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Sozialdemokrat 1

Zentralorgan der Deutschen   sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der tschechoslowakischen Republit.

Mittwoch, 21. April 1926.

Der Parteivorstand zur politischen Lage.

Gegen fascistische Dittaturgelüfte.- Für die Berwirklichung unserer sozial politischen Forderungen. Gegen Schutzölle und indirette Steuern.

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Prag  , 20. April. Der Parteivorstand der deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei hielt heute im Rudolfinum eine wichtige Beratung ab. Einleitend gedachte der Vorsißende, Genosse Dr. Czech, des heutigen Jahrestages des Ablebens unferes alten Borlämpfers Riese wetter und widmete seinem Andenken warme Worte der Er­innerung. Der Vorstand ehrte das Andenken an den Borstorbenen durch Erheben von den Sißen.

Hierauf erstattete Genoffe Dr. Czech einen ausführlichen Bericht über die politische und par­lamentarische Situation und faßte seine Stellung­nahme zu den leßten Ereignissen in folgende Res solution zusammen, die nach eingehender Des batte die einstimmige Zustimmung des Parteivor­standes fand:

ſich beide Gegner auf den Hals.

monatlich oierteljährlich halbjährig ganzjährig.

48.­

96.­192.­

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Ericheint mit Ausnahme Des Montag täglich frih Nr. 94.

mum notvendig gewordenen Anschluß an den( rung im Westen zu erhalten und im Osten Westen, die Aussöhnung mit Frankreich  , das neue Sicherungen zu schaffen. Diese Aufgabe Bündnis mit England, fie rüsteten und Heßten erfordert nicht nur fähige Politiker- von etwas größerem Saliber als Stresemann und Nach dem Krieg war Deutschland   isolierter als Luther   sondern auch vollste Aufrichtigkeit. nur je zuvor. In der Einsamkeit der Konferenz Die deutsche   Regierung hat erklärt, sie werbe Der Parteivorstand spricht sein Befremden aus, von Genua   tat Walter Rathenau   den den Vertrag mit Rußland   veröffentlichen, sie taß das Parlament, bas berufene Organ großen Bug: er schloß mit Rußland   den Verhat aber den schweren Fehler begangen, der Demokratie, systematisch von den grundlegen- trag von Rapallo  . Der Vertrag hatte zunächst geheimzutun. Sie hat damit den Entscheidungen ferngehalten wird, und feinen Bündnischarakter. Er befaßte sich mit einem der gefährlichsten Kontremineure des fordert mit aller Entschiedenheit die Erletigung dem gegenseitigen Verzicht auf Ersatz der europäischen   Friedens Anlaß zum Eingreifen. der abschließenden Arbeiten für die fristgerechte Kriegsschäden, mit der Regelung der diploma  - gegeben. Berwirklichung der Sozialversiche tischen Beziehungen und mit den wirtschaft- Herr Beneš sah einen Anlaß, die euro­rung und für die Versorgung der über lichen Bindungen der beiden Mächte. Er erregte päische Politik zu trüben und er zögerte feinen 60 Jahre alten Arbeter, die ungefäumte bei den Westmächten einen Sturm der Ent- Augenblid, es zu tun. Er ließ erklären, man Borlage des längst fälligen Gefeßes über bie rüstung, aber er fonnte riskiert werden, weil müsse sich mit den deutsch  - russischen Verhand Baubewegung und die endliche Erledigung er von dem Demokraten und Erfüllungs- lungen beschäftigen, sie seien immerhin juridisch des Gehaltsgesebes. Er protestiert gegen die von der Regierung zur Erschwerung der Le- politiker Nathenau ausging, er konnte der erste nicht einwandfrei, die Locarnoverträge seien bensmitteleinfuhr getroffenen Maßnahmen und Durchbruch der Isoliertheit Deutschlands   und nicht ungefährdet und was der kleinen Pfeile fündigt allen Versuchen, durch Schußzölle auf brauchte doch nicht ein Bruch mit dem Westen mehr sind, die Beneš stets im Köcher führt. Lebensmittel und durch Erhöhung der sein, weil er vom Kabinett Wirth ausging. Unser Herr Außenminister macht wieder einmal indirekten Steuern die Lebenshaltung Rathenau   wurde ermordet und Wirth gestürzt, Politik auf eigene Rechnung und legt Fall­der breiten Maffen noch zu verschlechtern, tie entes famen und gingen die Rabinette. Jetzt hat trice, über die Deutschland   im Herbst schiedenste Rampfentschlossenheit und Abwehrbereit- Stresemann nach dem Genfer   Mißerfolg neue straucheln soll. Von zwei Seiten wird in­schaft des Proletariats an." Verhandlungen mit Rußland   begonnen. trigiert und Unfrieden gestiftet, von den Daran schloß der Vorsißende einen Bericht Die deutsche   Regierung behauptet, daß es Russen, die, statt in den Völkerbund zu gehen über die leßte Sibung der Internatio nalen Eretutive in Zürich  , über die bei den Verhandlungen nicht um politische Ber- und dadurch der Unflarheit im Osten ein Ende dortfelbft gefaßten außenpolitischen, taktischen und träge gehe, sondern um wirtschaftliche zu machen, auf eine deutsch  - russische Allianz organisatorischen Beschlüsse und ganz besonders Abmachungen, die mit dem Locarnover- ausgehen, und von dem Meister der Geheim­über die Verhandlungen und Beschlüsse der Min- trag nicht in Widerspruch stehen. Ein Teil der diplomaten, von Herrn Dr. Beneš. Deutsch­berheitskommission, und stellte nach aus- westeuropäischen Presse beharrt darauf, daß die land hat sich zu all dem ungeschickt genug be­führlicher Aussprache die sachgemäßen Anträge. Russen Deutschland dem Völferbund entfrem- nommen. Es brauchte jetzt einen offenen, ehr­Der Bericht des Vorsißenden wurde einmütig zur den und ihrer Politik dienstbar machen wollen. lich demokratischer Politiker, der aus der Not Kenntnis genommen und die gestellten Anträge Es ist ohneweiters zu glauben, daß Tschitscherin eine Tugend, aus der Mittelstellung genehmigt. ein Bündnis mit Deutschland anstrebt. Deutschlands   eine Vermittlerstellung. Sobann gelangten dringliche interne und or­tion mit allen Rampfmitteln und mit allen Kräf- ganisatorische Fragen zur Beratung und fanden Deutschland   ist wieder als das Land aus dem Konflikt zwischen Ost- und Westorien­der Mitte umworben und gefährdet.   Cham- tierung die Mission einer friedlichen Zwei­die fachgemäße Erledigung. berlain möchte es gegen Rußland   ausspielen, frontenpolitik machte. So lange Rußland   nicht. Tschitscherin   möchte es gegen England ins im Völkerbund   ist, könnte Deutschland  stellung abgelöst. In Preußen nimmt der Kon- Treffen schicken. Die allerdings nicht bestätigte die Brücke zwischen den feindlichen Lagern lift zwischen westlicher und östlicher Orientie- Nachricht, daß Radek als Unterhändler in sein. Aber es müßte einen Mann an seiner rung die Form einer Rebellion an, als der Berlin   gewesen sei, läßt erkennen, daß die Spiße haben, der es zu verhindern wüßte, daß General York auf eigene Faust die Konvention Moskauer   alle Register ziehen, um Deutschland   Herr Benes mit einer Zündschnur um den von Tauroggen schließt und seine Armee den für ihre Ziele zu gewinnen. Für Deutschland Brückenpfeiler schleicht. Deutschland   hat heute Russen zuführt, während das offizielle Preußen fann es in der heutigen Situation nur eine diesen Mann nicht, und es wird vor allem von noch mit Napoleon   verbündet ist. Die Grup- Lösung geben: es darf Rußlands   wegen weder einem politischen System beherrscht, das diesen pierung, die sich dann in den sogenannten Be- Locarno noch den Völkerbund aufgeben, aber Mann nicht zur Stelle schaffen kann. Und des­Ziele und Wege der deutschen   Außenpolitik freiungstriegen 1813 bis 1815 ergibt, wird es darf auch der Westmächte halber die Freund- halb ist das Feuer, das Chamberlain und begleitet sind. Der Fehlerzirkel, in den die durch die Heilige Allianz   auf Jahrzehnte hin- schaft mit Rußland   nicht opfern. Der deutſchitscherin gelegt haben, das Stresemann acht­deutsche Außenpolitik jedesmal gerät, wenn sie aus gefristet: Rußland  , Desterreich und ichen Politik erwächst die schwere Auf- los aufflammen ließ und das Beneš so heftio aus der abwartenden Haltung heraustritt und Preußen stehen, durch das gemeinsame Inter- aa be, das Land der Mitte zwischen Scylla und anbläst, eine Gefahr. wirkliche Politik zu werden beginnt, hat sich esse an der Aufrechterhaltung des Absolutismus   Charybdis zu steuern, Deutschland   die Siche­

Die verworrene politische Situation erheischt Die größte Aufmerksamkeit und Bach­Jamteit der Arbeiterklasse. Die tschechische Bour geoisie, unfähig, den Staat mit demokratischen Mit­teln zu beherrschen, aber nicht willens, das zusam mengebrochene Regierungssystem zu ändern, strebt immer offener darnach, durch Bruch der Verfassung und Hinwegräumung der leßten Refte demokrati scher Einrichtungen ihre Machtstellung zu sichern. Die Kräfte, welche nach Aufrichtung einer ch a u- vinistischen Dittatur streben, treten im mer unverhüllter an die Oberfläche. Der Partei vorstand ruft die deutsche Arbeiterklasse zur ent­schlossenen Abwehr gegen solche Versuche auf, und spricht die feste Ueberzeugung aus, daß sich das gesamte Proletariat ben Plänen der Real

ten entgegenwerfen würde.

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Das Reich der Mitte.

Das Problem der   deutschen Außen­

politik. Die  

deutsch- russischen Verhandlungen haben eine regelrechte Strijenstimmung erzeugt, die von lebhaften Diskussionen über die möglichen

allem Anschein nach wieder einmal geschlossen, verbunden, geschlossen gegen den Westen. Aber und das Kabinett Luther- Stresemann läuft in   Deutschland fann die Wahl zwischen der demo-<

jenem unheiſvollen Kreis, in dem ſchon manche fratischen und der kojatiſchen Staatsauf- Um die Getreidezölle. Zölle abzuleiten und diefe mit dem verhältnis

"

mäßig hohen Prozentsatz der landwirtschaftlichen Bevölkerung zu begründen, würde zu einem Trug­seiner Vorgänger und mit ihnen leider oft das fassung, wie   Napoleon die Gegensätze genannt Von Emil Arnberg. schluß führen. Erstens sind die landwirt  deutsche Volk zu Tode geheßt wurden. Seit dem hat, nicht erspart bleiben. Im Krimkrieg wech­Die tschechischen Agrarier haben in ihrem schaftlichen Arbeiter ohne eigene Land­Eintritt des   europäischen Ostens in die moderne felt Desterreich die Frist und orientiert sich Staatengeschichte ist   Deutschland, oder jene westlich; es verrät den Zaren an England und Rampfe um die Agrarzölle im deutschbürgerlichen wirtschaft mit inbegriffen, die absolut fein Lager überraschend schnell Gefolgschaft gefunden. Interesse an Getreidezöllen haben, zweitens wer­Staaten, die es vor der Reichsgründung re- Bonaparte. Für Desterreich ist damit bis zu Nicht nur, daß die kandbündler mit ihnen den alle kleinen Landwirte, deren Wirt­präsentierten, die Sorge nicht losgeworden, wie feinem Untergang der politische Kurs festgelegt. eines Sinnes sind und die Christlichsozialen mit schaft nicht einmal den eigenen Bedarf zu decken man sich der ewigen 3 weifronten stel- Das neue   Deutschland stand vom ersten ihnen sympathisieren. gesellt sich in letzter Zeit vermag, mitgezählt. Weiters kommen auch jene I ung entledigen könne. Vor allem ist es immer Tage seines Bestandes an vor dem schweren auch die Deutsche Nationalpartei zu Landwirte, deren Produktionszweig in der Haupt­wieder Brandenburg- Preußen, das mit dem Problem der Zweifrontenstellung. Die offene ihnen. Ende März fand in Olmü eine Tagung sache der Hopfen-, Wein- und Zuckerrübenbau ist, Problem der geographisch gegebenen Mittel- Grenze im Osten, die Lage der Industriegebiete der Nationalpartei statt, die sich für ein en te gar nicht, oder nur in untergeordnetem Maße in stellung ringt. Es ist am Anfang des 18. in der Nähe der Westgrenze verschlechterten die chiedenes Eintreten für landwirt Betracht. Jahrhunderts gleichzeitig in den spanischen Situation   Deutschlands. Jahrzehntelang bezog mehr versucht auch das Hauptorgan der National fach hinweg und sucht den Nachweis zu führen, haftliche Schutzölle aussprach. Nun- Ueber diese Umstände setzt sich Hilmer ein Erbfolgekrieg( Desterreich gegen   Frankreich) der deutsche Militarismus seine Argumente aus partei, das Nordböhmische Tagblatt" daß nicht nur die Großgrundbesißer, sondern auch National- fach und in den nordischen Krieg(   Schweden gegen der Tatsache der ausgesprochen schlechten geogra- ben Nachweis über die Notwendigkeit landwirt die kleinen Landwirte an den Zöllen interessiert  Rußland) verstrict. Es gerät, nachdem für phischen Lage   Deutschlands. Bismard suchte schaftlicher Zölle zu erbringen, so daß also damit sind. Er schreibt: furze Zeit beim Regierungsantritt der Maria zuerst den Anschluß an den Osten. Aber Deſter- zu rechnen ist, daß bei einer parlamentarischen Theresia Desterreich eingefreist gewesen war, im reichs wegen konnte sich der Dreikaiserbund Behandlung der Zölle die bürgerliche Ein­fiebenjährigen Krieg wieder zwischen   Rußland nicht halten. Da versuchte es   Bismarck mit heitsfront hergestellt sein wird und die Zölle und   Frankreich, ganz abgesehen von seinem einer dritten Möglichkeit, mit der Schaukel- mit den Stimmen aller bürgerlichen Kampf mit Desterreich und Sachsen- Polen. Die politit zwischen zwei   Polen. Er schloß den gegen die Stimmen der Arbeiterpar­französische Revolution einigt zunächst die deut- Dreibund, ver sich an England anlehnte, und te ien beschlossen werden. Aber während bei der Olmüßer Tagung schen Vormächte mit   Rußland zum Kampfe bewahrte sich die Freundschaft Englands durch nichts besonderes zur Begründung der Einführung gegen   Frankreich. Die Versöhnung im Osten ist Nachgiebigkeit. Aber er schloß mit   Rußland nichts besonderes zur Begründung der Einführung der Zölle gesagt wird, unternimmt im Nordböh= möglich auf Kosten des bisherigen Pufferstaates den Rückversicherungsvertrag. Nie mischen Tagblatt" vom 4. April d. J. Direktor  Polen, der zwischen   Rußland, Preußen und mand kann sagen, ob das System nicht auch Franz Hilmer,   Brünn, den Versuch, an Hand Desterreich aufgeteilt wird. Aber schon 1807 unter Bismard zur Katastrophe geführt hätte. von 3iffern die mißliche Lage der Landwirt­verständigt sich   Napoleon mit dem Baren auf Niemand kann heute sagen, ob nicht am Ende schaft nachzuweisen und daraus die Notwendigkeit Stoften Preußens. 1809 muß   Oesterreich in dieser Politik der für   Deutschland innerpolitisch der Bölle abzuleiten. Es verlohnt sich, auf seinen Die angeführten Ziffern beweisen uns nichts  Galizien eine Armee aufstellen, um sich für unmögliche Bund mit dem Zaren gegen Eng- Artikel einzugehen. Herr Hilmer geht bei seiner seinen Kampf gegen   Napoleon den Rücken zu land oder der mit England gegen den Baren Betrachtung von der Zusammensetzung der Be- mehr, als daß die angeführten Quantitäten auf völkerung der   Tschechoslowakei aus. deden. Den Zug nach   Moskau begleiten deutsche gestanden hätte. Aber das eine war sicher, daß Bolkszählung vom Jahre 1921 gehören von den aufgebracht wurden, was ja schließlich gar nicht Nach der Grund eines gesetzmäßigen 3wanges Vasallenheere; nicht nur der Rheinbund, auch die Nachfolger Bismarcks nicht ein Jahr lang 13,613.172 Einwohnern der   Republik 5,385.790 bewiesen zu werden braucht und dann, daß bei Preußen und Desterreich haben starke Korps eine Politik treiben konnten, der nur ein diplo- oder 39.6 Prozent der Gesamtbevölkerung, der den staatlichen Lieferungen eben die zum Kampfe gegen   Rußland zur Verfügung matisches Talent von den Riesenmaßen des Landwirtschaft an. Von den Berufstätigen fleinen Landwirte in viel stärkerem gestellt. Die westliche Orientierung hatte Junkers Bismard gewachsen war. Die Nicht- 6,514.432 Personen entfallen 2,424.278 auf die Maße belastet wurden, als die gro Ben Grundbesizer. Nichts wäre aber ver­allerdings unter dem Druck napoleonischer erneuerung des Vertrages mit   Rußland war Landwirtschaft. Sieae. die östliche und die Zweifronten- das einzig Mögliche. Aber ste versäumten den fehlter, als aus der Statistik Hilmers den Schluß hanleiten, daß beispielsweise am Weizenzoll die

Von diesen Ziffern eine Berechtigung der

Daß es eine falsche Anschauung ist, daß nur der Großgrundbesiß ein Interesse an den Schutz­zöllen hat, beweisen die statistischen Erhebungen, die während der Zeit der staatlichen Bewirtschaf tung gepflogen wurden. Im Versorgungsjahr 1917 bis 1912 haben in  Mähren geliefert: Groß­

Klein­

Grundbesit

163.017 39.5% 95.211 22%

250.043 q 60.5% Korn. 335.360 q 78% Kartoffeln 543.295 q 78%

.

100.240 22%