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4. Jahrgang.

Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der tschechoslowakischen Repablit.

Samstag, 4. Oftober 1924.

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Nr. 234.

Wen wollen fie täuschen? 8000 Porzellanarbeiter im Kampf. Kari Kautstys internationale

Einer der Grundgedanken der kommuni­ stischen Taktik ist die Auffassung, je verelendeter die Arbeiterklasse ist, umso aufnahmsfähiger sei ste für die bolschewistischen Lehren und umso cher werde sie sich als Werkzeug der bolschewi­stischen Methoden mißbrauchen lassen. In der Tat hat die kommunistische Partei gerade in den Ländern am stärksten Ausbreitung ge­funden, wo Krise, wirtschaftliche Depression, Arbeitslosigkeit, Geldentwertung und Elend in den Arbeitermassen Verwirrung und Verzweif lung hervorriefen und in ihnen den Glauben an die Erfolghaftigkeit der politischen und ge­werkschaftlichen Stampfmethoden der Sozial demokratic erschütterten, die in den Zeiten der dem Kriege folgenden Zerrüttung und Ver­ormung nicht Wunder wirken konnte und diese

Wunder zu wirken auch nicht versprach, wie

dienen.

Uebergreifen des Streits auf den ganzen Bezirk Karlsbad. Karlsbad , 3. Oktober .( Eigenbericht.) Der Streit der Porzellanarbeiter breitet sich immer mehr aus. Wie uns mitgeteilt wird, find außer den bereits gestern gemeldeten Be­trieben heute folgende Unternehmungen stillgelegt worden: die Porzellanfabrik Richter, Fenti und Hahn sowie Haas und Cziizet in Chodau, Bohemia in Neurohlau, J. F. Meyer in Boscheßau, R. Kempf in Grünlas, Porzellan union in Klösterle und Thunsche Porzellanfabriken in Klösterle sowie die Firma Bloch in Eichwald. An dem Ausstand find annähernd 8000 Arbeiter und Arbeiterinnen beteiligt. Die Stimmung der Kämpfenden ist eine ausgezeichnete.

Englische Wahlvorbereitungen für Mitte November.

Geburtstagsfeier.

D. P. London , 29. September,

Gestern haben wir den sechzigsten Geburtstag der Internationale gefeiert. Heute feiern wir- etwas verfrüht den siebzigsten Geburtstag Karl Kautskys. Gestern hat Start Kautsky vor dem Sterbebause Sarl Mary' zur versammelten Exe­futive der Sozialistischen Arbeiter Internationale gesprochen; hente hat sich die Exekutive abermals versammelt, um Karl Kautsky zu sagen, daß die gange Internationale in ihm den größten Schüler und Nachfolger Karl Mary' verehrt.

Und wahrlich, felten ist der Begriff der In­ternationale so lebendig geworden, als er gestern vor jenen stand, denen es gegönnt war, diesen denkivürdigen Abend in bescheidenen Raum eintes zühmtesten Redner der Arbeiterparteien aus allen Londoner Restaurants mitzuerleben. Wie da einer nach dem anderen, die beſten Männer, die be­ben, jeder anders und doch jeder dasselbe jagten, Ländern Europas aufstanden und in allen Spra­was die Arbeiter aller Länder Stautsky verdanken.

neuen Deutschland , des Deutschland , das der Republik , das der Demokratie und dem So­zialismus gehört. Cramp, der Vorsitzende zialdemokratic irgendwelche Neigung bente, mit der englischen Arbeiterpartei, meinte in einer den Deutschnationalen zusammen in eine Regie- launigen Rede, die Tagung der Internatio rung zu gehen, ist entgegen der Annahme in einale, die so viele rüstige Senioren der gen bürgerlichen Blättern ganz ausgeschlossen. internationalen Arbeiterbewegung vereint habe, Aber darüber liegt die Entscheidung bei der Reichs- scheine zu beweisen, daß man, uni lange jung zu bleiben, ein Sozialist sein müsse und diefes tagsfraktion. Scherzwort ist in einemt tieferen Sinne wahr. Barteivorstandes erzählie, wie ihm ein Stein vom erzen gefallen fei, als ihm Bebel eines Tages ge­standen habe, wie schwer es auch ihm gefallen fei, sich durch Marr', tapital" durchzubeißen und daß nur Viktor Adler ein Wunderrezept beſitze, denn ihm habe Friedrich Engel einmal in einem Briefe eine Anleitung gegeben, wie man das Kapital lesen müsse. Da kami Karl Kautsky segte Wels und half allen aus unseren Nöten. Seither ver­

GEORGO Otto

Wels, der Vorsitzende des deutschen

Die Konservativen wollen den Räitritt der Arbeiterregierung erzwingen. dies den Kommunisten ihre Strupellosigkeit er: Barteien tüften fich für Neuwahlen in Rüdiritt der Arbeite rregierung schon nächsten London , 3. Oftober.( Eigenbericht.) Alleren. Die Stenservativen rechnen daurit, daß der laubte und ihre Demagogie vorschrieb. Wer soll es den Kommunisten bei ihrer das Parlament für Mitte November. Die Mittwoch erzwungen wird, wenn sie den Gene Arbeiterpartei hat jocben Anweisungen an ihre rolstaatsavalt, der Mitglied der Regierung ist, begreiflichen Vorliebe für die Steigerung der Funktionäre im ganzen Lande hinausgegeben, nach angreifen, weil er die Strafverfolgung gegen den velde. Zweimal, jagte er, haben wir Belgier Den Anfang machte Emile Vander­Elendsverhältnisse in der Arbeiterschaft glauben, benten spätestens Ende Oktober die Wahlbewegung kommunistischen Führer aufgehoben hat. In der Gelegenheit gehabt, Starl Stautsky besonders zu be­daß sie wirklich und ehrlich den Kampf für soziale zu eröffnen ist. Auch die Konservativen and Libe Frage des englisch russischen Vertra- wundern. Das eine Mal, als durch die Stachel Forderungen, das ist den Kampf gegen die ralen haben ihren Organisationsapparat beauf ges ist faum damit zu rechnen, daß die Liberalen drähte hindurch, mit denen der deutsche Imperia­Teuerung, die Arbeitslosigkeit und für Lohn- tragt, die Wahlen vorzubereiten. Es ist allerdings zur Arbeiterpartei halten. Stommt es zu Nenwah- lismus das eroberte Belgien umgeben hatte, die forderungen der Arbeiterschaft, also Kämpfe, zweifellos, daß die bürgerlichen Parteien in fen, so werden die Kämpfe heftiger als zuvor wer- Neue Zeit" zu uns drang. Das andere Mel, als welche die Lebenslage der Arbeiter schon inner- England troß der Wahlvorbereitungen von Neu- den, denn nicht nur die Arbeiterpartei hat ihren er mit dem Mut, der heute dazu gehört, die Do­halb der kapitalistischen Gesellschaft zu bessern wahlen in dieser Zeit nicht besonders ex- Organisationsapparat mit großem Eifer aus tuntente peröffentlichte, die dazu halfen, den geeignet sind, zu führen entschlossen find! Im baut find und daß Einflüsse en Werke sind, um gebaut, sondern auch die Konservativen haben, Schleier von der Kriegsschuld zu lüften. In ihm Anfang der bolschewistischen Bewegung mochte den König zu beſtinemen, im Falle eines Miß une die Scharten der letzten Wahl auszuwegen, verehren wir den leuchtendsten Vertreter br es Leichtgläubige geben, die der Meinung trauensvotums für das Kabinett das Ersuchen ihren Parteiapparat vollkommen ren organisiert. waren, die fommunistische Partei sei auch in Macdonalds, die Wähler zu befragem, abzuleh der Führung des Kampfes für die gegenwärtigen Forderungen und für die Sebung der Lage Die Besprechungen in Berlin . eine radikalere als die sozialdemokratische Die Sozialdemokraten unter Umständen zur Partei, doch heute nach allen Erfahrungen ver­Unterstüßung einer Regierung bereit. mögen nur unheilbare Kindsköpfe noch nicht zu begreifen, daß den kommunisten nichts Berlin , 3. Oktober .( Eigenbericht.) Pro­ferner liegt, als der ehrliche Wille, soziale und granmäßig sind heute vormittags die Vertreter der fozialdemokratischen Partei und am Nachmittag sozialpolitische Forderungen der Arbeiterschaft die der Deutschnationalen vom Reichetangler emplen bezeichneten diese den Plan der Einbeziehung Bei der Besprechung mit den Deutschnationa durchzusetzen, und daß ihnen die Scheinkämpfe, fangen worden. Die Sozialdemokraten haben er- der Sozialdemokraten in die Regierung als eine die sie darum führen, nur zur Propaganda für lärt, daß sie jede Regierung unterstützen würden, völlig neue Tatsadye. Die endgültige Stellung den allein seligmachenden Bolschewismus die die Verteidigung der Republik übernehmen, nahme zu den erörterten Fragen werden die Frak die abgeschlossenen Verträge loyal durchführen und| tionen der einzelnen Parteien in der nächsten So bemühen sie sich denn auch jetzt wieder das Abkommen von Washington ratifizieren wolle. Woche treffen. Die sozialdemokratische Funktion ist seit vielen Wochen schon, einen ungeheuren Punmehr haben die Deutscmationalen zu erklären auf fommrenden Mittwoch einberufen worden. Reclameapparat für eine Veranstaltung zu wie sie sich zu diesen Fragen stellen. Daß die Sv­treffen, die heute und morgen in Prag in 90 Szene gesetzt werden soll. Sie haben unter dem Hauptsache und wenn ihre Aktionen fehl- lauterem Idealismus der Partei bisher angeſtehen die Arbeiter ihren Karl Marr. pompösen Titel„ Gesamtstaatlicher Kongreß schlagen. sind natürlich stets nur bie verräte- hörten, müssen auf den Widerspruch stoßen, Brade, dessen wundervolle Gedenfrede für der Betriebsausschüsse und-Räte und der Ver- rischen reformistischen Führer doron schuld. der zwischen den großen Worten der kommuni- Start Marr schon am Vortag ihre Hörer tief ge­trauensmänner und Fabriksausschüsse" für Diesmal foll es besonders hoch hergehen! Für stischen Führer und den Wirkungsmöglichkeiten rührt hat, sprach mit dem ganzen Wohllaut seiner heute eine Tagung einberufen, mit der wieder den Sonntag ist eine Demonstration geplant ser fommunistischen Partei flafft. In der französischen Muttersprache, mit der ganzen Be einmal der so oft schon mißlungene Versuch der schon jetzt der Titel einer„ Massendemon- Parici selbst zeigen sich tiefe Gegenfäße, die wegtheit eines, der selbst in der Arbeiterbewegung unternor men werden soll,„ von unten auf" stration" verliehen wird und an der teilzu- berführer Smeral und Kreibich haben in ihrem grant geworden ist und mit der ganzen Bescheiden­beit dessen, der viele Dutzende von Artikeln Rauts­genen die Sozialdemokratie und die Gewerk- nehmen die Arbeiter von fern und nah haran- Reisefoffer aus Moskau einen mächtigen Rüffels übersetzt hat. Den Gedanken weiterführend, fchaften zu fonspirieren und die Bereinigung guiert werden. Kladnoer Bergarbeiter sollen zu mitgebracht, der der bisherigen opportunistischen den Wels ausgesprochen hatte, pries er Stautsty der Arbeiter" über die Köpfe ihrer sozialver- Fuß, auf Rädern. in Eisenbahnzügen und Führung der Partei gilt, alle Hoffnungen auf als den, der die Marxsche Lehre nicht nur popula­räteriſchen Führer“ hinweg durchzuführen. Seit Autobussen nach Prag kommen, um die Schor die Erfüllung der kommunistischen Ideale sind rifiert, sondern erweitert habe. Von dieser Lehre Wochen wird versichert, es breche den kommu- der Manifestanten hier zu vermehren. Daß es zerschellt und wie Seifenblasen geplatzt. Da habe auishy selbst einmal gejaggt, daß in ihr ichen Führern das Herz, wenn sie sehen, den Kommunisten gelingen wird, eine größere foll nun der Reichsbetriebsrätekongreß und die die Methode mehr gelte, als das Ergebnis. Das wie täglich der Achtstundentag umgangen wird. oder Kleinere Versammlung zustandezubringen, ihn begleitende Demonstration das Mittel gilt für die Wissenschaft, weil sie feine Angst vor wie die Teuerung wächst und so haben sie daran ist nicht zu zweifeln, aber daß der Be- sein, die Arbeiterschaft aufzuputschen und sie der Wahrheit hat; das gilt für das Proletariat, diesen sogenannten Betriebsrätekongreß einbetriebsrätekongreß mehr bedeuten wird als eine die Verlegenheiten und Seläglichkeit der fom weil ihm die Wahrheit gehört. So ist Mary' Lehre wie sie uns Rantshy verkündet, nichts anderes als rufen, der das Signal des beginnenden Gelegenheit mehr, kommunistische Agitation zu munistischen Partei vergessen lassen. die Vermählung der Wissenschaft mit der Kraft der Stampfes ausgeben soll. Zwar schraubt der treiben, und daß es gelingen könnte, den Kon- Der Stongreß ist nicht das Signal zum Arbeiterflasse. Reichenberger Vorwärts" selber seine Er- greß schlechthin als den Willensausdruck der Beginn des Kampfes gegen die Not der Ar wartungen auf den Reichsbetriebsrätekongreß sozialistischen Arbeiter der Tschechoslowakei beiterschaft, denn die Arbeiterschaft bedarf nicht auf den Nullpunk herab, denn er schreibt: auszugeben, daran glauben die kommunistischen erst eines von den Kommunisten gegebenen ,, Wir erwarten von dem Reichs- Führer selber nicht. " Signals", er bedeutet nur den Versuch, diese betriebsrätefongreß feine Wun- Die Arrangierung des Betriebsrätefon- Not im Zeichen der Phrase der„ Einheits­der. Der Sieg der Arbeiter wäre das ein- gresses entspricht nach allen Vorgängen inner- front" zur Agitation gegen die Sozialdemo chite, was es gibt, wenn es genügen würde, halb der de. P. Č. aber auch innerhalb der kratie auszunußen. Aus ihrer reich aus irgend ein Mittel auszusinnen. Kommunistischen Internationale einem drin- gestatteten Maskengarderobe haben die om dessen Anwendung schon den vollständigen Sieg genden Bedürfnis, das sich in die Formel munisten eine neue hervorgeholt. Wen wollen bedeuten würde. Solche Wunder gibt fassen läßt: Reden wir von etwas anderem! fic damit hinters Licht führen? Die große es nicht." Aber das hindert die Scommuni- Auch dem turzsichtigsten Auge wird die Ohn- Masse der Arbeiter hat schon zu viel Lehrgeld i en nicht, mit dem rrößten Tam- Tam zu ver- macht der Kommunisten immer sichtbarer. Sie bezahlt, als daß sie Lust verspüren könnte, sich juchen, Hoffnungen zu erwecken, als brauchte bilden in der Tschechoslowakei eine der stärksten durch die Maske täuschen zu lassen. Aller Lärm es bloß dieses Kongresses, um den Kampf Abteilungen der Komintern , sie sind hier noch und aller Aufwand fann nicht mehr die Tat­or en die Teuerung und für eire allgemeine immer eine Massenpartei, und doch sind nicht suche verhüllen, daß der Kommunismus, weit Lohnerhöhung wirksam zu führen. nur sie in der inneren und äußern Politik des entfernt davon, der Arbeiterschaft Erfolge er­Die Kommunisten haben noch niemals fid Staates völlig einflußlos, sie wirken auch läh- ringen zu können, ein Element der Schwäche Farüber Gedanken gemacht, Lb jeweils der eit mend auf den Einfluß der Arbeiterklasse über- der Arbeiterbewegung ist und erst seine Aus­punkt für solche Stämpie günstig und erfolg- haupt. Auch die verheßtesten und fanatischesten scheidung aus ihrem Blutkreislauf ihre Gefun­versprechend war, der Nummel ist ihnen die unter den Kommunisten wie auch jene, die aus dung und Wiedererstarkung bringen kann.

Nun tam Friedrich Adler zu Wort:

Eine ganze Anzahl von Nationen macht ihre Ansprüche auf dich geltend, aber du gehörst keiner Nation, du gehörst der Internationale. Du weißt vielleicht gar nicht, daß wir dir vor zehn Jahren, zu deinem jechzigsten Geburtstag, einen dicken Band der Marx Studien schenken wollten. Da tam der strieg. Im Krieg aber hast du das Ban­ner der Internationale aufrecht gehalten: ein Bor­bild der Festigkeit und Zukunftstreue unserer Ideen. Du warst dir vom ersten Augenblic an flar über die ökonomischen Tendenzen, über die wirtschaftlichen Ursachen und Folgen des Krieges; ich erinnere mich, wie du schon in dent ersten Ar­tikel, der nach Striegsausbruch in der„ Neuen Zeit" erschien, flargelegt hast, was uns alle damals über­raschte: daß die Folgen dieses Strieges, die Verle­gung des wirtschaftlichen Schwerpunktes der Welt nach Amerita sein mußte. Wir, die wir im Kriege mit dir zusammen an derselben Front, in allen Ländern, innerhalb derselben Schübe