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6. Jahrgang.

Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republit.

Basic und sein Erbe.

Aus Belgrad   wird gemeldet, daß Nitola Pajič Freitag früh einem Herz­schlag erlegen ist.

Neben dem„ Tiger  " Clemenceau, der sich grollend auf sein Altenteil zurückgezo­gen hat, war Nikola Pasič   der älteste Staats. mann Europas  . Er war auch eine der repräs sentativsten Gestalten der europäischen   Politik und ähnlich wie der Tiger auch zu einem guten Teil der Patriard, der väterlich für sein Land sorgte, es aber auch mit der ganzen Will­für eines altrömischen Familienvaters züch tigte, es zu jflavischem Gehorsam zwang, wenn jeine höhere Einsicht" sich nicht mit dem be­

Samstag, 11. Dezember 1926.

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48.­

D

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Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich rüh

Die Masken gefallen!

Nr. 289

Das wahre Gesicht unserer deutschen   Attivisten. Das alte Budget und seine neue Mehrheit. Unfähigkeit des Bürgertums zur Herbeiführung des Ausgleiches von Bolt zu Bolt.

Rede des Genossen Nießner in der Senats- Budgetdebatte.

Ju der Donnerstagsihung des Senates[ und gleichzeitig mitteilen würden, wie sie stim-, weil dieser 20- Millionen- Kronen- Ueberschuß ein hielt Genosse Niegner eine große politische men? Das Parlament ist nurmehr eine Tribüne, fünstlicher ist, weil er in Wahrheit nicht eri­Rede zum Staatsvoransch ag, deren Gedanken denn darauf, was hier vorgelegt wird, haben stiert, und weiter nur dadurch erreicht werden weder die oppositionellen noch die fonnte, daß man wichtige sozialpolitische Posten in gang wir schon gestern kurz besprochen haben. Regierungssenatoren Einfluß, auch einer geradezu barbarischen Weise zugestützt hat. Nachfolgend geben wir Nießners Ausführun- sie sind nur die Geschobenen. Das Bürgertum aller Nationen hat freilich gen gekürzt wieder. alle Ursache, für das Budget zu stimmen, denn es ist seinem Willen, seinen Wünschen vollkommen angepaßt und es ist mehr als je von dem Gedanken erfüllt, den Besitz zu scho­nen und die Lasten auf die Schultern der breiten Maffen zu wälzen.

Es ist das erstemal, daß dem Hause das

schränkten Verstande der Untertanen deckte. Budget einer deutsch  - tschechischen Regierung vor­Fast noch ein Zeitgenosse Bismards und Anliegt. Es wird noch zu untersuchen sein, inwieweit drassys ist er in ein Jahrhundert hineingewachsich dieses Budget von dem früheren unterscheidet. jen, das anderen Idealen lebt, in anderen Wenn man die Rednertribüne besteigt, geschieht Maßstäben denkt, hat er tätig und treibend cine dies mit sehr gemischten Gefühle n. Staatsumwälzung erlebt, die ihm und seinem Lande in Europa   eine neue größere Stellung schuf und gleichzeitig den größeren Staat der Südflawen als weniger wichtigen Faktor in die europäische   Politif einreihte. Daß aber Serbien   verdem, in den Jahren seines Wer­dens oft zum Mittelpunkt der Interessen der fechs Großmächte wurde, daß die Welt sich mit dem Zweimillionenstaat der serbischen Bauern beschäftigen mußte, das war nicht nur das Er­gebnis der natürlichen Entwicklung, sondern

auch der Politik der bürgerlichen Staffe Ser

biens und ihres Führers.

Man fragt sich: Lohnt es sich überhaupt, zu sprechen und haben die Verhandlungen hier über das Budget einen Sinn? Dem schlei­chenden Absolutismus, der seit Jahren an der Arbeit ist, ist es gelungen, das Parlament zu einem berkümmerten, verkrüppelten Ge­bilde zu machen. Für wen sprechen wir hier? Was hat unser Sprechen für einen 3wed? Auf der Ministerbant ist nicht ein einziger Minister, nicht einmal ein Vertreter der Mi­nifter,

der ihnen berichten könnte, was hier gesprochen wird, ist zu sehen. Seinerzeit wurde auch von deutschbürgerlicher Seite über die unwürdige Art der Beratung eines so wichtigen Werkes, haie es der Staatsvoranschlag ist, Bedenken und Ein­wände erhoben, aber

e

jetzt fehlen auch die deutschbürgerlichen Minister

Man könnte hier mit Engelszungen reden, die überzeugendsten Argumente bringen, man könnte die schwerwiegendsten Mängel des es wäre Staatsvoranschlages aufzeigen,- alles umsonst.

=

Der Grundzug des Voranschlages, sein Wesen und fein Charakter, sie sind dem eines bür­gerlichen fapitalistischen Klassenstaates an­gepast.

Nach außenhin ist der Voranschlag eine gut ber­gerichtete Auslage. Wir prunten mit einem 20­millionen- Ueberschuß. Aber man kann von die­fem Voranschlag sagen: Außen hui, innen sieht es ganz anders aus. Deshalb, früheren Voranschläge. Wie kommt es, daß Barteien, die früher gegen, jezt für den Boranschlag eintreten?

Der Voranschlag bedeutet für die arbeitenden lassen nur eine verschlechterte Neuausgabe der

Es ist eben anders geworden hier. Es hat sich eine vollständige Umgruppierung vollzogen, die ein uneingeweihter noch vor furzer Zeit für nicht möglich gehalten hätte. Wie war es noch vor einem Jahre? Da haben die Wände von den oppositionellen Rehen der deutsch­bürgerlichen Parteien gedröhnt, da hat es gehei­hen, niemals werden wir unsere Hand dazu geben, der Regierung zu helfen, das System zu stügen oder in die Regierung einzutreten ohne

vorherige vollständige Wiedergutmachung des nationalen Unrechtes,

das an den Minderheiten verbrochen wurde. Herr Senator Lutsch hat damals im Namen der deut­schen Verbandsparteien eine Erklärung abgegeben, in der gelobt wurde, gegen dieses System rüd­fichtelos gemeinsam fämpfen zu wollen, bis das erlittene Unrecht wieder gutgemacht ist. Auf der anderen Seite haben wir ähnliche Schwüre gehört: Němci do vlády, my do revoluce." Vor furzem hat ein deutscher   Regierungsabgeordneter gejagt:

,, Versprechungen sind nur für die Dummen." ( Sen. Dr. Heller:„ Mayr- Harting. In seiner Rede in Reichenberg   hat er sich aber mit Verspre­

0000000

Ichungen begnügt!) Gewiß, die Deutschbürgerlichen glauben heute selber an Versprechungen. Es fällt mir nicht cin, nach dem vorzitierten Wort, dar­aus auf die Verstandeskräfte der Deutschbürger­lichen irgend welche Schlüsse ziehen zu wollen, aber wir sehen, daß nicht nur Versprechungen, sondern auch Schwäre und Gelöbnisse für die Tummen gemacht werden, denn

alles hat man vergessen, alle Schwäre, Grundsäße hat man preisgegeben und von lints bis rechts haben sich die Bürgerlichen zu einer internationalen Allianz zusammen­# 1 1 d 11 geschlossen. Wir haben diese Entwicklung vorausgesehen, haben gewußt, daß der Nationalismus des Bür­gertums sowohl auf der einen wie auf der anderen Seite unaufrichtig ist.

Wenn die Deutschbürgerlichen vom Deutsch­tum und vom deutschen   Volke sprechen, so meinen sie sich damit, die deutsche   Bourgeoisie, niemals aber haben darunter sie das gesamte deutsche   Volk verstanden. In dem Momente, da den Deutschbürgerlichen materielle Vor­teile winkten, haben sie den Nationalismus in die Tasche gesteckt.

In den Sechziger und Siebziger Jahren drangen nach Serbien   Maschinen und indu­strielle Produkte nicht mehr als Raritäten, jon­Dern als Gebrauchs- und Produktionsmittel ein. Die serbischen Studenten gingen nicht mehr vereinzelt nach Deutschland   und Frankreich  , bei den Verhandlungen, sie halten es nicht für sondern sahen die Schulung an den Universi- notwendig, anzuhören, was hier gesagt wird. täten und technischen Anstalten des Westens Aber ärger noch als die formelle Seite der als jelbstverständlich an. Das Volk serbischer Verhandlung des Staatsveranschlages ist die sach­Bauern, seit einem Jahrhundert von der drütliche. kenden Last der türkischen   Tyrannei befreit, gebar, mit wachsender wirtschaftlicher Erholung fruchtbarer werdend, zahlreiche Kinder und gebar damit eine neue Klasse, eine Klasse industrieller Arbeiter und kapitalistischer Un­ternehmer. Die neuen Formen der Wirtschaft Wäre es da nicht besser, wenn die Redner ihre waren durch Save und Drina nicht mehr in Reden direkt an die Kanzlei des Senates schicken ihrem Vordringen aufgehalten. Gehemmt durch 0000000000000000000000000000 die Lotterwirtschaft der faulen und unfähigen gemacht worden, das Volk trägt es der neuen, mißlang, und, was einmal verfahren war, lies trauen, daß er umlernte. Zu den innerpo­Obrenovič, durch die Enge der Grenzen, durch verfassungsmäßig regierenden Dynastie nicht sich schwer gutmachen. Es ist mit dem König  - litijen Schwierigteiten Serbiens  den türkischen Druck, der sich erst nach dem   Ber- nach, daß sie gegen die Tyrannen von gestern reich SHS. nicht viel anders als mit der Tiche- tommen die außenpolitischen Gefah­liner Rongreß von 1878 zu lösen begann, nicht human vorgegangen ist. choslowakei. Die späteren Reformen müssen ren. Italien   hat einen albanischen Aufstand wuchs langjam und mühevoll, aber ebenso un- Bald ist Basie Außenminister. wohl oder übel lid arbeit bleiben. Was finanziert, um sich dann durch einen Vertrag aufhaltsam. der Kapitalismus in Ser dann Ministerpräsident. Nun wird man 1918, als man mitten im Diftieren war. mit der fragwürdigen albanischen Regierung bien empor. die radikale Partei zur Trägerin des groß mit ein paar Federstrichen schaffen konnte, das die Petroleumlager des Balkans und die Vor­Um diese Zeit, nach dem russisch  - türkischen serbischen   Gedankens. Längst ist die tragbare Fundament eines gesunden Staates, herrschaft in Albanien   zu sichern. Serbien   ap Krieg und dem Frieden von San Stefano Beit versäumt, da Oesterreich   es in der Hand das ließ sich unter dem einmal fertigen Vaupeliert wie einst an die Mächte um Schuß, der kehrte der dreißigjährige Techniker Nikola gehabt hätte, die großserbische Bewegung zu nicht so leicht nachträglich errichten. Der Pa- Kampf um die Adria beginnt von Pajič aus der Schweiz   in seine serbische Hei- seinen Interessen zu nutzen. Als man in   Wien ficjche 3entralismus brach im Jahre neuem. Das System der Kleinen En­mat zurück. Pasič   war in der Schweiz   Sozialist den Marsch nach Saloniki und die trialistische 1924 zusammen. Aber die wirre Politik tente, von Basic mitgeschaffen, bewährt gewesen, hatte mit den serbischen Erulanten Lösung der Reichskrise, die Schaffung eines des Kroaten Radie verhinderte die demokrasich nicht. Das imperialistische Italien   ist Fühlung genomen, den Sohn des vertriebenen serbokroatischen Staates im Rahmen der Habs- tische Lösung der Staatsfrage. Seitdem hat naturnotwendig der gefährliche Feind der Süd­Karageorgjevič, den späteren König Petar, burgermonarchie, plante, war das serbische Serbien   keine Ruhe mehr gefunden. Die Sta- slawen. Aber die Politik Paste band sich an Tennen gelernt. Nun organisiert er den Kampf Volt über diesen Plan längst zur Tagesordnung binette folgten einander fast so schnell wie in Staaten, die gegen Italien   den Serben nicht der Bauern gegen das verfassungslose Regi- übergegangen. Innenpolitisch und außenpolitisch Frankreich  , Basie machte Wahlen nach halb helfen können oder wollen, an die Tschechoslo­ment der Obrenovič. Nach dem Aufstand von von Pafie geführt, strebten die Serben die Bil- fascistischer Manier, jezte den Demokraten und wakei und an das fascistische Rumänien  . Die Bajetcar flieht er nach Bulgarien  . Wie einst dung des südslawischen Einheits- den nationalen Minderheiten wieder die Faust Politik Pastes stellte Serbien   in die Front der Desterreich Andrassy, wird er, abwesend zum sta a tes an. In den Etappen der Annerio- in den Nacken. Es wollte auch so nicht gehen. Gegner eines Anschlusses Desterreichs an Lode verurteilt, und fehrt nach wenigen Jah- trije, der beiden Balkfankriege, des Weltkrieges Dabei der Alte" die einzige Persönlichkeit. Deutschland  . Das Interesse der Südslawen ren siegreich zurück. Ministerpräsident und zuletzt, wurde das Ziel erreicht. Der die das nötige Ansehen genoß, um das Chaos gebietet aber diesen Anschluß, der die Pläne der Gesandter in Petersburg   sind die ersten Etap- Schuß Gavrilo Princips  , dem die Wiener   Hof- 3u bereinigen. Den fast Achzigjährigen beries habsburgisch- magharischen Kontrerevolution al­  pen. Viel wichtiger für ihn und sein Wert ist tamarilla Franz Ferdinand   als sichere Ziel- man erst vorgestern wieder zur Kabinettsbillein zerstören kann, der Serbien   eine Grenze es, daß ihm die Organisation der radikalen scheibe aufbaute, die tölpelhafte Politik des dung. Sein Tod trifft das jüdslawische mit Deutschland   schaffen, der den Imperialis-­Partei, einer Partei der fortschrittlichen Bau- Ballhausplatzes zwangen Pafie beinahe die Vol- nigreich in schwerer Stunde. mus Italiens   schwächen würde. Die radikale Partei, nur durch Pajič zu- Es ist wie nach Bismarcks Abgang. ern, gelingt. Die radikale Partei wird lendung seines Werkes auf. 10.3 Aber der ein großer und starker Feind der fammengehalten, geht der Auflösung in strei- Zunächst scheint das Erbe den Nachfolgern zu wirklich zur Volkspartei und das poli­tisch organisierte, aufgeklärte Volt, erträgt die Mächte gewesen, der wurde kein guter tende Sekten entgegen. Das serbische und kro- schwer, sie meistern nicht die gigantische Auf­Staates. Mit| atische Bauettum ist zu konservativ um einen nabe, sie werden scheitern und man wird sie Herrschaft der Obrenović nicht. Im Juni 1903 Baumeister des neuen fegt der Putsch der Offiziere, der getragen ist eiserner Faust wollte Paste die Vorherr modernen Staat aufzubauen und allein zu re- schuldig sprechen. Spätere Geschlechter werden. von dem revoluti nären Geiste des ganzen schaft der radikalen Partei in dem gieren, das Bürgerium ist zu jung und zu finden, daß nicht die Erben, sondern der Volfes, das verfassungsbrüchige Königtum neuen Staate aufrechterhalten. Ueber religiöse schwach, die Arbeiterschaft fast bedeutungslos, o te schuld war. Daß er so schwere Last Alexanders, hinwea. Blut klebt an den Hän- und geschichtliche Gegenfäße hinweg jollie das um eine Rolle zu spielen. Nur ein Organisator auf schwache Schultern nicht wälzen durfte, daß den der neuen Männer, der Mord an einer neue Serbien  , das so viele Provinzen, so viele von großem Format, ein Politiker von Stang er dem Hause, in dem die kommenden Geschlech­Frau befleckt die Ehre der Poladine des nun verschiedene Kulturen und Produktionsformen fonnte ordnend und bauend hier Wandel schafter wohnen sollen, andere, festere Grund­berufenen Peter Karageorgjevič. Aber am Bal- amfaßt, zu einem zentrolistisch regierten Ein fen. Wohl war Besie in den letzten Jahren lagen geben mußte. tan sind Revolutionen nie mit Rosenwasser heitsstaat umgegossen werden. Der Versuch reaktionär, aber ihn konnte man noch zu­