23. Juli 1924

Wien , die soeben die größte Wohnbaugruppe ausgebreiteten Pilzkrankheit ihren Höhepunkt itber- in Desterreich( Referent Otto Bauer). Hospiſchen

Seite 5.

Ein Pezold- Platz in Wien . Die Gemeinde[ für dies Jahr bereits infolge der inzwischen sehr Wirtschaftsfrise im Ausland und sehen, ihren Zwickauer Betrieb gänglich ſtillzu undsschen, Tegen. Sandleiten" mit 1700 Wohnungen in Ottatring wunder haben. Shon jetzt firo vielfach neae Nadel- In seiner Eröffnungsrede besprach der Zen­in Angriff genommen hat, beabsichtigt, dem Werke triebe in den tahlgefressenen Baumkronen wahrzu- tralobmann Genosse Domes die Entwicklung, englischen Stahl und Eisenmärkte stehen im Zei­Krise in der englischen Eisenwirtschaft. Die der Errichtung durch eine Ehrung des unvergeß nehmen. Ein voreiliges Abschlagen solcher vom Nau- die der Verband seit seiner letzten Tagung genom- chen allgemeiner Schwäche und Lustlosigkeit, fo lichen Proletarierdichters Alfons Petzold gleich penstoß heimgesuchten Kiefernbestände würde nicht men hat. Er erinnerte an die schwere Serise, von daß die Umsätze belanglos sind. In der jetzigen sam eine besondere Weihe zu geben. Der im nur für die Forstlutur, sondern auch volkswirschaft der das österreichische Wirtschaftsleben im allge- Jahreszeit sind die Geschäfte zwar in der Regel Ban der Wohnbaugruppe vorgesehene große lich schweren Schaden anrichten, da die notgedrun meinen und besonders die österreichische Metall- ruhig, aber die gegenwärtige Depression ist viel Platz, auf demt eine Schule, eine Bibliothek, ein gene Verschleuderung des geschlagenen Holzes im industrie gegenwärtig bedrückt ist. Die Betriebs- ausgesprochener, als dies für gewöhnlich der Fall Kindergarten, eine Spiel- und Wasserwiese sowie wesentlichen nicht dem reellen Handel, sondern dem stätten der Esen und Metallverarbeitung sowie ist. Die Nachfrage geht auf allen Gebieten zurück ein Zierbrunnen Raum finden werden, wird den Spefulanten und Schiebertum zugute kommen, also die der Eisen- und Stahlerzeugung veröden, wer- und die Produktion wird notwendig folgen Namen Alfons- Peyold Play" erhalten. feinesfalls eine Verbilligung von Bau- und Brenn den eingeschränkt oder ganz stillgelegt. Die Ar- müssen; sie ist zum Teil bereits eingeschränkt wor­Alfons Pezold ist in Ottakring geboren. Dort holz eintreten würde. Im übrigen stirbt auch die beitslosigkeit steigt von Woche zu Woche. Dazu den. Interessant sind nun die Auswirkungen brachte er sich fümmerlich fort. indem er als halb todgeweihte Kiefer immer erst im Laufe von mehgesellt sich der Lohndruck der Unternehmer und die der Kerise auf dem Kontinent. Das Festland offe erwachsener Proletarier in Fabrifen arbeitete. reren Jahren ab, so daß ein etwa notwendig wer anhaltende Teuerung, die eine Folgeerscheinung riert nämlich zu Preisen, mit denen die britischen Im Ottakringer Volfsheim wurde auch zuerst tender Einschlag auf einen längeren Zeitraum der Seipelschen Genferei ist. Die Zahl der Ar- Fabrikanten nicht fonturrieren fönnen. feine Dichterbegabung entdeckt. Und schließlich verteilt werden kann. Schließlich hat auch die Forst beitslosen steigt allwöchentlich um tausend. Unter Das Resultat dieser Konkurrenz zeigt sich sowohl raffte ihn die tückische Krankheit hinweg. deren wissenschaft seit dem letzten Massenüberfall der Forl den 85,000 Metallarbeitern in Wien find 15.000 in der Abnahme des Exports wie in der zuneh Keimt er in den dumpfen, freudlosen Fabrifswerf cule wieder manche wertvollen Erfahrungen über die arbeitslos, von ungefähr 180.000 Metallarbeitern menden Einfuhr von kontinentalem Eisen und stätten Ottakrings empfangen hatte. Möglichkeiten der Bekämpfung dieses waldschädlings in der Republik ist ein Sechstel arbeitslos. Daß Stahl. Festländisches Eisen kann heute in Eng Furchtbares Familiendrama in Graz. Mon- sejammelt. das Unternehmertum die Zeit für gekommen er land billiger gekauft werden, als englisches Eisen tag nachmittag warf die 30jährige Silfearbeiterin achtet, der österreichischen Arbeiterschaft, die erziel- produziert werden kann, so daß sogar Stahlfabri­Johanna StrempfeI in Graz infolge Fami Einkaufsmethoden in Amerifa. Die amerikani- ten politischen Errungenschaften der Revolution fanten vorziehen. billigeres ausländisches Mate fienzwistigteiten und aus Not ihre dreische Hausfrau ist der deutschen auf dem Wege zur Streitig zu machen, vor allem den Achtstundentag rial zu verwenden, als es bei den hohen Pro­Vereinfachung der Haushaltführung einen gehörigen zu nehmen, ist offenfundig. Es wäre unbegreif- buktionsfosten in ihren eigenen Hochöfen her­Schritt voraus. Dem Streben der amerikanisdyen lich, wenn die Arbeiter hier und außerhalb der zustellen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Hausfrau nach Zeitersparnis kommt die Lebens- Republik nicht verstehen wollten, was sie zu ver- Stofspreis weiter zurückging, indem eine neue Me­mittelindustrie durch Lieferung fast fertiger Spei te digen, was sie noch zu erwerben und zu er- thode, auf der Materialanalyse basierend, zur sen entgegen. Auch im Lebensmittelhandel findet sich fämpfen haben. Es wäre unbegreiflich, wenn sie Preisfestseßung angewandt wird, wodurch sich die in Amerika eine zeits, arende Methode, die in Deutsches versäumten, das Instrument zu stärken, mit Tonne Nofs um rund zwei Schilling bil. land noch ganz unbekannt ist. Es gibt in America dem sie allein ihren Auftrag fortsetzen und sichern liger stellt. Auch in den Halbfabrikaten macht Lebensmittelgeschäfte, in denen die Hausfrau ihre fönnen: ihre Gewerkschaften. sich die kontinentale Konkurrenz ernstlich fühlbar. Einkäufe ohne jedes Verkaufspersonal besorgt. Allgemein wird mit einem baldigen Umschwung gerechnet. Vorläufig halten die Verbraucher aber mit ihren Einfäufen aufs äußerste zurück. Die

Kinder im Alter von zwei Monaten, zwei und vier Jahren in die M ur, worauf sie selbst ins Wasser sprang. Während die Kinder von den Wellen fortgerissen wurden, ist die Frau infolge ſtarfer Strömung zwischen zwei Pfähle eingeklemmt worden, so daß sie sich nicht rühren fonnte. Sie wurde von der Feuer­wehr lebend aus dem Wasser gezogen. Eine der Kindesleichen ist bereits geborgen.

Wetterübersicht vom 22. Juli. Montag herrschte in der Republik wieder sommerlich schönes Wetter. Die Temperatur erreichte in den tiefen Lagen 28 Grad Celsius. Unbedeutende Niederschläge traten nur in Mittelböhmen auf, sonst blieb es trocken und beiter. Die Druchstörung tritt langsam an ben Westen Europas heran, macht sich jedoch nur in Gewittern geltenb. Wahrscheinliches Wetter von heute: Nach Gewittern wechselnd bewölkt, leichte Abkühlang.

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Aleine Chronit.

Die Forleule.

betritt das Geschäft durch einen besonderen Eingang,

Volkswirtschaft.

in dem ihr ein Storb ausgehändigt wird. In dem Sozialpolitik im Reiche Krupps. Das Welt Laden befinden sich die Lebensmittel in den üblichen Haus Krupp hat sich bekanntlich seit jeher unge- Roheisenpreise haben in der letzten Woche den tief­Verkaufsportionen in übersichtlichen Gestellen mit heuer viel auf die außerordentlichen Einrichtungen sten Stand erreicht. Die Lage am Hämatitmarkt genauer Preisangabe. Die Hausfrau wählt das ihr zugute getan, die es für seine Arbeiter und Ange- lit noch schlimmer als die des Gießereihandels. Zusagende ohne jede Beeinflussung durch Verkaufsstellicu trifft. Wie es heute mit diesen sozialpoli- Die erg elbaren Preise decken die Produktions personal und legt es in den Korb. Am Ausgang des tischen Einrichtungen aussicht, erzählt folgender fosten nicht. Trotzdem sind die Notierungen weiter Ladens befindet sich die Stasse. Hier gibt sie den Bericht des Berliner Vorwärts: Die Kruppsche zurückgegangen, und es besteht große Besorgnis, Rorb wieder ab und erhält die Waren gegen die Gußstahlfabrik in Essen bemüht sich augenblicklich in welchem Maße es möglich sein wird, die Pro entsprechende Bezahlung. Die Preise sind in folchen mit aller Energie, ihren Arbeitern den Dank für duktion aufredytzuerhalten. Man nimmt an, daß Geschäften durchwegs etwas niedriger, weil die Aus ihre patriotische und heroische Haltung während ich nicht mehr viel Material in zweiter Hand be gaben für das Verlaufspersonal wegfallen. des Ruhrkrieges auszusprechen. Das alte Antrei findet, und daß der Preisdruck von dieser Seite Ein weiblicher Schiffskapitän. In den Vereinig bensystem ist wieder in Uebung gekommen. Viel bald nachlassen dürfte. Sehr gute Saltung bei den ten Staaten hat fürzlich eine Frau Nelson Crokes geflagt wird auch von den Arbeitern über die Bru- Fertigfabrifaten zeigen die Abteilungen für gal das Kapitämseramen abgelegt und eine Gouverne talität bei den Lohnabrechnungen. In den letz- vanisierte Wellbleche. Die Werke sind voll be ment Commercial Navigators Licence on the high ten Wahlen wurden in zahlreichen Fällen alle schäftigt und einige Fabrikanten sind nicht im Mit dieser Erlaubnis ist Frau Schuldbeträge für Lieferung von Kohle usw. und stande, weitere Aufträge für Lieferung in diesem Einer der schlimmsten Schädlinge des deutschen Crokes berechtigt, als Stapitän amerikanische Schiffe für Miete der Werkwohnungen restlos und rück- Jahre hereinzunehmen, Baldes ist in diesem Sommer die Forleule, eine jeder Größe auf allen Meeren zu führen. Neunzehn fichtslos am Lohntage abgezogen, so daß Fa= Schmetterlingsart, deren Raupen bereits große Rie Jahre ist sie mit ihrem Mann gefahren, der eben- milienväter mit großer Kinder- der Probleme der Arbeitshygiene hat ihre Arbeiten Die internationale Konferenz zum Studium fernbestände kahlgefressen haben. Sie ist den Forst falls Kapitän ist, und hat Reiſen über die ganze ahl ohne eine Papiermark in der beendet. Sie hat Kenntnis genommen von dem männern schon seit 200 Jahren befannt, während die Welt gemacht. Ihre erste Fahrt als Kapitän hat 2ohntüte nach Hause gehen mußten. Berichte Gasters( London ) über die Wichtigkeit Zoologie den Falter erst seit 1776 erforscht hat. Wenn sie jetzt auf ihrem Schemer mit neun Mann Be Schlimm geht es natürlich den kleinen Pen- der Beleuchtung in der Industrie, dann Dr. die Forleulengefahr trotz der ungeheuer großen jagung von Neuyork nach Florida angetreten. sionären, weil die zur Auszahlung fommen- Oblathes( Triest ) über die Ursache der Schmüdig Fruchtbarkeit dieser Insekten stets nur in größeren den Beträge nur noch Bruchteile der früher fcit und Dr. Strassens über die Tagblindheit der Beitabständen wiederkehrt, so liegt es daran, daß die gezahlten Pensionen darstellen und absolut nicht Bergarbeiter. Entwicklung dieses Forstschädlings von bestimmten genügen, um den Vetevanen der Arbeit ein füm­Witterungseinflüssen abhängt, die gerade in diesem Die Gewerkschaftsbewegung in Brasilien . Im merliches Leben fristen zu lassen. Die Wohlfahrts Jahre 1920 gab es in Brajilien ca. 500.000 Ge Jahre besonders günstig gewesen sind. Gerade ein harter langanhaltender Winter fördert das Durchfom. firma Strupp, die früher ihre Pensionenseinrich- werkschaftler. Nach einigen erfolgreichen Streits tung als große foziale Tat hinstellte, fümmert sich erlitten dann aber die Gewerkschaftler in einigen, men der Puppen der Forleule in der Streudede des nicht um das Schicksal der Armen. Noch zu An- von der Regierung unterstützten Gegenangriffen Waldes und bedingt eine späte Flugzeit und dadurch ein spätes Ausschlüpfen der jungen Räupchen aus Sonntag wurde in Wien der 13. Verbands- fang des Jahres 1923 beschäftigte Strupp rund der Unternehmer starte Verluste und ihre Mitglie­den abgelegten Eiern, so daß die Räupchen gerade tag des österreichischen Metallarbeiterverbandes 53.000 Personen. Heute sind die Belegschaften berzahlen gingen beträchtlich zurüd. Von einer die ihnen unentbehrliche Nahrung, den Maitrieb der eröffnet. Zu dieser Tagung haben sich 212 Dele bis auf 29.700 Mann abgebaut worden. Volle nationalen Bewegung kann in Brafilen Stiefernbäume, vorfinden. Ein trodener, heißer Som- gierte und eine ungemein große Zahl von in und Beschäftigung iſt nur noch für 6600 Arbeiter vor- kaum ſprechen. Die meisten Organisationen haben mer begünstigt dann das weitere Wachstum der ausländischen Gästen eingefunden. Außer der handen. Die Arbeiter arbeiten also durchwegs ge- lokalen Charakter. In Rio de Janeiro gibt es Raupen und hemmt die Entwicklung der die Raupen österreichischen Gewerkschaftskommission und dem lürzt Die Arbeitszeit der Gußarbeiter bewegt sich zwei Verbände von Lebensmittel, Bekleidungs abtötenden Pilze. Dagegen fliegen nach einem milden Barteivorstande find vertreten die Metallarbeiter zwischen 30 und 40 Stunden pro Woche, während und Bauarbeitern, ferner 12 andere Organisa­Winter die Falter schon so früh aus, daß die Raupen internationale, der internationale Metallarbeiter- zirka 1600 unverheiratete Arbeiter wöchentlich nur tionen für die verschiedensten Berufe, worunter noch keine Nahrung vorfinden und größtenteils ver- verband in der Tschechoslowakei ( durch die Ge- 24 Stunden beschäftigt werden können. Die Stun- eine Vereinigung von Handelsangestellten mit hungern. Tritt dann etwa noch ein feuchter, fühler nossen Pieta) und Detela), vom tschechischen denlöhne betragen 41 bis 52 Pfennig und, wenn 22.000 Mitgliedern. In anderen Städten gibt es Sommer hinzu, so verbreiten sich um so mehr die Verband die Genoffen Sampl und Jilla, fer- in Afford gearbeitet wird. 58 Pfennig."- Es ist ferner einige Föderationen oder einzelne Ver Pilzkrankheiten, die schon die Puppen im Winterlager, ner die Bruderorganisationen aus Deutsch - zum Staunen, was Menschen ruhig hinnehmen! bände, endlich kann ein Genossenschaftsverband dann aber auch die Raupen beim Fraß befallen und land, Ungarn , Polen , Jugoslavien , Die Industriefrise in Sachsen . In Westfach erwähnt werden, der auch einige Setverkschaften ebenfalls die in den Puppen und Raupen schma- Holland, England, Rumänien , Schwesen ist ein scharfes Abflauen der industriellen Täumfaßt und 140.000 Mitglieder zählt. Sein Ein­roßenden kleinen Insekten. Es ist nun aber nichts ben, Dänemart, Norwegen , die alle her- tigkeit zu verzeichnen. In den Textilgebieten fluß ist jedoch nicht groß. Er wurde unter den verkehrter, als die Annahme, die abgefressenen Stie- beigeeilt waren, der tüchtigen österreichischen Ge- Machau- Glauchau, Strimmitschau und Werdan Auspizien der Regierung errichtet und ist sehr nach fern seien notwendig zum Absterben verurteilt und werkschaft für die Verdienste, die sie sich um die findet es die Mehrzahl der großen Webereien und rechts orientiert. Die älteren Verbände sind müßten deshalb gefällt werden. Vielmehr ist bisher Metallarbeiterschaft erworben hat, bewundernde Spinnereien recht schwierig. selbst die auf 24,, Gelb", die fleineren der beiden Föderationen in nach allen forstwirtschaftlichen Erfahrungen noch bei Anerkennung zu sollen. Die Tagesordnung um Stunden in der Woche ermäßigte Arbeitszeit auf- Rio de Janeiro kommunistisch. Die Landarbeiter keinem Baum, der nicht schon vorher frant gewesen faßt unter anderem Referate über Arbeitsrecht zu erhalten, da neben geldlichen Schwierig sind gar nicht organisiert; doch wegen der Zu ist, die Lebensfähigkeit durch Raupenfraß getötet vermittlung, Lehrlingsfrage und feiten auch der mangelhafte Auftragseingang zunahme der Zahl der Kaffeeplantagen und der da­worden. Sobald fühleres Wetter und reichere Nieder- Berufsfürsorge"( Referent Wiedenmöglichster Einschränkung zwingt. In Zwidau mit in Zusammenhang stehenden großen Nach schläge erfolgen, kann auch die Forlenlengefahr immer hofer), Sozialpolitik und Sozial haben die Horch- Werke von 1500 Arbeitern 800 frage nach Arbeitskräften erfreuen sich diese Ar­noch rechtzeitig behoben werden, und sie dürfte auch versicherung"( Referent Stein) und entlassen und die May- Hütte hat sich genötigt ge- beiterkategorien verhältnismäßig hoher Löhne.

Verbandstag der österreichischen Metallarbeiter.

Merkelsgrün erfuhr, an diesen Unternehmer eine Anwort, die wir in der Ausstellung im Original

Streifzüge durch das Haus vorfinden. Er schreibt:

Der Arbeit.

II.

Was es noch alles zu überwinden gibt.

Es überrascht uns nicht, wenn wir in den Archiven des Hauses der Arbeit" jene zwei de­mütigen Dokumente finden, in denen ein Schul­lehrer in den Vierzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts bei seinem Allergnädigst Höchst gebietenden Herrn Herrn Patron" um eine Stelle ansucht. Wir haben diese beiden Dokumente in unserer ersten Plauderei als Kulturdokument der damaligen Zeit wiedergegeben. Man fönnte an­nehmen, daß die gesteigerte Macht des Prole­tariats auch das Selbstbewußtsein des Einzelnen gehoben hat. Leider erbringt die Ausstellung den dokumentarischen Nachweis, daß bei einzelnen Menschen die Senechtseligkeit anscheinend unaus rottbar ist. Unter den Dokumenten, die der Keramarbeiterverband ausstellt, fin­den wir den Brief eines Streitbrechers vom 9. Dezember 1913, also immerhin aus einer Zeit, in der die Arbeiterschaft schon etwas zu sagen hatte. Dieser Georg Wunderlich; offenbar nicht nur ein Porzellandreher, sondern auch ein sehr wunderlicher Mensch. schreibt aus Auma in Thüringen , wo er durch Mitteilung eines Unter­nehmers von einem Streit seiner Kollegen in

,, Euer Hochwohlgeboren usw.,

ihrer hilfsbereiten Mittel ganz bestimmt. Ich und meine Familie sofort, Euer Hochwohlgeboren können es nicht glauben, was meine beiden gro­Ben Mädchen für Freude haben, sie beten alle Na ch t, daß Gott ihr Gebet erhören soll und mir doch hinkommen! Euer Hochwohlgeboren, mag es ihnen, so wie ihrer hochgeehrten Familie unser allmächtiger Gott tausendmal vergelten was sie ant mir und meiner Familie thun! Ferner bedanke ich mich recht herzlich für Ihre Briefmarken! Ich und meine Kinder werden uns alle erdenkliche Mühe geben und Sie für Ihre hilfsbereite Hand wieder zu entschädigen... Ich und meine Fa­milie bedanken uns nochmals recht herzlich im voraus für Ihre große Güte und sehen in Bälde Ihrer werten Zusendung genannten Mittel mit großer Freude entgegen und zeichne mich mit gro­ßer Dankbarkeit Ihr ganz ergebener..."

daß er in den Besit des sehr liebenswürdigen Briefes gelangt sei, und höflichst in großer Freude mit­teile, daß er und seine Familie mit Freuden in allem einverstanden sind. Wenn der Unternehmer so liebenswürdig ist und ihm das Reisegeld schickt, und es ihm wieder so abzieht wie in Merfels­grün, so wird Euer Hochwohlgeboren unser lieber Gott tausendmal wieder vergelten und mit mir werden sie in jeder Beziehung zufrieden sein... Auch teil ich höflichst mit, daß ich nicht orga mistert bin, denn sonst hätte ich doch nicht als Arbeitswilliger in Merkelsgrün gearbeitet... Dem Streit, dem bin aus dem Wege gegangen, trotdem sie versuchten, mich anderer Gesinnung zu bringen, das war jedoch vergebens von mir, Das war im Jahre 1913. Seither ging vorüber Herr Direktor Altmann sich sehr über mich freute... Ferner wie Euer Hochwohlge- Strieg und Revolution über die Lande, die Dra boren mir mitteilt, daß Ihre Dreher die Teller ganisationen nahmen einen mächtigen Auf­nicht trommeln wollen, so fann ich das gar nicht schwung. Wir sind überrascht, unter dem Datum begreifen, denn in ganz Baiern und Thüringen des 1. November 1922 in der Ausstellung des werden die Teller mit Trommeln überformt, aber Sentralverbandes der Angestellten ein Bittgesuch die Brüder kennt man ja zu gut, die eines Kanzleidieners der Harrachschen Glas­denten, weil sie organisiert sind, sie fabrifen zu finden, das folgenden Wortlaut hat: fönnen machen, was sie wollen. Weil diese Leute teine Einsicht haben und hinterher haben sie es bereut und haben um Ar­beit gebettelt... Also wenn Euer Hochwohl­geboren so liebenswürdig ist und mir so abziehen will wie in Merkelsgrün , so tommen nach Erhalt

,, Euer erlaucht allergnädigster Herr Graf!

zu wollen und führt folgende Gründe zur Unter­stützung seiner Vitte an:

Der gehorsamst Unterzeichnete, seit dem Jahre 1870 in der erlaucht gräft. Harrachschen Glasfabrik ununterbrochen 54 Jahre tätig, 23 Jahre als Maler und 31 Jahre als Kanzlei­diener bis zum heutigen Tage.

2. Der Bittsteller bezieht jetzt einen Monats­gehalt von 320 Stronen. Trotz der größten Spar­samkeit und Einschränkung ist es ihm bei der großen Teuerung und enormen Preissteigerung unmöglich, sein Auskommen zu finden.

3. Der gehorsamst Unterzeichnete erlaubt sich zu erwähnen, daß der Portier und Nachtwächter per Monat 560 Stronen beziehen und bittet Eure Erlaucht untertänigst um Einreihung in diese Ge­haltsstufe.

Der Bittsteller verspricht sich durch gewissen hafte Pflichterfüllung der hohen Gnade würdig zu erweisen und bringt Euer Erlaucht seinen tiefge­rührten Dank zum Ausdruck

Mit Handluß Ihr ganz untertänigster Diener Wilhelm Knappe."

Es sind zum Glück sporadische Ueberreste aus vergangenen Zeiten, die einem Bittgesuch im Jahr 1922 cine verzweifelfe Aehnlichkeit geben mit einem solchen aus dem Jahre 1836. In tiefster Ehrfurcht gefertigter Wilhelm Indessen, wenn ein solch prononzierter Fall von Senappe, Stanzleibiener, wagt es, Euer Erlaucht Seriecherei auch vereinzelt dasteht, wieviel Bil die ganz untertänigste Bitte zu unterbreiten und dungsarbeit gilt es noch zu leisten, die Arbeiter bittet gehorsamit sein Ansuchen gütigst aufnehmen zu freien Menschen zu erziehen."