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6. Jahrgang.
Majaryt
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Sozialdemokrat
Zentralorgan der Deutschen Jozialdemokratischen Arbeiterpartei in der tschechoslowakischen Republit.
und die Bourgeoisie.
Freitag, 13. September 1926.
Die Deutschen in Genf eingetroffen.
Großer Andrang von Schauluftigen auf dem Bahnhof. Heute Begrüßung. der Delegation durch Rinčic und Briand .
Genf , 9. September. Die deutsche Delegation mit Außenminister Stresemann ist heute um 17.15 Uhr in Genf eingetroffen. Von den offiziellen Persönlichkeiten hatten sich zur Begrüßung am Bahnhofe bloß Mitglieder der in Berlin affredidierten Legationen eingefunden: Der tschechoslowakische Gesandte Dr. Kroft a und der litanische Gesandte Sidzilaslas; außer dem zahlreiche Pressevertreter und noch mehr Neugierige. Am Bahnhofe herrschte ein solches Gedränge, daß die Polizei den Weg zu den vier Automobilen freimachen mußte, die auf die Mitglieder der deutschen Delegation warteten. Vor dem Hotel Metropol, in dem die deutsche Delegation untergebracht ist, drängten sich die Neugierigen noch eine ganze Stunde nach der Ankunft der Delegation.
Präsident Masaryk hat es gewagt, in das Lügengespinst von Märchen und Räubergeschichten", welche die heimlichen Väter des tschechischen Fascismus seit Jahr und Zag um die Burg " eifrigst weben, hineinzugreifen, er hat auch gewagt, diese verschämten heimlichen Väter öffentlich zu nennen, er hat weiters die Triebfedern dieser spezifischen Sorte von Fa= scismus aufgedeckt und er ist von der stillschweigenden Duldung gegenüber den fascistischnationaldemokratischen Giftsprißereien zur scharfen Abwehr übergegangen. Es war zu er warten, daß die Getroffenen aufschreien werden, was aber immerhin überrascht, das ist das Verhalten der anderen tschechischbürgerlichen Parteien. Nicht ein einziges, den drei tschechischbürgerlichen Regierungsparteien nahestehendes Blatt hat sich nach der Kundgebung des Präsidenten rückhaltlos auf seine Seite gestellt, alle haben allerlei Bedenken gegen Majaints Aeußerungen und manche berufen sich sogar auf das Schutzgesch, durch das sie sich behindert fühlen, noch deutlicher ihre Meinung Spanien tritt doch aus? zu sagen. Man mag das, was Masaryk in jeinem Interview jagte, in manchen Zeilen Paris , 9. September. Der Genfer Bericht richtig oder unrichtig finden, in einem müßte erstatter des Journal" erfährt, daß die spanische eine Meinung herrschen: daß es sein gutes Regierung definitiv beschlossen habe, aus dem Recht war, nach jahrelangem Schweigen gegen Bölkerbunde auszutreten, und daß sie bald eine die Berge von Rotationspapier und diesbezügliche Zuschrift an das Sekretariat des
Die Dispositionen für den morgigen Einzug der deutschen Delegation in die Versammlung wurden folgendermaßen getroffen. Um 10 Uhr tritt die Verifikationsfommission zur Prüfung der Vollmacht der nenen Delegierten zusammen. Um 10.30 Uhr beginnt die Plenarverjammlung, an der bereits die deutschen Delegierten teilnehmen werden. Diese werden namens der Versammlung von Dr. Ninčic begrüßt werden, dem Dr. Stresemann antworten wird. Sodann wird noch Briand sprechen, worauf die Versammlung die Debatte über den Bericht des Völkerbundrates für das verflossene Jahr fortseßen wird.
Die nichtständigen Matslige.
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heute vormittags abgehaltene Zusammenkunft Chamberlains mit den Delegierten der britischen Dontinien erörterte die Frage der wahrschein fichen Bewerber um die neuen nichtständigen Ratssitze. Es verlautet, daß di Dominienvertreter erklärten, sie beabsichtigten nicht, auf die Gewährung eines Siges zu dringen, aber ihre Meinung scheint zu sein, daß dies nicht den Verzicht auf das Recht bedeutet, eine solche Forderung in Zukunft zu stellen. Es wird angenommen, daß bereinbart wurde, die Frage im Bölferbunde vor zubringen, und es wird erwartet, daß der kanadische Vertreter demnächst darüber sprechen pird.
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Nr. 212.
Die Landarbeiter und die Sozialversicherung.
Wie die Agrarier das Landvolk belügen und betrügen.
Aus Saaz wird uns geschrieben: Unsere Deutschbürgerlichen und unter ihnen wiederum die regierungstreuen Landbündler, wissen nicht, was sie nur alles ins Treffen führen sollen, um es durchzusetzen, daß die landwirtschaftfichen Arbeiter aus ber Sozialversicherung wiederum herausgenommen werden. Der demagogische Lügenfeldzug, den jie unternehmen, scheint den Höhepunkt erreicht, zu haben. Zumindest ist eine Steigerung der ausgestreuten unwahrheiten kaum mehr im Bereich der Möglichkeit. Eines ihrer Hauptschlagworte ist, daß die landwirtschaftlichen Arbeiter nicht instande sind, die hohen Lasten der Sozialversicherung zut ertragen, und daß die landwirtschaftliche Arbeiter schaft daher in tiefstes Elend und Not gestoßen wird. Gerade bei dieser Demagogie zeigt sich, daß die Herrschaften ein sehr fures Gedächt nis haben. Wir wollen nun versuchen, dasselbe ein flein wenig aufzufrischen, Ini seinerzeitigen Borkampfe uni die Agrarzölle veröffentlichte der Schriftleiter des Saazer Kreisorganes Seimat" des Bundes der Landwirte, Herr Alois fies, einen Artifel, welcher von der gesamten Prefje der Landbündler übernommen wurde. Diefer, ant 12. Feber 1924 in der Heimat" veröffentlichte Auffah, befaßte sich mit der Wirkung der Agarölle auf die Lebenshaltung der Arbeiterschaft und kam zu dem Schlusse, daß sich durch die Zölle die Lebenshaltungskosten pro Tag und Stopf nur um 41 Seller erhöhen wir den. Dies jei ja gar nichts meinte der agrarische Artifelschreiber. Ja, Herr Fiez brachte jogar den traurigen Mut auf, wörtlich zu Jahreiben:
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Wir wollen uns mit der durch die Zöile ent
jene, Ströme von Druckerschwärze verschwenden, um Bölkerbundes schicken werde. ihn tüdisch zu schmähen und in der Meinung des tschechischen Volkes herabzusetzen, endlich Daß bei solchen minimalen Ausgaben ents ein fräftiges Wort der Abwehr zu sagen. Aber gerade hier sieht sich Majarnt von der gesamten schieden weder eine strebjame Arbeiter. noch Beamtenfamilie in den Hungertod getrieben werden tschechischen Bourgeoisie verlassen. Deren Presse fönnte, liegt flar zutage. Wievielemale werden hat sich nicht sehr aufgeregt, als die fascistisch47 Heller auf Tag und Person häufig leichtfertig nationaldemokratischen Schmuzkübel ihre und ganz unnüß verausgabt. Strahlen gegen die„ Burg " richteten, aber sie bleiben, damit jeder, welcher politischen Rich- Die Schwenkung der Klerikalen und findet es bedenklich, daß Masaryk in die po- tung er auch angehöre, sagen könne: das ist Agrarier ist auffallend. Soll man in ihrer stehenden ungeheuren Belastung der Arbeiter une litische Arena herabgestiegen ist und mit einer unser, unser aller Präsident. Es ist merkwürdig, Stellungnahme gegen Masaryk das Erwachen Beamten nicht weiter befassen, sondern gerave bestimmten politischen Partei Abrechnung ge- daß die Agrarier und Klerikalen diese schöne ihrer Neigung für fascistische Regierungs - diesen Saß zur Grundlage einer anderen Betrach halten hat, die darauf ausgeht, die demokra- Lehre nicht schon längst früher nach der andern methoden erblicken? Noch vor kurzem haben tung verwenden. Wenn man dem Geschçei der tischen Grundlagen des Staates zu beseitigen. Seite hin vorgetragen haben, das ist nach jener, sich diese Parteien gegen die fascistischen Be- Landbündler zuhört, dann müßte man glauben, Gehandelt hat diese Bourgeoisie niemals im gegen die der Präsident seine Person und mehr strebungen ausgesprochen, doch der Bourgeoisie die Belastung der Arbeiter durch die SozialverSinne und Geiste von Majaryfs Ideen, seine noch, die demokratische Staatsverfassung zu aller Nationen fißt, so weit das überhaupt ſicherung fei eine ungeheure. Untersuchen wir vor Person, jein Name war ihr stets nur der Auf- verteidigen gezwungen ist. Die fascistisch- natio- noch der Fall ist, die Sympathie für die Demo- allemt einmal diese Behauptung auf ihren Bahr put, die nach außen gerichtete glänzende naldemokratische Presse hat sich bisher einer fratie nur hauttief, warum sollte sie bei den beitsgehalt. Vor dem Jufrafttreten des Sozialversiche Fassade, die spanische Wand, hinter der sie ihre Freiheit der Meinungsäußerung erfreut, wie schechischen Besitzklassen tiefer wurzeln! Es rungsgesetzes waren die landwirtschaftlichen Arselbstsüchtigen Geschäfte betrieb, aber so offen keine einzige der politischen Oppositionspar- fann schon sein, daß ihre Neigungen für Musso- beiter im Durchschnitte in der 4. und 5. Lohnhat die tschechische Bourgeoisie Masaryk nie- teien, und sie hat diese demokratische Mei- linische Regierungsmethoden sich verstärkt flasse, versichert. Wir legen unserer Berechnung mals im Stiche gelassen, wie es in diesem nungsfreiheit aufs ärgste zur Bekämpfung der haben, aber der Grund ihres Abschwenkens von nun ein Ehepaar mit drei Kindern zugrunde. Falle geschieht. Einzig und allein die Presse demokratischen Verfassung und zu den erbärm- Majaryf ist diesmal vorwiegend doch auf einem Der Mann ist in der 5., die Frau in der 4. Johnder sozialistischen Parteien und der Legionäre lichsten Angriffen auf jene darunter be- anderen Gebiete zu suchen. Die Herrschaften flaffe versichert. Sie zahlten pro Tag einen Verstellt sich noch hinter den Präsidenten, während jonders Masaryk mißbraucht, in denen sie irren sich, wenn sie glauben, es sei schwer zu sicherungsbeitrag von 35+ 26 Hellern= 61 Sels die klerikale und agrarische an der Seite der Verteidiger dieser demokratischen Verfassung erraten, daß sie die im Maides näch sind diese beiden in der 4. und 3. Lohnklasse vernächler: 512.2 Seller pro Stopf und Tag. Heute fascistisch- nationaldemokratischen gegen ihn erkannte. Die Klerikalen und Agrarier haben sten Jahres fällige Präsidenten sichert und zahlen 40+41+30+31= 1.42 K Stellung nimmt. Es wäre nicht richtig, darin ich nicht gerade überangestrengt, die bübijchen, wo a hl im Auge hatten, als sie mit pro Tag, oder 28.4 Heller pro Stropf und Tag nur eine zufällig übereinstimmungsvolle Extra- nichtswürdigen Angriffe der fascistischen Red- ihrer Stimmungsmache gegen der Familie. Die Mehrbelastung beträgt daher toup der unterschiedlichen Redaktionen sehen ner und Presseerzeugnisse abzuwehren, erst jetzt, Masaryk begannen.
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ganze 16.2 Heller pro Kopf und Tag gegenüber
3 wollen, man hat es da vielmehr mit einer da der oberste Repräsentant der Republik seine Auf keinem der Throne oder Präsidenten- früher. Und nun wieder zur Ziffer des Fiet. Die wahl abgewogenen, zielbewußten Stellung Pflicht erfüllt und die demokratische Staats- stühle Europas gibt es einen Mann, der sich Belastung durch die Zölle beträgt nahme der betreffenden Parteien zu tun. form gegen die systematisch betriebene Heße der solche Verdienste um seine Nation erworben 41 Seller pro Kopf und Tag und Welches Ziel dabei verfolgt wird, ist auch nicht anonymen Hintermänner des Fascismus ver- hätte, wie Majaryf. Reines der Staatsober bringt dem Arbeiter nichts, dem ähnlich hohe geistige viele Millionen. Die Sozialversicherung erschwer zu erraten. teidigte, setzen sie sich in Bewegung und stellen häupter weist wie er ähnlich hohe geistige Agrarfapitalisten und Großbauern Die Anwürfe gegen Masaryk sind zweier- sich besorgt um die Autorität des Prä- Qualitäten auf. Wenn ihm besonders jemand fordert von ihm eine Mehrleistung von 16.2 Hellei. Erstens wird ihm ausgestellt, daß er sein fidenten. Die letzte Kundgebung des Präsiden- zur. Dankbarkeit verpflichtet sein müßte, so die ler pro Tag und Kopf und sichert ihm im Falle Interview in einer deutschen Zeitung veröffent- ten ist wahrlich nicht die erste gewesen, man tschechische Bourgeoisie, die erst durch die des Alters oder der Invalidität zumindest vor lichte. Der Vorwurf soll die nationalistischen hat es längst, ehe Masaryk noch gewählt war, Gründung des tschechoslowakischen Staates, an dem Hungertode sowie seine Kinder im Falle Instinkte aufrütteln, aber sicher ist, daß die gewußt, daß er niemals sich dazu verstehen der Masaryk der stärkste Anteil zuzumessen ist, seines Todes vor dem Herabsinken ins LumpenTschechischbürgerlichen weniger darüber gekränkt werde, eine rein repräsentative Schattenfigur, das geworden ist, was sie heute ist. Alles, proletariat. Hier ist nun vor allem einmal der find, wo der Präsident etwas sagte, als dar- eine Marionette als Präsident zu spielen, son- ihren materiellen Reichtum, ihre nationale einwandfreie Beweis der niederträchtigen DemaSozialversicherung losziehen. Aber freilich, die über was er jagte. Aber sind sie überhaupt dern wie jeder andere Staatsbürger von seiner Freiheit dankt sie dem Lebenswert des Man- gogie, mit welcher die Landbündler gegen die über den Inhalt von Masaryks Kundgebung Meinungsfreiheit Gebrauch machen werde. So- nes, den sie nun zur Strecke bringen möchte. Gemeindewahlen sind im Anzuge und da braucht gekränkt oder war ihnen diese Kundgebung lange Majaryf in verschiedenen Rundgebungen Denn das ist der tiefere Sinn der überraschen- man am Dorse draußen die Stimmen der Arnicht vielmehr der zu richtiger Zeit gesuchte gegen den Linksradikalismus auftrat, war in den Stellungnahme gegen ihn. Die Bourgeoisie beiter. Und da glauben die Herrschaften nun, daß und gefundene Anlaß, sich zu Masaryk aus der bürgerlichen Presse nichts darüber zu lesen, besißt wohl alle Macht im Staate, aber sie will sie mit der Hetze gegen die Sozialversicherung die sehr greifbaren und sichtbaren Gründen in daß der Präsident kein Recht habe, gegen die dies auch symbolisch ausdrücken. Ihre Absicht Arbeiter gewinnen. Sache der Arbeiter wird es Gegensatz zu stellen? Ausgerechnet die tsche- bolichemistische Welle schüßend vor die republi- geht dahin, Masaryk die Kandidatur für die sein, die Herrschaften zu fragen, wo sie waren, chischbürgerliche Presse, die sich durch die ver- kanisch- demokratische Staatsform zu treten, erst Wiederwahl zu verleiden, darum zerrt sie die als unsere Parlamentarier den aufreibenden wahrlosesten Sitten der ganzen Welt auszeich- jezt friegt sie Leibschmerzen, da Masaryk den Anlässe bei den Haaren, herbei, um gegen ihn Kampf um die Verbesserung und gegen die rungsgesezes geführt haben, warum sie da nicht net, gefällt sich in der Rolle des Sitten- und Staatsstreichgelüften von rechts nicht länger Stimmung zu machen. Raum jemals ist noch weitere Verschlechterung des Sozialversiche Splitterrichters! Sie findet es zu tadeln, daß wortlos zusehen will und der Silique, welche einem Menschen mit schwärzerem mitgeholfen haben, ein besseres Gesetz zu der Präsident in die Parteienkämpfe eingreift, die politische Unerfahrenheit unreifer Elemente und ant gelohnt worden, wie es schaffen, als das heutige ist. Wenn die Herrschafdenn das sei geeignet, seine Autorität zu ausnüßt, um ihre ehrgeizigen Herrschaftsgelüfte dietschechische Bourgeoisie gegen ten dem Arbeiter wirklich helfen wollen, dann schädigen; das Staatsoberhaupt dürfe sich nicht zu befriedigen, jene Antwort erteilt, die sie über Masaryk zu tun sich ansch i cft. sollen sie doch die Differenz der Beiträge von W. N. 16.2 Hellern aus eigenem tragen! Es bleiben zwischen die Parteien stellen, müsse unparteiisch schon längst hätte bekommen müssen.