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4. Jahrgang.

Scaldemokrat

Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der tschechoslowafischen Republit.

Freitag, 9. Mai 1924.

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Nr. 109.

Ein Riefentampf um die Die Verbrechen des Ruhrkapitals. Am Vorabend der fran­

Arbeitszeit.

Die rheinisch- westfälischen Grubenkapitalisten haben 300.000 Bergarbeiter ausgesperrt, weil sie sich weigern, unter­tags länger als sieben Stunden, obertags länger als acht Stunden zu arbeiten. Im oberschlesischen und sächsischen Steinkohlenbergbau sind die Unternehmer die­sem Beispiel gefolgt und haben alle Zechen stillgelegt. Schon jetzt hat diese Betriebsein­stellung des größten Teiles des deutschen Berg­baues die Schließung einzelner großer In duſtriebetriebe wegen Kohlenmangel zur Folge gehabt und weitere Stillegungen stehen bevor. Besonders auf die Metallidustrie wird die Aussperrung der Bergarbeiter wirken und es muß bei ihrer längeren Dauer mit der Ent­lassung von weiteren 200.000 Arbeitern gerech net werden. Damit hat einer der größten und schwersten Wirtschaftskämpfe in der Arbeits­zeitfrage begonnen. Es geht um den Achtstun­dentag, beziehungsweise um die Siebenstunden­schicht für die Üntertagsarbeiter im Bergbau, und die Unternehmer drohen, den Kampf bis zum Weißbluten" zu führen.

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600.000 Arbeiter im Abwehrkampf. im Abwehrfampf. Beängstigende wirtschaftliche und politische Folgen für das ganze Reich. Berlin

, 8. Mai.( Eigenbericht.) Infolge der Generalaussperrung der Zechen steht der gesamte Ruhrbergban still. Von Hamm bis Duisburg läuft kein Förderzug mehr. Wenn die Aussperrung noch einige Tege andauert, dann wird die Lage im Ruhr­ gebiet bedrohlich werden. Zu den 400.000 bereits ausgesperrten Berglenten werden dann noch etwa 200.000 Arbeiter aus anderen Betrieben kommen, die aus Kohlenman­gel sperren. Die Zechentore sind überall geschlossen und die Arbeitgeber erklären jeden Arbei­ter, der nicht mehr als fieben Stunden unter Tag arbeiten will, als fristlos entlassen. Am Mittwoch sollen noch etwa 15% der gesamten Belegschaft eingefahren sein, von diesen allerdings die Mehrzahl nur zu einer siebenstündigen Schicht. Bis jetzt ist alles noch ruhig; zu Störungen und Zwischenfällen ist es nicht gekommen, da die Arbeiter fich an die Weisungen ihrer Organisationen halten und den auftauchenden Parolen der Kommunisten und Unionister teine Folge leisten.

Die sozialen Auswirkungen des Aussperrungsbeschlusses des Zechenverbandes find unter den heutigen wirtschaftlichen Verhältnissen unübersehbar. Der Deutsche Berg­arbeiterverband und der Christliche Gewerkschaftsverband sind an die Stadtverwaltungen des Kampfgebietes herangetreten und haben um Unterstüßungen durch Lebensmittel für die aus­gesperrten Arbeiter ersucht, und auf die Notlage der Bergarbeiterfamilien hingewiesen, die sich durch die Aussperrung geradezu la tastrophal gestaltet. Bereits Donnerstag soll in Essen eine Zusammenkunft der Oberbürgermeister der Industriestädte stattfinden, um über die M a ß- nahmen zur 2 inderung der Not zu beraten.

Die großen Werke der Metallindustrie im Ruhrgebiet werden schon in den nächsten Tagen durch die Auswirkungen der Arise in Mitleidenschaft gezogen, da die vorhandenen Kohlenmengen nur noch einige Tage zur Aufrechterhaltung der Betriebe ausreichen. In der Montanindustrie des Dortmunder und Bochumer Bezirkes ist mit dem Ab­blasen Anzahl von Hochöfen zu rechnen. Einige Städte leiden bereits in der Gasversorgung und in verschiedenen Orten liegen die Straßen bereits dunkel In den Haushalten und öffentlichen Betrieben scheinen wieder jene schweren Zeiten zu kommen, die noch aus dem Ruhrkampf in böser Erinnerung sind.

zösischen Wahlen.

Von St. Pierre.

Paris, 3. Mai.

Nur einige Tage trennen uns von der Wahl. Der Kampf hat im ganzen Lande zwischen den verschiedenen Parteien begonnen. Das Heer der Kandidaten ist imposant: 429 Listen wurden amt lich veröffentlicht und dies ergab 2765 Kandi­daten. Da 984 Abgeordnete zu wählen sind, fom men durchschnittlich 4-5 Bewerber auf ein Man­dat, in Paris und im Departement la Seine noch mehr; auf 96 Mandate kommen daselbst 42 Listen und 968 Standidaten.

Der Wahlkampf war bisher noch kein sehr hitziger, ausgenommen gewisser Provinzen, wo es ziemlich heftige Zwischenfälle gab. In Seine et Dise sind die Versammlungen besonders bewegt und es ist wichtig, zu bemerken, daß einer der am bittersten bekämpften Männer M. André Tara dieu ist, der verantwortliche Schöpfer des Ver­sailler Vertrages. In Paris auf den großen Bou­levards ließt man die vielfarbigen, verhältnis mäßig anständigen gegnerischen Aufrufe, welche den Genossen Leon Blum mit den Poincaré Kandidaten Henry Paté, Ignace, Busch und Konsorten vergleichen. Was im Vergleich mit 1919 auffällt, ist die große Anzahl der Listen. Es sind ihrer gewiß nicht so viele wie in Deutschland, aber ihr Programm ist so fonfus und wenig von einander verschieden, daß sie den Wähler eher vers wirren und daß man sich besorgt fragt, welchen Einfluß dieser Ueberfluß an Listen auf unser so lächerliches Wahlrecht haben wird. In der Pra­ris übrigens vereinfachen sich die Dinge, und es gestaltet sich für den durchschnittlichen Wähler die Sache folgendermaßen: Auf der äußersten Rech ten die Royalisten der Action Francaise: Rechte und Zentrum, der nationale Block, welcher mehr oder weniger unter trügerischen Schlagworten er stickt. Links das Kartell der sozialdemokratischen Parteien und endlich auf der äußersten Linken die Kommunisten. Wir wollen nun die Kämpfer ein wenig näher besehen. Léon

Daudet und die Royalisten wurs den dieses Jahr über Bord geworfen, der Präten­ dent Philippe d' Orléans und das Wort

Ihr Programm ist: rität." Léon

Daudet übertrifft die Kommunisten

nennt, das Land vernichten."

Die Ursache, daß die Frage der Arbeits­zeit in Deutschland seit langem heftig umstrit­fen ist, liegt darin, daß dort der Achtstunden­zum Jahres nicht bat his aune Povember origenem po einer nicht burch ein Gese festgelegt war. Nach pofi. tischen Umsturz im Jahre 1918 wurde die achtstündige Arbeitszeit durch eine Demo- bilmachungsverordnung eingeführt, woraus die Gegner des Achtstundentages das Daneben tauchen von neuem politische Verwidlungen auf, die in der letzten Argument schöpften, er sei nur als eine Not­Zeit in den Hintergrund getreten waren. Bei einer längeren Dauer der Aussperrung werden maßnahme gedacht gewesen und nur eingeführt die Kohlenlieferungen an die Reparationstommission in Frage gestellt worden, um den aus dem Felde zurückströmen und die Micum" hat bereits erklärt, daß sie im Falle des Verzugsbeschlusses Beschlagnahmen den Arbeitern reichere Arbeitsgelegenheit zu vornehmen und weitere Zechen der Regie unterstellen werde. Daneben entsteht von neuem die geben. Das Interesse der Volkswirtschaft und Gefahr des Separatismus; in Gelsenkirchen und anderen Orten haben die Führer des Staates erheische aber seither eine Produk. tionsvermehrung, und darum müsse die Gel- der Separatisten begriffen, daß das brutale Vorgehen der Unternehmer ihnen wieder Wasser auf tungsdauer dieser Notverordnung beschränkt ihre Mühlen leitet und sie erklären in zahlreichen Versammlungen, daß nunmehr die Arbeiter werden. Je mehr es dem Bürgertum gelang, ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen müßten. So steht das Ruhrgebiet nicht nur wirtschaftlich seine erschütterte Machtstellung wieder zu be in schwerem Kampf, sondern auch vor schwerwiegenden politischen Ereignissen. festigen, umso heftiger wurde der Widerstand 00000000000000000000000000önig" sind aus ihren Aufrufen verbannt. Sie des Unternehmertums gegen den Achtstunden­tag. Wohl bemühten sich einige Reichsregierun- stundentag restlos beseitige. Aber es kam doch verpflichtungen Deutschlands an Frankreich erscheinen auf einer Liste der Versöhnungs- und gen im Verlaufe der Zeit um das Zustande- anders. Da die Bestimmung der Arbeitszeit nicht erfüllt werden könnten. Die Verantwor- der nationalen Aktion". fommen eines Arbeitszeitgefeßes, aber infolge durch die Verordnung, besonders der tariflichen tung dafür würde die Regierung und das Un Freiheit, Ordnung und Friede durch die Auto­des Widerstandes der bürgerlichen Parteien Regelung, also dem sozialen Kampf, überlassen ternehmertum zu tragen haben. Der Wider- durch ein antiparlamentarisches Programm, er gelang es nicht, den Entwurf bis vor das bleibt, ist die Arbeiterschaft dadurch zur Ab- ſtand der Bergarbeiter wird und muß bewirken, gebraucht das Wort Autorität euphe Plenum des Reichstages gelangen zu lassen. wehr förmlich aufgerufen worden. Wenn es daß endlich den unhaltbaren Zuständen in der mistisch, aber er denkt an die Diktatur. Sein Da die erwähnte Verordnung, auf der in auch infolge der Wirtschaftslage bisher zu Frage der Arbeitszeit ein Ende gesetzt wird. wirkliches Ideal ist Mussolini und Deutschland der Achtstundentag beruhte, zeit- großen Abwehrstreifs nicht kommen fonnte, jo Wie alle Konflikte, so suchen die Som der Fascismus. Seine Gegner find die bei lich begrenzt war, wurde sie bis zum Vorjahre hat doch die Arbeiterschaft auf dem Wege des munisten auch diesen für ihre gewissenlose den Blocks: Ebenso sicher wie der Block der Linken regelmäßig durch ein Reichsgesetz verlängert, von der neuen Arbeitszeitverordnung vorge- Demagogie und Heßtätigkeit auszunüßen. Der uns bedroht, wird der Block, welcher sich national das die bürgerlichen Parteien, ihre Zeit abschenen Rechtes des Schlichtungsver- Reichenberger Borwärts" weiß von einem Der nationale Blod, welcher links wartend, hinnahmen. Der günstige Augenblid fahrens manche Erfolge errungen. Aller- Sabotageversuch der Amsterdamer Verräter" schien ihnen gekommen, als im letzten Herbst dings hat die Spruchpraxis mancher Schlich zu fabeln, obwohl ihm gut bekannt ist, daß die und rechts durch Diffidentenliſten ſtart abge­wiederholt Amsterdamer Gewerkschaftsin­infolge des Währungsverfalles und der damit tungsstellen die Arbeiterschaft Gewerkschaftsintische und soziale republikanische Partei, die repu brödelt ist, bewahrt als solide Basis die demtokra­Die provoziert, indem sie ohne jede Bereinternationale die volle Unter- blifanische Federation und den Ausschuß der Ver zusammenhängenden Wirtschaftskrise Arbeitszeit einen ungeheueren Umfang an- barung die Arbeitszeit verlängerten. Die Folge stübung der ausgesperrten Berg treter von Sandel, Industrie und Landwirtschaft nahm die Zahl der Arbeitslosen bei den Ge- var, daß die Arbeiter sich weigerten, die auf arbeiterschaft beschlossen hat Mascurqud- Chaumet). Vor diesen drei Gruppent werkschaften betrug mit den Kurzarbeitern zu solche Weise festgesetzte Arbeitszeit einzuhalten. und die gesamten Bergarbeiter, also auch hat Poincaré jüngst seine innere und äußere Po­sammen 60 bis 70 Prozent ihrer Mitglieder! Eine solche schiedsgerichtliche die sozialdemokratischen, an der litik bargelegt. Es sind dies die Männer der Ge­und die Unternehmer wußten, daß die Entscheidung war es auch, die im bisherigen Arbeitszeit fest halten. Was sie seßbeschlüsse und der Ruhrpolitik. Aber um die Abwehrkraft der Arbeiterschaft und ihrer Orga- Bergbau heftige Beunruhigung ablehnen, das ist, den Kampf für die Partei- Unpopularität, welche ihnen ihr Stimmen für die nisationen aufs äußerste geschwächt war. Bu hervorrief. Der vom Arbeitsminister be- bedürfnisse der Kommunisten ausnüßen Steuern eingetragen hatte, abzuschwächen, prokla­dem war der ihnen willigen sozialistenreinen stätigte Schiedsspruch setzte die Schichtdauer zu lassen. Gemäß den Weisungen Moskaus mieren diese Getreuen des Poincaréismus auf Reichsregierung vom Reichstag das Ermäch für die Arbeiter unter Tage auf a cht Stun suchen die Kommunisten jeden Wirtschaftskampf ihren Aufrufen, daß diese Steuern provisorisch sind... und schließlich Deutschland tigungsgeseß erteilt worden, in dem sie ein den, für die Arbeiter über Tage auf zehn zu verbreiten und zu einem politischen mit par ie zahlen wird. Da sie ihre Niederlage Mittel jahen, mit dem ihnen lästigen und doch Stunden täglich fest. Die Bergarbei teikommunistischen Zielen zu gestalten. Dar- ahnen, rüden sie mit dem schweren Geschütze der nur auf einer Verordnung beruhenden Arbeits- ter lehnten die Annahme dieses um haben sie die Generalstreit parole Vereinigung der wirtschaftlichen Interessen" zeitgeſek aufzuräumen. Ihren Wünschen fol- Schiedsspruches ab und beschlos- ausgegeben, der zu folgen, die sozialdemokrati- aus, welches der berühmte Senator Billi et di­gend, gab die Reichsregierung auf Grund dessen, an der alten Arbeitszeit fest ichen Arbeiter als einem demagogischen rigiert. Um der Majorität von 1919 die Rückkehr Ermächtigungsgesetzes die vom 31. Dezember zu halten. Diese Weigerung der Bergarbei- Sniff zu folgen sich weigern. 1923 gültige neue Verordnung über die fer, sich den Acht- beziehungsweise Siebenstun­In dem begonnenen Kampfe wird es hart Arbeitszeit heraus, die, gesetzestechnisch dentag rauben zu lassen, haben die Gruben­miserabel, in fast jedem Betrieb heftige barone mit der Aussperrung beantwortet. auf hart gehen. Die Bergarbeiter sind ent­Kämpfe wegen der Arbeitszeit hervorrief. Diese Sollte die Regierung nicht alles auf schlossen, das Attentat der Grubenkapitalisten Verordnung hat den Achtstundentag in bieten, um den begonnenen großen Abwehr- auf die Arbeitszeit bis zum äußersten abzu­Deutschland zum Sturze gebracht. Sie erklärt kampf der Arbeiterschaft zu schlichten, so kann wehren. Das brutale Vorgehen der Sohlen­wohl den Achtstundentag a13 Negel, läßt dies die schwerwiegendsten Folgen barone ist einer der Vorstöße der sozialen aber so viele Ausnahmen zu, daß die achtstün zeitigen. Das deutsche Wirtschaftsleben und der Reaktion gegen den Achtstundentag. Die Arbei­Staat müßten schwere Schädigungen auf sich terklasse aller Länder begleitet daher den dige Arbeitszeit arg durchbrochen erscheint. Die Unternehmerschaft erwartete von der nehmen, wozu noch kommt, daß die aus den Kampf ihrer deutschen Brüder mit heißester neuen Arbeitszeitverordnung, daß sie den Acht- Micumberträgen fich ergebenden Lieferungs. Anteilnahme.

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in die Kammer zu sichern, hat M. Billiet unzäh lige Millionen ausgegeben. Man sagt, daß seine Wahltasse die hübsche Summe von 129 Millionen

enthielt.

Und nun zum Block der Linken. Seine Bildung war mühselig und es tam zu einer fonstatieren, daß die Zusammenfassung Spaltung bei den Radikalen. Trotzdem darf man demokratischen Streitkräfte tatsächlich in allen Departements gelungen ist und daß sie mit Hoffnung auf Erfolg in den Kampf gehen. Hier das Mini­