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4. Jahrgang.

Szialdemokrat

Zentralorgen

Das Ultimatum der Agrarier.

In der Stoalition ist eine ernste Strije ausgebrochen und fast scheint es, als sollte den tschechischen jozialistischen Parteien der Dank für ihre fünfjährige treue Mitarbeit in der Koalition abgestattet werden. Die tsche­chischen Agrarier haben die Forderung nach Einführung von Getreidezöllen gestellt und sie verlangen. daß dieser Forderung noch in der Frühjahrssession des Parlaments Rechnung getragen werde, damit die Zölle schon vor der neuen Ernte Geltung erlangen. Der Beschluß der Agrarier ist so formuliert, daß die Regie­rung darin aufgefordert wird, ihr seinerzeitiges Programm, in dem von der Herstellung der gleichen Erzeugungsbedingungen bei Industrie und Landwirtschaft gesprochen wurde, inner­halb der erwähnten Frist zu erfüllen. Anfangs wurde dieses Verlangen dahin gedeutet, daß die Agrarier eine Herabjeßung der Zölle für Industrieerzeugnisse zum Zwecke der Berbilli­gung jener Waren anstreben, welche für die Landwirte als Konsumenten in Betracht kom men, doch der Klub der agrarischen Abgeord­neten läßt feinen Zweifel mehr darüber, sein Beschluß jei so zu verstehen, die durch die Industriezölle herbeigeführte

Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der tschechoslowakischen Republik.

Mittwoch, 4. Juni 1924.

Ein Kabinett Marr mit Ausschluß der Deutschnationalen.

Unmittelbar bevorstehender Amtsantritt.

Berlin , 3. Juni. ( Eigenbericht.) Die neue[ wirtschaftsminister Graf& anih ausscheiden. Die Reichsregierung ist. endlich in Bildung begriffen Deutschnationalen werden infolge ihrer Saltung und wird wohl noch im Laufe des heutigen zur Außenpolitik an der Regierung nicht beteiligt bends ihr Amt autreten. Die Regierung wird sein. Die neue Regierung wird wahrscheinlich im Grunde genommen das alte Stabinett Mary morgen nachmittags um fünf Uhr im Reichstag mit ganz geringen Aenderungen sein. Jusbefou ihre Programmertlärung abgeben. dere dürften wohl der Ernährungs- und Land

Die Gozialdemokraten werden Herriot

unterstützen.

Paris , 3. Juni. ( Eigenbericht.) In später| Der zweite Beschluß, der der Herriot - Regie­Stunde hat der Parteitag die Richtlinien bezüglich rung die parlamentarische Unterstüßung zusichert, der Haltung der französischen Sozialdemokratie in Tantet: der Frage der Beteiligung an der Regierung be ,, Der Parteitag dankt der radikalen Partei schlossen. Die Entscheidung fiel, wie nicht anders für die Mitteilung, die ihm zugegangen ist. Er ist zu erwarten war, gegeneine Koalitions der Ansicht, daß er sich dem Falle gegenübersicht, regierung aus. In einer Reſolution spricht der durch den letzten Paragraphen der Tagesord fich der Parteitag für die Unterstü bungaung von Marsaille vorgesehen und dargelegt wor des Kabinetts Serriot aus und geden ist und nach dessen Wortlaut die Unterstüßung der fünftigen, von z von Getreidezällen, das ist durch unterstüßenden Lints Regierung zu st im men. zustimmen. cine Verteuerung von Mehr und Es sei hervorgehoben, daß die Beschlüsse des Brot ausgeglichen werden. Das Bartcitages mit Einstimmigkeit erfolgt heißt: ausgeglichen" lediglich für die Agrarier, find. Die Resolution hat folgenden Wortlaut: nicht auch für die übrige Bevölkerung, dic ,, Der Parteitag beschließt unter den augen­neben der durch die Industriezölle bewirkten blicklichen Verhältnissen von einer Beteiligung an Verteuerung, auch noch eine Berteuerung der der Regierung abzusehen. Die Statuten der wichtigsten Lebensmittel infolge der geforder- Partei sichern in genügender Weise die Mitel, die ten Getreidezölle auf ihre Schultern aufladen gleiche Frage von neuem vor der Partei auszu­lassen soll. Diese Verteuerung würde eine für die Konsumenten sehr schmerzhafte sein, denn die Zollhöhe auf Getreide und Mehl soll für den Meterzentner 42 Stronen betragen!

dufte müẞicdurch die Einführungen sozialistischen. Abgeordneten er

ernistischen Partei jedeme der erneuernden Reform und aufrichti gen Demokratie gesichert ist und in­folgedessen jeder Regierung, die entschlossen ist, die­es Werk zu unternehmen. Die sozialistische Par tei beauftragt also ausdrücklich die parlamentarische Fraktion in diesem Sinne. Sie beauftragt sic, trenger als jemals für die Einheit lichkeit der Abstimmung zu sorgen, die in politisch schwierigen Umständen notwendig ist. Sie beauftragt fic, fernerhin die Maßnahmen zu rollen, wenn außerordentliche Verhält- prüfen, die im Parlamente den Erfolg des von der nisse auftreten, die diese Befragung notwendig linken Mehrheit begonnenen Kampfes machen. Im Dringlichkeitsfalle ist der Verwal- sichern würden. Um der Reaktion eine besondere tungsausschuß ermächtigt, entweder auf eigene Initiative oder auf Verlangen der parlamentari­fchen Fraktion einen Nationalrat der Partei ein zuberufen, dem die Befugnisse eines Parteitages übertragen werden."

gefährliche parlamentarische Waffe zu nehmen und um die Loyalität der Unterstüßung zu be weisen, die die sozialistische Partei zu gewähren bereit ist, entbindet sie die parlament tarische Fraktion der von den Par- l

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Nr. 131.

teiregeln vorgesehenen Verpflich tung, in jedem Falle gegen die Ge. jamtheit des Budgets zu stimmen."

Der Parteitag ermächtigte zugleich den Ge­schäftsführer der Kammerfraktion, Genossen Leon Blum, diese Beschlüsse Herriot zur Kennt nis zu bringen. Blum tat dies mit folgendem Be gleitbriefe:

Lieber Mitbürger! Der Parteitag der sozia listischen Partei hat mich beauftragt, Ihnen den. Text der beiden von ihm angenommenen Tages­ordnungen als Antwort auf die beiden Briefe zu übermitteln, die Sie uns im Namen der radikalen und radikalsozialistischen Bartei zugestellt haben. Er beauftragt mich fernerhin, Ihnen zu verjichern, daß er für dieses offenherzige und ver trauensvolle Unternehmen volles Verständ mis hat, die eine andere Methode in den politischen Beziehungen der Parteien eröffnet. Die sozialistische Partei versteht den ganzen Ernst der. Frage, die ihr von der radikalen und radifal sozialistischen Partei vorgelegt wurde und die sic auf die Tagesordnung ihres Parteitages gestellt hat. Die sozialistische Partei weiß oder vernitet vielmehr, daß die Wahrheit systematisch Frankreich verborgen worden ist, in welchem Zustande vier Jahre die Regierung des Bloc National das Land hinterlassen habe. Die sozialistische Partei weiß auch, welche jegents. reichen und heilsamen Wirkungen das Land von der politischen Aenderung er hofft, wie sie die Wahl vom 11. Wai geschaffent hat. Sie weiß, daß eine mächtige Bewegung der öffentlichen Meinung im Lande- eine Bewe­gung, die besonders leicht zu verstehen ist nac cinem Stampie, der gemeinsam in zahlreichen Des partements internommen worden ist, erwar tet, der Erfolg dieses Werkes werde aus einer gemeinsamen Regierungsaktion der radikalen Par tei und der sozialistischen Bartei hervorgehen. Die fozialistische Partei legt sich auch ebenso flar Rech­nung ab von der Enttäuschung, die sich der Kreise der Nation bemächtigen würde, wenn die große Hoffnung, die sie sich vom 11. Mai versprochen hat, nicht verwirklicht würde und sie verkennt nicht den Ernst der Folgen jeder Art, den diese Enttäuschung mit sich führen fönnte. Sie glaubt jedoch, daß es unter den augenblicklichen Umständen nicht möglich ist, das Angebot, das ihr gemacht worden ist, anzunehmen. Wie Sie jedoch durch die Lektüre unserer beiden Tages­ordnungen feststellen werden, hat die sozialistische Partei in diesen Beschlüssen in dem gleichen Geist der Loyalität und des Ver­trauens der Regierung, die durch die radikale

Das also ist des Pudels Kern! Die fon­fumierende Bevölkerung soll wieder nach dem System des Vorkriegszolles geplündert werden, um auf Kosten ihrer Lebenshaltung und Er­nährung einer bestimmten Selasse, der Klasse der Agrarier, Vorteile zu verschaffen. Die Ver- in der Kriegs und Nachkriegszeit, wo sie aus unter der Grenze der Existenzmöglichkeit. Die bei einer mehrköpfigen Arbeiter- oder Beamien suche, die Forderung nach Getreidezöllen mit dem ärgsten Jammer und Glend der besißlojen Vorstellung, daß ihre Eristenz nur deshalb familie eine ebenso große Vervielfachung dieses dem notwendigen Schutz der Landwirtschaft" Bevölkerung den reichsten Profit zogen, aber noch eine weitere empfindliche Herabdrückung Betrages, und daß dies im Haushalte solcher begründen zu wollen, sind ein aufgelegter und von einer Notlage sprechen zu wollen, wäre erfährt, weil die Agrarier reichere Gewinne Familien nicht schmerzhaft fühlbar wäre, fann bewußter Schwindel. Es handelt sich um ärgster Betrug. Schließlich darf nicht daran aus dem Verkauf ihrer Produkte anstreben, nur jemand behaupten, der teine blaine Ahnung feinen Schuß", sondern um die Sicherung vergessen werden, daß die Agrarier zum Unter- müßte verbitternd und aufreizend wirken, ein davon hat, wie dürftig, sorgen und fummer­und Ausdehnung eines Profitprivilegs. Die schied von anderen Ständen, welche ihr letztes solcher Raubzug auf die Lebenshaltung der voll schon heute das Leben dieser Armen ist. Das liebevolle. Verständnis, das die For­Zölle bezweden in den seltensten Fällen, irgend Semid opfern mußten, in den bittersten Zeiten Arbeiterschaft als unerträglich empfunden welche Zweige der Volkswirtschaft vor der der allgemeinen Not ihren Besitz nicht nur heil werden. derung der tschechischen Agrarier in der deui­Schmußkonkurrenz ausländischer Stapitalisten und unversehrt zu bewahren vermochten, son- Es verdient festgehalten zu werden, daß schen kapitalistischen Presse findet, hat aber zu schützen, um damit Arbeitslosigkeit und dern daß sie diesen Besiß vielfach zu vermeh nicht nur die deutschen Agrarier sich mit der auch noch einen andern Grund: das ist das Hunger von der heimischen Bevölkerung abzu- ren, ihre Hypothekarschulden abzustatten, neue Forderung ihrer tschechischen Stollegen soliga- Motiv, das die Agrarier antreibt, gerade wehren, sondern sie dienen meist nur der Be- Geräte und Maschinen zu erwerben, kurz, ihr risch erklären an der Einigkeit der grünen jetzt mit ihrem Ultimatum herauszurücken. reicherung der industriellen und landwirtschaft Bermögen zu vermehren vermochten. Selbst Internationale könnte sich die sozialistische Ar- Durch ihr Verlangen nach Ge treidezöllen wollen die Agrarier lichen Sapitalisten. In diesem Falle aber ist wenn es wahr wäre, daß die Agrarier jetzt nicht beiterschaft auch sonst ein Muster nehmen! das Verlangen der Agrarier eine blanke Fri ihr Einkommen auf der Vorkriegshöhe zu er sondern, daß auch die Presse der deutschen In- die Sozialversicherung erschla volität. Die inländischen Getreidepreise stehen halten vermögen, so wäre auch dann ihr Ver- duſtriekapitalisten sich für sie ereifert. Diese gen! Sie wollen sich der Vflicht, für die land­nicht unwesentlich über dem Weltmarktpreis, langen nach Zuschanzung höherer Gewinne un- ideologijche Gemeinschaft beruht auf dem alten wirtschaftlichen Arbeiter Versicherungsbeiträge aber gerade das benügen die Agrarier als Be- gerechtfertigt, denn Millionen von Staatsbür Schachergeschäft zwischen Agrariern und Indu- zahlen zu müssen, entziehen. Lieber soll die gründung ihrer Forderung. Sie erklären, im gern trifft ein weit ärgeres Schicksal. Der striellen, die sich auch schon früher mit der Koalition zum Teufel gehen, ehe sie sich darein Falle der Aufhebung des Bewilligungsverfah- Staat und die Unternehmer haben die Bezüge Gewährung von Zöllen gegenseitig in die fügen, für die Altersversorgung ihrer Arbeiter rens( die Einfuhr von Mehl und Getreide ist und Löhne ihrer Angestellten und Arbeiter Hände arbeiteten. Die Industriellen besorgen, etwas beizustenern! Man begreift, daß diesem gegenwärtig an die Erteilung einer Bewilligung weit unter dieses Maß, ja jogar weit unter es könnte zur Herabjegung gewisser Zölle Beginnen auch die deutschen Induſtriekapita­gebunden, die schon heute wie ein Schutzoll" das Niveau, das diesen erträgliche Lebensbekommen, darum sind sie lieber dafür, daß auch listen Beifall flatschen. Gegen das illoyale Vor­wirft) würde aus dem Auslande billigeres dingungen sichern würde, gekürzt. Der Vorwand den Agrariern mit den Geireidezöllen ein Ge gehen der Agrarier nehmen sowohl die tide­Getreide eingeführt und der Preis des In- war die Herbeiführung der Konkurrenzfähigkeit schenk gemacht wird. Gerade in deutschbürger- chischen Sozialdemokraten wie auch die Natio­landsgetreides dadurch gedrückt werden. Die der Industrie und des Handels auf dem Weltlichen Blättern wird der Versuch unternommen, nalsozialisten entschieden Stellung und beide Agrarier fordern also als ihr heiliges, unan- markte. Gerade in dieser Zeit nun, da alle die Forderung der tschechischen Agrarier nach Parteien haben Reichskonferenzen einberufen. tastbares Recht, daß die einheimische Bevölke arbeitenden Menschen Opfer bringen müssen. Getreidezöllen für die Steigerung der Gesamt welche zu dem Anschlag der Agrarier Stellung rung Mehl und Brot auch weiterhin teuerer fordert die Selbstsucht der Agrarier eine Ver- fosten des Lebensunterhaltes als feineswegs nehmen sollen. Die Situation ist für die Ko­bezahle, als die Konsumenten in den anderen mehrung ihres Einkommens! Dabei setzen sich sehr erheblich hinzustellen, denn der Betrag, alition ernst, schon die nächsten Tage Tönnen Ländern, und verlangen nun auch, daß ihnen die Agrarier rücksichtslos über alle Erwägungen den ein Erwachsener für Brot und Mehl aus ihr Ende bringen. Wenn sie stirbt, so wird die Verbraucher noch mehr ausgeliefert werden hinweg, welche Folgen die Erfüllung ihres Ver- gebe, jei nur etwa 1.2 Prozent der Gesamt dies so würdig geschehen, wie sie gelebt hat. als bisher. Geht es den Agrarier etwa so langens für die Allgemeinheit und für die auslagen. Die Statistik, auf die sich diese Be Daß sich gerade sene anschicken, ihr den Todes­schlecht, daß in ihrer wirtschaftlichen Notlage Bolkswirtschaft haben müßte. Hohe Getreide- rechnung stüßt, ist falsch, aber auch wenn es stoß zu geben, deren willfährigstes Werkzeug dieser Angriff auf die Taschen der Bevölkerung preise müßten in absehbarer Zeit zu Lohn richtig wäre, daß für eine Person die Getreide sie war, wird die Verwünschungen, die ihr ins eine gewisse Rechtfertigung fände? Sie ver- fämpfen in der Industrie den Anlaß geben, zölle eine Erhöhung der Ausgaben von etwa Grab folgen werden, nicht mildern! dienen vielleicht heute nicht mehr so did, wie denn die Lage der Industriearbeiter ist schon 56 Kronen zur Folge hätte, so bedeutet das