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6. Jahrgang.

Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der tschechoslowakischen Republit.

Dienstag, 30. März 1926.

Es wird eine Regierungs - Die sozialdemokratischen Maffen­

mehrheit gesucht.

Protestversammlungen.

Die allnationale Koalition hat sich über­lebt. Von dem periodischen Zeitungskrieg der Roalitionsbrüder gegeneinander, von der Stimmenenthaltung einer Regierungspartei bei der Abstimmung über eine Regierungsvorlage, von der Erzwingung vorzeitiger Neuwahlen durch eine Koalitionspartei gegen den Willen der anderen, haben sich die Zersehungserschei­Arnsdorf. nungen schon bis zum Sturz der Koalitions­regierung durch eine Roalitionspartei gesteigert, gut besuchten Versammlung die Genossen 3im In Arnsdorf bei Tetschen sprachen in einer und da die zerseßenden Kräfte fortwirken, mer und Arnberg. Auch hier fanden die Aus- chlechte wirtschaftliche Lage der Arbeiterschaft und fann die Entwicklung nicht anders führungen beider Redner und die vorgelegte Reso­enden, als mit dem völligen Ber- lution lebhaften Widerhall. fall der all nationalen Koalition.

Gegen die arbeiterfeindliche Bolitit im Staate.

Ueber die Massen- Protestversammlungen der deutschen sozialdemokratischen Ar­beiterschaft, die am Sonntag den 28. März stattfanden, liegen uns bisher folgende, durch­aus erfreuliche Berichte vor:

Auffig.

Bezugs Bebingungen:

Bel Zustellung ins Haus oder bei Bezug durch die Post: monatlich olertesjährlich

halbjährig ganzjährig...

16.

48.­

"

96.­

192.­

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Erigeint mit Ausnahme bes Montag täglich( rib

Dur.

Nr. 76.

Die Arbeiterschaft des Durer Bezirkes pro­testierte gleichfalls am Sonntag gegen den Mili­tarismus, die Zoll- und Steuerpolitik sowie die nationalistischen Gewalttaten. Der große Saal und die Nebenräume des Gasthauses" Eichlerhof" in Dur waren von Arbeitern und Arbeiterinnen überfüllt. In das Präsidium wurden die Genossen Schneider- Loosch, Matejka Ladowit als Vorsitzende, und Hofmann- Offegg als Schrift­führer gewählt. In einer eindrucksvollen und wuchtigen Rede, die oft von stürmischen Stund lungsbefuche abhalten ließen, so muß um so mehr gebungen der Versammlungsteilnehmer unter­der starke Besuch anerkannt werden. Den Borsis brochen wurde, behandelte Genosse Rückl die ofbauer besprach in längerer Rede die diesem Staate. Schon die Mitteilung, daß über führte Genosse Solar aus Langugest. Genosse wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse in Auftrag der Regierung in den meiſten Städten betonte, daß nur der Kampf der Arbeiterschaft unsere Kundgebungen auf öffentlichen Plätzen ver­um ihre Rechte einen Erfolg haben kann, wenn boten wurden, erregte stürmische Entrüstung. Der die Arbeiter unerschroden zur Partei stehen. Red- Redner zeigte ziffernmäßig auf, wie durch das ner schilderte auch die verschiedenen arbeiterfeind herrschende System in diesem Staate sich die Be­lichen Handlungen der Regierung, womit er die fizenden immer auf Kosten der arbeitenden Be ungeteilte Zustimmung der Versammlung fand. völkerung bereichern. So sehen wir denn auf Seine Rede, die oft von Zustimmungstundgebun- der einen Seite eine hungernde, ausgebeutete und gen unterbrochen war, fand am Schluffe stür- gefnechtete Bevölkerung, während die oberen Zehn­mischen Beifall. Nachdem noch Genoffe Wagner tausend Reichtümer aufstapeln und ein Wohlleben eine furze Resolution vorgelegt hatte, die ein- führen. Sodann protestierte Redner gegen den stimmig angenommen wurde, fand die Versamm- Versuch der Steuerämter, die rückständige Per­lung ihren Abschluß.

Bodenbach.

Aber die Herren, wlche die Macht in Hän­den haben, denken nicht im entferntesten daran, Die fürsorgliche Aussiger Staatspolizei hatte aus dieser unaushaltsamen Entwicklung die die geplante öffentliche Bolksversammlung ver­Konsequenzen zu ziehen. Daß man das Re- boten. Deshalb beriefen unsere Genossen die gierungssystem ändern muß, wenn es versagt Bertrauensmänner der politischen und gewerk hat, will ihnen nicht in den Stopf gehen. In schaftlichen Organisationen zu einer§ 2- Ver­der Tschechoslowakei wird nämlich nicht das fammlung ein, welche den großen Saal des Regierungssystem an die Bedürfnisse der Be- Boltshauses bis auf den letzten Platz füllte. Die Regierungsſyſtem an die Bedürfnisse der Be- Bersammelten waren voller Empörung über völkerung angepaßt, sondern die Bevölke das Vorgehen der Staatspolizei, das selbst im treiben statt abzuschreiben, und wandte sich gegen rung soll gezwungen werden, sich alten Desterreich seinesgleichen sucht, und werden die Erhöhung der Bezüge der Geistlichkeit um viele Millionen auf Kosten der arbeitenden Be an die Bedürfnisse des Regic- ficher dafür zu sorgen wissen, daß diese Art der rungssystems anzupassen. Wenn die Demokratie in Arbeiterfreisen richtig eingeschäßt füllt und viele Arbeiter fonnten feinen Blat ihrer eigenen Versicherung nichts anderes, als Dort war der Saal der Voltshalle über- völferung. Die neue Beamte: regierung ist ja nach parlamentarische Regierung nicht arbeitsfähig wird. Als Redner sprachen in der Versammlung ist, so ist beileibe nicht die Parlament& mehr- Genosse Dr. Grund, der die sogenannten demo- mehr finden, so daß sie auf Gängen und Stiegen eine Neuauflage der alten allnationalen Regie­heit schuld, sondern das Wahl system. Denn fratischen Einrichtungen dieses Staates einer stehen mußten. Die Behörde hatte in fürsorglicher rung, die an ihrer eigenen Politik gescheitert ist. das Wahlsystem ist keineswegs dazu bestimmt, charfen Stritit unterzog und die Hand in Hand ter entfendet, doch ließ er die Versammlung ruhig Rechte beschneiden will, dann muß die Arbeiter­Weise so wie anno Tobat einen Regierungsvertre- Wenn man der Arbeiterschaft ihre politischen den Willen der Bevölkerung zum Ausdruck zu Reicher Beifall lohnte feine Ausführungen.de und 3 immer. Die Referate erstatteten davon abzugehen, für die Verbesserung ihrer mit ihr gehende wirtschaftliche Reaktion aufzeigte. zu Ende führen. Den Vorsitz führten die Genossen schaft erst recht zeigen, daß sie nicht gewillt ist, bringen, sondern dazu, den Regierungsparteien Senator Genosse Beutel verglich fodann die die Genoffen Pietsch- Bodenbach und Bölzleigenen Lage zu kämpfen. Der stürmische Beifall eine sichere Mehrheit zu schaffen. jezigen Ereignisse mit jenen Sturmzeiten, da Diese tiefe und schöne Auffassung von der Badeni mit seinen Sprachenverordnungen heraus- Aussig . Eine vom Genossen Zimmer beantragte der Versammelten drückte am besten die Tatsache Demokratie wird allen Ernstes von dem jatt rückte, und rief zu erhöhter Tatbereitschaft auf. Entschließung fand einstimmige Annahme. sam bekannten drf im Čeffe Slovo" vom Beschleunigter Ausbau unserer Organisationen 28. März vorgetragen, ja Herr drk jagt aus- und erhöhte Verbreitung der Arbeiterpresse als die schärfste Waffe im Kampfe muß unsere Losung drücklich: sein. Mit der einstimmigen Annahme der vor­geschlagenen Resolution schloß die würdig und eindrucksvoll verlaufene Kundgebung. Bilin.

der Irrtum der tschechischen Wahlordnun­gen beruht darauf, daß sie ausschließlich mit Rücksicht auf den Wähler gemacht sind, und nicht zur Ermöglichung, zur Gewinnung einer Regierungsmehrheit im Staat." Brünn

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aus, daß der Redner den Arbeitern aus dem Herzen gesprochen hatte. Sodann richteten zwei der ältesten Parteimitglieder aus dem Bezirke, die Genossen Schmieder aus Haan und Graf vormittags im dicht gefüllten Saale des Schubert rung, im Kampfe gegen die Unterdrückung ad Unsere Protestversammlung fand Sonntag aus Össegg, an die Versammelten die Aufforde bundes statt. Nach der Eröffnung durch den Vor- politische Knechtung geschlossen hinter den Ber­fizenden Senator Genossen Polach erstattete Ge- trauensmännerr. zu stehen, die Organisationen nosse Satschinta ein ausgezeichnetes Referat, auszubauen und stets dem Rufe der Führer zu in dem er den schärfsten Protest unserer Partei folgen. Diese Ausführungen wurden gleichfalls mit Die sozialdemokratische Arbeiterschaft prote- gegen den Kurs der politischen und wirtschaftlichen großem Beifall aufgenommen, worauf nach einem Die Anschauung, daß in der Demokratie stierte am Sonntag in einer sehr gut besuchten Reaktion zum Ausdrud brachte. Stürmischer furzen, anfeuernden Schlußwort des Genossen die Regierungsmehrheit dadurch zustande kom- Versammlung im Hotel Stadt London" gegen Beifall erscholl, als Genosse Ratschinta auf die Schneider die Versammlung, an der Bezirks­men muß, daß sich die Mehrheit der Wähler die arbeiterfeindliche Politit in diesem Staate. Die einzige Möglichkeit hinwies, die Serise dieses Hauptmann Dr. La- Garde als Vertreter der B für sie entscheidet, hat der Sozialist drk also Versammlung mußte im Saale abgehalten wer- Staates zu überwinden, als er nationale Verstän- hörde teilnahm, geschlossen wurde. längst überwunden, denn was ist das für eine ben, da die zuerst angemeldete Versammlung digung und Entspannung der nationalistischen Demokratie, welche den Herren Stribrny und unter freiem Himmel verboten wor- Leidenschaften verlangte, wie sie in dem Aus­Demokratie, welche den Herren Střibrny und den war. Massen besuch war zu verzeichnen, gleichsantrag der deutschen Sozialdemokraten vor­Konsorten das Regieren so schwer macht? obwohl sich hartnädig die Gerüchte erhielten, daß gezeichnet ist. Nach einem packenden Schlußwort Dieser Standpuntt erinnert zwar ein wenig an auch diese Versammlung verboten würde. Wenn des Genossen Polach fand die erhebend verlaufene die Haltung der preußischen Junker: sich dadurch auch manche Arbeiter vom Versamm- Versammlung ihr Ende. nungsnovelle angewendet werden sollte, schließ-| einzubekennen: Wir wollen herrschen und wir lich aber, zum Leidwesen der Aerzte unserer pfeifen auf die Demokratie. Herr brk erzählt franken Demokratie, nur in sehr abgeschwächter uns ja, daß man schon im Jahre 1921 an das Form verwirklicht wurde. Die Zuteilung der Oftroi einer reaftionären Wahlordnung dachte, Mandate an eine Partei soll an die Bedingung und läßt durchblicken, daß ihm und seines geknüpft werden, daß die Partei einen ge- gleichen derartige Gedanken auch heute nicht wissen Prozentjaß der gesamten Stimmenzahl fern liegen.

,, Und der König absolut,

wenn er unsern Willen tut."

welches Sprüchlein in der tschechisch- demofra­tischen Variante etwa lauten fönnte:

Das Volt darf durchaus souverän an unserm Gängelbande gehn.

"

Komotau.

säle in Stomotau hatten sich am Sonntag welt Jm überfüllten Saale der jabtischen Part­über 1000 Arbeiter und Angestellte aus dem No motauer Bezirke eingefunden, um in leidenschaft­0000 licher Weise gegen die Zoll- und Steuerpläne der Regierung, gegen das System der nationalen nt­rechtung, gegen die Berlängerung der Militär­und Angestellten, für die Erhöhung des Existenz­minimums und für die Völferverständigung zu protestieren. Nicht weniger als zwei Regierungs vertreter und 23 Mann Gendarmerie hatten sich Aber was fümmern einen Sozialisten vom eingefunden, jedenfalls, um die bei uns herr­Schlage des Herrn drk solche fatale Analogien? auf sich vereinigt. Und damit die bösen Oppo- Wir können dankbar sein, daß Herr drk schende Demokratie" recht schlagend zu beweisen, Eine Demokratie, welche keine Mehrheit nach fitionsparteien diesen schönen Plan nicht durch die reaktionären Pläne der Machthaber jo offen- doch wurde ihnen keine Gelegenheit geboten, die dem Herzen des Herrn drk liefern will, ist eben freuzen fönnen, muß der Prozentjaz recht hoch herzig enthüllt. Mit um so größerer Energie einmütig verlaufene Versammlung aufzulösen und die einstweilen im Volkskeller untergebrachten frank und muß geheilt werden, sollte sie auch gegriffen werden, um möglichst viel unlieb- und um so größerer Leidenschaft werden wir Gendarmen in Aktion treten zu lassen. Genosse bei einer solchen Eisenbartkur völlig zu Grunde fame Parteien von der Mandatzuteilung aus uns zur Abwehr rüsten. Die Demokratie in Stadtler eröffnete als Bezirksvertrauens gehen. zuschließen und den Staatserhaltenden" für diesem Staate ist krant, aber ihre Strankheit mann, zum Stellvertreter wurde Genosse Maier Am verlockendsten würde Herrn drk die alle Zeiten die Mehrheit zu sichern. Herr drk liegt ganz anderswo, als Herr drt meint. Sie Alfred und zur Schriftführerin Genoffin Anna Wiedereinführung des Mehrheitswahlsystems hat die Stirne, zu diesem gloriofen Einfall zu krankt vor allem an ihren falschen Freunden, weiß ins Präsidium gewählt, worauf Abg. Ge­und wir können es nur begrüßen, daß sich diese nosse se aufmann das Wort zu seiner fast zwei­dünken. Aber dann fönnte es geschehen, daß die bemerken: Slowakei lauter Hlinkamänner und Karpatho - ,, die Verhältnismäßigkeit würde dabei re- als ihre offenen. Feinde entpuppen. Es wird stündigen schwungvollen, wiederholt von sponta­spektiert werden". Zustimmungsäußerungen unterbrochenen rußland lauter Kommunisten ins Parlament fich bald zeigen, daß auch das tschechische Bolt, nen schidten. Es war eben meint der Sozialist Dabei bedarf es wirklich feiner langwieri- vor allem die Arbeiterschaft, von diesen falschen Rede ergriff. Von der Sprachenverord­drk ein großer Fehler der Demokratie, daß gen Ueberlegung und Berechnung, um zu er- Freunden nichts wissen will, und daß die Ro- nung mit all ihren Auswirkungen ausgehend, tam Redner auf die Versammlungsver fie den kulturlosen" Slowaken und gar den fennen, daß von Proportionalität keine Rede alition, wenn sie an das Wahlrecht greift, bote, von denen er als besonders traß das Saa­tarpathorussischen Analphabeten" das Wahl- mehr sein könnte, weil eben die Mandate nicht Widerstände entfesseln könnte, denen sie nicht zer hernor, zu sprechen, unterzog den in Karls­recht gegeben hat. Diese arme tschechoslowakische mehr im Verhältnis der erlangten Stimmen gewachsen ist. Die deutsche Arbeiterschaft wird bad- Fischern praktizierten Demokratie oder vielmehr die Stoalition zahl zugeteilt würden, ja weil es der einge- daher vor den Versuchsballons, welche das stand, die Konfiskationen der Zeitun ist so trant, daß ihr nicht einmal das Mehr- standene Zweck einer solchen Wahlordnung Ceste Slovo" steigen läßt, nicht erschrecken. gen, Plakate und Flugzettel einer nur zu berech heitswahlrecht helfen könnte, wenn es nicht mit wäre, dieses Ergebnis herbeizuführen. E3 Aber sie wird wachsam sein, sie ligten Seritit, um auf das Zerrbild der t sche­einer gewissen Wahlgeometrie" verbunden wäre wahrhaftig einfacher und wird die Pläne der Feinde auf- choslowakischen Demokratie" im Par­lamente überzugehen, wo die tschechische er­würde, und schließlich würde die Abschaffung sicherer, das Recht zu kandidieren merksam verfolgen, sie wird sich wachende und erstarkende Bourgeoisie sich zur Be­des Proportionalwahlsystems auf nicht geringe von Gefeßeswegen auf die staats- auf den Kampf vorbereiten, und wachende und erstarkende Bourgeoisie sich zur Be­verfassungsrechtliche Schwierigkeiten stoßen. erhalten den" Parteien zu beschrän- wenn er notwendig wird, ihn füh- herrscherin des Staates aufwirft und die tschechi fchen Sozialdemokraten immer mehr an die Wand Also auf diesem Wege geht es nicht. ken. Es wäre wahrhaftig aufrichtiger, statt ren, mit aller Entschlossenheit gedrückt werden. Der Staatsbeamtenab­Herr drk greift daher auf das Mittel zu- heuchlerisch von der Demokratie zu schwäßen, und aller Begeisterung, deren sie bau mit seinen verheerenden Auswirkungen, das Beamtengehaltsgefeß mit den Alt, rüd, das schon in der vorjährigen Wahlord- die vor Mißbrauch geschützt werden muß, offen fähig ist.

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Ausnahm szu­