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4. Jahrgang.

Staldemokrat

Zentralorgan der Deutschen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der tschechoslowakischen Republit.

Kehraus in Frankreich .

hervorge­

Das aus den letzten Wahlen gangene neue Frankreich räumt mit den Re­präsentanten des alten nationalistischen Ge­

Donnerstag, 12. Juni 1924.

Furchtbares Bergwerksunglück in Weipert.

-

heiratet, aus Weipert, Burghart und Tho= mas, ledig, aus Weipert , und der alte Roscher aus Schmiedeberg, der Vater unseres Genossen Wenzel Roscher aus Schmiedeberg, waren tot; 108. alle Wiederbelebungsversuche blieben erfolg

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halbjährig ganzjährig..

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Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh.

Nr. 137.

Reichskonferenz der tschechischen Sozialdemokratie.

Gegen die Getreidezölle. für dic Herabsetzung der Industriezölle

Prag, 11. Juni. Heute fand im Sladkovsky­soal des Gemeindehauses der Stadt Prag dic Tagung der erweiterten Parteivertretung der tschechoslowakischen sozialdemokratischen Arbeiter­partei statt, zu der sich die Mitglieder der Partei vertretung aus allen Gebieten der tschechoslowa­ifschen Republik einfanden. Der Tagung saß Abge­ordneter Hampel vor. Den Bericht über dic politische Situation erstattete Abgeordneter Meisner, worauf eine umfangreiche Debatte. abgeführt wurde. Das Ergebnis der Verhand­lungen wurde in folgende einstimmig angenom mene Resolutionen zusammengefaßt:

Der siebente Mann, ebenso der Ober­teiger und ein früherer Bergarbeiter hatten sich bei den Rettungsarbeiten schwere Vergiftungen zugezogen und mußten dem Strankenhause eingeliefert werden, wo sie in hoff- Prag am 11. Juni 1924 über die politische Situa Die Tagung der Parteivertretung, die in nungslosem Zustand darniederliegen. tion beriet, die durch die Nichteinhaltung der Soalitionsvereinbarungen, insbesondere durch die Verzögerung bei der Verhandlung durch das Ultimatum des clubs der tsche der Sozialversicherung, sowie chischen Agrarpartei in Sachen des Zoll­chuses der Landwirtschaft und der träge enistanden ist, erklärt: schechoslowafischen tschechoslowakischen Handelsver­

auch

waltregimes fräftig auf. Nachdem es zuerst Gasvergiftung im sogenannten Giftschacht. Sechs Tote, drei Schwerverlette. Poincare über die Klinge hat springen lassen, ist diesem nun auch Millerand, ob- Weipert , 11. Juni. Im sogenannten Arbeit Furchtbares angerichtet. Die Arbeiter Karl wohl er sich am Präsidentenstuhl mit lauen Giftschachte, einer Bergwerfsanlage nächt Stany, Thomas und Rimpl, alle ver und Zähnen festzuhalten suchte, im Sturze ge- Weipert , wo Silbererze und Arsen ge folgt. Noch im leßten Augenblick hat Millerand wonnen werden, ereignete fich Dienstag das einen letzten Versuch unternommen, die Scho- größte unglüd, das je in diesem Bergbau nung der Kammer und des Senates zu er passiert ist. Von der sechzehn Mann starken Be halten, indem er eine Botschaft erließ, in der verlegt( Rippenbruch) und einige leicht ver legschaft sind sechs Manntot, cinerschwer er darauf verwies, daß der Präsident den Sam- legt. Das Unglück soll durch Gasvergiftung ge mern nach der Verfassung nur im Falle des schehen sein. Die weiteren Erhebungen werden Hochverrates verantwortlich ist, und daß es ergeben, ob die Verunglüdten durch Kohlenoghd im Interesse der Kontinuität gelegen sei, wenn oder durch Arsen vergiftet wurden, Schon in die Macht des Präsidenten sieben Jahre hin- früheren Jahrzehnten wurde in diesem Schachte durch unbeeinflußt durch politische Störungen Silbererz gewonnen, doch dürfte es seit 1884 dort besteht, wie dies die Verfassung bestimme; er nicht mehr gefördert worden sein. Durch die schon damals vorhandenen giftigen Gase oder durch bezeichnete die von der Linksmehrheit verlangte Wassereinbruch war die Arbeit im Schachte ein Absehung seiner Person geradezu als einen gestellt worden und wurde erst seit dem Herbst revolutionären Aft", als eine Verfassungs- 1923 wieder aufgenommen. Vor wenigen Wochen verlegung, sprach von„ dunklen Hintergrün- ist der erste Waggen Arsenerze unter großen den", furz, er suchte den Eindrud zu erweden, Feierlichkeiten abtransportiert worden. ols wenn er mur um der Wahrung der Ver- Nergiftungserscheinungen bei der faffung willen seinen Widerstand gegen die Arbeiterschaft waren seit Wieder Mehrheit des Parlamenis betrieb. aufnahme der Förderung an der Partei und beide Slubs, ohne Rüdsicht auf Die Tagung beauftragt die Führung der Das alles hat Herrn Millerand menig Tagesordnung. die Folgen, die Bestrebungen abzulehnen, die genüßt; seine Berufung auf die Verfassung Neber die Pfingsten ruhte an die Arbeit. Ju rasch gerbeigeschafften Särgen, die man zwischen der Gefehwerbung der Sozialversicherung In machte um so weniger Eindrud, als er selbst in den 22 Meter liefen Schachie dürfte sich in auf mit deilig gejchmückte Wagen stellte, wurden und den Forderungen der schechischen Agrarpartei noch am Samstag durch die Bildung des dieser Zeit eine starke Ansammlung der Gese voll die Leichen der Opfer, begleitet von Hunderten ein unft im schaffen wollen. Die Tagung Ministeriums Marsal die konstitutionellen zogen haben. Als Dienstag in den ersten Nach von Menschen, durch ein Spalier von Tausenden genehmigt das bisherige Vorgehen der Führung Regeln verletzte, indem er die in den Wahlen mittagsstunden die Arbeit wieder aufgenommen in den Abendstunden in die Totenkammer des der Partei und beider Selubs in diesen Dingen vom 11. Mai geschlagenen Parteien des Bloc wurde und die Arbeiter sich zur Arbeitsstelle im Weiperter Friedhoses überführt. Der alte Roscher und erklärt, daß die Sozialversicherung init national, die nurmehr die Minderheit in der Leitern- wurden sie von den angejammelberg genommen. Man fah Frauen und Männer ohne irgendwelche Stompensationen an irgend­Schachte begaben Schachte begaben der Einstieg erfolgt auf wurde von der Arbeiterschaft mit nach Schmiede größter Beschleunigung verhandelt werden und Kammer bilden, zur Regierung berief. Die ten Gasen überrascht. Einige tonnten sich einen. In wenigen Tagen wird die Erde welche Partei Gesetz werden muß. Durch ihr Berufung Millerands auf die Verfassung wäre retten, doch sechs Arbeiter fielen dem Vergiftungs- diese Toten aufnehmen und gar bals werden die Auskaufen für Forderungen der einzelnen Par­nur dann stichhältig gewesen, wenn er als tod zum Opfer. Menschen jie vergessen. Das sozialistische teien würde eine Situation geschaffen werden, Präsident der Republik selber stets die ihm Nach 2 Uhr nachmittags erhielt die Telephone Proletariat des Erzgebirges aber die die Gefeßwerdung der Sozialversicherung durch die Verfassung gezogenen Grenzen seines station Weipert die erste Mitteilung. Die Aerzte wird sie nicht vergessen. Wieder wurden ernstlich bedrohen würde. Die Tagung erinnert amtlichen Machttreises eingehalten hätte. Das Dr.

Nicht genügende Borsichtsmaß " ahmen zum Schuße der Gesundheit ursache dieses schrecklichen Geschehens. Wieder und des Lebens der Arbeiter sind die sind Arbeiter ein Opfer des kapitalistischen Aus­bentungssystems geworden. An der Größe dieses tausendfech Tod und Verderben: auf sie lauert, inglüdes soll die Arbeiterschaft erkennen, wie und dai; sie es selbst am meisten notwendig hat, die Ursachen zu bekämpfen, die zu solchen Kata strophen führen.

hat er keineswegs getan. Es wäre seine Pflicht Groeger und Dr. Kraus, die Sanitätsabtei Arbeiter gemordet, weil man es fehlen ließ an die Fristen, die bei der Bildung der Regie­

hat er feineswegs getan. Es wäre seine Pflichtung der Freiwilligen Feuerwehr und hunderte an dem nötigen Schuß: die Arbeiterschaft rung für die parlamentarische Verhandlung und als Staatsoberhaupt gewesen, sich von den von Menschen eilten zur Unglüdsstätte. Die Ver- selbst wird dafür Sorge tragen mijjen, daß solche die Gesezwerdung der Sozialversicherung be. Barteitämpfen fernzuhalten. Die französische gungs- und Rettungsarbeiten begannen fofort. furchtbare Katastrophen in Zukunft unmöglich gestimmt wurden und fonstatiert, daß sie nicht ein­Verfassung sichert dem obersten Leiter der Der Tod hatte jedoch bereits auf dem Felde der macht werden.

gehalten wurden. Die Tagung erachtet es als einen Bruch der Koalitionsloyalität, wenn der Slub der agrarischen Partei durch neue

Die tschecho

aufung von Schwierigkeiten die Verhandlung der Sozialversicherung hinausschiebt. flowakische Sozialdemocratie, im Bewußtsein der Bedeutung für die innere estigung des Staates Größe des Werfes der Sozialversicherung, ihrer und als Befriedigung der breiten Bolksschichten, im Bewußtsein, daß es sich hier um das Existenz­intereſſe der großen Mehrheit der Bevölkerung des Staates handelt, hält das Gesetz über die Sozialversicherung für den Schwerpunkt des Programms der heutigen Regierung und seine rasche Gesezwerdung für eine staatliche. Not­wendigkeit.

Führung der Pariei und die beiden Slubs die, Die Tagung der Partei konstatiert, daß dic ganzen Jahre der Koalitionsregierungen hindurch immer loyal erfüllten, was in gemeinsamem Arbeitsprogramm beschlossen wurde und immer ehrenvoll das gegebene Wort hielten, auch wenn manchmal die Verpflichtungen noch so schwierig waren. Der Klub der agrarischen Partei und die Presse dieser Partei berufen sich irrtümlich auf das Regierungsprogramm und die Verein. barungen der Stoalitionsparteien in der Zallfrage bei der Bildung der jetzigen Regierung. Die Tagung fonstatiert nach den vorgelegenen Doku­

Staatsgeschäfte wohl die Unabjeßbarkeit wäh- 0000000000TICOOOOOOOOOOOSCUTECTORIOTTIERNICT0000000000SCACCOUN rend seiner siebenjährigen Amtsdauer zu, aber und heftigsten Streber. Es ist ein Irrtum,| tonsequente Art, mit der gegen die Verhin die ihm eingeräumte bevorzugte Stellung jetzt wenn noch immer vom„ Sozialisten" Mille derer der Wiederherstellung des Friedens der voraus, daß er selber diese Stellung nicht zu rand gesprochen wird. Das war er niemals Welt vorgegangen wird, ist ein notwendiger parteipolitischen Zweden mißbraucht. Doch für richtig, am allerwenigsten in den letzten Jahren, Erneuerungsprozeß und muß lebhafte Genug Millerand war der Geist der Verfassung stets seitdem er sich zu einem Nationalisten Poin tuung weden. Der Sturz Millerands war not­Luft. Er war es, er mit Poincare das Kabinett carescher Couleur entwickelt hatte. Es ist nicht wendig als der Sturz des Vertreters einer Briand in einem Augenblicke tückisch zu Falle das erſtemal, daß die Streberei. Millerands von Richtung, die es nicht zulassen wollte, daß die brachte, da Briand in Cannes Verhand- jich reden machte. Schon im Jahre 1899 war Seluft überbrüdt werde zu einer Politik der lungen mit Lloyd George führte, und er war er es, der als sozialistischer Abgeordneter gegen Bernunft, der Menschlichkeit und der gegen es auch, der mit Poincare durch Did und den Willen der Partei in das Stabinett Walded jeitigen Rücksichtnahme. Doch die Reinigungs Dünn ging, ohne Rücksicht darauf, daß dessen Rousseau eintrat, obwohl der Chef des Stabi arbeit in Frankreich erinnert daran, daß auch Politif Frankreichs Finanzen zerrüttete und netts ein enragierter Gegner des Sozialismus noch in einem anderen Staate eine solche Her­Frankreits Vereinjamung herbeiführte. Es war und im selben Kabinett General Gallifet, fulesarbeit zu leiſten ist, um die Gewaltidee, waren besonders zwei Kundgebungen, die ihm der berüchtigte Schlächter der Pariser Kom- die Europa im Banne hält, aus der Welt zu von den siegreichen Linksparteien zur Last ge- mune, saß. Damals hat Millerand durch seinen schaffen, das ist Deutschland . Auch dort legt wurden. Die eine war eine Rede in Verrai innerhalb der Arbeiterinternationale werden gegen das Staatsoberhaupt Vorstöße Evreux , in der er während in der Kammer leidenschaftliche Auseinanderseßungen geweckt, unternommen, aber hier ist es die aus den die Linke heftige Vorstöße gegen Millerand aber das war dem nach Macht gierenden Ehr Wahlen gestärkt hervorgegangene nationalisti mternahm, in offener, schroffer Weise für Poin- geizling ebenso gleichglültig wie der Sarade, sche Meute, die gegen den Präsidenten und care Partei ergriff; die andere Kundgebung ben er der sozialistischen Bewegung auch später gegen die Republik anstürmt. Die neue fran­leiſtete sich Millerand noch knapp vor dem fenſequent zufügte. Sein Eintritt in die Rezösische Sammermehrheit zeigt immer deut Wahltage, und hiebei ließ er, gelegentlich eines gierung Walded- Rousseau hatte. immerhin noch licher, daß sie eine aufrichtige Verſtändigung Interviews, das er dem nationalistischen Hez- den Vorwand als. Deckung, daß es galt, mitten mit Deutschland herzustellen sucht, nun obliegt blatte" Matin" gewährte, sich so weit aus der im Dreifuß- Rummel eine starke Regierung ans es auch dem deutschen Volte, alles zu tun, um menten, daß die Führung der Partei in der Zu­ihm von seinem Amte auferlegten Reserve fort- Ruder zu bringen. Doch was Willerand später diese Verständigung möglich zu machen. Frank- schrift vom 12. Stober 1922 an den Vollzugs­reißen, daß er dem Lande seine Erwartung tat, das deutet darauf hin, daß es ihm nur reich beginnt zu handeln, indem es die Re- ausschuß der foaliierten Parteien ihren Pro­aussprach, es werde den Wahlsieg des natio- mehr um eines ging: sich an der Macht zu präsentanten des früheren chauvinistischen Re- grammentwurf in der Zollfrage folgendermaßen nalen Blocks herbeiführen helfen, denn er sei erhalten und dieje Macht zu erhöhen. Auf gimes rücksichtslos beseitigt, aber auch das formulierte: eutschlossen, im Falle eines anderen Wahlaus diesem Wege wurde Millerand, der ehedem deutsche Volk muß sich seiner nationalistischen ganges die Konsequenzen zu ziehen. Die wenigstens eine Episode in der sozialistischen Saßprediger entledigen, muß zeigen, daß ein Wähler haben sich bekanntlich von dieser Dro- Bewegung bildete, zum Nationalisten unge- neues Deutschland , ein Deutschland der Demo­hung nicht erschrecken lassen und es ist ver- trübtester Färbung, zum Vater des nationalen fratie und der Friedensliebe auf dem Wege ist. ständlich, daß die siegreiche Linte nun den Vlocks und zu dessen Einpeitscher zugleich. Sein Der Ruf zur Versöhnung, den der künftige Mann, der durch sein parteiisches Auftreten ehrgeiziges, strupelloses Wesen hat ihm viele französische Weinisterpräsident jüngst Deutsch­alle ihm gezogenen Schranken durchbrach, zur Feinde gemacht, das französische Volk, das der land entgegentönen ließ, er muß hier offene Abdankung zwang. nationalistischen Marktschreier überdrüssig ge- Ohren und Herzen finden. Der nationalistische Mit Millerand wird nicht nur ein Er- worden ist, hat sich nun auch seiner als eines Frrsinn hat namenloses Unheil geschaffen, er ponnent der bis zu den lezten Rammerwahlen Hindernisses der Herstellung der Ordnung und muß auf beiden Seiten ausgetilgt werden, che betriebenen imperialistischen Machtpolitik be- des Friedens entledigt. für die Welt bessere Zukunftsmöglichkeiten er seitigt, sondern auch einer der widerlichsten stehen können.

Der in Frankreich betriebene Stehraus, die

,, Mit Rücksicht darauf, daß die kvaliierten Parteien bei Durchführung der Zollpolitik vom. Grundsatz der Parität zwischen der industriellen und landwirtschaftlichen Produktion ausgehen werden, werden die landwirtschaftlichen Zölle einer evision unterworfen und zwar so, daß die Landwirtschaft die nötigen Industrieprodukte zu billigsten Preisen erhält."

Ein ähnlicher Standpunkt wurde von unseren Vertretern schon vor dieser Stundgebung in allen Beratungen über die Bildung der Stoalition ein­genommen und niemand konnte über die Dinge ian Zweifel fein.