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4. Jahrgang.

Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen   sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der tschechoslowakischen Republit.

Donnerstag, 22. Mai 1924.

Die Wallfahrt nach Rom  . Die deutschnationale Regierungs­

Der Außenminister Dr. Beneš war einige Tage in Rom   und hat dort mit Mussolini   ver­handelt. Unter den Zwecken, welche Beneš mit dieser Reise verfolgte, war die Erreichung der Zustimmung der italienischen   Regierung zu einer Stundung und Ermäßigung der Zah lungsverpflichtungen der Tschechoslowakei   an Italien  . Dieses ist in erheblichem Maße der Gläubiger der Tschechoslowakei  , deren Schul­den zweierlei Art sind: die Erhaltungskosten der tschechischen Legionen in Italien   und der Anteil, den die Tschechoslowakei als einer der Erben Desterreichs zu den österreichischen Re­parationszahlungen zu leisten hat. Daneben waren es handelspolitische Fragen, über welche Dr. Beneš mit Mussolini   verhandelte. In der Hauptsache war es aber etwas anderes, das den tschechoslowakischen Außenminister zur Wallfahrt nach Rom   bewog, das waren die Vereinbarungen über einen abzuschließenden politischen Vertrag zwischen Ita­ lien   und der Tschechoslowakei  . Wie man erfährt, ist zwischen den beiden Staaten eine heftige Freundschaft ausgebrochen, die paragraphiert in die Formen eines Vertrages gebracht werden soll, der, wie das bei Herrn Dr. Beneš nicht anders zu erwarten ist, der Erhaltung des Friedens in Mitteleuropa   die nen soll. Nur schade, daß, wenn Beneš von der Sicherung des Friedens" spricht, er da­mit immer die Aufrechterhaltung der Friedens­verträge meint, was nicht gerade das, selbe ist.

bildung vorlänfig gescheitert.

Admiral Lirpik ſollte Kanzler werden.

Berlin  , 21. Mai.  ( Eigenbericht.) Das Interesse der politischen Oeffentlichkeit wird zur Zeit ausschließlich von den Verhandlungen der Mittelparteien mit den Deutsch natio­nalen über die Regierungsbildung beherrscht. Der Vorwärts" ist in der Lage, über den Inhalt der heutigen Besprechungen genauere Mitteilungen zu machen. Die Deutschnationa­len wollen unter allen Umständen in irgend einer Form zur Macht gelangen. Ihre Führung hat infolgedessen in der ersten Sihung der deutschnationalen Reichstagsfraktion eine Aussprache über die politische Lage vermieden, da die Differenzen zwischen den verschiedenen Richtungen sehr schwer sind. Admiral Tirpih, der nach außenhin auf leine Richtung festgelegt ift, wird als vermittelnder Mann vorgeschoben. Den Mittelparteien gegen über verfolgten die Deutschnationalen die Absicht, Personalfragen in den Mittelpunkt zu stellen; fic gingen dabei von der Voraussetzung aus, daß, wenn ihre Regierungsbeteiligung erst gesichert sei, es ihnen leichter fallen würde, ihren politischen Umfall zu verschleiern. Sie brachten in in der Besprechung der bürgerlichen Parteien hente Admiral Tirpit als Reichstanzler in Vorschleg und betonten, daß sich darnach alles andere gewissermaßen von selbst regeln werde. Das Zentrum und die Demokraten aber lehnten eine Beratung über die Per..

der

jonenfrage ab, solange nicht eine Uebereinstimmung über die zu verfolgende Politik herge­stellt sei und verlangten eine Aussprache über das Programm der Mittelpar­teien, in dessen Mittelpunkt die Annahme und die Durchführung des Sachver tändigen gutachtens steht. An diesem Punkte mußten die Berhandlungen abgebro chen werden, da die Deutschnationaten dieser Forderung nicht Genügeleisten fonne ten. Das Zentrum trat nach Abbruch der Verhandlungen zu einer Sigung zusammen und be schloß, die Taltit seiner Unterhändler zu billigen, das heißt, von den Deutschnationalen zunächst eine Ecklärung über ihre außenpolitische Haltung zu verlangen. Die Deutsch nationalen luden dann nach Verhandlungen Böltischen zu einer Besprechung über die politische Lage ein. Diese Einladung wurde angenommen. Die deutschnationale Leitung will fich dadurch den Rüden in ihrer eigenen Fraktion sichern. Die Rechtspresse ist unter dem Eindrucke diefer Ereignisse sehr viel vorfichtiger und kleinlauter geworden. Im 3 en­trum macht fich in letzter Zeit der Einfluß Dr. Wirths sehr stark bemerkbar. Die Hal­tung der Deutschen Volkspartei ist nach wie vor schwankend. In später Abend­stunde teilen die Deutschnationalen mit, daß sie angesichts der Ablehnung ihres Vor­schlages der Reichskanzlerschaft von Tirpiß ihre Initiative für die Regierungsbildung zu nächst eingestellt haben. Das Wort haben nach dieser Erklärung icht erneut die bürger­lichen Parteien der Mitte.

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Nr. 120.

Klassenjustiz in Desterreich.

( Von unserem Wiener   Korrespondenten.) Mit dem Hakenkreuzlertum hat auch die ha­fenkreuzlerische Justiz in Desterreich ihren Einzug gehalten. So braucht es einem auch nicht zu ver wundern, daß der hakenkreuzlerische Mord an dem Genossen Still ungefühnt geblieben ist. Es ist ja nicht das erstemal, daß österreichische Richter Ha­fenfrenzler, die einen Sozialdemokraten ermordet hatten, so milde beurteilten. Gerade vor einem Jahr standen die Mörder des Genossen Birneder vor dem Wiener   Schöffengericht. Sie waren nicht wegen Mord oder Totschlag, sondern nur wegen schwerer Körperverlegung angeflagt, weil man angeblich nicht wußte, wer den tötlichen Schuß ab­gefeuert hat, wer also Mörder oder Totschläger war. Aber das Gericht hat nur einen einzigen von den Angeklagten wegen schwerer Körperver­legung zu zwei Jahren verurteilt. Allerdings war dieser bereits wiederholt wegen Diebstahl vor­bestraft. Allerdings hat das Gericht auch bei ihm verständnisvolle Milde geübt, denn, obwohl es felbst als wahrscheinlich erklärte, daß sein Schuß den Tod Birneders herbeigeführt hat, hat es doch nur auf zwei Jahre Kerker erkannt. Die vier anderen famen mit den lächerlichsten Strafen da­von. Zwar hat das Gericht festgestellt, daß die Waffen, mit denen sie geschossen hatten, schon an

äußerst gefährlich sind so wurde einer der Revolver von den Sachverständigen geradezu als eine Art Maschinengewehr bezeichnet es hat sic aber doch nur wegen Uebertretung der Ge­fährdung der förperlichen Sicherheit zu Arrest von einer Woche bis zu zwei Monaten verurteilt, so daß ihre Strafen schon durch die Untersuchungs­haft verbüßt waren.

Wenige Monate später wurde in dem Arbei­terdorf Spillern   bei Storneuburg ein Arbeiter von Hakenkreuzlern erschossen, die dahin eine Straf­expedition unternommen hatten, weil die Arbeiter der dortigen Fabrik den Agitationen eines hafen­freuzlerischen Beamten fein Gehör schenfen wolf­

Aber die Geschworenen von Korneuburg  sprachen die Angeklagten nicht nur vom Totschlag, sondern auch von der Gefährdung der körperlichen Sicherheit frei und verurteilten sie bloß wegen unbefugten Waffentragens zu hunderttausend Stro nen Geldstrafe, doch wurde diese Strafe durch die Untersuchungshaft als verbüßt erklärt. Weniger milde wurde bald darauf ein Arbeiter behandelt, der einen der Mörder von Spillern   bedroht haben soll. Der Arbeiter Jünger   hatte zu einem Lehr­

Das Bedürfnis nach der dicken Freund schaft, die nun so umfangreiche Dimensionen angenommen haben soll, war nicht immer gleich groß. In der Zeit, da Horthy  - Ungarn   seine Freischärlerbanden organisierte, um die ihm durch die Friedensverträge abgenommenen Ge­biete zurückzugewinnen, war es Italien  , das Ungarn   Waffen und Munition lieferte. Durch diese Unterstüßung sollte Ungarn   gestärkt und Jugoslawien  , mit dem es wegen Fiume im Streit lag, ein Gegner im Rüden geschaf sen werden. Hier war das Mißbehagen auf Die Einberufung erfolgt durch den Seite der Tschechoslowakei  ;; später war dann Der Reichstag   für Dienstag einberufen.denten des alten Reichstages Genoffen Loebe. wieder Italien   sehr verdrossen, als der tsche- Berlin  , 21.   Mai.( Eigenbericht.) Amtlich Die sozialdemokratische Fraktion tritt zu ihrer ling, der bei dem in Korneuburg   freigesprochenen choslowakisch- französische Bündnisvertrag ge- wird die Einberufung des Reichstages auf Diens. ersten Sizung am Montag, den 26. Mai schlossen wurde und Italien   wie England darin tag, den 27. Mai nachmittags drei Uhr bekannt- sammen. sollte doch die ganze Kleine Entente für

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May zusammenwohnte, die Bemerfung gemacht,

84- jolchen Zeuten, die in die Arbeiter bineinschießen,

gehören die Praßen abgehackt." Der empfind same Mörder fühlte sich dadurch bedroht und da der Lehrling angab, unser Genosse habe gesagt, cs würden ihm die Finger abgehackt" werden, wurde Jünger vom Wiener   Landesgericht wegen gefährlicher Drohung zu zwei Monaten Kerfer verurteilt.

das Bündnis gewonnen werden eine För­derung des Machtſtrebens des Boinareschen mehr erwarten läßt, daß alles Heil für die choslowakei abzuschließende Bündnis der erste Imperialismus erblidte. Damals schloß Ita- Konsolidierung" im Sinne des Dr. Benes Schritt sein soll. Man wird gut tun, darin lien sein Bündnis mit Jugoslawien  , worin von dort kommen kann. In dieser Lage zeigt Gebilde einer müßigen Phantasie zu sehen, man einen Gegen- Schachzug Mussolinis gegen er, daß er auch anders kann. In dem Unmut, denn die zwischen Frankreich   und und Italien  Wir haben diese Geschichte erzählt, weil sie das französisch- tschechische Bündnis erblickte. Den sein Bündnis mit dem Poincareschen schwebenden Gegensäße zu beseitigen, geht na­Dr. Beneš hat zwar nachher erklärt, daß er Frankreich   in England und Italien   erregic, türlich noch über andere Kräfte, als es die kennzeichnend ist für die Justiz, die jetzt in Defter­um den Abschluß des italienisch- jugoslawischen hat er gewiß schließlich selber alles eher denn des Herrn Dr. Beneš sind. Ueber das italie reich herrscht. Wir haben jetzt in Desterreich einen großdeutschen Justizminister Dr. Frank, der zwar, Vertrages vorher gewußt und ihn sogar ge- einen Erfolg erblickt und hat eingesehen, wie nisch- tschechoslowakische Bündnis ist nur zu so oft ihn die Sozialdemokraten im Parlament fördert habe, aber bis heute vermag es nie- gefährlich es werden könnte, die Tschechoslo- fagen, daß es nicht viel bessert, hoffentlich auch stellen, erklärt, er sei für die ſtrengste Unpartei­mandem als erklärlich erscheinen, warum Dr. wakei in den Rivalitäten zwischen den Groß- nichts verdirbt. Ein endgültiges Urteil wird lichkeit der Gerichte, der aber nicht leugnen kann, Beneš die Extratour Jugoslawiens   unterstüßt staaten einseitig zu exponieren. In der Absicht, man sich erst bilden können, wenn der Wort- daß ein ausgesprochener Hakenkreuzler, der au­haben sollte, welche den Bestand der Kleinen die ihm in England offen gezeigte Unzufrie- laut des Vertrages vorliegen wird. Daß Beness Staatsanwalt Dr. Meixner, geradezu dafür an­Entente, der eigensten Schöpfung des Dr. denheit zu beseitigen, dürfte er durch die Häu- Eifer, immer neue Bündnisse zu schließen, von gestellt ist, Erpressungsanflagen gegen sozialdemo­Beneš! schwer gefährdete. Die Tschecho- fung der Sorgen bestärkt worden sein, die ihm vorneherein Mißtrauen weckt, darüber darf er fratische Arbeiter zu erheben. Natürlich ist nicht slowakei   verband sich mit Frankreich  , Jugo- in den leßten Monaten zuteil wurden. Neben sich nicht wundern, denn er hat bisher die festzustellen, daß Herr Dr. Frank diesem Salen flawien mit Italien  , beide Mitglieder der der Lockerung der Bande der Kleinen Entente   Aufgabe der Konsolidierung und der Erhaltung frenzler den Auftrag gegeben hat, gegen sozial Kleinen Entente  , beide aber nach verschiedenen und der wenig freundlichen Augen, mit denen des Friedens immer nur in der bedingungs  - demokratische Vertrauensmänner Anklagen wegen Richtungen sich verpflichtend und alles angeb- man in London   und   Rom seine Bemühungen losen Sicherung der Friedensverträge Erpressung zu erheben, aber es ist bezeichnend, daß gerade ein Hakenkreuzler unter den Staats­unter der Zustimmung des Herrn Dr. um Frankreich   verfolgte, war eine solche Sorge gesehen und hat dabei Tendenzen unter anwälten diese Auflageen erhebt, die sich immer Benes! Das legte Rätsel auf, die bis heute das Bekanntwerden der Reparationsverpflich- st it, die keineswegs der Herstellung eines darauf gründen, daß ein Vertrauensmann einen nicht gelöst sind. tungen der Tschechoslowakei  , eine Sorge, die wirklichen Friedens in Europa   dienten. Nichtorganisierten, der die Errungenschaften der Wie dem auch sei, jedenfalls hat Dr. zu mildern, im wesentlichsten gerade in der Im übrigen überschäßt er den Wert seiner Organisation für sich in Anspruch nimmt, auf­Beneš erkannt, daß die Kleine Entente  , be- and Italiens   liegt. Und so unternahm Dr. Bündnispolitik bei weitem. Er glaubt, damit merksam macht, daß er nicht im Betriebe bleiben stehend aus der   Tschechoslowakei, Jugoslawien  | Venes seine Wallfahrt nach   Rom, um dort Geschichte zu machen, aber in Wirklichkeit dürfe, wenn er nicht der Organisation beitritt. Im alten Desterreich hatten die Richter und Rumänien  , längst alt und frant geworden freundlicheres Wetter für die Tschechoslowakei machen die Geschichte die Völker. Die zahl­ist und kein taugliches Instrument mehr zur zu schaffen, um durch Anbahnung eines losen Allianzen, die sich zwischen den Staaten ihren Stolz darein gesetzt, im Stampf zwischen Ka­Förderung seiner Absichten bildet. Jugoslawien Freundschaftsvertrages" zu zeigen, daß die spinnen und die immer mehr an Zahl werden, pital und Arbeit unparteiisch zu sein. Im neuen hat mit Italien   seinen Frieden gemacht. Ru- eingegangenen Bindungen der Tschechoslowakei   find die Symptome für den ruhelosen Zustand, Desterreich ist es anders. Die junge Generation tes, dessen republikanische Verfassung ihnen viel­mänien gravitiert mehr zu Polen  , mit dem es nicht so arg und bös gemeint waren, wie man in dem sich der europäische   Kontinent unter den der Richter fühlt sich als Anwälte nicht des Staa gegenüber Sowjetrußland gemeinsame Inter  - annahm, und daß sie ihr erlauben, sich auch Wirkungen des Versailler Friedens befindet. mehr sehr zuwider ist, aber als Auwälte der kapi­Diese Bündnisse und Verträge wollen ewiges" talistischen Ordnung gegenüber der Arbeiterschaft. essen hat; die bisherigen Bundesgenossen der nach der anderen Seite hin zu engagieren. Tschechoslowakei   gehen also eigene Wege. Da Gewisse Privatnachrichtenerzeuger wollen Recht schaffen. Aber die Entwicklung geht ihren Stammen sie doch meist entweder aus der kapi­sieht sich Dr. Benes, wie er meint, gezwungen, wissen, daß Dr. Beneš einen mitteleuropäi Weg und das Recht der Völker erweist sich talistischen Bourgeoisie oder aus den Beamten­nach neuen Bündnissen Umschau zu halten. schen Blod" plane, der Frankreich  , Italien   und schließlich stärker, als alle papierenen Verträge und Offiziersfamilien, die im schwarz- gelbeit Geiste aufgewachsen sind und es der Republik   nicht Dies um so mehr, als die durch die Wahlen die Staaten der Seleinen Entente umfassen soll und diplomatischen Vereinbarungen. verzeihen können, daß sie die Arbeiter ihnen poli­geänderte Situation in Frankreich   es nicht und zu dem das zwischen Italien   und der Tsche­

lich

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