Einzelpreis 70 Heller.
Telephone: Tagesredaftion: 6795, 31.469.
Rastrebattion: 6792,
Doftschedamt: 57544.
Juferate werden laut Tarif billigt berechnet. Bei öfteren Einschaltungen Preisnachlaß.
5. Jahrgang.
Sozialdemokrat
Abrüftung?
Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der tschechoslowatischen Republit.
Sonntag, 13. Dezember 1925.
Die Situation im Bergbau:
Es wird wieder einmal von der Abrüftung Der Verband der Grubenbefizer lehnt die Gewährung der
Teuerungszulage an die Bergarbeiter ab!
Massenentlassungen von Bergarbeitern bedeutend; die Leistung der Bergarbeiter in den Kohlen rebieren weist eine allgemeine Steigerung auf, ohne daß dieselbe bezahlt würde;
die in vielen anderen Berufen in der letzten Zeit durchgeführte Lohnregelung oder Gewährung einer außerordentlichen Teuerungsaushilfe beweisen, daß selbst die Unternehmerkreise die Not wendigkeit einer Erleichterung für die Arbeiterschaft anerkennen und durchführen."
Bezugs Bedingungen: Bei Zustellung ins Haus oder bei Bezug durch die Post:
monatlich... Kč 16.vierteljährlich halbjährig. ganzjährig.
48.
96.
192.
"
Rüdftellung von Manuffripten erfolgt nur bei Einsendung der Retourmarfen.
Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh
Nr. 290.
gesellschaften im Jahre 1924 um sieben Millionen Kronen, das ist um 15 Prozent größer ist, als im Jahre 1923. Das Risiko der Absatzkrise haben also nicht die Unternehmer, sondern die Arbeiter, denen die Löhne rapid herabgesetzt wurden, getragen.
Der Stand der Bergarbeiter ist geringer, die Arbeitsleistung ist gestiegen; es ist also nicht einzusehen, warum die Unternehmer, die voriges Jahr eine Teuerungszulage gewährten, dies nicht auch heuer tun könnten. Für die Bergarbeiter ist die Antwort der Grubenbesißer ein trauriges rung und Warnung. Denn es ist kein Zweifel. Weihnachtsgeschent, aber zugleich eine Belehdaß seit der Zerstörung der Einheitsfront der Bergarbeiter durch die Kommunisten die Aktionen der foalierten Bergarbeiterverbände nicht mehr jenes Gewicht haben wie früher. Die Tätig feit der Kommunisten ist einer der Gründe, wesDurch Zuschrift vom 3. Dezember 1925 Die Kohlenbarone glauben offenbar, daß die halb die Unternehmer die Forderungen der Ar haben Sie die Forderung der Bergarbeiterschaft Begründung der Arbeiter, die sie allerdings nicht beiterschaft rücksichtslos ablehnen! aus allen Revieren der tschechoslowakischen Repu widerlegen können, überhaupt nicht erwogen wer- Die Vertreter der koalierten Bergarbeiter blit um Gewährung einer außerordentlichen den müsse und daß sie brüst abgelehnt werden verbände, die Reichskonferenz der Bergarbeiter Teuerungszulage überreicht und die Anregung zu könnte. Die Herren berufen sich nur allgemein allen Reviere, die am 16. Dezember stattfinden einer gemeinsamen Beratung der Vertreter des auf die schweren Verhältnisse, die den Bergarbei- wird, hat über das weitere Vorgehen zu entscheiVerbandes der Bergbaubesizer und der koalierten tern bekannt seien. Allerdings, sie sind bekannt! den. Sie wird mit Rücksicht auf die allgemeinen Bergarbeiterverbände gegeben, die über die Höhe Es ist aber auch bekannt, daß unter diesen Ver- und organisatorischen Verhältnisse eine harte der außerordentlichen Tenerungszulage und den hältnissen der Gewinn der acht größten Kohlen- Nuß zu tnacken haben! Tag ihrer Auszahlung beraten sollte.
gesprochen, oder doch wenigstens von einer Begrenzung der Rüstungen. Diesmal soll es ernst damit sein, so wird wenigstens versichert, aber man hat ähnliche Versicherungen schon zu oft gehört, als daß man ihnen ohne weiteres Auf das Gesuch der foalierten. Bergarbeiter verbände vom 3. Tezember, das an den Verband Glauben schenken fönnte. Immerhin: die Ab der Bergbaubefizer gerichtet wurde, es möge bis rüstungsfrage steht auf der Tagesordnung des zum 12. Dezember eine gemeinsame Beratung am Montag in Genf zu seiner 37. Tagung der Vertreter der foalierten Bergarbeiterverbände zusammengetretenen Völkerbundsrates. Wenn und des Verbandes der Bergbaubefizer stattfinauch oft getäuscht, werden die Völker Europas den, die über die Höhe einer außerordentlichen dennoch aufhorchen und den Genfer Verhand- Touerungszulage und den Tag ihrer Auszahlung lungen mit Spannung folgen, begierig, zu er- verhandeln würde, erhielten die Bergarbeiterver fahren, ob es gelingen wird, die vorgegebene bände folgende Antwort: Absicht zu verwirklichen. Es ist nicht das erste Mal, daß sich der Völkerbundsrat und die Völferbundsversammlung mit dem Problem der Abrüstung beschäftigen; es wurde noch jedesmal als unzeitgemäß" zurückgestellt, obwohl seine Lösung sicherlich für viele Staaten eine Lebensnotwendigkeit geworden ist. Nach dem Zustandekommen des Vertragswerkes von Lo carno mußte es wieder aktuell werden, denn Locarno bedeutet auf dem Wege der Sicherung des Friedens nur den ersten Schritt, der werklos bleiben muß, wenn ihm nicht die Abrüstung als zweiter Schritt folgt. Der Vertrag von Locarno ist aus der Fürcht vor einem neuen Striege entstanden, von dessen Folgen man weiß, daß sie ungeheuere und unabsehbare sein und zur Vernichtung der Stultur führen müßcines neuen Krieges ist aber noch lange teine fichere Gewähr für den Frieden, dieje kann nur der unbedingte Wille zum Frieden schaffen. Dieser Wille aber müßte, um Glauben zu erwecken, durch die Abrüstung befundet werden. Solange Europa in Waffen starrt, jofange jeber der Siegerstaaten den anderen ini Rüsten zu überbieten trachtet, fehlt troß des Paragraphenwerkes von Locarno jede wirkliche Sicherheit vor dem Hereinbruch einer neuen Katastrophe.
Der unterfertigte Verband erlaubt sich mitzuteilen, daß die tschechoslowakische Bergbauindustrie unter den schweren Produktions- und Absatzverhältnissen, unter denen diese Industrie schon län gere Zeit leidet und die Ihnen hinlänglich bekannt sind, überhaupt nicht imstande ist, der Arbeiterschaft irgendwelche Lohnzulagen also auch keine Teuerungszulage zu gewähren. Diese Forderung ift übrigens durch die Verhältnisse nicht begründet.(!)
Unter dieser Sachlage entbehrt Ihr Antrag auf
Eröffnung der Verhandlungen über die Höhe dieſer Aushilfe und den Tag ihrer Auszahlung jeglicher grundsäglichen Vorausseßung und wir halten daher Verhandlungen nicht für zweckmäßig. Hochachtend
Was die Rußlanddelegierten nicht fahen und berichteten.
Das Martyrium der politischen Gefangenen in Rußland .
Im Tobolster Zuchthaus allein schmachten 126 Genossen unter den
furchtbarsten Zuständen!
Der Berliner Nachrichtendienst der in Rußland jetzt frei anfatmen können. Unsere russischen Sozialdemokraten veröffentlicht Pflicht vor den Arbeitern der ganzen Welt gebietet folgende von 126 eingeferferten Sozialisten uns, euch die ungeschminkte, traurige Wahrheit zu und Anarchisten unterzeichneten Dokumente, erzählen, wie der Kerker auf den Soloweyzki- Inseln die ihm von Freunden auf illegalem Wege liquidiert worden ist. aus Rußland übermittelt worden sind. An
der Echtheit des Berichtes ist nicht zu zweifeln. Er legt ernent Zeugnis ab von den unendlichen Leiden der verfolgten rus ſiſchen Sozialisten, deren Martyrium von den bolschewvistischen Machthabern mit Hilfe schändlicher Stomödien vor der übrigen Welt verborgen gehalten wird.
Aus dem Zuchthause in Tobolst Sibirien) hat die Auslandsdelegation der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Rußlands folgendes erschütternde Dokument erhalten, das von fämtlichen im Zuchthaus internierten sozialisti schen Gruppen unterzeichnet ist:
Die Solowegti- Kerter nicht erledigt!
Die Sozialisten und Anarchisten sind von den Soloweski- Inseln entfernt worden, aber auf diesen verlorenen Inseln am nördlichen Polarkreis, die den größten Teil des Jahres von der übrigen Weft abgeschnitten sind, sind nicht wenige politische Gefangene zurückgeblieben, und zwar Arbeiter, die an Streiks und anderen Aeußerungen der Arbeiter bewegung teilgenommen haben. Bauern, die wegen Teilnahme an der Agrarbewegung deportiert worden sind, einzelne Sozialisten und Andurch die vorgenommene Lohnreduktion, welche bear chisten, die aus irgendwelchen Gründen von deutend größer war als das Sinken der Preise der der Ticheka nicht als„ politische" Gefangene aner Lebensbedarfsartikel, wurde das Lebensniveau der Liebe Genossen! Ihr wißt bereits, daß das kannt werden, gar nicht zu reden von der zahlreichen Bergarbeiter ungewöhnlich verschlechtert, insbe Konzentrationslager für politische Gefangene( Sozia Gruppe der sogenannten„ KP"( Konterrevolutio sondere im Zusammenhange mit der noch immer listen und Anarchisten) auf den Soloweskinäre), der wegen ihrer religiösen Ueberzeugung Ber andauernden eingeschränkten Beschäftigung; Inseln im Weißen Meer offiziell aufgehoben ist. urteilten usw. Alle diese Personen verbüßen zu die Teuerungsverhältniffe, Grund deren in Die bolſchewiſtiſche Regierung hat sich beeilt, dieſe ſammen mit allen Striminalgefangenen die furchtbare Borjahre die Teverungsaushilfen in allen Revie Meldung in der ganzen Welt zu verbreiten. Vielleicht Buchthausstrafe, die für Strafgefangene auf den ren ausbezahlt wurden, bestehen unverändert hat mancher Arbeiter, der die bolschewistische Henche- Soloweski- Inseln festgesetzt ist; weiter; lei nicht tennt, in der Tat geglaubt, daß endlich ein
die Lohnkosten verringerten sich in diesem Jahre Umschwung im bolschewistischen Terrorsystem eingezufolge der in allen Revieren durchgeführten treten sei, und daß die Sozialisten und Anarchisten
sic gehen hier vor Hunger und übermäßig schwe rer Arbeit zugrunde und werden von der aus den Reihen der schlimmsten Strafgefangenen angeworbenen Gefängnisverwaltung systematisch mißhandelt und massakriert.
Verband der Bergbaubesizer: Hořovsky m. p. Dr. Peters mt. p." Die Antwort der Grubenbesitzer macht nicht einmal den Versuch, die Gründe, mit denen die Trotz allem Peffimismus, den die Arbei- Bergleute ihr Gesuch unterstützten, zu widerlegen. terklasse den Bestrebungen auf die dauernde Die Begründung der foalierten BergarbeiterverErhaltung des Weltfriedens entgegenbringt, bände lautete dahin, daß die Auszahlung der muß doch zugegeben werden, daß gegenwärtig Zeuerungszulage notwendig geworden sei durch auch das kapitalistische Interesse von starten folgende Gründe: aftoren gedrängt wird, mit dem Schutt der ersten Nachkriegsjahre aufzuräumen und die Förderung der Politik des Hasses einzustellen. Ju den Jahren seit dem Friedensschluß sind auch die Siegermächte in den Prozeß des Ver fallszustandes der Besiegten einbezogen worden. Auch sie, die den Strieg gewonnen zu haben alaubten, mußten gewahr werden, daß sie von den Muswirkungen der Kriegszerstörungen nicht verschont blieben und daß der Friede, den sie zur Heilung der schweren Striegswunden unerläßlich brauchen, auf die Dauer nicht sicher. gestellt werden kann, solange es möglich ist, daß die im Gegensaß zueinander stehenden ster Bedrängnis; soll es nicht in die Schrecken liegt, die tapitalistischen Regierungen auf dieMächtepruppen ihre Streitigkeiten mit af der Inflation geraten, dann muß es neben sem Wege vorwärtszutreiben, muß geschehen. Solowesti- Inseln entfernt worden. Zurückgeblieben fengewalt austragen. Der internationale So- der Aufnahme von Auslandskrediten seine Freilich wäre es verfehlt, wenn die Arbeiter- find in einent gemeinsamen Grabe die Leichen zialismus hat seit jeher\ den Grundsaß ver- inneren Ausgaben beträchtlich einschränken, schaft, wenn dieser bürgerliche Weltfriede zu der sechs Genossen, die während des Masse treten, daß die restlose Ueberwindung der was nur durch Sparen an den militärischen stande käme, in seine Dauer und Verläßlichkeit ters am 19. Dezember 1923 getötet wurden; daneben Aviegsgefahr nur durch die oberwindung des Ausgaben geschehen kann. Amerika , das allein großes Vertrauen sehen würde. Das Gelingen das Grab der Genossin Boru, die frühzeitig Stapitalismus erfolgen fann. Dabei aber hat Silfe bringen kann, hat wiederholt seinen des Versuches, bei der Austragung des Kon- starb, weil sie nicht rechtzeitig nach dem Feſtlande er auch die Möglichkeit zugegeben, die wirt- Willen nach Abrüstung geäußert und man furrenzkampfes der Kapitalisten der einzelnen geschafft wurde, ferner das Grab des durch Selbst schaftlichen Interessen der kapitalistischen Staa weiß, daß die von Caillaux geleiteten Ver- Länder gegeneinander auf die Hilfe der Waf- mord geendeten jungen Genossen Sandomir; ten Tönnten zu gewissen Zeiten Tendenzen her handlungen wegen der amerikanisch- französi- fengewalt zu verzichten, würde noch lange nicht das Grab des gleichfalls durch Selbstmord geendeten vorbringen, die sich stärker als das Streben nach schen Schuldenregelung an der Abneigung die völlige Bannung der Seriegsgefahr und das Genossen Avanowitsch sowie das Grab der friegerischer Austragung der vorhandenen Gemeritas scheiterten. dem waffenstarrenden Ende des Sefaffenkampfes bedeuten. Da 8 Genossin Marzyn kewitsch, die während einer unter das Regime der Straf gefangenen gestellt wurde. nien zu sein. Sowohl das Londoner Abkommen in anderen Ländern wirken viele Umstände te in en Augenblick übersehen, daß Zehn Gräber im Verlauf von zwei Jahren wie auch der Batt von Locarno rücken mit zusammen, um ihnen den Gedanken der Ab- der Fortbestand des Kapitalis= besonderer Schärfe die Frage der Schaffung rüstung näher zu rücken. Die tapitalistischen mus eine dauernde Gefahren Ein furchtbarer Tribut, der für die Aufhebung des ver Voraussetzungen für die Sicherung des Stlassen in diesen Ländern widerstreben die- quelle ist und daß erst dann wirklich der Solowesti- Sterkers gezahlt werden mußte. Aber Friedens in den Vordergrund. sem Gedanken, aber man kann doch nicht ver- Weltfriede hergestellt werden kann, wenn die selbst, als sie nachgeben mußte, hat die bolſchewiſti
Die Sozialisten und Anarchisten sind aus den
genfäße erweisen. Eine solche Zeit scheint gekom-| Frankreich Zugeständnisse zu machen. Auch fozialistische Proletariat darf schweren tewitsch, die während einer
als sichtbarer Beweis des bolschewistischen Terrors.
Es ist ein tiefer Grund dafür vorhanden, kennen, daß ihm augenblicklich eine bedeutende Arbeiterklasse die politische und wirtschaftliche sche Regierung sich benrüht, an den früheren Gefandäß gerade Frankreich , das sich in den letzten treibende Kraft innewohnt. Die allgemeine Macht erobert hat. Die Arbeiterparteien aller genen des Solowegii- Kerkers in blinder, kleinlicher Jahren im Wettrüsten nicht genugtun konnte, wirtschaftliche Not, von der fein europäisches Bänder werden und müssen alles tun, um die Weise Rache zu nehmen"
die allgemeine Abrüftung durch einen ausführ- Land verschont ist, wirkt dahin, daß feine sich vorbereitende Wendung zur allgemeinen Nach einer Schilderung des Transportes der lichen Vorschlag aftuell zu machent jucht. Dieser Regierung mehr die Notwendigkeit und Möge Abrüftung zu fördern, aber sie werden sich da politischen Gefangenen aus dem Soloweski- SterStoat, deffen frühere Venter an der Schaffung lichkeit der Abrüstung zu bestreiten magt. bei von der Ueberzeugung lenfen lassen, daß ker nach dem Festlande, der in brutalſter, rüd der Friedensverträge den stärksten Anteil haben, Es findet daher die Annahme Nahrung, nur der Sozialismus die Ideale sichtsloser Weise vorgenommen wurde, fährt der ist heute selber unter die Räder gevaten und der Völkerbundsrat werde in absehbarer Zeit der Völferverständigung, Abri- Bericht fort:
steht, wenn ihm nicht Hilfe wird, am Eirde einen wesentlichen Schritt auf dem Wege der st ung und Weltfrieden bleibend Diese Vorgänge tündeten nichts Gutes für die feiner Sträfte. Seine Finanzen find in schwer- brüstung tun. Was an der Arbeiterklasse au begründen im stande sein wird. Bukunft an. Die Wirklichkeit übertraf jedoch die