhmische Sißungsteilnehmern nach der Darstellung des den sich jeder selbst dazu machen kann. Es sieht Unionbant, genannt habe. Dabei habe Rašin Finanzministers das Bild erscheinen. Doch bedenklich aus: nach der Affäre der Mäh ausdrücklich die Namen Tuma, Fuchs und was geschah? Außer der Veröffentlichung risch schlesischen Bank die Bo dte Bo Svoboda erwähnt. Besonders erschrecklich habe des Aufsatzes in den Lidove Noviny" so gut he mi abant, dann der Spiritusstan es Dr. Rašin gefunden, daß ein Beamter des wie nichts! Weder der Finanzminister, noch da! und nun wieder eine neue Affäre! Bantamtes im Finanzministerium, eben jener ciner von dem Viertelhundert Abgeordneter Und alle drohen im Sande zu verlaufen! Gibt Dr. Altmann, gerade an dem Tage, an dem und Senatoren raffte sich dazu auf, die gericht es hierzulande wirklich nicht einen Funken der Sturm auf die Krone erfolgte, fein Liniit liche Anzeige zu machen! Ein Verteidiger in dessen mehr, was man das öffentliche Gewissen nach Zürich   abgegeben habe. Ueber die Bedeu- dem Prozeß stellte daher mit echt an den als nennt?!

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fität fn   Prag vergeben. Diesen Monat noch wird mit dem Bau des Zentralgebäudes und des Ge­bäudes für die juridische Fakultät begonnen. Die Bauten werden nach den Projeſten des Architekten Kotěra   durchgeführt.   Prag wird zwei Monu­mentabbauten auf diese Weise erhalten. Die Bau fosten sind mit 68 Millionen präliminiert

Genosse Rehzl bedauert die Kürzungen im Ausgabenbudget des Ministeriums für Schul­wesen und begründet mehrere von seinem Selub überreichte Resolutionsanträge, und zwar den An­trag, in welchem die Regierung aufgefordert wird der Nationalversammlung innerhalb zweier Ma­nate das gesamte Material über die Sperrung von Schulen und Schulklassen

vorzulegen, weiters einen Antrag, betreffend die Vorlage eines Verzeichnisses aller bestehenden