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4. Jahrgang.

Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der tschechoslowakischen Republit.

Mittwoch, 14. Mai 1924.

Radikalismus des Wortes Poincaré fündigt den Rücktritt an.

MORO

Briand und Herriot .

Paris , 13. Mai. ( Havas.) Dic, Minister sind heute vormittag im Elisce unter dem Vorsitz Millerands zusammengetreten. Poincaré informierte den Ministerrat über die politische Lage. Das Rabinett hat seine erste Zusammen­funft auf Donnerstag, den 22. Mai angescht. Ministerpräsident Poincaré , teilte dem Präsidenten der Republik mit, er habe die Absicht, am 1. Junidic Gesamtdemission des Kabinettes zu überreichen.

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Erscheint mit Ausnahme: des Montag täglich früh. Nr. 113.

bis dahin das nationale Urgefühl gestärkt und fittlichen Erneuerung des deutschen Volfes gearbeitet werden. Das sind mehr und minder schöne Bruchstücke für Festreden bei oder Kommersen, dem ruhig abwägenden Politiker sagen sie nichts.

Der Abgeordnete Dr. Lodgman hat es in Am 1. Juni Gesamtdemission der Regierung. Die kommenden Männer: Fahnenenthüllungen Tetschen auf dem Reichsparteitag der deutsch­nationalen Partei unternommen, für die Taktif jeiner Partei sozusagen eine Theorie aufzu­stellen, die beweisen soll, daß alle Unrecht haben und nur er Recht. Er sieht unter Larvent eine einzig fühlende Brust, nämlich die seine. und er allein will das Mittel wissen, das die Deutschen in der Tschechoslowakei zur Freiheit emporführen kann. In jeder Anpassung an die geschichtlich gegebenen Verhältnisse steht er eine Schwäche, ja jogar einen Verrat", im täq­lichen Streben und Ringen auf parlamentari­schem Boden, durch Ausnüßung aller Möglich­feiten, um die Sicherung der nationalen und fulturellen Rechte erblickt er eine Halbheit, die zur Versumpfung, Verflachung und Verweich­lichung führt. Der Gedanke ist bei ihm nach gerade zum Klischee geworden, die Sicherung der Freiheit der Deutschen im tschechoslowaki­

jchen Staate ſei ein Ding der Unmöglichkeit,

*

Das Wahlergebnis.

Bereits 102 Sozialdemokraten gewählt. Paris

, 13. Mai.( Havas.) Das Ministeriumtische Linke 75, Radikale und Sozia des Innern veröffentlicht folgende Statistik deristisch Radikale 139, Sozialistische Wahlen vom 11. Mai: Republikaner 35, Sozialdemokraten 102, Konservative 20, Republifaner Rommunisten 29, zusammen 569.( Zehn ( Republikanisch- Demokratische Entent) 117. ausſtändige Ergebniffe, vier Stichwohlen und ein Entente) 117, ausständige Ergebnisse, vier Stichwohlen und ein

denn, er nationale Sen- 52, dung des Tschechenstaates erfordert zwangs­läufig die wirtschaftliche und nationale Unter­

Sozialdemokraten.

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sk

Daß Dr. Lodgman als Großdeutscher" nicht anders reden darf, jei, zugegeben, aber er verlangt Anpassung an seine Gedankengänge auch als Pessimist. Er glaubt nicht daran, daß vor dem Eintreten des großen Augen­blices, der die Machtverhältnisse in Europa grundlegend ändert, eine Aenderung und Besserung der Verhältnisse im Staate erfolgen fann und er beschuldigt die andern, die bis dahin nicht die Hände in den Schoß legen, jondern erträgliche Formen des Zusammen­lebens der Nationen im Staate jchaffen wollen. der Politik des luftleeren Raumes". Für jeinen Unglauben an den Erfolg einer Aus­gleichspolitik macht er zwei Gründe geltend: Sie Abhängigkeit der tschechoslowakischen Innen­politik von der Außenpolitik und die seelische Einstellung des tschechischen Volkes. Der Staat in seiner heutigen Zusammenschung schließe die Möglichkeit einer tschechischen. demokratischen Außenpolitik aus, die im Schlepptau des fran zösischen Imperialismus bleiben müsse und drückung des Sudetendeutschtums". Er glaubt Für eine Regierungstoalition mit den hervorragende Mäner haben, unter welchen der von der die Richtung der inneren Politik, die nicht daran, daß die Tschechoslowakei eine zweite Schweiz werden könnte, er hält es Politik der starken Faust, bedingt sei. Es lohnt nicht der Mühe, auf diese Argumenta förmlich für ein Naturgejeß, daß dies ausge Paris , 13. Mai. Tas Abendblatt der Linken schlossen jci, wobei er aber dennoch deutlich die Paris Soir" meint, daß der Nachfolger Poin tion fritisch einzugehen, denn Herr Dr. Lodg­Besorgnis zeigt, es könnte aus dem Staate cares ficherlich eine Nenorientierung in Der Borwärts" hebt besonders den Er man zerpflüdt sie selbst in grausamer Weije. wendet viel der Außenpolitit einleite werde und gibt sold der Sozialisten hervor, die ihre Weandats indem er erzählt er hat das aus der Seele Eiser daran, die Deutschen schweizerung" zu warnen. Weit einer Unentschiedenheiten zwischen Paris und London durch gänzlich verfehlt, wolle man meinen, eine Links habe sich an die Seite Frankreichs gestellt, um wegtheit, die auf die leicht entzündbare deutsch freundschaftliches Einvernehmen beseitigt werden regierung in Frankreich würde von heute auf wenigstens borläufig eine Rüdendedung das zu nationale Jugend ihre Wirkung nicht verfehlen sein, so wird man ja jehen". Das heißt. dürfte, sieht er über die düstere Gegenwart Präsident Willerand wahrscheinlich erriot die in welchem dieses Problem behandelt verde, die tschechoslowakische Außenpolitit fann hinweg in eine lichte Zukunft, die einmal Stabinettsbildung anbieten werde. Der zufünftige verde ein anderer sein. kommen müsse, und bis dahin mag er sich mit Ministerpräsident würde sich die Mitarbeit der Die Sumanité", das Organ der fran auch anders, das sagt Lodgman selber, Dingen, die er für nebensächlich und Nichtig Sozialisten sichern und das Blatt nennt in zösischen Kommunisten, deutet an, daß die Stom- aber dennoch baut er auf die Unveränder feiten hält, nicht beschweren. Er hat nur eine diesem Zusammenhange Namen vie Leon munisten gleich nach Eröffnung der Kammerlichkeit dieser Außenpolitik seine Schlüſſe Karte, auf die er alles setzt, er jetzt den Deut- Blum, Paul Boncourt und Montet. vollkommene Amnestic, die Räu- für die von ihm empfohlene Taktik auf! Bei schen nur ein Ziel: Großdeutschland , die Er- Herriot würde das Innere behalten und das mung der Ruhr, Anerkennung Ruß seinen Berechnungen, die, wie man sicht, schon reichung des Selbstbestimmungsrechtes. Alles Aeußere Briand anbieten. Für die Finanzen land's und Abschaffung der Steuer- nach der außenpolitischen Seite ein Loch haben, was dazwischen liegt: die tägliche Not und fämen in Betracht Kloß, Beranger oder Bincent projekte verlangen werde. Auriol. Ebenso würden Painleve und den Pedrängnis, fümmert ihn wenig. Und er hält Senatoren Francois Albert, Viktor Berard und es für selbstverständlich, daß die Sudetendeut Leon Meyer, dem Bürgermeister von Le Havre , schen vom Selbstbestimmungsrecht ohne Rüd- Portefeuilles int neuen Stabinett angeboten sicht auf alle wirtschaftlichen Erwägungen nur werden. einen, den von ihm gewünschten Gebrauch machen können. Los auf das Ganze!

Standidai für das erste Anit des Staates( die Staatspräsidentschaft) leicht zu finden sein werde. Sozialistische Bressestimmen.

"

eine Schweiz werden, der Ver- der Hoffnung Ausdrud, daß die Meinungsver siffern glatt verdoppeln lonnien. Dennoch sei es des Herrn Dr. Benes herausgelejen Benes

fönnen.

Liberté" glaubt, daß nach Abgang Poincares fönnen. Die Atmosphäre, der Geist jedoch. lichen, aber sollte einmal die Lage brenz­

Die neue Aemterverteilung.

Die Kleine Entente erwartet eine Aenderung der Auslandspolitit. Belgrad , 13, Mai. Der Ausfall der franzö sischen Waglen hat in hiesigen Streifen sichtliche Ueberraschung hervorgerufen, da man den Sieg Poincarés als gewiß angesehen hatte. Von der

Was Herr Dr. Lodgman in Tetschen vor- Paris , 13. Mai. Der Quotidien" stellt fest. neuen parlamentarischen Lage in Frankreich er trug, hält er gewiß für ungemein radikal und daß der Linksblock über die absolute Mehrheit in wartet man eine Aenderung der bisherigen Mai der" duotidien felt fema es ist kein Zweifel, daß solche forsche Gedanken der neuen Kammer verfügen werde und erklärt. Politit gegenüber Sowjetrußland und eine gänge mit gehörigem Auftrumpfen garniert, in daß die Sozialdemokraten Anspruch auf weniger schroffe Saltung gegen feiner deutschnationalen Versammlung ihre den Vorsig in der Kammer, und die Deutschland . Was die Beziehungen Frank Radifalen auf die Ministerpräsidentschaft hätten. reichs zu den verbündeten slawischen Ländern an­Wirkung verjagen werden. Dennoch: wenn er Schließlich sagt das Blatt, daß die sozialdemofrá belangt, hält man es zweifellos, daß, in dieser Hin der anderen deutschen Parteien spottet, sie ope- tischen Republikaner in ihren Reihen genügend sicht feinerlei Aenderung eintreten wird. rierten im luftleeren Raum", so gilt das am meisten von ihm selbst. Herrn Lodgmans

vergißt er übrigens alle innerpoliti schen Posten anzuführen. Der Bestand und der Geist der allnationalen Regierungskoali­tion verleiht seinem Pessimismus einen Schein von Berechtigung, aber er unterläßt es, die Möglichkeit dieser Stoalition auf die Dauer ihrer Haltbarkeit zu prüfen.

Dabei

Bleibt noch die seelische Einstellung des tschechischen Volkes. Er verwechselt hier vor allem die seelische Einstellung der heutigen Machthaber und ihres Anhanges mit jener Machthaber und ihres Anhanges mit jener großer Teile des tschechischen Volkes. Auch die pessimistischesten Auffassungen können uns nicht zu der Meinung bewegen, daß die allerdings heute noch vorherrschende nationalistische und imperialistische Gesinnung nicht demokratische­ren und gerechteren Neigungen Plaß machen Radikalismus hat sicher seine Vorzüge: er ist zu Entlarvungszwecken" benüßen will, so wie| Lodgman doch alles links liegen und er rät, wird. Der harten Notwendigkeiten gibt es ge­bequem und enthebt aller Sorge, Verantwor- Entlarvungszwecken" es er weiters jedes ciappenweise Vordringen, jede zu warten, bis entweder Deutschland wieder nug, um mit der Zeit diesen Stimmungs und iung und Arbeit für die Gegenwart, die nach nicht unmittelbar auf das letzte Endziel einge- mächtig geworden sein wird oder einer der Gesinnungsumschwung zu erzwingen. jeinem eigenen Bekenntnis sehr lange dauern stellte Bildungs- und Erziehungsarbeit am anderen großen Staaten staatspolitisch zu den mitzuhelfen, dazu wird sich die Methode Lodg­lann. Er braucht neben dem Endziel fein Pro- Proletariat für überflüssig und für faule Kom Tschechen in einen Gegensatz geraten wird, der mans allerdings am untauglichsten und schäd gramm mit näheren positiven Zielen. Doch promisselei hält oder doch hielt, so verschmäht so bedeutend ist, daß es ihm dafür steht, uns lichsten erweisen. Eine der ersten Voraus­setzungen für die Aenderung der seelischen Ein­blickt man genauer hin, so erkennt man, daß auch der radikal zu sein meinende Dr. Lodg- gegen die Tschechen auszuspielen". es doch nur ein Radikalismus des Wortes, ein man jede Etappe, jedes Kompromiß, jede auch Nun, schön! Dr. Lodgman, der jede Ausstellung des tschechischen Volkes ist die seelische Die Bekenntnis der Impotenz ist, ein Radikalis- Gegenwartsarbeit, immerzu wartend auf den gleichspolitik verwirft, gibt also den Rat, zu Einstellung des deutschen Volkes! mus, so wohlfeil wie Brombeeren, der die Um einen Moment, da die Aenderung der außen- warten. Vielleicht zehn, zwanzig, vielleicht auch erstere wird nicht erfolgen, wenn es dem deut­welt nicht sieht, der sich verzückt in die Be- politischen Machtverhältnisse den Sudeten - fünfzig Jahre. Doch was bis dahin? Das muß schen Nationalismus gelingen wird, den Irre­trachtung des eigenen Nebels versenkt und der deutschen die Ausübung des Selbstbestim man sich wohl fragen, selbst wenn man sich auf dentismus zum Inhalte der deutschen Politik der deutschen Bevölkerung nur schwersten Scha- mungsrechtes in großdeutschem Sinne möglich den Standpunkt des Herrn Dr. Lodgman stellt. im Staate zu machen. den zuzufügen geeignet ist. Herr Dr. Lodgman hat sich in seiner Pro­machen wird. Er verwahrt sich und seine Er gibt dafür das Rezept: Bis dahin bleibt Herr Dr. Lodgman wird es sich wohl Partei gegen den Vorwurf der Utopisterei, uns nichts anderes übrig, als der grammrede wieder als Negativist bekannt. nicht eingestehen, aber es ist doch ersichtlich, doch er muß selbst bekennen, daß sein Ziel noch Sampf um unsere Selbstbehaup- Aber Negation ist die billigste der politischen daß seine und die Ideologie des Bolschewis- ein recht fernes ist, da es unter den europäi- tung." Also Selbstbehauptung"! Soll das Weisheiten. Sie erlaubt die große Pose und mus einander, mit Ausnahme der einzuschla- ichen Staaten keinen Machtfaktor gibi, der einf nicht nur eine rasselnde Phrase sein, so müßte enthebt der Verpflichtung zur Arbeit. Auf genden Richtung, zum Verwechseln ähnlich sind. praktisches, staatspolitisches Interesse daran nun Herr Lodgman sagen, wie er sich diesen diesem Wege sind die anderen deutschbürger­Die Bolschewiten warten auf die Weltrevolu- habe, daß das Sudetendeutschtum geschüßt Kampf um die Selbstbehauptung erfolgver- lichen Parteien von ihm abgefallen und in der tion wobei sie allerdings schon viel Wasser werde. Deutschland , selbst es helfen wollte, sprechend vorstellt. Doch wir hören von ihm Praris werden sich nicht einmal seine eigenen in ihren Wein gegossen haben er auf den ist zu schwach, Frankreich hat ein gegenteiliges nur leere Worte, die bestenfalls als Schlager" Parteigenossen auf den tschechischen Weltunter­Augenblick, da den Sudetendeutschen im Aus- Interesse, England und Italien haben andere für geistig bedürfnislose deutschnationale Ver- gang vertrösten lassen. Lodgmans Programm land irgendwo ein mächtiger Retter erstehen Sorgen, die kleinen Staaten kommen nicht in fammlungsbefucher Verwendung finden könn- ist das Bekenntnis der Impotenz der deutsch­wird. So wie die reine Taktik des Volschewis- Betracht. Statt nun aus dieser Feststellung ten. Es sind leere Worte, wenn er fagt, es nationalen Politit. Steine noch so blendende mus den Parlamentarismus nicht als Mittel der Weltlage, selbst bei radikalster Gesinnung, müßte bis dahin die deutsche Politit von dem Phrase wird auf die Dauer über die Leerheit ansieht, um Schritt für Schritt die Lage der nüchterne Schlüsse auf die Notwendigkeit einer Gedanken des Widerstandes gegen die tschechi - dieses Radikalismus des Wortes zu täuschen Arbeiterschaft zu verbessern, sondern ihn nur realpolitischen Einstellung zu ziehen, läßt Dr. fchen Bestrebungen erfüllt sein, und es müßte vermögen!