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5. Jahrgang.
Sozialdemokrat
Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der tschechoslowakischen Republik.
Dienstag, 22. Dezember 1925.
Jeder Nation ihre Schule! Eine gemeinsame Aftion der Opposition
Ein Antrag der 140.
Prag , 21. Dezember. Gegen zwölf Uhr nachts überreichten in der Sigung des Abgeord netenhauses die Abgeordneten Grünzner, Slinta, Kreibich, Papel und Ka i bl einen Antrag auf Erhebung der Anklage gegen den Ministerpräsidenten Svehla und gegen den ge= wesenen Minister Franke. Der 2 Antrag trägt die Unterschriften von 140 Abgeordneten und begründet die Minifteranklage mit den im Zuge des Abbauverfahrens begangenen Gefeßwidrigkeiten und Gewalttätigkeiten a gegen die deutschen, slowakischen und ungarischen sowie gegen die mißliebigen schechischen Beamten.
Der an anderer Stelle von uns wiedergegebene Antrag auf Aufhebung des Abbaugefeßes wurde von sämtlichen Parteien der Opposition eingebracht. Auch dieser Antrag trägt die Unterschriften von 140 bgeordneten. Die Opposition überreichte ferner einen Antrag auf dringliche Behandlung dieser beiden Anträge.
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Debatte über die Regierungserklärung.
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Nr. 297.
fouwveräne Nation. In Böhmen habe man immer gefagt: Wir brauchen die Slowaken nicht" und Savlicet habe gesagt:„ Ich bin fein Slave, son dern ein Tscheche." Jm Unglück der Slo=" waten hätten sich die Tschechen mit den Magyaren verbundent, Rieger sci im Jahre 1880 nach Budapest gekommen, um den entscheidenden magyarischen Kreisen zu versichern, daß sich die tschechische Nation nicht in die inneren ungarischen Angelegenheiten mische.
Pit: Havliček hat sich schont int Jahre 1848 für die Idee des einheitlichen tschechoslowakischen Staates ausgesprochen. Rieger ist nicht maßgebend!
Hlinta( fortfahrend): Bis zum Ausbruch des Weltkrieges beweist die Weltgeschichte, daß die Slowaken und Tschechen keine ein= heitliche Nation sind.
Buday: 1nd nie sein werden! Bit( u Hlinta): In Pilsen haben Sie gesagt, daß Tschechen und Slowaken eine Nation find. Hlinka
( fortfahrend): Alle feierlichen, den Slowaken gegebenen Versprechungen wurden nicht erfüllt. Nach den Wahlen hat die slowakische Voltspartei still ihre Forderungen gestellt, aber zur Antwort bekommen:„ Wir lassen die ZuSchluß fordert Redner die Regierung auf, die dách nicht in die Regierung.". Zum Beziehungen zum Vatikan wieder aufzunehmen, damit der päpstliche Nuntius nach Prag zurückkehre.
Nur wenige Tage war das Parlament versammelt, aber den Nationalisten von hüben und drüben hat auch diese kurze Zeitspanne genügt, um dem nationalen Haß neue Nahrung zuzuführen. Den tschechischen Gruppen, die sich der Anbahnung eines nationalen Ausgleiches bösartig widerjeßen, fonnte Tein größerer Gefallen erwiesen werden, als mit der geschmaclosen Handlung der deutschnationalen Abgeordneten Weber und der Umwandlung der Parlamentsflung in eine nationale Liedertafel, bei der einer der Programmpunkte die Absingung des Piedes Deutschland, Deutschland über alles" mar, das die deutschbürgerlichen Parteien exe futierten, furz nachdem sie der Abfingung des deutschfeindlichen Heßliedes durch die klerikalen Slowaken, frenetischen Beifall gezollt hatten. Auch wenn man noch so viel der fortwirkenden Wahlerregung und der Empörung über die Ichten Gewaltakte der tschechischen Machthaber Nicht unerwähnt soll bleiben, daß einige zuschreibt, muß man doch sagen, daß das Debüt deutschbürgerliche Abgeordnete sich zu den der deutschbürgerlichen Parteien ein unglüd- bie in den päsen Stadtſlumben noch fortbauert, Hitungen machten. Die Kommunisten haben es Die heutige Sigung Abgeordnetenhauses, Streitenden gesellten und höhnische Bemer seliges war, das dem deutschen Volfe im tsche- vollkommen ausgefüllt mit der Debatte über die sehr gut verstanden, durch ihre plumpe Verleumchoslowakischen Staate nicht Nußen, sondern Regierungserklärung. Leider trift in der Debatte dungssucht, durch ihren heimtüdischen Ueberfall nur Schaden gebracht hat. Als Negativisten der Regierung teine einheitliche Front auf unsere Partei den Bürgerlichen eine große und Aktivisten gingen die Deutschbürgerlichen der Opposition entgegen, woran vor allem Freude zu bereiten. im Wahlkampf gegeneinander vor, als Kon- die Kommunisten die Schuld tragen: Neuraths Die Sigung des Abgeordnetenhauses begann Der Krach der Bolschewisierung. firstonisten sind sie alle zusammen heimgekehrt. erftes Auftreten galt vor allem der von den Kom- mit der Eidesleistung des aus dem Auslande Dr. Meißner( tsch. Soz.- Dem.) sagt, daß seine Von der nationalen Einheitsfront, die zu bilden munisten geübten Entlarvungstaktit. zurückgekehrten Ministers Dr. Bene s, die sich Partei, wenn sie überhaupt Argumente dafür sie den Wählern versprochen haben, ist in der Mit an den Haaren herbeigpogenen Gründen unter dem Beifall der Stoalition vollzog. suchen müßte, warum sie nach den Wahlen in die follten die deutschen Sozialdemokraten der Nach Erledigung des Gesetzes über die en- Regierung gehen mußte, sie in den Erscheinungen sechsten Woche nach den Wahlen noch immer schein opposition überführt werden. Es derung einiger Bestimmungen des Strafrech der ersten Sitzungen des Abgeordnetenhauses finfeine Spur, weil sie nicht imstande find, fich it dies aber nicht gelungen und die Kommunistentes wurde in der Debatte über die Regie- den müßte. Die Opposition babe weder die Mög auf ein gemeinsames nationales und politisches haben sich im Gegenteil eine mächtige la rungserklärung fortgefahren. lichfeit, noch den Wunsch, noch die Fähigkeit, die Programm zu einigen, die einzige Einheit, auf mage zugezogen. Als heute Pohl mit den Regierung zu bilden. Darin, daß die Kommuni der fie fich gefunden haben, ist die Einheit der Kommunisten Abrechnung hielt, brach die MostoEine gemäßigte Nede Slinkas. ften in der parlamentarischen Tätigkeit ein Mittel Demagogie. Durch Schlagen auf die Pulte, witische Demagogie vollends zusammen. Zwischen durch Geschrei und Liedervorträge suchen sie bei den deutschen Sozialdemokraten und den Kommu- Slinka( flow. Boltsp.) erklärt, er stehe auf der zur Befreiung der arbeitenden Klassen aus dem Beauftragter der flomati- tapitalistischen Joch sehen, erblickt Redner einen den deutschen Wählern den Eindrud zu meden, nisten gab es eine heftige Auseinanderseßung, an Tribüne nicht nur als es habe sich gelohnt, ihnen zum Siege verholfen der einerseits Dr. Czech, De Witte, Grünzschen Volkspartei, sondern als einziger Repräsens Fortschritt, denn es ist noch nicht lange her. zu haben. Aber schon zeigt sich, welch gefundenes ner, Kaufmann, Schäfer, Sillebrand, tant der slowakischen Nation, denn am 15. No- feitdem die Kommunisten das Parlament als Beiblund Heeger und andererseits Wünsch, vember stimmten 61.2 Prozent der Slowaken für bloße Schwaßbude bezeichnet haben. Die Fressen dieje Provokationen für die Chauvi- Bittor Stern, sirsch I und einige tschechische seine Partei. Redner polemisiert mit den Aus- Nommuniſten erklären weiter, daß sie für Tagesnisten auf der anderen Seite war. Das in Rommunisten beteiligt waren. Schlag auf führungen Stramárs über die Einheit der tschecho- forderungen des Proletariats tampfen wollen. letzter Zeit, wie die Wahlen bewiesen, fogar Schlag fausten die Zwischenrufe der lowalischen Nation. Die Einheit einer( schecho- Das ist von der ideellen Bolschewibeim tschechischen Volfe in Mißtredit geratene deutschen Sozialdemokraten auf die slowakischen Nation habe nie existiert, gerade die ſierung schon so entfernt, wie der allnationale Stoalitionsregime fönnte feine Kommunisten! Neurath , der durch seine Tschechen waren es, die sich vom großmährischen immel von der Hölle. Die Maſſen der bessere innere Festigung erfahren, als durch die frivole Handlungsweise den Anstoß zu der ganzen Reich trennten und also die Einheit der Nation, Arbeiterschaft, die die kommunistische Partei wähl Fortſeßing ſolcher nationalistischer Erzesse. Wie Szene gegeben hatte, wagte während der Kampf- wenn eine solche auch bestanden hätte, damals ten, haben sie gezwungen, an Stelle der Volschenoch inriner der Chauvinismus der einen Seite gene taum eine Bemerkung und, trampshaft habe es aber nur Stämme und teine Nation ge- misierung das sozialdemokratische Programm zu lächelnd, blieb ihm nichts anderes übrig, als die geben gebrochen. Darüber, ob die flowatische setzen. Redner erklärt die Kommunisten für Nazur Förderung des Chauvinismus der andern fozialdemokratischen Anklagen zur Kenntnis zu Nation eine ſelbſtändige sei oder nicht, könne tional Bolschewifen. beigetragen hat, ſo haben die nationaldemokra nehmen. Wünsch wurde immer stiller und auch weder die Nationalversammlung, noch einzelne tischen Fascisten den deutschbürgerlichen Strafeel Stern immer fleinlauter. Tschechen entscheiden, sondern bloß die slowakische sofort zum Anlaß genommen, um durch Versammlungen und Straßentundgebungen die tschechische Volfsjeele" zum Wochen zu bringen. Bei der Erneuerung ihres Antrages haben Sozialdemokraten beantragt wird, würden die So leisten beide Teile Arbeit für das Volk! sich unsere Vertreter von dem Grundsatz leiten Stoften des Schulwesens zum Teil aus den den Die deutschen Sozialdemokraten halten lassen, daß die ewigen Schulkämpfe und Schulbehörden nach dem nationalen Schlüffel eine andere Art der Arbeit für wichtiger. Mögen daraus sich ergebenden Haßgefühle zwischen den zuzuweisenden Mitteln, zum anderen Teil aus Meißner erflärt schließlich, daß die Regiefie von den patentierten Deutschtumpertretern Nationen nur dann ein Ende nehmen tönnen, besonderen nationalen Seultursteuern, die jede als national unverläßlich hingestellt werden, sie wenn das Schulwesen auch der Minderheits- Nation von ihren Angehörigen einzuheben räfidenten Redemöglichkeit zu verschaffen, daß sind doch nicht minder entschloffen, alles natio- völker in deren eigene Hände gelegt wird. Man hätte, bestritten werden. Dadurch würde jede fich die Szenen der Vorwochen nicht mehr wienale Unrecht abzuwehren und der Ueberzeugung, fann schlechthin nicht einsehen, welches Inter- Nation in den Besitz des Rechtes gelangen, ihr derholen dürfen, und er sagt an die Adreise der daß das wirksamste Mittel dazu ist, die natio- esse des tschechischen Volkes damit verknüpft Schulwesen nach Bedarf und entsprechend der Arbeiterparteien der Opposition und der Mehrnalen Reibungsflächen abzuschleifen, nicht, wie ist, daß die Verwaltung des Schulwesens der vorhandenen Geldmittel auszubauen. Das heit:„ Pflicht der Arbeiterschaft ist es, die Demoesden Deutschbürgerlichen gefällt, sie noch zu anderen Nationen in den Händen der tschechi wichtigste aber wäre, daß die Schaffung der fratie zu schüßen, weil dies der Boden ist, auf derschärfen. Wer sich und andere nicht täufchen fchen Bürokratie verbleibt. Die fremdnationale Schulautonomie jeden Eingriff der Behörden dem die Endziele des Sozialismus erreicht wer will, muß unter Berücksichtigung der bestehen Verwaltung und Beherrschung der Schule muß oder der Vertreter eines anderen Volkes in die den."( Sier kommt es wieder zu einem 34den Machtverhältnisse erkennen, daß es nur zur Unzufriedenheit und Verbittevung führen, eigenen Schulrechte unmöglich machen würde. fammenstoß zwischen tschechischen v zialdemokraten und Kommunisten, einen Weg gibt, von den Deutschen wie auch fo lange nicht die Angehörigen des eigenen Der Schulantrag unserer Genossen im wobei Remes den Kommuniſten zuruft von den anderen Minderheitsvölkern im Staate Volkes die Benvaltung der Schule bestimmend Abgeordnetenhause ist eine ernste Tat. Wenn Laßt euch Löcher in die Gehirne die Bedrückung fernzuhalten, das ist die beeinflussen können. Der Antrag der deutschen die Herrschenden im Staate sehen, wohin die bohren, damit ihr besser hört!") 3um Serbeiführung eines nationalen Sozialdemokraten stellt fein lebermaß von Dinge im Staate infolge der Mißachtung der Schluß fagt Redner, daß durch Gesang und Getechtszustandes. Es gibt ein Gebiet, Forderungen auf, er enthält nichts, was nicht Lebensrechte der Minderheitsnationen gelangt fchrei Jericho gefallen fei, daß aber durch Gebei dem leicht, wenn nur der Wille auf beiden fedes Volt als primitivstes Maß seiner Lebens- find, wenn sie sehen, wie die Wirrnisse und fang und Gefchrei die Tschechoslowakei nicht ein Seiten besteht, der Anfang gemacht werden forderungen zu beanspruchen berechtigt ist. Er Streitigkeiten sich steigern, müßten sie endlich stürzen würde. Vizepräsident Dostálet ruft Juriga jur tönnte, ohne daß dabei ein nationales oder verlangt in allen Orten, wo sich Schulen einsehen, daß es im Interesse der gesamten Be- Ordnung, wegen eines Zwischenrufes während staatliches Intereffe der Tschechen gefährdet mehrerer Nationen befinden, für die Schule völkerung und des Staates selbst gelegen wäre, der Rebe Slintas:„ Was Präsident Masaryk im merden würde: das Gebiet des Schul- jeder dieser Nationen die Errichtung eines vorläufig wenigstens, diesen ersten Schritt zur Buche Weltrevolution" geschrieben hat, ist eine wesens! Während die deutschbürgerlichen eigenen Ortsschulrates und die Bildung von Herbeiführung eines nationalen Ausgleiches zu Schande!" Abgeordneten sich im Pfeiferlblasen, Trommeln Schulbezirken, welche in der Regel mit dem unternehmen. Die Schule ist das Eigentum Safránto( Stom.) erflärt gegenüber Slinka, auf die. Tische und im Absingen des Deutsch Umfang der politischen Bezirke zusammenfallen jedes Voltes! Das ist der Ruf, der aus dem der alles haßt, was tschechisch sei, er hafse alles, land- Liebes ergößten, haben die deutschen sozial sollen, für welche Bezirke dann wieder ein Antrag unserer Genoffen hervortlingt und er was fapitalistisch fei. demokratischen Abgeordneten es für biel wich- eigener Bezirksschulrat zu errichten wäre. Als wird nicht verstummen, mögen sich Unverstand, Roset( tsch. Volksparteiler), Major( Skom.) tiger gehalten, thren, anfangs Oftober einge- Ueberbau dieser Schulorganisation wären die Borniertheit und nationale Unterdrückungssucht und Halla( tsch. Agrarier) sind die nächsten brachten Antrag auf Einführung der bestehenden Landesschulräte und deren natio- noch so sehr bemüthen, dem Verlangen nach dem nationalen Schulautonomie au nale Sektionierung beizubehalten, beziehungs- nationalen Frieden entgegenzuwirken. Die Her- Pohl gegen Neuraths Verleumdungs tattit. erneuern. Das ist eine weniger faute und weise zu bilden. Die staatliche Schulaufsicht beiführung dieses nationalen Friedens ist gepolitisch romantische Zätigteit, als fie von den würde auch weiterhin durch das Schulmini- radezu eine Lebensfrage für den Staat geDeutschbürgerlichen in den letzten Tagen beliebt fterium ausgeübt werden, doch wäre für jebe worden. Das mögen die Machthaber einsehen burbe, aber ist sicher eine notwendigere und Nation ein eigener Reichsschnurat zu errichten. und danach handeln! nüßlichere. Durch ein Gefeß, wie es von den deutschen
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Während der Rede Meißners kommt es zwischen den tschechischen Sozialdemokraten und den Kommunisten zu heftigen Zusammenstößen. Remes ruft hicbei den Kommunisten zu: Hier im Abgeordnetenhaus habt ihr Krawall gemacht, dann habt ihr bei den Ministern Klinten gepußt." Pil:„ Die Kommunisten find die größten Klinkenpuker!"
Redner.
Genosse Pohl wies die Angriffe des Abg. 9eurath gegen die deutschen Sozialdemokraten als völlig grundlos entschieden zurück und erflärte namens unseres Klubs, daß es durchaus