Sonntag, 7. November 1926.

Der Verzweiflungskampf eines Industriebolfes( IX. Auffaẞ):

Das übervölkerte Grenzland.

Die drei Grundursachen unseres Elends.

-

Noch einmal: Die Rationa­lifierung der Ausbeutung.- Wanderarbeit und Baugewerbe.-Arbeits­Tofigleit der Intelligenzberufe.- Wie geht es der Heimindustrie?- 3m

lässigkeit der Regierung und der Aufsichtsbehör­den die Hauptschuld. Für Tausende von Men schen wären noch Arbeitsgelegenheiten da, wenn im Baugewerbe der Achtstundentag strenge ein­gehalten und der alle Vorstellungen übersteigen den Affordräuberei ein Riegel vorgeschoben würde.

*

Seite 3

Start verbreitet ist in den Bezirken Asch, Grasliß und Weipert die Stiderei. Mit der Vor- und Nachbearbeitung sind an 6000 Arbei­terinnen damit teils in Fabritsbetrieben, teils in der Heimarbeit beschäftigt. Momentan herrscht große Arbeitslosigkeit infolge einer Geschmacks­änderung der Konsumenten, ferner durch reichs­deutsche und schweizerische Konkurrenz.

Wer in den Sommermonaten in den Hei- Gut beschäftigt ist die Handschuhfabri Hungerturm eingesperrt.- 100.000 überflüssige Menschen. matbezirken der Wanderarbeiter zu tation des Erzgebirges mit 1400 bis 1500 tun hatte, wird es bestätigen können, daß viele Arbeitskräften in den Orten Bärringen, Platten, Aus der bisherigen Betrachtung ging hervor, einheimische Bauarbeiter arbeits- der Menschen in der besten Saison daheim lagen Abertham und Breitenbach. Eine im Auguſt d. daß es um die reinen Juduſtriegebiete West- und los, während auf den Bauten zuge- und keine Arbeit finden konnten. Nur eine Aus- 3. dekredierte Ausfuhrabgabe für gegerbte Zie­Nordböhmens schlimm genug bestellt ist. Das ist wanderte Maurer und 3immerer lese der besten, genügsamsten und widerstands- genfelle jetzte 850 inländische, bei einer Johann bie eine Ursache unseres sozialen Notstandes: beschäftigt find"- so wurde in Eger be- fähigsten Elemente vermag sich irgendwo durchgeorgenstädter Firma beschäftigte Handschuh- und Der Niedergang der Industrie und richtet. Damit ist das schwierige Wander- zuschlagen. Von den mindestens 20.000 Wan- Lederarbeiter der Entlassungsgefahr aus und läkt das Absterben des Bergbaues. Die an- arbeiter problem angeschnitten. Eger war berarbeitern Südböhmens, des Böhmerwaldes reichsdeutsche Gegenmaßnahmen befürchten. Der dere, ebenfalls schwerwiegende Ursache ist der vor dem Kriege ein großer Umschlagsplatz der und des Egerlandes wird unter den obivaltenden Prager Handschuhindustrie- deren Förderung Menschenüberfluß der industrie- wandernden deutschböhmischen Arbeitskraft. Die armen Grenz- und Agrargebiete. Zahl- Sachsengänger verweilten vielfach auf der Sin Verhältnissen kaum die Hälfte einen vollen Som die erwähnte Ausfuhrgebühr dienen follwer­Sin­peiche Bezirke Südböhmens, Südwest- und West- reise zum reichsdeutschen Arbeitsplaß oder auf der merverdienst finden. Aber selbst diese start redu- den die Lebensintereffen der Erzgebirgler beden­böhmens find ausgesprochene Wandergegen- Rüdreise einige Wochen in Eger , dort ihren Verzierte Zahl bildet eine ununterbrochene schwere fentos geopfert.

-

Im Bezirke Neudek , wo in den Indu­den. In der Ausfuhr von Arbeitskraft nach dienst beginnend oder ergänzend. Heute, wo die Belastung des Arbeitsmarktes. - Der herrschente Innerösterreich und Deutschland war ihre wirt- Grenzen für die Wanderarbeiter zumeist gesperrt Menschenüberfluß macht sich auch noch in ande- ftriebetrieben( Norddeutsche Woll- und Kamm­schaftliche Existenz begründet. Die Einschränkung sind, Deutschland ringt felber mit dem Bro- rer Weise im Baugewerbe fühlbar: Durch den garnspinnerei, Rothau- Neudeker Eisenwerk und der Freizügigkeit, die Absperrung der Nachbarstaa- blem des Menschenüberflusses- staut sich der mächtigen 3ustrom von unqualifizier Bapierfabrik) günstiger Geschäftsgang herrscht, ten gegen den Zuſtrom fremder Arbeitskräfte ließ Strom der Sachsengänger in Eger zum erstenmal, ten und deklassierten Arbeitsfräfliegt in den Erzgebirgsdörfern die Perlen- und auch diese Daseinsquellen versiegen. Die dritte um dann das dichtbevölferte Grenzland bis nach ten zum Hilfsarbeiterberuf. Alfes, Snopsdrechslerei, sowie die Perldreherei dar­Ursache ist die Lebenstrise der Sau 3- Reichenberg hinauf zu überfluten. Auch den süd- was in feinem Dauerberuf unterkommen kann, nieder. industrien. In seiner einzigartigen Mischung böhmischen Saisonarbeitern wurde eine andere drängt sich auf die Baustellen. Das Ueberangebot St. Joachimstal, das durch den Rüc aller ökonomischen und sozialen Entwicklungs- Wanderrichtung aufgezwungen. Wien , Nieder- an unqualifizierter Arbeitskraft macht es der gang des Bergbaues und die Krise der Spizen­stufen ist Deutschböhmen auch die Heimat von österreich und die Industrieorte Steiermarts Baugewerkschaft fast unmöglich, halbwegs ange- flöppelei schon arg genug daran wäre, ist noch zehntausenden Heimarbeitern. Diese Heimarbeit, ihre alten Arbeitspläge sind ihnen verschlossen, messene Silfsarbeiterlöhne zu halten. Täglich dazu der Tschechisierung ausgefeßt. In den staat­die auch in den besten Zeiten nur eine fümmer- zumal Deutschösterreich durch ein eigenes Gesetz bieten sich Leute zu einemt noch geringeren Lohnlichen Kurbetrieben( mit Ausnahme der unter­liche Existenz bot, hat zwei mächtige Gewalten feinen Arbeiterüberfluß vor ausländischem Zu- an und auf einem Saazer Bau hat sogar eine geordneten Arbeiten), sowie in der Tabakfabrik gegen sich: den technischen Fortschritt, der die Pro- ftrom bewahrt. Einige Jahre hindurch kämpften Partie Erdarbeiter einen vollen Tag umsonst werden deutsche Bewerber nicht mehr aufgenom buftion immer mehr in Fabriksbetrieben Konzen- die südböhmischen Bauarbeiter dagegen an, gearbeitet, nur um zu zeigen, was sie leisten menangeblich zur Herstellung des nationalen triert und die Konkurrenz der billigsten Arbeits- schlichen nächtlicherweise wie Verbrecher ohne Ba- kann und daß sie sich im Falle der Aufnahme be- Schlüssels", den man allerdings bei den in rein fräfte aus aller Welt. Diese drei Grund- piere über die Grenze, arbeiteten drüben verstohlen stimmt ihr Geld verdienen wird. Nicht nur Ju- tschechischen Gegenden liegenden Staatsbetrieben ursachen bringen es mit sich, daß heute das ganze und ohne Anmeldung( Maurer und Zimmerleute gendliche und unqualifizierte Sträfte raufen um anzuwenden vergißt. deutsche Siedlungsgebiet Böhmens unter dem wurden von bekannten Meistern als Lehrlinge ge- die Hilfsarbeiterplätze auf den Bauten, sondern Die Weiperter Posamenten und Drud eines unerhörten Menschenüberfluffes führt usw.), bis zunehmende Ausweisungen und vielfach auch Abgebaute, die mit ihrer fümmer- mechanische Plauener Stickereiindustrie ächzt. Mindestens hunderttausend erwachsene verschärfte Ueberwachungsmaßnahmen einen un- lichen Bension nicht leben können und nicht fel- mit 3000 bis 4000 Beschäftigten hat durch die mit Menschen stehen außerhalb eines regulären Er- übersteigbaren Wall bildeten. Wefste Tragödien ten Gescheiterte aus Intelligenzberufen. deutschbürgerlicher Hilfe beschlossene Einführung werbes und vegetieren unter unbeschreiblich trau- sich in diesem Verzweiflungskampf um die alten eines Kunstseidenzolles einen empfindlichen Rück­rigen Verhältnissen dahin. Die Bestätigung dieser Arbeitsplätze abspielten, davon nur ein Beispiel: schlag erfahren. Ueber dieses Verbrechen an unse sehr vorsichtigen Annahmen läßt sich leicht finden, rer Heimindustrie wird noch gesprochen werden. wenn man den Auswirkungen des heutigen So­zialzustandes in den verschiedenen Gebieten nachgeht.

*

-

Es kommt vor, daß Maturanten, Absolven­ten der Lehrerbildungsanstalten und ent­lassene Beamte bei dieser schweren Arbeit

*

bon Zehntausende

Wienschent

in Nordböhmen droben die größten Affordschinder um den weiblichen Nachwuchs bestellt. Handels- find in einen Sungerturm einge und mitunter die Totengräber des Achtſtunden- schülerinnen werden vielfach„ gnadenweise" um tages find. Die Klassensolidarität gerät da in un 50 Kronen monatlich ins Büro angestellt, bei lösbaren Widerspruch mit den Erfordernissen des den Egerer Schneiderinnen sind die Lehrmädchen nadten Daseins. schon für die nächsten zwei Jahre vor aus vorgemerkt!

perrt. Oder ist das noch ein menschliches Leben zu nennen, wenn eine Grasliber Heim­arbeiterin mit dem Ausschneiden von Motiven pro Stunde acht Heller( in zehn Stunden 80 Hel­ler) verdient, wenn eine zweite in ihrem Liefer­buch einen Lohn von 7.65 Kronen für vierzehn­tägige Arbeit( jeden Tag bis 1 und 2 Uhr nachts) ausweist? Ist das ein menschliches Leben, wenn die Kinder tagsüber die Waren( Bichorie, Kakao, Seife, Waschmittel, Zündhölzer) verhausieren

Ein Maurer K. aus D.- Reichenau ( Bez. Grazen) verunglückte auf einer Baustelle und verlor dabei einen Fuß. Weil er als schwarzer Arbeiter" bei ihre letzte Zuflucht suchen. In einigen Orten des Komotau - Sebastians­feiner Versicherung angemeldet war, bekommt er Diese Beobachtung beleuchtet eine andere Seite unfere erzgebirgische Spielwaren­berger Bezirkes und im Bezirke Katharinaberg ist nicht einen Heller Unfallsrente. Der Zwang der des deutschböhmischen Sozialbildes: die Ueber industrie daheim. Die Unsicherheit und das Eger ist für solche Nachforschungen ein guter neuen Verhältnisse treibt nun die Wanderarbeiter füllung und die Arbeitslosigkeit in Schwanken des Absatzes läßt die 750 dabei be­Beobachtungspunkt. Obwohl die alte fräntische aus den Gebieten von Neubistris, Kaplis , Ober- den geistigen Berufen. Daß dem deutschäftigten Personen, namentlich die Heim- und Siedlung mehr als Schul- und Handelsstadt be- plan, Winterberg , Bergreichenstein , Taus- Rons- fchen Nachwuchs beinahe schon durch ein Jahr- Lohnarbeiter zu feiner gesicherten Existenz fom­tannt ist, machen sich in ihrem Bereich die Aus- perg- Softau, Tachau- Plan, Marienbad , Weserit zehnt der Weg in den Staatsdienst versperrt ist, men. Die Bemühungen, mit Hilfe der Handels­wirkungen der Industriekrise schmerzlich fühlbar. und Manetin in die Industriegebiete von sch- daß unsere Kulturstätten im Niedergang sind, daß fammer und der zuständigen Ministerien Räume In den Metallbetrieben( Fahrradindustrie) gab es Eger - Falfenau, Karlsbad , Brür- Dur- Teplik, im letzten Jahre Einschränkungen, wodurch 200 Auffig- Bodenbach , Reichenberg- Gablonz zufam Raum für jugendliche Anwärter hat, mußte ver- Musikschule zu erbauen, sind zu begrüßen, doc eine einschrumpfende Wirtschaft immer weniger für die Verkaufsgenossenschaft und für eine Metallarbeiter brotlos wurden. In der schwachen men. Aber der einzige Zweig der Wirtschaft, der hängnisvolle Folgen zeitigen. Im Egerer Be- müßte Vorsorge getroffen werden, daß von diesen Textilindustrie wird Kurzarbeit verzeichnet, wobei( neben der Landwirtschaft) größere Massen bon zirke werden über 100 stellenlose Lehrer gezählt! Einrichtungen nicht nur die Erzeuger, sondern die jungen Arbeiterinnen in vier Tagen einige Saisonarbeitern brauchen kann, das Bau- Der Andrang zu den wenigen freien Stellen der auch die Arbeiter einen Vorteil haben. 40 Kronen verdienen. In mehreren Betrieben gewerbe, liegt aus bekannten Ursachen darnie- Der Andrang zu den wenigen freien Stellen der auch die Arbeiter einen Vorteil haben. macht sich eine aus Deutschland importierte Aus- ber. Die wenigen Bauten, die in manchen Indu bescheidensten Bosten bewerben sich Kräfte mit nicht nur in dem besprochenen Streifen ungünstig Selbstverwaltungskörper ist ungeheuer. Um die Was sich in den Grenzgebieten, und zwar beutungsmethode bemerkbar, die für den Geist un- ftriebezirken aufgeführt werden, könnten ganz gut seres Unternehmertums typisch und die sich übri- mit den einheimischen Bauarbeitern bestritten Mittel- und Hochschulbildung; so hat z. B. nach auswirkt, ist die Ueberschlägerung der gens immer mehr einzubürgern scheint: Das werden. Doch der fremde Arbeiter taucht jedes Mitteilungen eines Funktionärs der öffentlichen wälder in den letzten Jahren( Nonne, Speku­Brämiensystem. Dem Arbeiter oder der Frühjahr auf, von den Entbehrungen eines lan- Angestellten ein junger Mann akademischen Gra- lationsverfäufe, Bodenreform) und die dadurch Arbeiterin wird für den festen Stundenlohn eine gen Winters vorwärtsgepeitscht und mit einem des um die Stelle eines Krankenhausportiers an- verminderte Waldarbeit, sowie die Rahm­bestimmte Mindestleistung vorgeschrieben und für Seißhunger nach neuem Verdienst erfüllt. Nun gesucht. Die Ausschreibung eines Amtsdiener- legung der Säge industrie infolge des die über dieses Maß hinaus vollbrachte Mehrlei- beginnt der Wettkampf zwischen den Ansässigen postens durch den Bezirk Halfenau brachte 57 hohen deutschen Einfuhrzolles auf Schnittholz. stung wird ein Trinkgeld ausgezahlt. Eine Egerer und den Zugereisten um die wenigen Arbeits- Ansuchen, obzivar nur Verheiratete über 35 Jahre Durch den letztgenannten Umstand allein sind int Spinnerei hat diese Methode auf Grund einer geplähe. Das traurigste an der Sache ist jedoch, daß in Betracht kamen und ein Offert über 44 Stro- deutschen Grenzgebiet 2000 Sägearbeiter brotlos wissen Stückzahl eingeführt und die Mädchen ver- der fremde Arbeiter zum Lohnbrüder werden muß, nen Stempelgebühren kostete. Kleinlandwirte geworden. Wo immer man den Blick hinwenden dienen bei größter Anspannung ihrer Sträfte in wenn er überhaupt unterkommen will, denn die machen sich erbötig, Straßenwärterstellen nur mag, springt die Schmälerung der ökonomischen 14 Tagen 3 bis 8 Stronen über den Regielohn größere Billigkeit und Willigkeit seiner Hände ist gegen den Grasnuten der Straßengräben zu Basis unseres sozialen Lebens und das langsame hinaus. Bemerkenswert ist, daß auch die Auf- ber einzige Borzug, den er in die Wagschale wer- übernehmen. Das erschwert natürlich die Stel- Versiegen wichtiger Daseinsquellen ins Aug. sichtsorgane und der Betriebsleiter an den Prä- fen kann. So kommt, daß beispielsweise Bau- lung der öffentlichen Angestellten und hat zur mien partizipieren und bei der ganzen Sache den arbeiter, die in Wien brave Gewerkschafter und Folge, daß definitive Anstellungen immer seltener Rahm abschöpfen. Eine Surrogatenfabrik in Eger oft auch tüchtige Vertrauensmänner waren, heute zu erreichen sind. Nicht minder traurig ist es hat ebenfalls mit dem Prämiensystem gesteigerte Arbeitsleistungen erzielt, die Arbeiter verdienen aber nur um 10-15 Kronen in der Woche mehr. Die Tenden; diefer Neueinführung scheint dahin zu gehen, daß zuerst mit der Lockung eines Mehr­verdienstes die höchstmögliche Ausnüßung der Ar­beitskraft erprobt und sodann bei gleichbleibenden Leistungsansprüchen der Lohn wieder auf das ur­sprüngliche Niveau herabgebrüdt wird. besten hat dies eine Glasfabrik im Duger Bezirke verstanden. Ursprünglich belohnte fie eine ge tisse Mehrleistung an Güssen mit zwei Litern täglichen Gratisbieres, im nächsten Jahre wurde die flüffige Prämie auf eineinhalb Liter im Tage herabgesetzt und hält gegenwärtia bei einem Liter, so daß man an den Fingern abzählen kann, wann Die lachenden Gewinner bei diesem proletarischen in Amerika lähmen die Ausfuhr, bei Blechinstru- daran das Brot für die nächsten Tage zu ver­sie ganz eingestellt werden wird. Eine weitere Interessenkonflikt sind die Bauunternehmenten macht sich das Fehlen des Absages nach dienen, wobei eine Begegnung mit den Finan Glasfirma( Riedel in Bolaun) trieb zuerst mit mer, die dadurch vielfach von der unangeneh- Rußland und auf den Balkan schädigend fühlbar. zern nicht nur den Verlust der letzten Habe, son­Prämien die Leistung hinauf, baute sodann die men Notwendigkeit enthoben werden, Lohnver- Nur die Musikspielwaren haben eine gute Sondern auch empfindliche Strafe bedeutet? Was Bulagen ab und drobie schließlich der ganzen Beträge abzuschließen und Vertragslöhne zu zahlen. junttur auf Neuheiten, doch die Wochenlöhne von hat die Frau getan, für die dieses Gnadengesuch legschaft mit Entlassung wegen Produktions- Der Daseinstampf der deutschen Bauarbeiter 80 bis 130 Kronen sind schlecht genug. geschrieben wurde: sabotage", als diese sich weigerte, zum alten Lohn wird noch erschwert durch das Vordringen der Der stärkste Zweig der Erzgebirgischen die vermehrte Arbeit zu leisten. Auf jeden Fall tschechischen Arbeitskraft im Baugewerbe. Auf Sausindustrie ist die Spigentlöppelei, die erreicht der Unternehmer mit dem Prämienwesen, ten vielen Staatsbauten in den Städten und in den Bezirken Graslip, Neudet, St. Joachims­daß das Verhältnis zwischen Lohn und Arbeits­leistung bo II fom men verwischt wird. Die Industrieorten Deutschböhmens, die durchwegs tal, Preßnih, Falfenau und Komotau von 15.000 Arbeiter wissen zumeist nicht einmal, nach wel- bon tschechischen Unternehmungen ausgeführt Frauen und Mädchen betrieben wird. Dazu chem Schlüssel die Prämien berechnet werden und werden, sind mit verschwindenden Ausnahmen fommen noch 3000 Spitzenklöpplerinnen im obe­müssen sich mit jedem Bettel zufrieden geben. Es nur tschechische Arbeiter beschäftigt. Auch die ren Böhmerwald ( Taus, Ronsperg , Sostau) und ist so, wie ein Falfenauer Vertrauensmann tref- Handwerkerarbeiten werden zum Nachteil des 2000 im Adlergebirge . Den Klöpplerinnen ging fend sagte: heimischen Gewerbes in Jnnerböhmen hergestellt es schon immer schlecht, so schlecht wie jetzt aber und soweit dies möglich ist bereits fertig schon lange nicht. China hat mit seinen spott­herausgebracht. Auf den Staatsbauten wird auch billigen Massenartikeln unsere Spizze vom Ame­am meisten gegen den Achtstundentag gefündigt. rifamarkt verdrängt, in Europa gibt die Mode Nach übereinstimmenden Beobachtungen arbeiten der französischen Webspite den Vorzug. Unter dort die Zugewanderten 14 bis 16 Stunden im Führung der Handelskammer Eger und Beihilfe Die Stadt Eger verzeichnet die größte Ar- Tage und schlafen zumeist in Baraden, welche der Staatslehranstalt für Hausindustrie sind beitslosigkeit seit Jahren. Schon im Juli muzte bei der Baustelle errichtet wurden. Anzeigen ernsthafte Bentühungen im Gange, die Spitzen­die Gemeinde eine Ausspeiseaktion beginnen, die gegen diefe fraffen Gesetzesverletzungen find in erzeugung auf feinste Qualitätsware umzustellen. Ende September täglich von 3-400 Personen in der Regel erfolglos. Wo nationale" oder Mit den neuen Mustern sind auch auf Ausstel­Anspruch genommen wurde, welche Zahl sich nach„ Minderheitsinteressen" im Spiele sind, steht lungen und Messen schon vielversprechende Er­örtlichen Schätzungen in den Wintermonaten bis jeder Frevel am Gesetze und an der Arbeiterschaft folge erzielt worden, es fragt sich nur, ob selbst Bu 2000 Personen erhöhen dürfte. unter dem Schutze einer unsichtbaren, aber all- bei bestem Gelingen aller Förderungsaktionen die mächtigen Hand... An den chaotischen Ar- Klöppelei in ihrem alten Umfange noch einmal Wir hatten während der Saison beitsverhältnissen im Baugewerbe trägt die Nach- aufleben wird.

Am

,, Der Arbeiter falfuliert am

fchlechtesten mit der Arbeitskraft, er fragt nie, ob seine Leistung auch ent­fprechend bezahlt wird."

**

*

Von Eger aus führt der Weg dieser Betrach tung durch die Heimarbeits- und Haus industriegebiete des Grenzlandes.

Auf der einen Seite der zürnende Arbeits­follege, der mahnende Gewerkschaftsfunktionär und das eigene Gewissen auf der andern Seite der Notschrei der Familie, die Winterschulden beim Kaufmann und die Gestalt des Ereku tors im Hintergrunde, der das ärmliche Obdach In Schönbach, Fleißen und Graslih sind die müssen, die der Vater in der Nacht über die unter seinen Hammer zu bringen droht da Instrumentenmacher daheim. da Instrumentenmacher daheim. Sie lei- Grenze geschleppt hat? Ist das noch ein Men­soll nun der ausgemergelte und niedergedrückte den ebenfalls unter schwerer Krisennot. Die schendasein, wenn Männer, Frauen und Mädchen Mensch den richtigen Ausweg finden! Mac- Kenna- Zölle in England und Hochschutzölle stundentveit ganze Salzsäcke schleppen müssen, unt

-

-

-

An das

Gefällsbezirksgericht

in Eger . Unterzeichnete Marie L. aus Graslih Nr. wurde laut Urteil des Gefällsbezirksgerichtes in Eger usw. zu einer Geldstrafe von K 4760.- und zu einer selbständigen Arreststrafe von 14 Tagen verurteilt. Infolge trostloser Familienverhältnisse und sozialer Verhältnisse macht die Gefertigte von dem Rechte des Gnadengefuches Gebrauch und er­laubt sich folgendes anzuführen.

Bin verheiratet und Mutter von 7 Kin dern. Mein Mann ist längerer Zeit frant und bollständig arbeitslos. Außerdem habe ich noch zwei franke Töchter, die durch ihre Krank­heit in der Verdienstmöglichkeit stark behindert sind. Im Monat Feber 1925 wurde meine Familie delo­giert und mußten wir von dieser Zeit bis zum 1. November 1. J. in der Verpflegsstation Inter­funft suchen.

Folgt dann die Bitte um Strafnachlaß und die Unterschrift.)