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6. Jahrgang.

Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der tschechoslowakischen Republit.

Donnerstag, 22. Juli 1926.

net. Man zeigte ihnen schwarz auf weiß, daß sie

Gebetbuch und Einkaufs- bas Zunglein an der Wage waren. Nun

tasche.

Ein Wort an die Frauen.

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Nr. 169.

Auch Herriot   gestürzt.

Gin Bertrauensvotum mit 299 gegen 37 Stimmen abgelehnt. Eine Regierung der nationalen Einheit? nationalen Einheit?- Demonstrationen vor der Kammer. Paris  

, 21. Juli. Am Schluß der heutigen Kammersißung, die sich mit der Regierungs­erklärung des Kabineties Herriot befaßte, nimmt Ministerpräsident Herriot   die vom radis falen Abgeordneten Cazals eingebrachte Tagesordnung an, über die sodann abgestimmt wurde.

Die Tagesordnung lautete: Die Kammer hat Vertrauen in die Regierung, daß sie eine energische Finanzpolitik zur Durchführung bringe, die die Lage nothwendig macht und geht er Tagesordnung über." Die Vertrauens- Tagesordnung Cazals wurde mit 290 gegen 237 Stimmen abge Lehnt. Daraufhin hat Herriot   um halb 11 Uhr nachts dem Präsidenten. die Demission des Kabinettes überreicht. *

für die Regierung geschloffen die Sozialisten, der

größte Teiel der Radikalen usw.

Nach halb 10 Uhr wurde das Ergebnis der Abstimmung verlesen. Die Regierungsmitglieder verließen den Saal unter Manifestationen der Linken und der äußersten Rechten. Man hörte die Rufe: Es lebe Herriot  !" und von kommunisti­einen Antrag auf Berwendung des Morgan De Mongie ersuchte nachher die Kammer, der Staat seinen Verpflichtungen nachkommen tönne. Die betreffende Vorlage wird dem Fi nanzausschuß überwiesen. Die Kammer wird nochmals gegen Mitternacht zusammentreten.

Vor dem Abgeordnetenhaus, wo sich seit nachmittags große Menschenmengen angesammelt hatten, kam es zu Demonstrationen, na­mentlich gegen Herriot  . Um halb 11 Uhr reitet die Nationalgarde vor, um die De monstranten zu zerstreuen. ste

**

Herriots Programm. Frankreich   muß sich selbst retten! Paris  

, 21. Juli. Bis zum letzten Augen­blicke vor dem Zusammentritt der Kammer zirku­lierten die verschiedensten Gerüchte. Am Nachmit­tag wurde sogar verbreitet, daß angesichts der Schwierigkeiten des Staatsschaßes das neue Ka­binett, welches durchwegs gegen die Inflation fei, sich gleich nach Verlesung der Regierungserklä rung zurüdzuziehen gedente, ohne die Ab­stimmung in der Kammer abzuwarten, um damit Konzentration zu ermöglichen. Dieses Gerücht die Bildung eines Ministeriums der nationalen wurde erst dementiert, als die Minister aus dem Elysee zurückkehrten.

Im Parlamente herrschte den ganzen Tag über reges Leben. Der größte Teil der Minister mit Herriot   an der Spiße erscheint um 5 Uhr im Saale. Den Vorsitz führt Vizepräsident Brunet. Im Abgeordnetenhause sind etwa 400 Deputierte anwesend Herriot  

besteigt die Tribüne, um die Regierungserflä­rung zu verlesen. In der Regierungserklärung heißt es:

begannen sie ein gewagtes Spiel mit dem Ruf nach Maßnahmen gegen die Teuerung. Die Brandstifter riefen so hysterisch nach der Feuer­wehr, daß sich der allgemeine Verdacht auf sie Unsere Wahlstatistiken ermöglichen leider richten mußte. Nun waren sie in der Sac feine Kontrolle des Anteils der weiblichen gasse und hatten nur noch die Wahl zwischen Wähler an den Stimmen der verschiedenen einem Rückzug und einer aufgelegten Lumperei. politischen Parteien. Man kann aber füglich Geweihte Hände vertragen ein paar Schmutz­annehmen, daß auch in der Tschechoslowakei   flecken und so wurde das infame Gerücht aus­wie in anderen Ländern die Frauen in stär- gestreut, die Sozialdemokratie treibe die Preije ferem Maße als die Männer der christlichsozias in die Höhe. Der Beweis" schlug aber wieder Ten Propaganda unterliegen und ihre Stimmen zum Unheil für den Erfinder aus. Die Lüge, ben klerikalen Parteien geben. Die Sozialdemo- der tschechische Sozialdemokrat Lustig habe sich fratie mußte, als sie das Frauenwahlrecht er- gegen eine Ermäßigung der Getreidepreise aus­kämpfte, daß sie damit für einige Zeit ihren gesprochen, zog nach sich die Aufdeckung einer erbitterten Gegnern Wähler zutrieb. Sie er- agrarischen Fälschungsversuches. Die Agrarier stritt den Frauen trotzdem die Gleichberechti- hatten versucht, die Börsenberichte zu gung und begann den Kampf um die Seelen fälschen, um die Erhöhung der Preise zu der Frauen mit den gleichen Mitteln der Auf- vertuschen. Und nun stellt die christlichsoziale flärung und Erziehung zum Klassenbewußtsein, Presse tagtäglich fest, daß die Preise no ch mit denen sie Generationen lang um die Geister nicht gestiegen seien, daß sie gar nicht steigen Paris  , 21. Juli. Das zweite Kabinett der proletarischen Männer gerungen hatte. müßten, daß man die Welternte abwarten Herriot   reichte nach 48 Stunden seines Bestandes Wohl war gute Vorarbeit geleistet worden und müsse und ähnliche magere Trostsprüchlein. die Demission ein. Gegen die Regierung haben als einzige Partei konnte sich die Sozialdemo- Bitternd erwarten die Schuldigen die nächsten gestimmt: Die Kommunisten, die ganze Rechte, fratie auf eine gute Frauenorganisation stüßen, Börsenberichte, und wenn die Galgenfrist um viele Abgeordnete der Mitte und einige Radikale, die feit langem im heißen Feuer des Klassen- einen Tag verlängert ist, triumphieren sie, daß sampřes stand. Ein großer Teil der Arbeiter die Sozialdemokraten Unrecht hatten: noch frauen aber und vor allem die vielen Frauen ist es nicht erheblich teuerer geworden. Ja. aus halbproletarischen und fleinbürgerlichen wenn's der fiebe Gott regnen und zur rechten Streifen unterlagen und unterliegen noch heute Beit wieder trocken sein läßt, wenn also die den Einflüssen einer Jahrhunderte alten Tradi- Welternte besonders günstig ausfällt, dann ist tion und Verbildung. Die politisch und sozial es möglich, daß es überhaupt nicht teuerer scher Seite ,, Sowjeta, Sowjeta!" rechtlose Frau war mehr noch als der Mann wird. An diese Hoffnung klammert sich die auf die Jenseitshoffnung, als einziges Gegen- Meute der Kornwucherer, und wenn es halb- ondes noch in der Nacht anzunehmen, damit gewicht gegen die unmenschlichen Leiden des wegs möglich wäre, die Laubfrösche zu be­elenden Erdenlebens angewiesen. Zwischen der stechen, daß sie schön Wetter anzeigen, jo täten Robot für den Grundherrn oder der Arbeit für fie's und prophezeiten uns die gute Getreide den Unternehmer und der Sklaverei im eigenen ernte in Polen   und Amerika  . Es ist geradezu Haushalt blieb, ihr die Kirche, das Wort der rührend, wie besorgt die klerikale Presse um Bibel und des Pfaffen als einzige Hoffnung, die Getreidebörse ist. Da berichtet ein Blatt als einzige Erklärung und Deutung der Um- von der glänzenden Ernte in Polen  , und in welt und des Lebens. Kulturlos und ungebildet, Warnsdorf erzählt man Wundermären von den wie sie gehalten wurde, wurde ihr ganzes billigen Angeboten auf der Prager Börse und Geistes- und Gemütsleben nach der einzigen davon, daß niemand kaufen will. Wir werden Das Resultat der heutigen Abstimmung hat Ausfallspforte gedrängt, die aus Schmutz und es( immer in der Klerikalen Presse!) sicher er nicht überrascht. Es scheint, daß nunmehr Qual, tierischem und stupidem Dahinschleppen leben, daß die Agrarier das Getreide ver- der Weg für die Bildung einer nationalen Re­eines sinnlosen Daseins in eine höhere Sphäre schenken werden und die Proletarier werden es gierung frei ist. In einem Manifest, das von 230 führte, troßdem diese Sphäre selbst ein ewiges nicht nehmen. Was die, Deutsche Presse' Abgeordneten unterschrieben ist und dem Präsi­Einerlei von Legenden, Schauergeschichten, un- zusammenschwaßt, grenzt schon wieder an die denten der Republik   unterbreitet wurde, wird die berſtandenen Dogmen, Lippengebeten und weih- Schnorziaden ihrer Säuglingszeit. Die Sozial- Bildung eines Ministeriums für das all­zauchverhüllten Zeremonien am Altar eines un- demokraten fördern den Kapitalismus, indem gemeine Wohl dringend empfohlen. Die nationale Einigung müsse auf dem Finanz­bekannten Gottes war. Das Gebetbuch sie den Ausländern das Getreide abkaufen programm erfolgen und die Verwirklichung müsse war das einzige Buch der Frau, als wollen, fie ruinieren die Landwirtschaft, fie unmittelbar nachfolgen. In dem Manifest heißt die Männer schon Weitling und Lassalle, so- bringen die Unternehmer auf den Gedanken, es, daß der von den Experten aufgestellte Plan zialistische Flugblätter und demokratische Zei- auch die Arbeitskräfte billig aus dem Ausland in seinen Grundzügen die Basis bilden könnte. tungen Insen. Das Gebetbuch drückt dem Geist zu beziehen. Als ob man die Herren auf den Gooe der Frauen des 20. Jahrhunderts, stärker als Gedanken erst bringen müßte! man oft glauben mag, seinen Stempel auf und Aber kein Wort von der Rongrua Anzeichen für eine Verteuerung der Lebens- den und sollen auch nach denken. Sie die Priesterworte versiegeln nach wie vor das bis auf die Behauptung, daß eigentlch nur die mittel. Und da wird es an den Frauen sollen die Barrikade von Gebetbüchern und Hei­Tor, das zur Erfenntnis führt. Dem danken Rabbiner und Pastoren ihre Nußnießer seien, jein, nachzudenken und Schlüsse zu ziehen. ligenbildern in ihren Köpfen niederreißen und die Christlich   sozialen ihren Ein- und daß die Christlichsozialen aus purer Näch- Die Arbeiterfrau hat im Laufe der letzten einmal aus dem Leben lernen. Die Frauen fluß auf die Frauen, diesem Schlafdorn, den stenliebe zu den Keßern und Juden die Bürde Jahre ihren Haushalt ein paarmal gründlich brauchen nicht Bebel und Marx und Liebknecht bergangene Zeiten in das Hirn des Weibes der Zölle auf sich genommen hätten. Kein reformieren müssen. Denn mehr als einmal und Engels und all die gottlosen, von der drückten und der sich ganz langsam lockert, dan Wort von den vielen Stimmen aus wurden dem Manne, den Kindern, ihr selbst Kirche vermaledeiten. Bücherschreiber lejen, sie fen auch unsere Christlichsozialen mehr als die dem eigenen Lager, die sich gegen die die Löhne abgebaut. Sie strich ein paar Defa brauchen sich nicht einmal durch die sozialdemo­Hälfte ihrer 13 Abgeordnetenmandate. Und 3ölle aussprechen. Sein Wort von dem Fleisch, sie strich die Sonntagsbuchteln, sie fratische Presse verheßen" lassen. Sie sollen fie bauen auf die Macht ihrer nar- Stampfe, den Čuřik führt und in dem er strich die Wurst und die Bücklinge aus dem nur ihre Einkaufstasche studieren totischen Mittelchen. Sonst hätten sie von den christlichen Gewerkschaften Budget. Sie sparte am Fett, an den Kleidern, und der tiefste Sinn aller Politik wird ihnen nie und nimmer gewagt, ein Gefeß zu schaffen, der tschechischen Klerifalen unterstützt wird, am" Vergnügen", soweit es das gab, an der aufgehen, der Kampf ums tägliche das die schaffende und sorgende, die haushaltein Wort von der Einkehr, die bei den Kohle, am Licht, an dem Schulfrühstück der Brot. Sie haben tausendmal gedankenlos tende Frau und nicht nur die des Arbeiters, tschechischen Klerikalen deutlich zu spüren ist. Kinder. Sie hat das Kunststück fertig gebracht einen himmlischen Vater angefleht, es ihnen Lügen und Verschweigen" ist die Losung. und wurstelt heute, wenn keine Feierschichten heute zu geben, und haben nicht darüber nach­Keine Rabulistik der christlichsozialen Aber dann taucht doch in einem bürger- dazwischen kommen, wenn feines in der Fa- gedacht, wer ihnen die irdische Zufuhr tatsäch Presse ist imstande, die preistreibende Wirkung lichen Blatt, so wie gestern, die gang milie frant wird, kurz, wenn das Schicksal un- lich reguliert. Die Not, die sie immer nur der Schutzölle zu verschleiern. Erinnern wir nüchterne Meldung auf, daß Weizenmehl erwartet gnädig ist, mehr schlecht als recht, ohne beten lehrte, soll und wird fie einmal uns, mit welchen Mitteln die Christlich  - um zehn Seller, Erbien um 50 Sel- Schulden fort. Was wird sie num sagen, wenn denken lehren. Die Chriftliciozialen jozialen sich der Verantwortung ler, Reis um 30 Heller, Fett um im Herbst beim Kaufmann und im Konsum das haben vom Kapital gelebt, als sie auf die für ihre 3ollpolitik zu entziehen 20 Seller, alat um 20 Seller, in Mehl, das Brot, die Erdäpfel die Dummheit als Bundesgenossen zählten, G versuchten! Zunächst bagatellifierte die christ- Budweis Jagar um eine Krone, Kartoffeln Erbsen, der, Reis, der Grieß, der gibt noch Waffen gegen diesen Feind, der den lichsoziale Presse die Zollkämpfe. Die Berichte um 30 Seller im Preise gestiegen sind. Mais, die Häringe, das Fleisch und Göttern widerstehen soll. Das Leben ist stärker über die Abstimmungen erschienen als fleiner Und wenn die Welternte ausfiele, wie weiland jeglicher Bissen Eßbares teuerer werden? als die Weihrauchnebel in Frauenköpfen. G Parlamentsrapport an versteckter Stelle. As im gelobien Land, es wird sich die Wahrheit Die Bahnfahrt ist obendrein verteuert, die wind die Enttäuschten und bitter Getäuschter der Lärm des parlamentarischen Popfes fiber nicht filgen laffen aus den Köpfen der Men Mieten sollen steigen, das Budget ist heil- lehren. Und Ihr, Frauen des Prole bas Weichbild der Hauptstadt hincnebrang, ichen. daß sie um eine Lebensmöglichkeit, um los untergraben! Nicht minder aber wird die bersuchten sie es mit einer anderen Ausrede. Die Berbilligung ihrer Lebenshaltung, die bei Frau des Angestellten und Beamten den Stro- tariats, die Ihr schon lange über das Gebet Sie rechneten und addierten, bis sie eine ben unverhältnismäßig niedrigen Löhnen die nen nachweinen, die im Glanze der chriftlichen Buch hinausgewachsen seid, helft mit! Rehi Möglichkeit fanden, sich als ganz nebeniäche einzige Hoffnung der Massen war, betrogen Regierungssonne dahinschmelzen wie Märzen  - Eure Schwestern die so einfache und doch so lichen Faktor. bei den Abstimmungen hinzu wurden. Aber noch dürfen wir uns feinen fal- ichnee. Die Frauen werden murren, sie wer wichtige Politif der Eintaufstasche tellen. Aber auch da hatten sie sich verrech- schen Hoffnungen hingeben. Es sprechen alle den flagen und wieder rechnen. Aber sie wer­

mit voller Wucht trifft.

,, Die Regierung, welche sich gestern gebildet hat, hat ihre Tätigkeit auf die Finanzprobleme tonzentriert. Noch nie war die Lage klarer und ist die Entscheidung dringlicher gewesen. Ungeheure Schwierigkeiten bieten sich schon jetzt dar, über die Sie unterrichtet werden und über die Sie sich un verzüglich äußern sollen. Wir sind der Ansicht, daß selbst die dringlichsten Schwierigkeiten in der Zu­sammenarbeit mit dem Parlamente gelöst werden müssen. Wir werden das Dekret über die Auflösung 0000

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