Seite 2. was ich vor meiner Abreise nach dort, nach alt dem, was ich über Rußland gelesen, mir vorgestellt Halle Ich Halle gelesen, daß die Arbeiter in Rußland sich insofern glücklich fühlen, lue II die zaristischen Ketten gefallen sind und die Sowjetmacht vor alle» Dingen den Arbeitern weitgehende Rechte im Staate eingeräumt hat. Ich hatte weiter gelesen, daß in wirtschaftlicher Beziehung die Arbeiter nicht wesentlich besser gestellt sind als in de» kapitali- siischeiv Ländern, daß cS niedrige Löhne s ü r die ungelernten und höhere für die gelernten gibt, daß die Akkordarbeit wieder eingeführt werden mußte usw. Alles das habe i(f> auch so gesehen und ae- f int b c 11. Trotzdem aber werde ich jeden, der mich fragt, wo es für den Arbeiter besser ist, in Rußland oder in den anderen Ländern, antworten: in Ruß lottd. Roch ist das Lebensniveau bezw. der Real» lohn der Arbeiter bei dem Großteil noch nicht so hoch wie vor dem Kriege— nach An- gäbe aller Gewerlschaftsvorsitzendeu ist der Real- lohn 85—101 Prozent gegenüber- dem Vorkriegs- lohn und doch kann man von einer großen Nnzu- friedenheit unter den Arbeitern nicht reden. Hat der Arbeiter begründete Beschwerden oder ffiüit- jch.c, so werden dieselben in gewissenhasterweise durch den Betriebsrat und den roten Direktor ge- »rüft und wenn irgend tnnlich, erfüllt. Daß eS irotzdem auch unzufriedene Arbeiter gibt, ist leicht erklärlich, solche wird es auch in der besten Wirt- ichaftsordnnng geben.— Tie ilonsnmvereine und Produktionsgenossenschaften in den Westländern leisten gewiß da« Möglichste in punkto Bezahlung ihrer Angestellten und Arbeiter, niemand aber wird behaupten, daß es unter chnen keine Unzufriedenen gibt.— Worum geht es nun bei dem Streit um Ruß- land, was ist an Rußland auszusetzen, oder inwie- lern wird Rußland zu sehr gepriesen? Die Sozial- demokrateu sagen, jn Rußland bestehe noch kein Sozialismus, das, Wae dort für den-Arbeiter geschaffen wurde, sei bestenfalls ein guter Reformismus. Viele Arbeiter, die vom sozialistischen Rußland lesen oder hören, mögen sich wieder vorstellen, daß dari für den Arbeiter überhaupt nichts zu wün- icheu übrig sei. Ich sage, beide Auffassungen sind falsch. Es ist falsch, Rußland mit den kapitalistischen Staaten zu vergleichen und zu sagen, die Wirt- schastsordnnng dort unterscheide sich nicht-von der der kapitalistischen Länder, denn es ist schon etwas anderes, wenn die aus den Produktionsstätten erhaltenen Neberschüsse in die Staatskasse fließen, als wenn sie von einigen Nichtstuer», von Aktionären eingeheimst- werden. Wenn nun diese der Staats- lasse zugeflossenen Mittel noch im Interesse der Allgemeinheit Verwendung finde», wenn Straßen, Bahnen und Wohnungen in so großem Umfange gebaut werden, wie wir sie auf unserer Reise sehen konnten, so kann man schon einen Unterschied gegenüber den kapitalistischen Ländern sehen. Gewiß auch, in den kapitalistischen Ländern ist In dieser Be- Ziehung großes-geleistet worden, hier-aber war der Profit einzig und-allein diq treibende Kraft zu diesen Unternehmungen. Niemand wild da« gleiche von der russischen Negierung behaupten können. Run kann mau sagen, ja, das ist doch alle« kein Sozialismus, sondern Höchstensalls Staatskapitalis- nuiS. Da ist wohl die Frage erlaubt, gibt es über- Haupt heute schon einen Mensche», der im Stande wäre, ehr llares Bild zu zeichnen oder eine Be- ichreibnng zu geben, was unter Sozialis- mn« zu verstehen ist? Bellainy hat in seinem Buche„Im Jahre 2000" ein solches Bild ge- zeichnet, da« stimmt. Aber gibt es heute einen ern-- sten Menschen, der daran glaubt, daß dieser Traum in absehbarer Zeit sich verwirklichen läßt? Ich glaube nicht. Nun sagt man, für den Reformismus in R u ß l a n d wäre e« nicht nötig gewesen, die Op- ser, die die Revolution im Jahre 1017 gekostet hat, zu bringen. Da muß man fragen, wäre es in Ruß- land möglich gewesen, heute schon diese sozialen Einrichlnngen auch ohne die Revolution zu haben? Ich glaube es nicht. Kein auch nur gering mensch- lich denkender und fühlender Zeitgenosse wird die Schrecken und das Blutvergießen der Revolution in Rußland in seinem Lande herbeisehnen, aber wenn man so oft von den Schrecken der Revolution spricht und schreibt, so niiiß man auch hin und wieder ein- mal an die Schrecken und da« Blutvergießen im .Kriege denken Welche Genugtuung ist denn den Menschen, für die Opfer des Krieges zu teil gcwor- den? Sehr wenig war bis jetzt von einer solchen Genugtuung zu verspüren. Das ist keine Rechtser- ligung der Revolution, aber eine Entschuldigung. Krieg und Revolution und Hungersnot im Jähre 1821—22 haben in Rußland solche Verheerungen hinterlassen, daß es ein großes Unrecht ist, die Russen deshalb zu kritisiere», daß sie noch nicht imstande Ware», auf dem Wege zum Sozidlis- mus größere Fortschritte gemacht zu habe». Vor allen war es notwendig, alle Krieg«- und Revolu- tümsschäde» zu beheben und das Wirtschaftsleben wieder in Gang zu bringen. Und es muß jeder, der nur einige Strecken aurch Rußland gefahren ist, zugeben, oaß i» dieser Beziehung grandioses geleistet muvde. So habe ich mich sehr gewundert, als ich in Konstantiiwvka, im Dongebiet, de» Neubau von. zwei großen Glasfabriken sehen konnte. Es wird eine Glasiaselzichanlage(Fokault- System)-und eine Owensmaschinellanlage(Flaschen- jabrll) gebaut. Es besteht dort schon eine Maschen- fäbrik(Handarbeit) und eine Epiegelfabrik. Letztere ist mit de» neuesten Waiz-, Schleif- und Pollerma- schinen ausgestattet Ferner sahen wir eine sehr rege Bautätigkeit in Baku am Kaspische» Meer.. Dort werden viele Hundert Arbeiterwohiinnge» und neue FabrUsanlagen gebaut. Ich rede hier nur von den Baute», die entweder schon fertig oder bereit» in Angriff genommen worden sind. Tie vielen Bau- pläne, dic man uns gezeigt hat, will 8. Dezember 1025. ich nur erwähnen, da man ja nicht Weiß, ob st« auch tatsächlich ausgeführt werden können. So wie aus dem Gebiete der Bautätigkeit, zeigt sich auch aus ollen anderen Gebiete» ein neucS reges Leben. Nichtsdestoweniger gibt es auch noch eine be- tzrächtliche Zahl Arbeits liosar. So wurde uns durch den Vorsitzenden der Moskauer Gewerkschaften, Paplow, in seinem Berichte mit- geteilt, daß es im Gouvernement Moskau setzt noch 110000 Arbeitslose gibt. ES ieien die« meist solche, die vom Lande in die Stadt- kommen. Sie er- halten eine staatliche Arbeitslosenunterstützung von 7 bis 25 Rubel.(Für einen Rubel mußten wir in Moskau 20 LS zahlen.) Hierzu gewähren aber die Gewerkschaften noch Zuschläge. Für die Arbeitslosen zahlt dev.- in Aibeft stehend« gewerkschaftlich orga- irisierte Arbeiter 1 Proz. von seinem Lohne als Er- höhungsquote zu der staatlichen Unterstützung. Der Arbeiter, der in sicherer Arbeft steht, ist nicht übel d a r a n. Er ist bei der staatlichen Krankenversicherung versichert. Er erhält im Falle der Erkrankung bis zu 4 Monaten den durchschnittlichen Wochenlohn. Desgleichen ist es für den Fäll der Jiwaliditlät versichert, sowie für Unfall. Bei letzlerem Schicksal erhall er ebenfalls den vollen Lohn. Di« Arbeitszeit ist 8 Stunden, bot schwerer Arbeit, im Bergbau, an den Hochöfen nslv 8 Stunden. Lehrlinge arbeite» 4 Stunden täglich und 4 Stunden müssen sie Unterricht nehmen. Der Ur- laub ist für crlvochsene Arbeiter auf 14 Tage bis 4 Wochen festgesetzt, bei den Jugendlichen auf vier Wochen. Die Gewerkschaften, denen, wie uns von den ÄewerkschaftSvorsitzenben berichtet wurde, 90 Prozent aller in Arbeft stehenden Arbeiter als Mft- glieder angehören sollen, schließen für jede Branche oder Industrie mit den WerkSleftnngen die Kollektivverträge ab. Die Geltungsdauer der Kollek- tivverrtöge wird nach dem Stande der Geschäftslage der betrchsendcn Branche oder Industrie uyd noch den voraussichtlichen Veränderungen der Preis« der Lebensmittel und Bedarfsartikel festgesetzt. Dies« Geltungsdauer wird in der Regel auf einen oder einige Monate festgesetzt. Dadurch wird die Lohn- frage immer nach kurzen Zeitabschnitten wieder auf- gerollt. So wird das Interesse der Arbeiter für ihre Lebensfragen sowie für den Stand der Bran- chen, wo sie bei.ästig! sind, stets auss neue er- weckt. Der Arbeftere wird also dadurch gezwungen, loirtschaftllch zu denken. Die Betriebe sollen zu 90 Prozent dem Staate gehören. Nur die kleineren sollen noch Privatbesitz fern, lieber das Gouvernement Mos- kau berichtet der Gewerkschaft«»»!- sitzende Paplow, daß eS dort 3500«triebe gibt, wovon sich nur 10 Prozent im Privatbesitz befinden. Die letzteren sollen meist solche fein, die unter 100 Arbeiter beschäftigen. Die Zahl der Betriebe in Moskau selbst wird mit 826 angegeben. Die Zahl der- Arbeiter, für welch« im genannten Gouvernement die Kollektivverträge neu geregelt werden müssen, soll SSSmO betrogem Bei der Besprechung mft dem Borsitzenden Pap- low richteten wir einige Fragen an denselben, so n. a. die, ob es sin Streikver- bot gibt? Er antwortete:„Nein". All- Differenzen werden durch die Sewerkschaften, Betriebs- röte oder Schiedsgericht« geregelt, so daß seit längerer Zeit von solchen Aktionen der Ar- bell« wie Streiks keine zu verzeichnen sind. E« gab einige solche Fäll« kurz nach der Revolution in der Periode des NahrungtmittelmangelS, wo Schutzmannschaften notwendig waren, seit langer Zell aber sind solche Fälle nicht mehr vorgelom- men. lieber die Preise der Lebensmittel und Bedarfsartikel ist schon sehr diel von Mitgliedern anderer Delegotwnen in unseren Zei- tungen berichtet worden. Ich sehe deshalb davon ab, Einzelheiten anzuführen. Im kurzen muß ich das bestätigen, was schon berichtet wurde: die Lebensmittel stirb im allgemeinen um 10 Prozent billiger, Fleisch um 40 Prozent. Dafür aber sind die Kleidungen um 30—40 Proz. teuerer als bei uns. Für die gewerkschast- lich organisierten Arbeiter, die, wie uns berichtet wurde, zu 80 Prozent Mitglieder der Eooperativen (KonsumvereinSorganisationen) sind, besteht eine Erleichterung in bczng auf Beschaffung von Klei- dung und Schuhen insofern, daß sie diese Waren In den Konsumvereinen auf Kredit und auch um 10 bis 15 Prozent billiger erhalten. Kredit« sollen bis auf 3 Monaten gewährt werden. Zur Deckung die- ser Kredit« werden Garantieabmachungcn mit den Betriebsleitungen, wo die Krc- dit nehmenden Arbeiter beschäftigt sind, getroffen. Sehr interessiert haben wir uns natürlich auch dafür, wie die Arbeiter wohne» und waS sie für die Wohnungen bezahlen müssen. Et war uns erklärlicherweis« unmöglich, viele Arbeiterwohnungen zu besichtigen. Bei denen aber, die wir besichtigt haben, konnten wir feststellen, daß es sehr föne, aber auch solche, die den allgemeinen Anfordern»- ge» nicht entsprechen, gibt. Die größeren Betriebe haben meist ihr« Werkswohnungen, für die die darin wohnenden Arbeiter nichts bezah len, wo der Zins mit dem Arbeits- lohn verknüpft ist. Die neueröffneten größeren Betriebe haben enttveder die Werkswohnun- gen gleich miterbaut oder baue« sie nachträglich Dort, wo keine Werkswohnungen bestehen und die Arbeiter in den staatlichen Wohnhäusern wohnen (privaten Hausbesitz soll es keine» mehr geben) wird der Mietzins nach dem Quadratmeter Wohn- räum berechnet. Allerdings kommt bei dies« Be- rcchnung auch die Lage sowie dt« Qualität der Wohnung In Berechnung. Et wurden uns Monats- Mietpreise von 70 Kopeken bis 1 Rubel 50 Kopeken genannt, da« sind 12 bis 80 Ki. Bei all« Ob- sorge der Bezirks- und OrtSsowsets, den Arbeitern gute Wohnungen zu beschaffen, bleibt doch auch aus diesem Gebiete noch viel zu wünschen übrig. Der Stillstand der Bau- tätigkeit während der Kriegs- und Revolution«- jähre läßt sich eben auch bei den besten Willen nicht in kurzer Zeit nachholen. Soviel üb« dl« Lebens- und Wohnftage der Arbeiter, die beiden letzteren Fragen bilden zweifellos die schwierigsten Probleme der Sowjetmacht. Etwa« leichter scheinen die kulturellen Probleme zu lösen sein, vqr allem das Schul- und Erzieh»nzswesen der heranwachsenden Generation. Der Schulunterricht wird nach den modernsten sozialistischen Plänen geführt. Bou den Ergebnissen dieses Unterrichts konnten wir sehr gute Proben sehen. Die LerNschul« in Betbindung mit der Arbeitsschule muß in einigen Jahren Frücht « zeitigen, die den übrige» Ländern als Bor- bild gelten können. Die Ergänzung des Schulunter- richte« durch die Pionierorganisationen(Kinder- organisatiotien) hat uns erkennen lassen, daß wir mit unserer sozialistischen Bildung unterer jüngsten und älteren Jugend weit hinler den Russen zurück sind. Wir waren Gäste mehrerer von Zlrbeftern veranstafteten Konzert- und Theateräben- den und haben dort geradezu gestaunt über die Leistungen der Kinder und Jugendlichen. Bei solchen Abenden wurden uns auch mehr- mal« Leute au« den sogenannten Jn- telligenzkreiscn vorgestellt, Lehrer, Aerzte. Ingenieure usw. Wir gewannen den Ein- druck, daß sich diese Leute Immer mehr und mehr den Verhältnissen anpasse» und in jeder Beziehung mft den Arbeitern in engem Kontakt bleiben wollen. Wir haben öfter« Ingenieure bei solchen Ver- anstaltungen und auch in Betrieben angetroffen die sehr gut deu'lch sprachen, die erklärten, die AuS- Übung Ihres Dienstes mache ihnen jetzt viel mehr Freud« als in der Vorkriegszeit. Es ist ihnen zu glauben. denn ersten« haben diese meist unPartei- Ischen Leute einen viel höheren Gehali als wie der sogenannte rote Direktor, und zweitens ist ibnen viel von der Berantworwng gegenüber den Arbeftern abgenommen worden. Die Streit- fragen-mft den Arbeitern muß der rote Direktor und der Betriebsrat schlichten. Wir trafen Inge- n'enre. die un« einen Gehalt von 500 R., d. I. rund 9000 K5, monatlich angaben. Der Gehalt des roten Direk'orS(Kommunist) ist im Höchstausmaß 200 R. ES gibt also schon«inen Kreis von Leuten, bürgerlicher Abstammung, die die Diktatur d-S Proletariat» ganz gut ertragen. Um in allen Kreisen der Bevölkerung Umfrage zu Wie», wie sie über giese Diktatur denken, dazu reichte die nnS zur Ber- fügung stehende Zeit nicht au«. Da« kann aber auch für«Ine Arbeiterdelegatwn nicht so sehr wichtig sein. Für ein» Arbeiterdelega» twn ist vor alle» Dingen wichtig, ein Bild darüber zu«halten, welche Stimmung bei den arbeitenden tatst», bei den Arbeitern und Bauern herrscht. Darnach haben wir untir soweit' es irgend möglich war, erkundigt. Bon den Bauern, mft denen wir zu sprechen Gelegenheft hatte», konnte» wir feststellen, daß sie durch die Herabsetzung der Steu« n« 25 Prozent im letzten Steuerjahre sehr erfreut waren. ES Ist ihnen in Aussicht ge- gest«llt, daß bei weiteren guten Ernteerträgnissen die Steuern noch weider herabgesetzt werden. Ferner werden den Bauern Ackergeräte, Maschinen usw. auf Kredit durch den Staat beigestellt. Auch die» trägt viel mit zur Zufriedenstellung d« Bauern bei. I« mehr und je läng« Sowjetrußland gegen feindliche Interventionen von außen geschützt bleibt, desto früh« und desto mehr wird dt« Sowsetregie- rung die arbeitenden Kreise(geistig« und manuelle) und Bauern zufrieden stellen können und desto fester wird die jetzige Regierung bezw. da» jetzige Regierung», und Berwalinnassystem verankert wer- den. Und je eher es möglich wird, dl« Arbeft« und Bauern vollständig zufrieden zu stellen, desto früher wird es möglich, weiteren Kreisen der Bevölkerung das Wahl- recht einzuräumen und zur allgemei- nen Demokratie überzugehen. Es sst die Aufgabe d« Arbeiterklassen all« anderen Länder, dafür zu sorgen, daß keine Hand et wagt, Low- ictrußland anzurühren. Nur dadurch, daß es Sowjetrußland ohne Gefahr ermög- licht wird, die Demokratie tut Lande herzustellen, ist es möglich, die Einheitsfront des Proletariats der ganzen Welt zu erreichen.— Das ist die Ausfassung eines einfachen Arbeiter« W.«. Die Delogierten, die mich Rußland gehen, um die Wahrheit über diese» Land zu erforschen und aus ihren Erkenntnissen Nutzanwendungen zu ziehen, hätten vor allem eine Ausgabe: sie müßte» feststellen, ob die Ergeb» nissc de« SozialrefarmiSmuS in Rußland so groß sind, daß o« sich ihrerhalb lohnt, die Methoden der Bolschewiken zu übernehmen. Sie müßten feststellen, ob die Methoden, die die Bolschewiken c«gewandt habest, allgemeine An« Wendung finden können, ob fie, aus unser« Ber. Hältnisse übertragen, AehnlicheS bringen könnten ivst in Rußland , oder ob nicht sogar In Rußland mit anderen Methoden ebensoviel hätte erzielt werden können, wie nun erreicht wurde. Rur diese Feststellung ermöglicht eine kritisch« Be. tvach'tung auf alle» Gebiete» und eine Antwort, die über Polemiken ohne sachliche Unterlagen hinausgeht. Bochmann ist sich über diese Frage nicht klar geworden. Er widerspricht sich in seinen Schlußfolgerungen, sucht fortwährend zu beschS» »igen und kommt doch nicht Über Feststellungen hinaus, die den Kommunisten am auerwen'g- sten Freude machen werde«. Ist e« nicht be. zeichnend, daß die erste Behauptung Bachmann« bat Geständnis! enthält, daß sei» Be« DMenlurle. Präge» Kurse am 4. Dezember. 100 holländisch« Gulden. 1 0 Reichsmark 100 belgisch« Franks... 100 Schweizer Franks.. 1 Biund Sterling.... lOO Lire..; l Dollar. 100 rranzöftsche Franks.. >0.000 magyarische' Kronen 10 i völniiche Ztotv 100 Schilling stet» 1862.25— 805 152 50— 051.50.— ltti.60.- 181187— 3 1.75... 13:1.82— 80.97.50 4.71.8J 48.'.—— 47/75— San 13 1 19.25— 809—— 154—— 654.50— 15.-.- 137.87— 84.05— 181.12— 00.47.50 4.8-180 188— 480:76.- 00080000000000000080008800000080 eicht nicht einwandfrei sein kann, da „ein solches einwandfreies Urteil über Sowjet- rußland rn absehbarer Zeit kaum zu hören oder zu lesen sein" wird?! Und nun-ur„Schilde.- rung" dessen, was Bachmann zu sehe» und.zu hören besam. Entgegen den erst kürzlich wieder aufgetauchten Argumenten der Kommunisten, deren eines sich darauf stützt, daß die Delegierten in Rußland all« überrascht worden seien, da die sozialdemokratische Presse sie systematisch belogen habe, muß Bachmann zugeben, daß er das an- getroffen hat, was er nach seinen Information«» erwartet hatte. Wir erfahren, daß tu Rußland , wie w alle» kapitalistischen Staaten da« Lohnsystem herrscht. Weder Bachmann noch bic anderen Delegierten scheinen gemerkt zu haben, daß gerade hier und vor allem in der Talsach«, daß es med- rigc Lohne für die ungelernten und höhere für die gelernten Arbeiter gibt, daS Haupt- charakteristikum Sowjetrußlands als eines kapital:stischen Staates liegt. Für sie ist allein maßgebend, die Höhe der Löhn« und der Glasarbeiter Bachmann scheint, vergessen zu haben, daß wir.in der Tschechoslo- wakei im Jahre 19l9 und 1920 sehr hohe Löhne hatten, ohne daß die Gesellschaft auch nur im eringsten aufhört«, kapitalistisch zu sein. Wer übst die Höh« der Löhne gibt kein er- reuliches Bild von den Zuständen in Rußland . 86 bis 104 Prozent des FriedenS- lohnes nennt Bochmann als Reallohn, wobei er die Frage offen läßt, wie in Rußland der Reallohn errechnet wird. Er vergißt vor allem aber, zu bedenken, daß die Löhne bis zum Jahre 1921, also gerade während der So- ialisierunaSexperimente mit fal- che» Methoden sehr niedrig waren, iß sie dann mit dem Heranziehen ausländische» Kapitals stiegen und seit 1924 wieder stillstehe». Sie sind keinesfalls so hoch wie Bachmann angibt. Nach dem Berichte der offiziösen„Ekonomidscheikoje Oboftenije" (Oktoberheft 1926) beträgt der Durchschnitt«- lohn'eines Arbeiters 436 Rubel,, das sind un-. -'"ir'^eor Eö im MöM. Bedenkt mau Ml." die"Spannung zwischen den" Löhnen der- qualifiziert«» und der u»qualifizierten Arbeitet/ sehr groß ist und daß nur etwa 30 Prozent der Arbeiterschaft gelernt sind(nach den Angabe« de« Rußlanddelegierten Tonn), so kann man er- messen, daß große Schichten der Arbeiterschaft keineswegs besonders gut bezahlt sind. Bor ollem ist«» berücksichtigen, daß der Moskauer und nächst chm der Petersburger Ar- beiter um viele« besser büahlt ist, als die Arbei- ter de« ganzen übrigen Rußland . Nach den Berichten der oben genannten offiziösen Zeitschrist sind die Löhn« in den beiden Hauptstädten um 34 biß 48 Prozent höher als im übrigen Ruß- land. Der Durchschnittslohn beträgt nicht 86, geschweige denn 104, sondern 78,4 Prozent de» FriedtnSlohne«. Wenn man also die Angaben Bochmann«, der unter allen Delegierten noch immer die meiste Kritik aufbrachte, an der Hand offizieller Sowjetzahlen überprüft, merkt man bereits, wie oberflächlich er über die Dinge urteilt, wie kritiklos er Angaben, die er Hörste, weitergibt. Ntchj minder naiv ist der Satz, in dem Bachmann erzählt, daß„begrünbete Be- Kr" werden. Man lese diesen Satz Bochmanns genau und man wird finden, daß er ebenso gut in einem offiziellen Bericht der Firma Muhlig oder Petschek , Liebieg oder Schicht stehen könnte. Welcher Unternehmer behauptet nicht,' jede Beschwerde.wewissetchaft"»u prüfen und„wenn irgend tunlich" zu erfüllen/! U m die Richtigkeit dieser Phrase zu erhärten, bitte Bachmann eben nicht fünf Wochen, sondern mindesten« stuf Monate in Rußland sein müssen. Da« Argument, daß e«„immer Unzusri»- oene geben" werde, ist ebenfalls dem Wort- schätz der kapitalistische« Presse entlehnt, die damit jeden Einwand abzutun pflegt und bleibt ohne Erhärtung durch Tatfa- chen nichtssagend und oberflächlich. •u vergleichen ist. well es die Ueberschüsse au« den Jndustrieunternehmungen der Staatskasse zuführt. Bochmann bleibt un« aber die Antwort darauf schuldig, um«a» für Ueberschüsse e« sich handelt.■ Sind da» die it'ch Abzug de« Unternehmergewinnes re'ultierenden Ueberschüsse. dann geschieh» t» Rußland nicht» andere«, als in federn kapnovstisckien Staat, der die Gewinne besteuert. Je na» Maßgabe der M<bt der Arbeiterklasse Joffe« sich die besitzenden Klassen mehr oder weniger zu Steuerletstunaen heranziehen, und Bachmann dürft« wissen, daß das rote Men den Kapitalisten sehr hohe Steuern abnimmt. Will
Ausgabe
5 (5.12.1925) 283
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten