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6. Jahrgang.

Sozialdemokrat

Arbeitslosigkeit.

Zentralorgan der Deutschen   sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der tschechoslowakischen Republit.

Samstag, 14. August 1926.

g

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Nr. 189.

Gajda in den Ruhestand versezt! Währungsteile und Welt­

Die amtliche Meldung..  

Prag, 13. August  .( TNO.) Das Super­arbitrierungsverfahren gegen General R. Gajda, ersten Stellvertreter des Generalstabschefs, wurde am 13. August beendet. General Gajda wurde mit Erlaz NVM. 3. 1190 14, Pers.­

Abt. res. 26 in den Ruhestand versetzt,

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Gestern brachten wir die Mitteilung, daß im Monate Juli die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland   um 89.000, das ist um fünf Prozent der Gesamtzahl der Arbeitslosen, zu­rückgegangen ist. Das ist durchaus kein Zufall, denn dem gewaltigen Problem der Arbeitslosig­feit wird in Deutschland   große Aufmerksamkeit gewidmet. Theoretisch und praktisch sucht man diesem großen Uebel unserer Zeit abzuhelfen. Die Rationalisierung der Produktion, an der Nationalökonomen und Techniker arbeiten, die An dieser Meldung ist zunächst auffallend, unermüdlichen Bemühungen um die Hebung des Exportes, die von den Ländern und Ge- daß hier Gajda zum ersten Male als SteII­meinden betriebene produktive Arbeitslosenfür- bertreter des Generalstabschefs bezeichnet forge, all das gilt dem Streben, die Zahl der wird, während er sonst immer und ausnahmslos Arbeitslosen zu senken. Vor allem aber ist die als General   stabschef schlechtweg ange­staatliche Wirtschaftspolitik des Deutschen sprochen wurde. Damit, daß man jetzt den an Reiches in der letzten Zeit nicht ohne Erfolg die Stelle Syrovys, des jezigen Kriegsministers, geblieben, auf allen Märkten dringt, unterſtüßt vorgerückten Gajda nur" Stellvertreter nennt, Surch günstige Handelsverträge, die deutsche will man wohl die Tragweite des Falles ein wenig Industrieware vor. Erst vor wenigen Tagen reduzieren, was aber kaum gelingen dürfte. Im hat Deutschland   mit seinem großen Gegner aus dem Weltkrieg, mit Frankreich  , einen San- übrigen ist Gajda jest militärisch abgesägt und delsvertrag abgeschlossen, in dem Frankreich   die Staatsbürger haben amtlich vor ihm Ruhe, für eine Reihe deutscher   Waren Zollherab- bis auf den Punkt, daß der hochverdiente Mann. segungen gewährte. So wird auch der deutsch­französische Handelsvertrag dazu beitragen, die deutsche   Wirtschaft zu beleben und die Zahl der Arbeitslosen weiter herabzudrücken.

nunmehr seine Pensionsgage beziehen darf.

Ueber die Gründe dieser Pensionierung schweigt sich das Nationalverteidigungsministe rium auch jeẞt völlig aus. Man hat es nicht mehr anders erwartet. Aber gerade diese Tatsache bewirkt, daß die Affäre Gajda nicht erledigt er­scheint.

Auch in Oesterreich   konnte im Monat Juli ein leichter Rückgang der Zahl der Ar­beitslosen festgestellt werden. An der Herab­drückung der Zahl der Arbeitslosen in Dester­reichs Hauptstadt hat vor allem die großzügige Bautätigkeit der Gemeinde   Wien Anteil. Herr Gajda machte Schwierigkeiten. die seit drei Jahren 25.000 Wohnungen gebaut Ueber die Superarbitrierung meldet das hat. Durch die Belebung der Bautätigkeit wer- Rude Pravo":" Gestern um halb 1 Uhr nach den Arbeiter einer ganzen Reihe von Industrie- mittags wurde General Gajda superarbitriert. Als zweigen beschäftigt. Ueberdies machen sich auch Grund gibt die Superarbitrierungsfommission an, in der österreichischen Industrie Konzentra- daß er geistig und förperlich völlig erschöpft ist. Er tionsbestrebungen geltend. Erst jüngst ist es zu mußte gesucht werden, um der Kommission vor­einem Zusammenschluß der Kattundruckereien geführt werden zu können. Es gelang, ihn zu fin­gekommen, die auch dahin zielt, die österrei- den und im Automobil vor die Kommission zu hische Industrie leistungsfähig zu machen, den Arbeitern Arbeitsgelegenheit zu schaffen.

führen."

Ueber die Vorgänge, die der Superarbitrie­rung vorangingen, berichten die ,, Lidove Noviny": Gajda sollte sich zum Zwecke der Superarbitrie­rung dem Arzie vorstellen, kam aber nicht am fest­gesetzten Tage. Der Militärarzt begab sich darum zweimal zu Gajda, beidemal aber vergebens. Gajda wich dem Besuche immer aus."

Man sehe sich demgegenüber an, was bei uns getan wird. Man er­höht die indirekten Steuern, man erhöht. die Eisenbahntarife, man erhöht Zölle, macht da­durch den Arbeitern das Leben sauer, erhöht die Produktionskosten der Industrie, so daß Wie die ,, Nar. Listy" melden, hat sich Gene­diese konkurrenzunfähig wird, auf dem Welt- ral Cecek mittelst Flugzeuges von   Prag nach To­markte unterliegt, wodurch die Arbeitslosigkeit polcfan begeben und kehrte nach kurzer Audienz noch vergrößert wird. Während Deutschland   so- beim Präsidenten der Republik sofort auf dem gar mit Frankreich   einen Handelsvertrag ab- Luftwege nach   Prag zurück. Das Ziel dieser schließt, fönnen wir seit Monaten weder mit Reise war angeblich die Information des Prä­Deutschland noch mit Ungarn   zu einem Han- fidenten über die Angelegenheit Gajda. delsvertrag kommen. Weder die Regierung, noch die Bürokratie, noch jene Parteien, die augen­Für den Charakter Gajdas ist die Tatsache blicklich Einfluß auf die Regierung besitzen, sind sich des Ernstes der Krise, in die wir bezeichnend, daß er noch gestern nachmittags in einem Prager   Stadtkaffeehaus in voller uniform erschien.

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so viele innere Kämpfe hervorgerufen hat, infor­miert zu werden. Auch Frankreich  , um das es sich handelt, hat das Recht, von uns die forrette Erledigung der Angelegenheit zu verlangen.

Interessant ist auch folgende Erwägung des selben Blattes, die es an den Besuch der tsche­chisch- sozialistischen und sozialdemokratischen Abge­ordneten beim Ministerpräsidenten knüpft:

politit.

Die Währungsfrise der französischen   Groß­macht ist nicht nur die wichtigste Frage der fran­Bösischen Innenpolitit, sondern sie hat auch eine Bedeutung. weittragende weltpolitische Frankreichs   Sanierung kann auf kapitalistischer Grundlage nur mit Hilfe des englisch­amerikanischen Finanztapitals be­werkstelligt werden. Mit der höchsten Wahrschein­lichkeit bedeutet Poincares Regierung einen Um­Der über diese Intervention herausgegebene weg. Poincares Widerwille gegenüber der Stabi­Bericht sagt, daß die Vertreter beider Parteien die lisierung, der Ratifizierung des Washingtoner Mitteilung des Ministerpräsidenten zur Kenntnis Abkommens und der Aufnahme einer äußeren genommen haben. An demselben Tage, da dieser Anleihe ist ein Zeichen des chauvinistischen Rück­Bericht herausgegeben worden ist, haben die 3ei- falls und der Ausdruck des inneren Widerspruchs tungen die Mitteilung der tschechisch- bürgerlichen des chauvinistischen Kapitalismus in Frankreich  . Parteien veröffentlicht, die ein Teil der Zoll- Es ist unmöglich zugleich die Machtstellung der majorität sind, also der Regierungsparteien französischen   Großmacht zu bewahren und die Ab­und dort steht geschrieben, daß sich die Herren mit hängigkeit, die die Aufnahme einer Auslandsan­der Mitteilung des Ministers für nationale Ver- leihe mit sich bringt, auf sich zu nehmen. Ohne teidigung nicht zufrieden gaben. Die oppost die Liquidierung der französischen   Kriegsaben­tionellen sozialistischen Parteien teuer in Syrien   wütet noch ein wilder Krieg stimmen also mit den Schritten der ohne die Liquidierung der Illusionen eines Regierung überein und die bürger- glänzenden Sieges- und Poincare   ist der Trä­lichen Parteien stellen sich gegen die ger dieser Illusion, wird die Lösung der fran­Regierung. Wieso kommt das? Das kommt zösischen Währungskrise nicht vor sich gehen daher, daß es sich den Bürgerlichen, insbesondere fönnen. den Agrariern und Nationaldemokraten, in der Affäre Gajda nicht um einen sachlichen und Toya Ten Standpunkt handelt, sondern um eine Hepe, deren Zwed in einer nicht zu fernen Zukunft liegt und dann auch deswegen, weil diese Parteien be­strebt sind, da sie sich für Gajda tödlich kompro­mittiert haben, daß ihnen die Regierung aus dem moralischen Sumpf heraushelfe. Die arme Re­gierung, wie soll sie das machen?

Der Nachfolger Gajdas.

Die Bohemia" reproduziert eine Pariser

Meldung der Kölnischen Zeitung", in der es heißt: In Frankreich  

lebt noch das Trugbild der französischen   Vormachistellung auf dem conti nent, aber auf dem Festlande haben sich die Fol­gen der französischen   Währungskrise in gewissent Maße schon ausgewirkt. Zu den mächtigsten Stüt zen der französischen   Politik gehörte   Polen. Es ist kein Zufall, daß der polnische Militarismus ebenso wie der französische zum Währungssturze hgeführt hat. Man kann den Zloty mit Hilfe des Franken   nicht stabilisieren. Obwohl mit Bithidski der Verkünder des extremten polnischen Nationa Wie das Pravo Lidu" in Erfahrung bringt, lismus zur Macht fam, muß der neue Kurs not­wird in informierten Kreisen als der fünftige gedrungen eine Politik der nationalen Einschrän­Chef des Generalstabes General Vojtěchov- fung betreiben. Nie haben wir noch in   Polen von sky, bisher Kommandant der Tyrnauer Division, dem Außenminister ein so ausgesprochen vazifiſti­genannt. iches Programm gehört, wie von dftis Aßenminister Zaleski. Friednsbeteuerungen ge­Gajda wollte in das russische   Heer genüber   Deutschland, Litauen   und Rußland  , die eintreten? auch von einem mäßigen Abbau des militärischen Großmachtwahnsinns begleitet sind. So werden 3. B. die Stellen der Militärattaches bei den mei­ten polnischen Auslandsvertretungen aufgehoben. Da der Frank stürzt, muß der Zloty bei dem Wie wir von vertrauenswürdiger Seite er Pfund Sterling und dem Dollar Hilfe suchen. Der fahren, hat sich der jetzt beurlaubte Generalstabs- englische Einfluß, der in Finnland   und in den chef Gajda im Jahre 1921 der Räteregierung durch baltischen Randstaaten so groß ist, für den z. B. das neue finnische Wehrprogramın, dessen Spitze Mittelspersonen zum Eintritt in das gegen Rußland   gerichtet ist, zeugt, wird auch in Räteheer angetragen. Die Räteregierung Polen immer größer. Auf der Septembertegung hat jedoch Mißtrauen gehegt und hat die Behand des Völkerbundes wird   Polen mit der größten lung des Antrages hinausgezögert. Zum Beweis Wahrscheinlichkeit in viel stärkerem Maße die Spi­lung des Antrages hinausgezögert. Zum Beweis ren des englischen Einflusses aufzeigen, als dies seiner ehrlichen Absicht hat nun Gajda der früher der Fall war. russischen   Regierung zurzeit seiner Anwesenheit in der Kriegsschule in   Paris Weisungen dieser wieder im Wege der erwähnten Mittelsperson zur Ver­fügung gestellt, die photographiert wurden, wofür Gajda den Betrag von 5000 tschechischen Kronen erhalten hat. Ueber die Beziehungen Gajdas zur Räteregierung liegt ein bloß stel lender Briefwechsel vor, der sich in den Händen jener Mittelspersonen befand.

worden.

Aber nicht nur   Polen, auch die Staaten der Kleinen Entente   haben die französische   fi nanzielle Hilfe, durch welche ihr Militarismus so mächtig gefördert wurde, verloren. Früher haben sie die französische   Unterstützung genossen, jetzt hängt Frankreichs   Schicksal in sehr beträchtlichem Maße davon ab, ob die Staaten der Kleinen En­  tente ihre Schulden in Papierfranken oder in Goldfranken zurückzahlen. Daß es sich hier nicht um Kleinigkeiten handelt, beweist der Umstand, daß z. B. die französischen   Schulden Jugoslawiens  anderthalb Milliarden Franken ausmachen. Ita­  Lien, das Rumänien   eine größere Anleihe ge­währt hat, benüßt die Gelegenheit des schwinden­Fuß zu fassen. Italien   dehnt seinen Einfluß im­ den französischen   Einflusses, um auf dem Balfan mer weiter aus. Albanien   ist schon ein Stützpunkt der italienischen Politik, eine italienische Kolonic geworden. Die kleine albanische Kriegsflotte be­steht aus italienischen Torpedobooten. Früher war in Mazedonien   der religiöse Kampf die herrschende Form des imperialistisch- nationalistischen Wett bewerbs. Heute kämpfen in Albanien   die rumä­bereits 34 aktive Dienstjahre angerechnet wurnische und jugoslawische Kirche um die Seele der den, jetzt nach vollzogener Pensionierung lediglich albanischen Christen. Italien   bevorzugt die Bestre­zehn Dienstjahre eingerechnet werden. Dieser bungen der Rumänen. Außer Albanien   ist Rumä­Vorgang entspreche den Bestimmungen betreffs nien heute die bedeutendste Einflußsphäre der ita­vorzeitiger zwangsweist Pensionierung. Seine lienischen Politif. In Griechenland   wird zwar die wankende Herrschaft des griechischen Diktators Jahrespension würde demnach 22.000 K be- durch den italienischen   Fascismus gestützt, aber die Inselgruppe Dodekanesos   schafft ebenso eine Italien  , wie Cypern eine solche zwischen Gric­chenland und England hervorbringt. Zwischen Italien   und Rumänien   bestehen feine Gegensätz lichkeiten. Mussolini   setzt alles in Bengu..g, um Rumäniens   Stellung zu verstärken. Er vermittelt

immer mehr und mehr hineingeraten, bewußt. Und doch gibt es so viele Symptome, welche die furchtbare Lage der tschechoslowaki­schen Wirtschaft und ihrer Arbeiterschaft kenn Der tschechoslowakische Redl. Das Schweigen der Regierung zu all den zeichnen. Unser Kohlenbergbau ist seit Jahren Nachrichten in der Presse und zu all den in   Prag Die Affäre ist noch nicht erledigt. im Niedergang begriffen, Jahr für Jahr wer umherschwirrenden Gerüchten ist schon ein poli­den Tausende von Bergarbeitern entlassen, an­Das ist die Meinung des Pravo Lidu", weltischer Skandal ersten Ranges ge dere tausende sind zu Kurzarbeit und damit ches im Leitauffaß an die Dreyfusaffäre in Frant zu einem Einkommen verurteilt, das tatsächlich reich und die Spionage Redls im alten Desterreich fürs Leben zu wenig und zum Sterben zu viel erinnert und schreibt: ist. In der Metallindustrie gibt es kaum einen Betrieb, insbesondere ist dies unter den großen Betrieben der Fall, der seit dem heurigen Früh­jahr nicht Arbeiter in Massen entlassen hat. Mit den größten Schwierigkeiten fämpft auch unsere Textilindustrie, wo in den letzten Jahren die Konjunktur stets nur furz und die Krise fast ständig war. Geht es den Textilarbeitern schon bei den elenden Hungerlöhnen schlecht, wenn sie beschäftigt sind, dann fallen sie dem nacktesten Elend anheim, wenn sie Kurzarbeit haben, oder wenn sie völlig arbeitslos werden. Es ist kaum eine Aussicht, daß es in den 10000000000000000000000000000000000080088000800000060000000000600 gewisse Spannung zwischen Griechenland   und

im

In einem solchen Fall kann man keine Halb­Die Pension Gajdas. heit und keine Geheimnistuerei dulden. Das Wie der Landpost" mitgeteilt wird, werden muß Verfahren gegen Gajda muz Sinne der Diensvorschriften bis dem General Gajda, dem trotz seiner 35 Jahre ang Ende durchgeführt werden, sonst wird aus der Tschechoslowakischen Republik wirk lich ein Staat werden, den sich die Neger werden anschauen kommen. Und nach der Erledigung muß die Gajda- Affäre den Wehrausschüssen bei der Kammern vorgelegt werden, denn die Bolks vertreter haben das Recht über einen Vorfall, der

einen so hohen Funktionär der Armee betrifft und tragen.

nächsten Wochen und Monaten besser wird, Ein Gespenst geht um in unserem Lande: ist allerhöchste Zeit, daß diejenigen, die die Herbst und Winter stehen vor der Tür, wie das Gespenst der Arbeitslosigkeit. Die Herr Macht haben, die augenblickliche Wirtschafts­wird es den tausenden Kurzarbeitern und Ar- schenden wollen es nicht sehen, trozdem es sich politik dieses Staates ändern, die Zeichen der beitslosen im Lande ergehen? immer drohender und drohender aufrichtet. Es Zeit erkennen!