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4. Jahrgang.

Fäulnis.

Sozialdemokrat

WA

Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der tschechoslowakischen Republit.

Dienstag, 21. Oktober 1924.

Auflösung des Reichstages.

Der Rechtsblott an den Demokraten gescheitert. lichtlich Ende November.

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Neuwahlen voraus­

Berlin, 20. Oftober.( Eigenbericht.) Der Reichspräsident hat heute abends fieben Uhr den Vorschlägen des Reichsfanzlers entsprochen und die Auflösung des Reichstages angeordnet. 24 Stunden vorher waren ten Fraktionen der Demolraten und Deutschnationalen Schreiben überreicht worden, auf die diese Fraktionen heute nachmittags antworteten. Die Demokraten erklärten, daß sie nach wie vor entschlossen sind, im Falle der Aufnahme von Deutschnationalen in das Ministerium ihre Minister und auch den Reichswehrminister Geßler aus dem Kabinett abzuberufen.

Wie der Sozialdemokratische Parlamentsdienst" erfährt, dürfte als Termin für die Neu­wahlen der 23. November festgesetzt werden.

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halbjährig

anzjährig

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Nr. 248.

Der englische Wahlkampf. London

, 20. Oktober .( A. R.) Da bis zum Wahltag nunmehr noch acht Tage ausständig sind, wurde das Tempo der Wahltantpagne diese Woche bedeutend beschleunigt. Heftig ent widelt sich die Kampagne in den öffentlichen Ver jammlungen, in der Agitation und der Verteilung der Agitationsliteratur sowie in allen Wahlbe­zirken, in denen die Kandidaten um ihr Mandat fämpfen müssen. Im Wege der Wahl werden 583 Mandate besetzt werden; der Rest entfällt auf bic 32 Kandidaten, die ohne Opposition Samstag nominiert wurden. Die Zahl der weiblichen Ran didaten beträgt 41, darunter 22 von der Labour Party , 12 Konservative und sechs Liberale. Eine Kandidatin zählt zu den Unabhängigen.

Macdonald foll zur Demission gezwungen werden! London , 20. Oktober .( Gigenbericht.)

Die

Wie verwandelt man eine kleine Minder­heit in eine Mehrheit? Dieses Problem ist in Brünn am Sonntag glänzend gelöst worden. Wenn das Beispiel, das hier gesezt wurde, erst allgemeine Nachahmung findet, braucht die all­nationale Koalitionsregierung vor Neuwahlen ins Parlament nicht mehr zu zittern. Sie wird die Mehrheit, die sie behalten will und nach der sie bisher vergeblich auslugte, spielend leicht| und auf faltem Wege erlangen. Was in Brünn Sonntags vor sich ging, das ist ein Skandal von nie dagewesenem Umfang. Es stellt die berüchtigten christlichsozialen Pawelka- Wahlen in tiefen Schatten und vor den früheren un­garischen Schwindelwahlen hat es den Vorzug, Die offiziöse Begründung. daß es ohne jedes Blutvergießen gelang, die sich um größte politische und soziale Entscheidun der hohen Obrigkeit nicht genehmen Wähler Berlin , 20. Ottober.( Eigenbericht.) Offi- gen, die für die Zukunft Deutschlands in nächster Beit ausschlaggebend sein werden. Die Entschei­glatt zu beseitigen. Sogar Mussolini hat sich begründet: Die Bemühungen des Reichslanzlers, nehmertum, das heute den Hort der sozialen und lichkeit fest, daß die Führer der liberalen und glatt zu beseitigen. Sogar Mussolini hat sich ziös wird die Auflösung des Reichstages wie folgt ung gebe darum, ob das großindustrielle Unter Leitung der Arbeiterpartei stellt in der Deffent­das" Siegen " schwerer gemacht, denn er hat die Reichsregierung zu erweitern und ihr eine sich erst umständlich darauf eingelassen, das sichere Mehrheit im Reichstage zur Fortführung beiden wird ober bie breite Waffe des Vol- men getroffen haben, in dem sich beide Parteien politischen Reaktion bildet, die Geschicke Deutsch - tonservativen Partei ein geheimes Abkom Wahlrecht zu verschlechtern, hat durch seine der bisherigen Politik zu verschaffen, find endgültes. and in Hand damit geht die Entscheidung verpflichten, nach den Wahlen, wie auch das Er­Schwarzhemden- Banditen die Wähler terrori- tig gescheitert. Daraufhin hat der Reichsfanzler, sieren lassen müssen, fung er hat eine Menge da sich ein anderer gangbarer Weg nicht zeigte, in darüber, ob die Selasse der Landwirtschaft und gebnis ouefallen möge, das Arbeitertabi­1! urstände gemacht, die er sich bei der An- Uebereinstimmung mit dem gesamten Reichslabi Teutschland weiter das Ausbeutungsprojekt für mission zu zwingen. Großgrundbesitzer es durchsetzen wird, daß nett unter allen Umständen zur De­wendung der Brünner Methode hätte ersparen nett beim Reichspräsidenten die Auflösung des fönnen, wobei sein Sieg noch ein gründlicherer Reichstages beantragt, um dem Volle Gelegenheit Großindustrielle und Agvarier bildet. Die Ent geworden wäre. Das Mittel, das jolche Rauber zu geben, eine solche Mehrheit zu schaffen. Der scheidung müſſe nun fallen; fie liege in der Hand Keine einseitige Bindung der Liberaleu wirkungen hervorbringt, ist von größter Ein- Reichspräsident hat dem Antrage des Reichstanz der Wähler. Mit der Losung des Kampfes gegen den Klassenblock des Bürger. London , 20. Oftober.( AR.) In einer Stund fachheit. Man braucht bei der Zustellung der lers entsprochen. Wahllegitimationen bloß darauf zu achten, daß tums ziehen die Sozialdemokraten in den gebung, welche heute die Führung der liberalen Rampf. Volkspartei, die den Deutsch - Partei veröffentlicht hat, wird betont, daß überall ſie in die richtigen Hände gelangen und kein Die Neuwahlen. nadonaten Butreiserdienst acteistet habe. und dort, wo der liberale Kandidat abberufen wurde, Unberufener in Versuchung kommt, sein Wahl- Berlin , 20. Oftober.( Wolff.) Die Neuvah diese selbst werden in ihm eine schwere Stunde dies auf Grund der Entscheidung des lokalen Boll recht auszuüben. Unberufene sind alle, die im len zum Reichstag dürften vermutlich auf den 30. haben. jugsausschusses geschehen ist. In der Kundgebung Verdachte stehen, sie fönnten anders wählen, November 1924 angesetzt werden. Vielfach wird wird ferner erflärt, als die offiziellen Wahlmacher wünschen. So in parlamentarischen reisen angenommen, daß wurde am Sonntag in Brünn verfahren. Es fic erft um die Mitte Dezember stattfinden, da der Gleichzeitige Auflösung des preußischen die Liberalen nicht die Pflicht haben, den Non­

Preußen und Hessen vorgenommen würden. Wunsch besteht. daß gieichzeitig die Neuwahlen in

,, Die einzige vernünftige Lösung". Berlin , 20. Oktober .( Eigenbericht.) Der Vorwärts" schreibt in Sonderaus

U

Landtages.

Der englisch- russische Vertrag. Moslau, 20. Oktober. Angesichts der Regie­rungsfrise in England beschloß die Zentraleretu ve der Sowjetunion , die Ratifizierung verschieben und die Entscheidung dem Prā­des englisch russischen Vertrages zu sidium zu überlassen.

servativen zu wählen, war die Wahl in den Gehilfenausschuß sondern, daß jedermann nach seinem besten Wissen des Handelsgremiums, bei der dieser Berlin , 20. Oftober.( Eigenbericht.) Dard Gewissen sich entscheiden kann. Betrug in größtem Stile betrieben wurde. Um der Geschäftordnungsausschuß des preußischen ihn möglich zu machen, hat die politische Be Landtages in der vergangenen Woche einſtim­hörde erster Instanz, das ist der Brünner mig beschlossen hatte, im Falle einer Auflösung Stadtrat, unter Assistenz der politischen Landes des Reichstages die an sich bald fälligen Wahlen verwaltung, die Durchführung der Wahl dem gabe zur Auflösung des Reichstages, daß nunmehr in den preußischen Landtag zusammen mit den tschechischen, nationalsozialistischen Handlungs. das Volk zur Entscheidung berufen fei. Mit dem Reichstagswahlen stattfinden zu lassen, unterliegt gehilfenverein Cesta Obchodnicka Beseda" Auflösung entschroffen; es sei für sie nur eine Entscheidung im Reiche gefallen ist, auch der preu­gehilfenverein Cesta Obchodnicka Beseda" größten Widerwillen habe sich die Regierung zur es feinem Zweifel, daß, nachdem nunmehr die ( C. O. V.) übertragen. Die Geschäftsführung Verlegenheitsauskunft, weil sie nun selbst nicht kische Landtag ein vorzeitiges Ende finden wird. der politischen Behörde erster Instanz liegt in mehr weiter fönne, doch stelle die Auflösung des Alle Parteien sind sich einig, die Wahlen im Reiche den Händen der Nationalsozialisten, die C. D. Reichstages die einzige vernünftige 25 und n Breußen gemeinsam stattfinden zu Tschitscherin über die Tschechoslowakei . B. ist von derselben politischen und moralischen fung dar. Daß fie fich so lange hinausgezogen lassen, schon, um die den Parteien entstehenden Beschaffenheit. Bei den letzten Brünner Ge- babe. fei nur ein Zeichen dafür, daß jener Handel hohen Kosten zu verringern und einer Wahl­Mosfau, 20. Oktober .( Tschechisches Preß­neindewahlen hat diese Partei durch den groß- in Wahrheit um ganz anderes gehe. Es handle müdigkeit der Bevölkerung vorzubeugen. bureau.) In der gestrigen Debatte der Tagung des Zentralexekutivausschusses erklärte der ukrai zügigsten Betrug mit Wahllegitimationen das ……………………………………… nische Stommissär für Justizwesen Stripnit, daß Wahlglüd zu ihren Gunsten forrigiert und es des Vorstandes des Elektrizitätsdepartements| Herrsch- und Bereicherungssucht einer raffer in dem Exposé Tschitscherin eine Erwähnung ist nur die Fortsetzung dieser ihr lieb geworde des Landesausschusses, des Ingenieurs Jaros gierigen Klasse und ihres gesamten Anhangs. der Tschechoslowakischen Republik vermisse. nen Gepflogenheit, wenn sie der ihr zuge- laus Syrovy, Baurat des Landesverwal- Gestern fam die neuerliche Meldung über eine Auf diesen Vorwurf hat Tschitscherin in der hörigen C. O. B. die amtliche Durchführung tungsausschusses, sowie des Direktors der Storruptionsaffäre, diesmal beim Egerer Flie heutigen Sitzung des Zentralerefutivausschusses der Gehilfenwahlen zuschanzte. Die C. O. B. Pießburger Kabelfabrik A.= G. Rudolf gerregiment. Korruption in allen Eden und reagiert und u. a. erklärt, daß der Standpunkt ließ sich denn auch nicht spotten und etablierte as ef und eines früheren Beamten des Enden, doch wie viele der Beschuldigten und Masaryks und Beness sich seit dem Jahre sich als Wahlschwindel- Fabrik en gros. Sie Landesausschusses namens Gottlieb Naret der dringend Verdächtigten wurden dem Ge- 1919 nicht geändert hat, daß beide warten, bis ellte die Wahllegitimationen grundsäßlich nur zur Folge hatte. Die verhafteten Berichte überliefert? Die Affäre Stubiček harrt Rußland ein kapitalistischer Staat wird, daß sie jolchen Firmen zu, deren Angestellte der C. D.amten ließen sich ihren Einfluß bei der Ver- noch immer der Erledigung, die Millionen des bis dahin die Söhne von Weißgardisten B. angehören, und auch hier erhielten nur die gebung von Lieferungen in flingender Münze Spirituskartells, die zur Sanierung des natio- Tätigkeit vorbereiten. Da diese Söhne von Weiß­ernähren und sie für ihre fünftige politische in der C. D. V. organisierten Angestellten die bezahlen und es geht um Beträge von vielen nalsozialistischen Kinos Louvre" Verwendung gardisten in unseren Augen Staatsverbrecher sind, O. Legitimationen. Die anderen konnten tun, was Sunderttausenden, im Falle des Machač sogar fanden, sind auch noch unaufgeklärt. Es wurde ist Benes ein Patron des Asyls für immer, Legitimationen erhielten sie nicht aus- um weit über eine Million. Die Bestehungen ein Schutzgesetz gefchaffen, das nicht die Stor Staatsverbrecher. Diesen Teil feiner gefolgt. Selbst die Anrufung der Gewerbe- reichen bis in das Jahr 1920 zurüd, ohne daß ruptionisten, wohl aber ihre Bekämpfer in die Rede brachte Tschitscherin im Ton guter Laune behörde nüßte nicht das mindeste. Firmen. Die korrupten Beamten in ihrem Treisen de Gefahr bringt, eingesperrt zu werden. Und wie vor, der in der Versammlung Widerhall fand. deren Angestellt. dem Zentralverband ange- kelligt wurden. sollen die kleinen Ünterläufel von der C. D. B. hören, erhielten überhaupt keine Legitimationen Das zufällig zeitliche Zusammentreffen des Respekt vor den Geseßen und Respekt vor der ausaefolgt, nur unter den äußersten Anstren- schurkischen Wahlschwindels in Brünn mit der Demokratie empfinden, wenn sie sehen, was gungen gelang es einzelnen, die Legitimationen Enthüllung dieser Korruptionsaffäre ist in Geseze gelten, wenn diese den Interessen der zu bekommen. Mehr als 120 Firmen erhielten Wahrheit kein Zufall. Es sind vielmehr zwei Machtklassen im Wege stehen, und wenn sie feine Legitimationen zugestellt. Von der Groß- verschiedene Erscheinungsformen eines und des- sehen daß die Demokratie im Staate kaum zügigskeit des verübten Wahlrechtsraubes erhält felben Systems. Es sind die Düfte der Fäulnis noch mehr dazu dient, um als Feigenblatt eines man einen Begriff, wenn man erwäat, daß einer Gewaltherrschaft, die unter dem Scheine schamlos- absolutistischen Parteiregimes 3hat in parlamentarischen Streifen Ueberraschung hertralverband in Brünn nahezu 3000 einer Demokratie ein geradezu fascistisches Par- dienen. Die Bürokratie hat auch in Desterreich ausgelöst. Mißgestimmt sind in erster Linie die Mitglieder zählt, seine Kandidatenliste dagegen teienregime und die Herrschaft der Bürokratie ihre Macht mißbraucht, aber solche Entartungen Großdeutschen, weil die bestehenden Stoalitions nur 251 Stimmen erhielt. Wie die nicht zuge verkörpert. Weder der Brünne Wahlschwindel, wie jeßt zeigte sie nicht und der Absolutismus vereinbarungen zwischen ihnen und den Christlich stellten Legitimationspapiere dann dazu dien noch die Prager Beamtenforruptionsaffäre find herrschte auch dort, aber so unverschämt ge- sozialen jede Aufrollung von Kulturkampffragen, ten, falsche Wähler für die C. O. B. zu er- vereinzelte Erscheinungen. Die Wahlen in bärdete er sich nicht. vor allem Schulfragen, ausschließen. Die sozial zeugen, wird an anderer Stelle erzählt. Karpathorußland, in der Slowakei , der Prozeß Wie soll dies anders werden? Solange demoknbische Partei hat auch bereits in der Ar Am selben Tag, da sich in Brünn dieser gegen die bestochenen Legionäroffiziere aus dem der als Patriot gilt, der dieses System stüßt beiter- Zeitung erklären lassen, daß sie gegen die von der Behörde geduldete Betrug vollzog, fam Landesverteidigungsministerium, die Banken- und von ihm zu profitieren sucht, jener da- Absicht des Bundeskanzlers den erbittertften Widerstand organisieren werde. In chrift die Nachricht von einer neuen Be- sandale und andere Korruptionsaffären, die gegen als Staatsfeind mit Verfolgun bedroht lichsozialen Streifen wird demgegenüber erklärt, stechungsaffäre, deren Bereich diesmal bis zum heutigen Tage teine gerichtliche Ahn- wird, der das Uebel mit der Wurzel auszu- daß Seipel die Rede nicht als Bundesbangler, son­die böhmische Landesverwaltung ist, und welche dung fanden, find alles Anzeichen der mora- retten trachtet, solange wird die Fäulnis weiter dern als Führer der christlichsozialen Partei ge­die Verhaftung des Ingenieur Josef Ma ch a č, lischen Fäulnis, ebenso wie der zügellosen| fressen. halten hat.

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Seipel für die Seipel für die tonieifionelle Schule. Schärfster Widerstand der Sozialdemokraten. Wien , 20. Oktober. Eine vom Bundeskanzler Samstag im christlichsozialen Parteirate gehaltene Rede, in der er die Forderung nach Errichtung tonfessioneller Schulen aufgestellt hat,