Einzelpreis 70 Seller.

Redaktion Vertolt Pro

Telephone: Tagesredattion: 6795.

Nachtredattion: 6797.

Postfdjedamt: 57544.

Inserate werden laut Tarif billigst berechnet. Bei öfteren Einschaltungen Preisnachlaß.

4. Jahrgang.

Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen   sozialdemocratischen Arbeiterpartei in der tschechoslowakischen Republit.

Der Berbündete der Lichechcilowakei.

Der französisch  - tschechoslowakische Vertrag ist am Freitag in Paris   unterzeichnet und am Sonntag sein Inhalt veröffentlicht worden. Die Zaune, in der seine Unterzeichnung erfolgte, war eine wesentlich andere, als sie zur Zeit herrschte, da zwischen Poincare   und Beneš die Verhandlungen über seine Bestimmungen zum Abschlußz kamen. In den wenigen Wochen seit her ist eben manches geschehen, was die Froh laune der vertragschließenden Freunde bedent­lich herabzustimmen war. Was der Ver­Was der Ver­trag der Welt fündet, das mutet wie die aufgetauten Töne aus Münchhausens ein gefrorenem Horn an. Die Erregung, die er in allen nichtfranzösisch orientierten Ländern ge­wedt hat, ist bei Veröffentlichung des Verirages geringer; nicht etwa deshalb, weil Beness Be ruhigungsversuche über den friedlichen Cha­

1

Dienstag, 29. Jänner 1924.

Bezugs Bedingungen:

Bei Zustellung ins Haus oder bei Bezug durch die Post: monatlich кг 16.­vierteljährlich

halbjährig

ganzjährig.

"

48.­88.­

192.­

Radftellung von Mean tripten erfolgt nur bei Ein­Sembang der Retourmarfen.

Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich frith.

Nr. 25.

Macdonalds Warnung an Poincaré  . Die Reaktion in der öfter­

England ist angesichts der ungeheuren französischen   Kriegsrüstungen beunruhigt. Ankündigung eines politischen Ereignisses in Frankreich.- Frankreich   kann auf die Dauer nicht ungestraft Deutschland   in seinem Stolz erniedrigen. Paris  , 28. Jänner. Der Direfior des Quoti

Auf eine weiter Anfrage jagte Macdonald: dienne hatte eine Unterredung mit Ramsay Mac Wir sind der Ansicht, daß die Frage der frana donald. Der Miniſterpräsident fagte: Manzösischen Schuld gegenüber England wirft Frankreich   die Ruhrbeseyung vor, die nach nicht angeschnitten werden kann, ohne daß zu glei­unferer Ansicht die Hauptursache der wirtscher Zeit die gesamte europäische Sage schaftlichen Notlage ist, die heute auf erörtert werde. England lastet. Man wirft Frankreich   vor, daß es

nicht genügend Rücksicht auf die höheren Inter­effent Europas   genommen habe und daß es gar feine Rücksicht auf die besonderen Intereffen Eng lands nimmt. Außerdem wird nach der allgemei­nen Ansicht die moralische und finanzielle Unterst is it ng Sie Frankreich   den kleinen Nationen für ihre Bewaffnung angedei hen läßt, einen neuen Strieg unvermeidlich machen.

gen von einander getrennt werden. Tor Ministerpräsident sprach sich alsdann über den Völkerbund aus und erklärte, der Eintritt Deutschlands   in den Völkerbund würde für Frank reich im Osten die beste Sicherheitsgarantie sein. Auf die Bemerkung, daß auch Poincaré   in Frankreich   Gegner feiner Politit habe, daß diese aber glauben, eine Räumung des Ruhrgebietes fei feien, antwortete Macdonald:

reichischen Wehrmacht.

( Von unserem Wiener   Korrespondenten.)

Die Dentschrift, die der abgebaute. Heeres inspektor der österreichischen   Wehrmacht, General Körner, dem Heeresausschusse des National rates vorgelegt hat, hat der Oeffentlichkeit deutlich gemacht, wohin die reaktionäre Heeresverwaltung das österreichische beer gebracht hat und wohin sie es noch weiter zu bringen beabsichtigt.

rakter" des Bündnisses Eindruck gemacht haben. Frankreich   entnervt unser Boll, das sich in aller nicht möglich, bevor andere Garantien geschaffen hätten die Christlichsozialen die Wehrmacht sondern weil inzwischen durch den zwischen Italien   und Jugoslawien   abgeschlossenen Bünd. Aufrichtigkeit frägt, ob es sich nicht in die Notwen­nisvertrag der Streich nicht unwirksam pariert digkeit versetzt ſicht, ſeinerseits militärische Vor­worden ist. Die Regierung der   englischen La­ bour Party   sollte bei ihrem Amtsantritt nicht

bereitungen zu treffen und neue Allianzen zu suchen.

Das weiß ich, aber wir werden demnächst den fügung steht als eine Armee aus angeworbenen

Realitäten gegeniibergestellt werden, oder wir wer­

Die

Die österreichische Wehrmacht ist aus der nach dem Umitur; gebildeten Volkswehr entstan­den, als diese infolge des Friedensvertrages um­  Ich werde niemals zulassen, daß diese beiden Fragebildet werden mußte. Schon in jenen Zeiten, neue Wehrverfassung verhandelt wurde, haben die Christlichsozialen aus der neuzubilden den Söldnerarmee eine Offiziersarmee zu machen gesucht, die gleich der alten habsburgischen Armee vom Volfe losgelöst, ein Werkzeug der Realtion Darstellen sollte. Die alte militärische Subordi nation jolite wieder eingeführt, die Soldatenräte beseitigt, jeder Hinweis auf die Republik   im Wehrgeses gestrichen werden. Am liebsten überhaupt beseitigt und durch ein Gendarmerie­forps ersetzt, das den Machthabern leichter zur Ver Söldnern. Es war der Kapp Putsch in Deutsch  ten und an den Abgrund führen lassen. land, der der ganzen Oeffentlichkeit die Gefahr nur das französisch- tschechische Bündnis als fer- Er wolle nicht von der Beunruhigung sprechen, einer Offiziersarmee und die Gegenmehr der deut tige Tatsache vorfinden, sie sollte auch sehen. Die die Geschäftsleute und Arbeiter angesichts ge Vorteile, weber Frankreich   noch England, noch beiter zur Abwehr solcher Pläne vor Augen führte Die französische   Ruhrbesetzung bringt eine schen Arbeiter, die ihr die Entschlossenheit der Ar­wie auch Bündnisse mit anderen Staaten der wiffer großer industrieller Kompensationen hätten, irgend jemandem, aber sie birgt in fich die Reime und ein Kompromis ermöglichte, das zwar nicht Aleinen Entente im Werden seien. Da Franf die man anfündigt und die gegen England für alle möglichen Stalamitäten. Man spricht von mehr die alte proletarische Volkswehr behielt, aber reichs chemalige Freunde, England, Italien   gerichtet zu sein scheinen. Er wolle auch nicht vou sicherheiten aber wenn der augenblickliche Zu doch eine demokratische Wehrmacht schuf. und Amerika  , ſich von ihm seit der Sucopa der Beunruhigung für die eigene Sicherheit spre stand andauere, wird man, che 20 Jahre vergan- Wacht der Offiziere wurde zwar erhöht, aber es verwüstenden Politik des Nationalen Bloces chen, die von Engländern angesichts der unge gen sind, seben, welche Art von Sicherheiten die blieben doch die Soldatenvertrauensmänner und abgewendet haben, hat es die Staaten der heuren Luftrüstungen Frankreichs Ruhrbesetzung Frankreich   gegeben habe. Wir die Vertretung der. Wehrmänner in den Diszipli­Aleinen Entente und Polen   immer zu Helfers empfunden werden. Aber er müsse sagen, daß die müssen an die Zukunft und an die Erhaltung des narkommissionen sowie die Freiheit der politischen helfern für seine die strenge Erfüllung der Frie- besten Geister beunruhigt und mißtrauisch fcien. europäischen Weltfriedens denken." Betätigung der Soldaten und schließlich dank dem densverträge heijchende äußere Politik zu Es sei die Aufgabe der jeßigen Regierung, die Ge­Auf eine Anfrage, ob Macdonald der Ansicht Einfluß der Vertrauensmänner auf die Werbun machen gesucht. Darum wurde Herr Dr. Beneš, jahr abezuschätzen, die der von ihm( Macdonald) von dem Lloyd George   jüngst in einem Artikel persönliche Ueberzeugung sei, daß im Grunde ge- parationen zu zahlen, antwortete er, er in der republikanischen Wehrmannschaft eix von dem Lloyd George   jüngst in einem Artikel gekennzeichnete Zustand herbeiführen könnte. Seine lei, daß Deutschlands   Demokraten aufrichtige Vazi gen die profetarische Zusammensetzung der Miann gefennzeichnete Zustand herbeiführen könnte. Seine fisten und aufrichtig geneigt seien, Re- schaft, so daß also das reaktionäre Offizierstorp jagte, daß er kleine Aufträge für die franzöſi: nommen, das englische und das fran- ei dessen sicher. Gegengewicht fand. fchen Staatsminister besorgt", beauftragt. bei; ösische Volk Freundschaft für ein­der Konferenz der Kleinen Entente   in Belgrad  . ander empfinden und daß die gefährliche Wir Arbeiter haben die Absicht, eine Politik zu auch Jugoslawien   für einen ähnlichen Bündnis Wolfe, die heute aufsteige, von einem gegenseitigen betreiben, die soweit es in unserer Macht liegt, der vertrag mit Frankreich   geneigt zu machen. Das Mißversichen der wirklichen Bedürfnisse und der Ende der Belgrader   Reise ist bekannt: Wenes wirklichen Wünsche herrühre. Er glaube nicht, deutschen   Demokratie den Aufstieg zur Regierung holte sich dort die Beruhigung, daß seine Kleine daß die Sachverständigenausschüsse zu erleichtern. Wenn man aber beharrlich eine Entente uneinig wie zuvor sei, daß jedes ihrer in dem engen Rahmen, den man ihrer Aktion ge- Politik betreibt, durch die den deutschen   Reaktio­geben habe, befriedigende Lösungen finden fönne. nären in die Hände gespielt würde, so wäre dies Glieder mache was es eben wolle, und daß, zum Auf die Frage, ob die englische   Regierung vor eine Torheit, die allen teuer zu stehen käme, den sichtbaren Beweise dafür, Jugoslawien   eben von schlagen werde, den Ausschüssen einen größeren Italien   zu einer Extratour ſich engagieren ließ. Spielraum zu gewähren, antwortete Macdonald: Franzosen, Engländern und ganz Europa  . Es die Beness Werbungsabsichten schnurstracks zu wir werden abwarten, bis die Ausschüsse es selbst wäre ein großer Irrtum, anzunehmen, daß man widerlief. Herrn Poincares Absicht, mit Hilfe verlangen. Wenn sie es tun, werden wir wahr auf lange Zeit eine Nation angestraft, in ihrem Belgiens  , der Kleinen Entente   und Polen  , das scheinlich ihre Forderungen unter Interesse schädigen oder in ihrem Stolze erniedri­berhaßte und gefürchtete Deutschland   wie durch it iyen. Wenn sich Meinungsverschiedenheiten eine Mauer einzufreisen, hat durch den Vel- mit der französischen   Regierung ergeben, möge grader Mißerfolg einen jähen Abbruch erfahren, man mit ihr verhandeln."

gewährleien.

gen könne.

Auf die Frage nach der Meinung Macdonalds über die pfälzische Bewegung ontwortete dieser, seine Ansicht sei sehr einfach, sie sei die von ganz England. Wenn eine separatistische Be­

Es war schon damals flar, daß die Reaktion alle Anstrengungen machen werde, mit Hilfe des Offizierstorps die Wehrmacht allmählich so um zuwandeln, daß fie aus einem Instrument zum Schuß der Republik   zu einem Instrument gegen die Arbeiterklasse werde. Diese Bemühungen haben auch sofort eingesetzt, als nach dem Rüdiritt unseres Genossen Deutsch   der Christlichsoziale Glae; an die Spitze des Heeres twat. Ganz systematisch aber wurde der Kampf gegen die de­motratische Wehrmacht in Angriff genommen, als im Juni 1922 mit der Regierung Seipel der Christlichsoziale Vaugoin   das Heeresministe rium übernahm. Nun begann ein wahres War

gequält, diszipliniert, gestraft wurden, während zugleich diejenigen, die sich zum christlichsozialen Wehrbund" befehrten, auf alle Weise begünstigt und protegiert wurden. Die Wahlen der Sol­datenvertrauensmänner, die erst vor einigen Mo­naten ſtatifanden, haben gezeigt, wie wenig Er

folg diese Methoden von Peitsche und Zuderbrot

Aber wenn diese Bewegung durch eine aus­wärtige Macht in Szene gesezt wird, dann sind wir der Ansicht, daß der Friede von Ver- gehabt haben. Selbst in dem schwarzen Tirol ha failles verfest ist und wir werden uns formell ben die Wehrmänner sich nicht zur Realtion iv eigern, diese separatistische Bewe- Nun verdoppelte die Reaktion ihre Bemühun­

gung anzuerkennen.

bekannt.

gen und die Genfer Sanierung gab ihr die Mittel

wozu noch kommt, daß auch in Belgien  , wie nach seiner innigsten Ueberzeugung würden auch der jüngste Besuch des belgischen Außenmini- die stärksten Rüstungen Frankreichs   niemals ge­fters Jasper in Paris   zeigt. Besorgnisse vor der Politik des übrigens in den letzten Zügen noen, die Sicherheit der französischen   Gebiete zuwegung spontan iſt, dann geht uns das nichts an. liegenden Ministeriums Poincare   aufzusteigen beginnen, und auch dieses Land aus Frankreichs   Er wünsche, daß Frankreich   aufhört, fein Ver­Heeresgefolgschaft loskommen möchte. Poincare   trauen einzig und allein auf die militärische Macht muß sehen, wie rasch die Herrlichkeit dieser Welt zu gründen und daß es begreife, wieviel größeren bergeht und von seinen Hoffnungen bleibt nur Schuß es im Völker bunde finden könne. der Bündnisvertrag mit Herrn Dr. Beneš übrig. So war denn die Stimmung bei der 0000000000000μ860¤¤¤ÛÛÛSGE00000000000000000000000000000000000000000000000000635060 ……………… ɔɔ den Absichten Barijer Hochzeit eine ganz andere, als sie nach gespielt wird, nicht ein so großer wäre. Könnten Deutschland   wird von Frankreich   systematisch| tschechische Nationalismus von der Verlobung herrschte, denn die Mitgift, sich die Absichten der gegenwärtig grafierenden mißhandelt, sein Körper durch die Separatisten- und den Tendenzen des Vertrages wirklich diese welche die Braut mitbringt, vermag im Herzen französischen   Politik restlos ausleben, so stünde bewegung zu zerstückeln, seine Lebenskraft durd) naive Vorstellung hat. Das wäre dann aller­des Bräutigams feinen Jubel zu erweden. Mit Europa   in Bälde wieder vor den blutigen die Besetzung seiner hochentwickeltsten Indu der Tschechoslowakei   allein wird Frankreichs   Schrecknisjen eines Strieges. Selbst in ihrer troß striegebiete zu schädigen gesucht, seine Bevölfe­Imperialismus Europa   nicht in die Schranken Beness Hilfsdiensten steigenden Isoliertheit hat fordern können. die französische   Politik der Verderbuis schon In Paris   und   Prag stellt man sich natür- genug über Europa   gebracht. Frankreich   ist tief lich über das Zustandekommen des Bündnisses verschuldet, seine Finanzen devastiert, und es höchlichst zufrieden, wobei bis zum Ueberdruß ist außerstande, auch nur die Zinsen an seine die Beteuerung wiederholt wird, daß dem Ver- Gläubiger zu zahlen, aber gleichzeitig unterhält trag jede feindselige Absicht fehle, und daß er es nicht nur selber ein ungeheueres Heer, son­nur der Garantierung des Friedens in ganz dern bewilligt auch an die Staaten, die es zu Europa   diene. Ausgerechnet Frankreich  , das seinen militärischen Vasallenstaaten machen heutige Frankreich   der   Foch und Poincare  , hat möchte, Riesenbeträge als Anleihen. Daß Jugo fich Herr Dr. Beneš ausgesucht, um an seiner slawien trotz dieser edlen Gefälligkeit sich doch Seite den Frieden und die Sicherheit in lieber auf die Seite Italiens   schlägt, und daß Europa   zu schüßen! Die Vorstellung des ul- Rumänien auf die Anleihe verzichtet, vermag ken, daß der Vertrag mit Frankreich   zur choslowakei denkt. Damit ist auch das Urteil figen Bildes würde ungetrübte Heiterkeit er die Rüstungspolitik Frankreichs   nicht weniger Garantierung des Friedens in ganz Mittel- über das abgeschlossene Bündnis gefällt: 1 wecken, wenn der Einsatz des Spiels, das hier frivol und leichtfertig erscheinen zu lassen. europa   beitragen" werde. Es kann sein, daß der

rung wie ein Volk von Heloten gebemütigt und erniedrigt. Es gibt in Europa   feinen einsich tigen Menschen, der nicht erkennen würde, daß dieses Vorgehen geeignet ist, den kaum zum Stillstande gekommenen Vulkan der Zerstörung wieder zur Erruption zu bringen. Und mit die sem selben Frankreich   Arm in Arm will Herr Beneš den europäischen   Frieden schützen!

Das deutschgeschriebene Organ unseres Herrn Außenministers   meint, der Text des Ver­trages werde zumindest in der tschechoslowa fischen Oeffentlichkeit die Ueberzeugung bestär­

dings nicht mehr eine Sache der politischen Ur­teilstraft, sondern des Intellekts. Was in dem Vertrage geschrieben steht, ist nicht das Entscheidende, viel wichtiger ist, was nicht darinnen steht, was aber zwischen den Zeilen zu lesen ist. Das Ausschlaggebendste, daß der sonst so vorsichtige Herr Dr. Beneš sich mit dem Vertrag an die Seite Frankreichs   gestellt hat, jenes Frankreichs  , das Europa   zerstört. den Frieden und den Wiederaufbau verhindert. Was Macdonald in seiner Unterredung mit dem Direktor des Anotidien", die wir an anderer Stelle abbruden, sagte, zeigt deutlich, wie man in der Welt über den Bundesgenossen der Tsche­