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6. Jahrgang.
Die blutige Eisenbahn.
Troß der Mißachtung menschlichen Lebens, die unsere Zeit kennzeichnet, und trotz des entjeglichen Katastrophenkontos, das in diesem Sommer aufgelaufen ist, dürfte das letztgemeldete Unglückt sich doch ein wenig fester in das allgemeine Bewußtsein und Gedächtnis eingeprägt haben: die einundzwanzig Toten von Hannover werden trok der jezt täglich anwachsenden Verlustlisten des Verfehrs nicht so leicht vergessen werden. Drum scheint uns gerade dieses furchtbare Ereignis ein geradezu zwingender Anlaß zu sein, wieder einmal dieser der fast zur Gewohnheit gewordenen Geringschäßung einzel- und massenmenschlichen Verderbens durch technische Gewalt mit einem Appell an das Gewissen entgegenzutreten und gerade die entsetzliche Häufung von Katastrophen in jenen Fällen, für die man die so oft strapazierte„ vis major" nicht verantwortlich machen kann, auf ihre Ursachen zu untersuchen.
in der tschechoslowakischen Republit.
Samstag, 21. August 1926.
Glück und Ende der Diftatoren.
Maslow und Ruth Fischer ausgeschlossen.
Berlin , 20. August. Wie die Rote Fahne " mitteilt, hat das Zentralfomitee de: Kommunistischen Partei Deutschlands beschlossen, A. Maslow , Ruth Fischer sowie zwei weitere kommunistische Führer aus der Kommunistischen Partei Deutschlands auszuschließen weil sie sich als Anhänger des bereits früher aus der Partei ausgeschlossenen Korsch betätigt und auf eine Spaltung der Partei hingearbeitet hätten. Ruth Fischer wird aufgefordert, sofor ihr Reichstagsmandat niederzulegen. Das Zentralfomitee hat ferner den Reichstagsabgeord neten Karl Tiedt, dem Herausgeber der Zeitschrift Die Ehelosen" wegen ehrlosen und unproletarischen Verhaltens aus der Partei ausgeschlossen und zur sofortigen Niederlegung seines Reichstagsmandates aufgefordert,
Berlin , 19. August.( Eigenbericht.) Die kommunistische Presse hatte die Parteiöffentlichtet seit langem auf den Hinauswurf der Ruth Fischer und Maslow systematisch vorbereitet. So kam der heute mitgeteilte Beschluß, daß der Ausschluß bestätigt wurde, nicht überraschend. Außer Ruth Fischer und Maslow wurden zwei preußische Landtagsabgeordnete ausgeschlossen Ferner wurde Thieldt, der Vorsißende des internationalen Bundes der Kriegsopfer, ausgeschlossen, der ein Blatt ,, die Ehelosen" herausgegeben hatte, das nach der Aeußerung der Zentrale sich an die niedrigsten Instinkte der Bourgeoisie wandte und ein Sch undblatt jei, dessen Herausgeber keine Spur proletarischen Klaffengefühls besigen tönne. Die Ausgeschlossenen werden aufgefordert, ihre Mandate niederzulegen. Sie werden das wahrscheinlich so wenig tun, wie die fünf schon früher ausgeschlossenen kommunistischen Abgeordneten des Reichstags.
Es ist bezeichnend für die deutschen Kommunisten, daß sie, ganz abgesehen von Fischer und Maslow, Leute ausschließen, die als sogenannte Arbeiterführer bei ihnen noch vor furzem eine große Rolle spielten. Der jest davongejagte Thieldt durfte unter stürmischem Beifall der Kommunisten noch in der lezten Sigung der verflossenen Reichstags= session die unflätigsten Angriffe gegen die Sozialdemokratie erheben und die russischen Verhältnisse anpreisen.
Das Eisenbahnunglück von Hannover , von dem allerdings noch nicht feststeht, ob es durch ein verbrecherisches Attentat oder durch andere Umstände verschuldet wurde, ist ganz darnach angetan, die Bedenken, die sich in hunderttausenden Menschen über die Sicherheit der Eisenbahn seit einigen Monaten deutlich regen mußten, bis zu offener Angst und Furcht zu steigern. Dieser Schlag nahm dem Faß menschlichen Gleichmuts den Boden. Und wohl nur wenige werden sich damit beruhigen, daß der Großteil der Zeitungen den amtlichen Stimmen pariert, die da behaupten, gegen den. Ber liner Schnellzug sei zweifellos" ein Ver brechen verübt worden. Die Erfahrung lehrt, daß man gerade das, was amtliche Erklärungen London , 20. August.( Reuter.) Bei der über Katastrophen als zweifellos" hinstellen, heutigen Beratung des Vollzugsausschusses der zu bezweifeln gewöhnlich alle Ursache hat. Und Bergarbeiterföderation über die durch den Abdiese Zweifel erhalten eben dadurch kräftige bruch der Verhandlungen entstandene Lage, wurde Nahrung, daß das blutige Ende dieser don- die Situation als ernst angesehen. Ein Mitglied nerstägigen Schnellzugsfahrt zu einer un des Vollzugsausschusses sprach die Ansicht aus, unterbrochenen Serie gleichartiger, daß der Kampf noch um zehn Wochen verwenn auch nicht gleich großer Statastrophen ge- längert werden kann, wenn der Standpunkt hört. Es ist nun soweit gekommen, daß völlig der Grubenbesitzer keine Aenderung erfährt. furchtfreie, niemals ängstliche und reisegewohnte
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Die englischen Bergarbeiter tämpfen weiter.
Menschen mindestens mit dem Bewußtsein Calles lehnt die Forderungen einen Zug besteigen, daß dies auf Tod und Leben gehe. Und schreckhafte Leute dürften bei der. Bischöfe ab.
dem bloßen Gedanken an eine notwendige Mexiko , 20. August. Präsident Galles Eisenbahnfahrt leziwillige Anwandlungen be hat auf das Schreiben des merilanischen Epistokommen. Im Jahrhundert des Automobils und pates erklärt, die Aufhebung der Beschlüsse durch Flugzeugs, ein Jahrhundert nach der Erfin- ihn sei nicht möglich, da er die Verfassung nicht dung der Eisenbahn! Einfache, vernünftige ändern könne. Die vom mexikanischen Klerus ge Ueberlegung sagt, daß hier irgend etwas nicht forderten Freiheiten seien im übrigen von der in Ordnung sein muß. Und daß die beispiel- Verfassung garantiert.
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Nr. 195.
Auf der Suche nach den Schuldigen. Berlin
, 20. August. Die Ermittlungen der Kriminalpolizei an der Stelle der Eisenbahnkatastrophe bei Meinersen haben das Ergebnis gehabt, daß die Herkunft der an der Unglücksstelle gefun denen Schraubenschlüssel festgestellt wurde. Die beiden Schlüssel, die mit den Buchstaben H.&. gezeichnet jind, gehören zum Werkzeugbestand der Firma Heinrich Rönnice, die nicht weit von der Unglüdsstelle mit einem Brüdenbau über die Ofer beschäftigt ist. Mehrere Arbeiter, die früher in der Nähe der Unglücksstelle beschäftigt waren, sind im Laufe des gestrigen Tages vernommen worden. Der Verdacht richtete sich gegen eine Person, die in der Unglücksnacht nicht zu Hause war. Sie fonnte, aber einen einwandfreien Alihbeweis erbringen. Nach einer Meldung des Berliner Tageblatt" soll man seit heute früh eine Spur verfolgen, die nach Leiferde führt. Ein früherer Eisenbahnbeamter soll sich durch Aeuße tungen verdächtig gemacht haben. Im ganzen ge= nommen ist aber vor der Hand fein rechtes Motiv für das Verbrechen, wenn es sich um ein solches handelt, zu erkennen. Auch liegen teine Meldungen über Diebstähle nach der Ratastrophe vor.
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Die Ratastrophe von Hannover ein Stacheatt? Berlin
, 20. August. Das Berliner Tageblatt" weiß zu melden, daß bei dem verbrecherischen Anschlag auf der Eisenbahnstrecke Hannover Berlin die Vermutung bestehe, daß es sich um einen Racheaft eines entlassenen Eisenbahn beamten handle. Frankreich
, 20. August. Pertinay schreibt im ,, Echo de Paris" in einem der einem der Frage vou Eupen und Malmedy gewidmeten LeitParis, 20. August. Der Ministerrat traf artikel: Wenn auch die belgische Regierung ein heute eine Reihe jehr wichtiger Maßnahmen gegen Dementi nach dem anderen ausgibt, die Frage die Preiserhöhung und Teuerung sowie zur Ein- fist deshalb nicht geflärt. Die französische Regieleitung von allgemeinen Ersparungen. Ein be- rung hat die belgischen Minister Jaspar und sonderes Defret ordnet die Kton fription aller Ge- Vandervelde auf einige Folgen, welche der Vortveidevorräte, die Abschäßung des Ernteertrages schlag zwecks Rüdabtretung der Bezirke Eupen und und die Repartierung des Getreides auf die Malmedy an Deutschland hätte, aufmerksam geMühlenbetriebe an. Desgleichen werden alle macht, und zwar: 1. Die belgisch - deutsche Grenze übrigen Lebensbedürfnisse einem neuen Regime ist genau dem Versailler Friedensvertrag entspre unterworfen, das den Zweck hat, die Vorräte zu chend festgesetzt; 2. der Baft von Locarno bestätigt fontrollieren und sie rasch auf die Hallen und feierlich die Unantastbarkeit dieser Grenze; 3. der Märkte zu verteilen. Der Ministerrat beabsichtigt, britische Minister des Aeußern Chamberlain mißeinen umfangreichen Plan zur Durchführung von billigt die Verhandlungen zwischen Schacht, DeDas Blait spricht des= Ersparungen in den Lebensbedürfnissen durchzu- lacroix und Francqui. führen. Zu diesem Zwecke ordnet er an, daß in halb die Hoffnung aus, daß die Sache nicht weiter den Restaurants Speisen nur in zwei getrieben werde, sie hat uns aber gelehrt, daß Brot wird alt baden, feineswegs frisch ge- die Westgrenze als unantastbar betrachtet. Hauptgängen gereicht werden dürfen. Das Deutschland nicht einmal einen Tag nach Locarno reicht werden, wodurch die Regierung seinen Journal" sagt, Deutschland habe sein 50 Verbrauch herabsehen und die Getreide- Millionen Dollarangebot für Eupen und Mallos anwachsende Statistik der Eisenbahnunfälle Infolge politischer Auseinanderseßungen fam einfuhr aus dem Auslande einstellen will. Die medy in dem psychologischen Moment gemacht, sich fast über alle Länder und Staaten erstreckt, es gestern in Merilo zu einer Schießerei zwischen Geschäftsleute müssen eine Preistafel für alle als nämlich den Informationen des Blattes zubeweist, daß überall gleiche Ursachen vorhanden mehreren Kongreßmitgliedern. Person Waren aushängen und in Paris wie in den. De folge die belgische Regierung erfolalos die amerisein müssen. wurde getötet, zwei Angeordnete und Zeitungs- partements werden eigene Kommissionen einge- fanische Ratenzahlung von zehn Millionen Dollar, Im Falle des Unglücks von Hannover ist berkäufer schwer verleßt. Der frühere Gouverneur fetzt werden, welche die Preise der Waren streng deren Termin am 10. September fällig ist, aufGarido erhielt einen Schuß ins Gesicht. fontrollieren und die Wucherer verfolgen werden. I zutreiben versuchte. bekannt geworden, daß auch auf der deutschen Reichsbahn der Personalabbau ohne Rücksichten vorgenommen wurde, daß die mit allem Nachdruck, weil es ganz ebenso für in der Tschechoslowakei noch rücksichtsloser| im Eisenbahnministerium einerseits aufhört, Strecke, auf der sich das Unglück ereignete, seit die Verwaltung der tschechoslowa tidurchgeführt wurde, als anderswo, mußte jeder- Politik zu machen, und anderseits sich darauf dem großen Personalabbau von feinem schen Bahnen gilt, deren Sicherheit sich im mann erwägen, wie solche Verringerung des besinnt, daß Verkehrsmittel nicht dazu da sind, Streckenleiter mehr abgegangen worden war, umgekehrten Verhältnis zu ihren Tarifen ent- Personals wohl auf die Qualität des Eisen- um dem Staat Einnahmen zu verschaffen, daß die Reparaturarbeiten an den Schienen in wickelt. Ganz kurz hintereinander wurde ge- bahndienstes und vor allem auf die Sicherheit sondern den Bürgern einen der technischen höchster Eile und ohne die erforderliche Sorg- meldet, daß zwei Schnellzüge nach Prag um des Verkehrs sich auswirken müsse. Und in der Entwicklung der Zeit entsprechenden, sicheren falt vorgenommen wurden, und daß die Klagen ein Haar unausdenklichen Katastrophen ent Tschechoslowakei kommt ja noch hinzu, daß Verkehr zu verschaffen.
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des Personals über diese unerhörten Zustände gingen. Beide Male sind Dußende Menschen man nicht nur abbaute, sondern vielfach auch Wir wissen, daß in der kapitalistischen Geschon früher laut geworden waren. Die frevel- knapp dem Tode entgangen, den sie durch die an Stelle guten, erfahrenen und geschulten sellschaft auch das Selbstverständlichste, sofern haften Unterlassungen und Maßnahmen haben Entgleisung ihres Zuges infolge von Bahn- Dienstpersonals unqualifizierte, weniger ver- es mit Geldausgaben und Geldeinnahmen verschon vorher Unfälle herbeigeführt troßdem dammrufschungen sicher erlitten hätten. Das läßliche Leute gejezt hat. Es braucht hier keiner bunden ist, niemals restlos erfüllt werden kann. ist nichts geschehen, um eine Aenderung zu Eisenbahnministerium oder die betreffenden weiteren Erörterung über das Unsoziale dieses Der Staat, der auch im Wirtschaftselend von schaffen! Angesichts solcher Anklagen verlieren Bahnämter haben es unseres Wissens bisher Vorgehens, über die Ungerechtigkeit, dienst- Millionen Proletariern Kanonen baut, will die ohnehin armseligen Argumente der Bahn- nicht einmal der Mühe wert gefunden, sich über tüchtige Menschen nur wegen ihrer nationalen an der Eisenbahn verdienen; nicht nur durch verwaltung, die für ein„ unzweifelhaftes" diese Vorfälle auch nur zu äußern! Um jo Zugehörigkeit auf das Pflaster zu werfen. Die möglichst hohe Fahrpreise, sondern auch durch Attentat sprechen sollen, fast jede Bedeutung. mehr verlangen wir Rechenschaft darüber, ob Verkehrsunfälle aber zeigen, wie weit über den Zwangssparmaßnahmen am Persona! und an Man muß vielmehr, da auf solche Weise täglich der Streckendienst auf unseren Bahnen auch Kreis der pon diesem antisozialsten Nationa- den Investitionen. Man gießt ja die Munition Legionen von Menschen an Leib und Leben wirklich in der erforderlichen Weise versehen lismus Betroffenen hinaus durch solche Eisen- nicht, um Menschen am Leben zu erhalten gefährdet sind, mit aller Entschiedenheit for- wird, und welche Maßnahmen die Bahnver- bahn- ,, Politit" große Teile der Gesamtbevölfe- warum sollte man davor zurückscheuen, Geld dern, daß die Bahnverwaltungen gezwungen waltung getroffen hat, die durch das Hoch- rung, ja die Allgemeinheit ohne Unterschied für diese Waffen etwa au auf Kosten von werden, sich diesen Anklagen zu stellen und bis wasser selbstverständlich eingetretene Gefähr- der Nation und Klasse lebensgefährdet wird. ein paar Menschenleben aufzubringen?! Wir ins Einzelste mitzuteilen, welche Maßnahmen dung der Strecken ebenso selbstverständlich Das Unglück, das auf schlecht betreuter Bahn- aber sagen, dieser blutigen Eisenbahn den Krieg sie für die Sicherheit des fahrenden Publikums auch zu paralysieren? ftrede einen Zug ereilt, trifft blind. Vielleicht an. Und wir streben hierin, wie in jeder Sin
getroffen haben, damit so ihre sträflichen Unter- Nicht erst durch den nichtamtlichen Kom- trägt die Erkenntnis dieser Selbstverständlich- ficht, nicht nur nach dem Endziel, sondern wir lassungen festgestellt und für die Zukunft be- mentar zu der hannoverischen Katastrophe, son- feit, die viele aber erst dann erfassen, wenn das wollen uns heute schon auch alle Strefen richtigt werden können. Und das sagen wir hier dern vom Tage des Personalabbaus an, der ja Unglück schon geschehen ist, dazu bei, daß man sichern.