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4. Jahrgang.

Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der tschechoslowatischen Republit.

Um die Getreidezölle.

Die Agrarier haben in letzter Zeit dic Einführung von Getreidezöllen zu einer Kar­

Samstag, 14. Juni 1924.

Ein fascistisches Berbrechen.

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Nr. 139.

und politisch hochstehende Persön lichkeiten fällt. Der Garagenbefizer To­maselli, der das Automobil für die Entführung gelichen hat, und der Chauffeur werden weiter in Saft gehalten.

dinalforderung erhoben. Das ist durch den Der sozialistische Abgeordnete Matteotti von Fascisten entführt Mussolini und seine Kreaturen sind

und ermordet.

niedergeschlagen". Rom, 13. Juni. Mussolini teilte in der

folgen.

Klub der tschechischen Agrarpartei geschehen, aber die Stellungnahme der deutschen Agrarier erweist, daß er in dieser Frage als Exponent Rom, 13. Juni. Ein Verbrechen dergestellt wurde. Das Auto war mit Staub bedeckt Stammer mit, daß die Polizei die Urheber der der gesamten grünen Internationale fungiert. Auch in der Begründung dieser Forderung sind Fascisten hat in Rom und wohl auch in ganz wie nach einer langen Fahrt. Die römische Bo- Entführung Matteottis festgestellt sich tschechische wie deutsche Agrarier einig. An- Italien große Erregung hervorgerufen. izei, die mobilisiert wurde, um den Zwischen habe. Drei feien bereits verhaftet. Die Feft fall aufzuklären, ist nach diesem Verhör während geblich sind Getreidezölle ein notwendiger Der Abgeordnete und politische Sekretär der so- der Nacht nach verschiedenen Richtungen in Autos ahme der übrigen 4 wird noch heute abends er­Schuß der Landwirtschaft und bedeuten keines- sialistischen Einheitspartei Matteotti ist am ausgefahren. Es scheint, daß die Entführer der wegs eine unangemessene Bereicherung der Dienstag ebends spurlos verschwunden. Abg. Matteotti auf die alte via Caffia gebracht ich aufgedeckt werde. Auch in den fascistischen Strei Muffolini forderte, daß die Affäre unverzüg Agrarier zum Schaden der übrigen Bevölke- Er begab sich an diesem Tage um 4 Uhr nach haben. Die Landstraße sieht durch eine verlassene sen ist die Niedergeschlagenheit sehr groß, weil man rung. Die Landwirtschaft habe dasselbe Recht mittags von seiner Wohnunn in Rom in das Waldlandschaft hin, die reich an Grotten ist. Die einsicht, daß es gemde die fascistische Par auf die Sicherung ihrer Lebensbedingungen Parlament, doch fehrte er seither nicht mehr zu Nachforschungen zu einem positiven Resultat zu den davonträgt. Man bemerkt, daß sich diesmal, Regierung macht alle Anstrengungen, um die tei sein werde, die den größten Scha­wie die Industrie. Sieht man genauer hin, rid. Matteotti wurde wie andere politische Per- führen. General de Bono hat persönlich die wenn Mussolini , mie er es auch in seiner letzten jo erkennt man, daß alle diese scheinbaren fönlichkeiten zur Verhinderung etwaiger Ueber- Leitung des Nachforschungsdienstes übernommen. Rede tat, versucht hat, die Kluft zwischen Mehre Argumente nur agitatorische Schlagworte sind, fälle von einem Geheimpolizisten überwacht, der Dem Nachforschungsdienste gelang es, sowohl heit und Opposition zu überbrüden, ein Zwischen­welche den wirklichen Stand der Dinge außer ihn aber, seitdem. Matteotti im Parlament an auf die Spur der Verbrecher zu gelangen, als fall ereignet, der dazu angetan ist, den Oppoſitions Betracht lassen und die auch dadurch nicht an Durchschlagskraft gewinnen, daß sie aus sehr gelangt war, aus dem Auge verloren hatte. Das außerhalb Roms geführt und dort ermordet daß seit den Tagen des Wiarsches auf Rom die auch festzustellen, daß Mateotti mit dem Auto geist zu stärken und zu vergrößern. Es ist sicher, durchsichtigen, selbstsüchtigen Gründen von den letztemal wurde Matteotti lebend am Dienstag wurde. Hauptstadt Stunden so großer Nervosi­Anwälten der Industriefapitalisten nacherzählt gegen 7 Uhr abends von einem sozialistischen werden. Diese Uebereinstimmung beruht auf Kollegen in der Nähe der Kammer gesehen. tät wie hente nicht erlebt hat. dem oftbetätigten Grundsatz, wonach eine Hand die andere wäscht.

Die Leiche Matteottis gefunden.

Wie die römischen Mittagsblätter melden, ist der seit Dienstag verschwundene sozialistische Abg. Matteotti ermordet worden. Seine Leiche wurde in der Umgebung Roms ge­kunden.

Die Entführung und Ermordung Matteottis ist, wie nun feststeht, ein Werk der Fasei und stammte aus bürgerlichen Streisen. Von Be Der Ermordete war ein noch junger Mann Bei der Beurteilung der Frage, ob die sten und durchaus nicht irgendwelcher unterge ruf Rechtsanwalt, stellte er sich der sozialistischen Volkswirtschaft die Einführung von Getreide- ordneter Personen, sondern solcher, die auf po Partei, deren Sekretär er war, in den schwersten zöllen verträgt oder gar bedingt, darf vor litisch hervorragenden Posten stehen. Das Ereignis Beiten eufopferungsvoll zur Verfügung. Er hat allem die Tatsache nicht übersehen werden, daß war bis zum heutigen Weittag vollständig man Die oppositionellen Gruppen der Kammer das Parteiblatt Justicia" geschaffen und weiter geklärt, da die ersten Zeugen, die den Mut ge­die Tschechoslowakei in ihrer wirtſchaftlichen habt haben, die Entführung der Polizei anzu- hielten eine Sißung ab, in der beſchloſſen wurde, geführt. Erſt vor kurzem hatte er, als Maurer Struktur denn doch ein anderes Bild zeigt, als zeigen, aus Furcht ungenaue Angaben machten. verfleidet, die italienische Grenze heimlich über­das frühere Zollgebiet des österreichisch- unga- Jedenfalls ging aus diesen Zeugenaussagen her an den parlamentarischen Arbeiten solange nicht schritten, um an dem belgischen Parteitag teil­rischen Staates. Die Industrie bildet einen vor, daß die Entführung des Abgeordneten Mat- mehr teilzunehmen, als das Geheimnis des Ver- zunehmen. In der ersten Sitzung der neuen weit größeren Prozentsaz in dem neuen Ge- teotti auf gewaltsame Weise durch Zuhilfe- schwindens Matteottis nicht gelöst iſt. Stammer hielt er eine glänzende Rede, in der er biete, als dies in dem früheren Zollgebiete der nahme eines Autos erfolgte. Dieses Auto Nach einer amtlichen Mitteilung wurden im schonungslos die riesigen Wahsschwindeleien des Fall war, sie ist darum weit mehr als vordem wurde in der kritischen Zeit in der Nähe der Laufe des gestrigen Tages und der vergangenen daß sein Leben seither vertvirkt war. Wegen diefer fascistischen Regimes entlarvte und man wußte, auf den Export angewiesen; der Warenaus- Wohnung Matteottis von einigen Männern ge­bausch ist nicht mehr im wesentlichen ein Bin- sehen, die ouch Silferufe aus dem Auto Nacht drei Personen verhaftet, welche im Rede erhielt er unzählige Drohbriefe und als er doch als sie sich dem Auto näherten, Verdachte stehen, am Berschwinden Matteottis be- zu der internationalen Konferenz nach Wien fah­nenhandel innerhalb der Zollmauern, es ist fetzte sich dieses eiligst in Bewegung. Erst ani teiligt gewesen zu sein. Die Verhaftungen erfolgren wollte, wurde ihm der Paß verweigert. also verfehlt, die in Desterreich- Ungarn ge- Donnerstag, als diese Männer einen strengen ten in Rom, Florenz und Mailand . Der pflogenen Methoden der Zollpolitik mechanisch Berhör unterzogen wurden, gaben sie die Num- Chauffeur, der das Auto in der Garage abholte, auf die nicht unwesentlich veränderten Wirt- mer des Autos bekannt. fchaftsverhältnisse unseres Staates übertragen gehört zum Personal des Corriere

zu

-

hörten;

Mit diesen Angaben wurde auch sofort das

Die Mörder hochstehende Persönlichkeiten. Herriot

wird voraussichtlich Ministerpräsident. Paris

, 13. Juni .( Eigenbericht.) Herriot , der nach der Demission Marsals von Domergue empfangen wurde, dürfte spätestens morgen vor­mittag mit der Regierungsbildung beauftragt werden. Es wird angenommen, daß er die Regie­rung bereits bis morgen abends gebildet haben und sie schon Montag der Kammer unter Ver­lesung einer Regierungserklärung vorstellen wird. Es verlautet zuversichtlich, daß der bisherige fvan­

an wollen. Das wird durch folgende Gegen- Auto der Verbrecher ausfindig ge- d'Italia", u. zw. hat er den Wagen im Na­überstellung besonders deutlich gemacht: die nt a cht. Es gehört einer Garage in Rom, die men des Direktors des genannten Tschechoslowakische Industrie umfaßt etwa zwei Autos vermietet und mehrere Autos auch ver- Blattes angefordert. Drittel der Industrie des alten Desterreich, schiedenen Ministerien zur Verfügung gestellt hat. sie produziert weit über den Inlandsbedarf Das Auto wurde Dienstag nachmittags für eine hinaus, die Landwirtschaft ist dagegen nicht Person, deren Name nicht genannt wird, die aber, imstande, den Konsum im Inlande zu decken. wie das Giornale d'Italia" schreibt, über jeden Wien, 13. Juti.( Eigenbericht.) Im Falle Im Vorjahr mußten zur Dedung des Be- Verdacht erhaben" ist, gemietet. Es scheint, daß darfes über 300.000 Zentner Mehl und Ge- man diesen Namen vorgeschützt hat, um über- Watteotti stehen nach dem Messaggero" auf haupt das Auto bekommen zu können, das von sehenerregende Verhaftungen unzösische Delegierte und Vorsitzende der Repa­treide aus dem Auslande eingeführt werden, einem unbekannten Chauffeur weggeführt und mittelbar bevor. Es bestätigt sich immer mehr, rationskommission Barthou von der neuen Re­das ist rund ein Viertel der im Inlande ver- von diesem am Mittwoch morgens wieder zurück- daß die Verantwortung auf sozial gierung ab berufen werden wird. brauchten Menge. Daraus ist ersichtlich, daß an die Lösung der Zollfragen nicht nach alten 000000IONOTHESNATCHEZUHITIZE Schablonen herangetreten werden kann, und amerikanische Getreideausfuhr einen riesigen erwiesen. Die Kleinbauern, soweit sie überhaupt Es ist nicht wahr, daß die Landwirtschaft, daß die agrarische Parole: Parität der Pro Aufschwung nahm und zu welcher Zeit dem Getreide verkaufen, müssen dies wegen ihrer wenn sie nicht durch Getreidezölle geschüßt duktionsbedingungen zwischen Industrie und Getreideschußzzoll eine gewisse Berechtigung zu finanziellen Verhältnisse gleich nach der Ernte werde, unrettbar der Verschuldung verfallen Landwirtschaft, nur eine hohle Phrase ist. fam. Diese Gefahr" des billigen ameritani- tun, sie brauchen Geld, können das Getreide müßte. Sie ist auch nicht schutzlos, denn den Wenn geltend gemacht wird was übrigens schen Getreides ist längst verschwunden, den- nicht einlagern, um bis zum Frühjahr mit dem Erpressungsmethoden der Agrarier ist es im auch einsichtige Vertreter der Industrie zu- noch halten die Agarier noch immer an dem Verkauf zu warten und mit dem Getreide zu Vorjahre gelungen, bei der Einfuhr auslän­geben daß die Zölle für viele Industriepro- Gedanken des Schußzzolles" fest, der aber spekulieren, wie das die reichen Grundbesitzer dischen Getreides an Stelle des Anmeldever­dukte, besonders für jene, welche die Landwirt- eben nur insofern so genannt werden fann, zu tun in der Lage sind, die durch Spekula fahrens das Bewilligungsverfahren zu seßen." schaft benötigt, unverhältnismäßig hoch sind, als er nicht Schuß der landwirtschaftlichen Pro- tionsverkäufe Sonjunkturgewinne erzielen. Das heißt, es braucht nicht, wie vordem, von so ist das keine Rechtfertigung für das Ver- duktion, sondern nur Schutz der großagrari- Diese reichen Wirtschaftsbestßer und Großpächter der beabsichtigten Einfuhr eines Quantums langen nach Getreidezöllen. Das Problem ist schen Profitgier bedeutet. Es ist unverständlich, allein sind es, die ein Interesse daran haben, von Getreide bloß die Anzeige gemacht, ein viel zu heifles und in die Volkswirtschaft und nur durch die rückständige politische und daß durch Getreidezölle das Angebot auf dem sondern es muß um die Bewilligung hiezu zu tief einschneidendes, als daß es durch Schlag- wirtschaftliche Schulung zu erklären, daß auch Markte eine Berringerung und damit die Preise angesucht werden, wodurch die Einfuhr nicht worte zu lösen versucht werden dürfte. Tas viele Anhänger der Parteien des städtischen eine Erhöhung erfahren. Dieses Geldjackinter nur nach Belieben gedroffelt werden kann, son­Interesse der Wirtschaft und der Bevölkerung Bürgertums das Schlagwort von der Not- esse der Großen durch Getreidezölle zu fördern, dern auch das eingeführte Getreide eine Ver­geht dahin, die Zoll- und Handelspolitik so wendigkeit der Agrarzölle nachbeten, ohne zu haben die Seleinen wahrhaftig feinen Anlaß. teuerung erfährt, da für jeden Metergentner, zu gestalten, daß die Produktion gehoben, die bedenken, daß sie damit ihren eigenen Inter - Die kleinen Landwirte müssen einsehen lernen, eine Einfuhrgebühr von 30 Kronen eingehoben noch immer bestehende große Arbeitslosigkeit essen Schaden zufügen. Von der Wirkung der daß die Folgen hoher Getreidezölle für sie nur wird. Unter den heutigen Verhältnissen sind beseitigt und der Weg aus der Zeit der Nach- Getreidezölle wurden Wunderdinge erwartet; ungünstige sind, denn solche Zölle verteuern es ganz andere Selassen und Stände, die ge­friegsteuerung durch Abbau der Waren- und sie sind in keiner Weise eingetroffen. Sie sollten dem Arbeiter das Leben, er muß sich zur schüßt werden müssen. Den Arbeitern und An­dastieren, Lebensmittelpreise gefunden werde. Diese Kon- die Produktion der Landwirtschaft heben, aber Wehre setzen, um exiſtieren zu können, dadurch gestellten versagen die herrschende Teuerung folidierung des Wirtschaftslebens kann nicht er sie ist troß allem gegenüber der Steigerung| steigen die Preise der Handwerker, deren Arbeit und ihre schlechten Einkommensverhältnisse die reicht werden dadurch, daß den Industriezöllen der Produktivität in Deutschland zurückgeblie- der Bauer in Anspruch nimmt, der Schmiede, Möglichkeit eines erträglichen Lebens und auch auch noch hohe Getreidezölle angefügt werden, ben. Es sollten die Kleinbauern dadurch ge- Schloffer, Sattler , Wagner; Schuhmacher und die Mittelklassen flagen über schwere Steuer­ganz abgesehen davon, daß die Lebenshaltung rettet werden, aber was wir seit jeher behauptet Schneider! Wenn die Großagrarier dennoch lasten und über die Teuerung. Es müßte der breiten Massen damit eine unerträgliche haben, daß Getreidezölle nicht dem Gedeihen immer wieder davon erzählen, alle Landwirte, einen Sturm der Empörung her­Verschlechterung erführe. der kleinen Landwirte, sondern nur jenem der die kleinen wie die großen, wären eine Familie vorrufen, wollte man diesen von der der Großpächter und Großgrund- und müßten einig vorgehen, so spricht daraus Schichten nehmen, um die Taschen Getreidezölle spuckt in den Köpfen seit dem besiger dienen, es hat sich, wie alle Erhebungen nur das Verlangen, daß die kleinen Landwirte der Agrarier zu füllen! Anfang der Achtzigerjahre herum, wo die. und Erfahrungen zeigen, auf das deutlichste ihnen die Kastanien aus dem Feuer holen.

Die Lehre Notwendigkeit hoher Großbauern,