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6 Jahrgang.
Sozialdemokrat
Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republit.
Das Vertrauen.
Von unserem Pariser Mitarbeiter. Herr Poincaré betrat die europäische Schaubühne der Nachkriegszeit als Ruhrbejeger und politischer Wüterich Geßler. Sollte. er sie einmal gewandelt und nicht allzu spät, etwa in der Rolle Joseph Verinas verlassen, so wäre ihm der Dant der Demokratie gewiß. Sein gegenwärtiges Gastspiel deutet auf eine unfreiwillige Befehrung. Wer die Sonntags reden der Minister vergleicht, findet, daß Poincaré nicht reaktionärer jein kann, als fein Pensionsminister und Zentrumsmann, Herr Marin.
Die Kammer stimmt wader über das Budget ab. Poincaré will seiner Macht sicher jein. Er vergnügt sich damit, alle Weile die Vertrauensfrage zu stellen, mit der er umgeht wie der eingebildete Kranke mit dem Fieberthermometer. Vorläufig ist die„ Union nationale" noch ungefährdet. Niemand weiß etwas Besseres für das Bürgertum. Denn nicht um ein Rettungswerk zu vollbringen hat sich die Bourgeoisie vereinigt, sondern aus Ratlosigkeit, aus Angst vor sozialistischer Wirtschafts- und Finanzmaßnahmen.
Wenn der Finanzminister recht hat, dann hatten seine Vorgänger unrecht und die Sozialisten müssen sich, nach bürgerlicher Logik, mitfamt ihrer Theorie ins lepte Mauseloch versteden. Als Poincaré im Juli zur Regierung fam, stand das englische Pfund auf 240, heute schwankt es um 120. Von Stabilität ist feine Rede.
Vor allem eins: die Sozialisten haben nie bestritten, daß dem Frank mit Poincarés Methoden zu helfen ist. Der Ministerpräsi dent genießt das Vertrauen der Bank-, Industrie- und Handelskreise. Seit Juli ist die politische Atmosphäre mit dieser Tugend geladen. Wir fennen ja diese Sorte des Ver trauens. Sie notiert an der Börje, fällt bei jozialistischen Wahlsiegen, steigt mit den ind: eften Steuern und erreicht den Höchstkurs, wenn der Staat das Geld dort nimmt, wo ( 3 nicht ist: beim Proletarier, beim Konju menten. Vertrauen ist ein neuer Begriff der französischen Bourgeoisie für die Abscheu vor der Steuerdemokratie, für ihre Freude an jozialem Unrecht, an der Reaktion und für ihren ganzen Klassenhas. Um solches Vertrauen haben Sozialisten nie gebuhlt, das ist vollkommen richtig.
Was kostet dem Lande die neue Aera und wer bezahlt sie?
Sonntag, 12. Dezember 1926.
Nur fallweise Kontrolle durch den Völferbund.
Auf Mehrheitsbeschluß des Rates im Einvernehmen mit den deutschen
Behörden. Keine Sonderstellung
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Genf , 11. Dezember. Die deutsche Delegation gibt über die heutige Nachmittagsizung des Völferbundrates folgendes amtliche Kommuniqué aus: Bölferbundrat auf den Bericht Beness in der In seiner heutigen Nachmittagsibung hat der öfferbundrat auf den Bericht Beness in der Beschluß gefaßt: In Erwiderung auf gewisse Investigationsfrage nachstehenden einheitlichen Fragen, die von der deutschen Regierung hinsicht fich der vom Rat am 27. September 1924 und am 14. März 1925 angenommenen Regeln gestellt worden sind, trifft der Rat folgende Feststellungen:
1. Der Völkerbundrat entscheidet gemäß Art. 213 des Versailler Bertrages durch Mehrheitsbeschluß, ob es in fon= tretem Falle notwendig ist, zu einer Investigation zu schreiten. Er hat alsdann Gegenstand und Grenzen der Inve= stigation zu spezifizieren. Die Juvesti gationsfommission handelt unter der Autorität und nach den weisungenes Bölkerbundrates, der mit Mehrheit
beschließt.
CO
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Ke 16.
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96.-> 192.
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Inland.
Nr. 290.
Deutichnationale Läuschungsmanöver anläßlich der Wahl der Eisenbahner in die Krantentassa.
der Demilitarisierten Zone. Deutschlands anwendbar sind. Diese Bestimmungen sehen für diese Zone In der vorgestrigen Nummer unseres Blatebensowenig wie für andere Gebiete die Gin- tes wurde auf die saubere Handlung der deutschrichtung einer besonderen Kontrolle burch nationalen Eisenbahnerorganisationen hingewieständige und dauernde lokale Glemente vor. sen, die darin besteht, daß diese Organisationen In der demilitarisierten Rheinlandzone lön- den tschechischen Chauvinisten Wahlhilfe leisten. nen derartige besondere, nicht im Artikel 213 Diese Hilfe soll dadurch wirksamer gemacht wervorgesehene Elemente nur durch ein Abden, daß man von deutschnationaler Seite beTommen zwischen den beteiligten sonders die Pensionisten über den wirklichen TatRegierungen eingerichtet werden. bestand täuschen will. Nicht nur, daß man so
5. Die Feststellungen der vorstehenden Ab- wohl in den Fachblättern der deutschnationalen fäße 1, 2, 3 finden naturgemäß auch in dem Eisenbahnerorgansationen, als auch in den Falle der Artikel 159 des Bertrages von St. Flugblättern verheimlicht, daß eine ListenkoppeGermain( Oesterreich ), 143 des Vertrages von hung mit der tschechischnationalen Jednota abTrianon( Ungarn ) und 104 des Vertrages von geschlossen wurde, so sollen die Wähler noch da Neuilly( Bulgarien ) Anwendung. mit, getäuscht werden, als wenn mit der Erreichung der Mandate feitens der zwei deutschnationalen Organisationen mit Sicherheit zut rechnen wäre.
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Genf, 9. Dezember .( Eigenbericht.) Geheimjigung des Rates, die um 4 Uhr nachmit tags begann, war um 4 Uhr 40 bereits beendet, In einem Flugblatt, welches von der Wahlworauf um 5 Uhr 30 die öffentliche Sigung be- gruppe Verein deutscher Eisenbahnbeamte und gann. Wie Dr. Stresemann der deutschen Presse Gewerkschaft deutscher Eisenbahner" mittels Post mitteilte, findet heute abends eine Besprechung 2. Um eine wirksame Zusejtigation zu er der Vertreter der Locarnomächte statt. Taraus an Pensionisten zugefendet wurde, heißt es u. a.: Wenn Ihr Euch alle bis auf den letzten möglichen, hat sich die Investigationsfommis- geht hervor, daß die Aufhebung der Militärkon- Mann an den Wahlen beteiligt und Eure sion an den von der deutschen Regierung be- trolle noch nicht, wie ein Teil der Genser Bericht Stinente für die Wahlgruppe„ Verein deutscher zeichneten Vertreter oder seinen Beauftragten zu erstatter bereits gemeldet hat, endgültig geregelt Gifer bahnbeamten und Gewerkschaft deutscher wenden, denen es obliegt, unverzüglich die Mit- ist; es scheint aber, daß man für heute abends eine Gifer.bahner" abgebet, dann sind auch die Manwirkung der nach der deutschen Gesetzgebung zu- endgültige Nachricht aus Paris erwartet. date der Ruheständler in den Bezirkeausschüssen ständigen Verwaltungs-, Gerichts- oder Mili- Die allgemeine Spannung war nach Schluß gesichert und es kann trotz der zu geavaärtigenden färbehörde herbeizuführen. Sodann wird in der Geheimsigung des Rates gewachsen, weil man hohen Wahlzahl sogar ein Mandat in beiderseitigem Einvernehmen an den Eindruck hatte daß alle Fragen nunmehr gedem Zentralausichuk durchgesett sich den Nachforschungen und Feiitellungen gefeien. Bald aber verbreiteten von neuen verden. In unserer kandidatenliste für den schritten, welche die Kommission in den Nachrichten, daß die französische Regierung der Bezirksausschuß Königgräß steht ein Ruheständ werden. In unserer Kandidatenliste für den Grenzen ihres Auftrages für zwved in Aussicht genommenen Regelung der Rechts- Bezirksausschuß Königgrät steht ein Ruheständ zweck- in ler an erster Stelle, in den Listen für Bezirkse mäßig hält. fragen noch immer Schwierigkeiten mache. Daß ler an erster Stelle, in den Listen für Bezirkss 3. Die Bestimmungen, wonach die Ange- der Widerstand in Paris von Poincaré ausschüsse Bilsen, Prag- Nord, Olmütz und hörigen der dem Investigationsrecht unterwor- tommt, gilt hier allgemein als feststehend, aber Brünn und für den Zentralansschuß stehen Ruhefenen Staaten nicht Mitglieder der Investiga- man glaubt doch nicht, daß er das Odium auf sich ständler an zweiter Stelle." tionskommission sein können, ist so zu verstehen, nehmen wird, die schließliche Regelung der Kondaß die Angehörigen des Staates, auf dejjen trollfrage verhindert zu haben. darauf hingewiesen, daß Ruheständler in den Gebiet zu einer Investigation geschritten wird, niemals Mitglieder der zu diesen Investigationen schreitenden Kommission sein sollen.
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Genf, 11. Dezember .( Wolff.) Die Bespres chung der Vertreter der Rheinpaktmächte ist heute 4. Es besteht Einverständnis darüber, abends 10.15 Uhr auf morgen Sonntag, vormittag daß die Bestimmungen des Artikels 213 des 11 Uhr, vertagt worden, da aus Paris noch keine Friedensvertrages mit Deutschland über die bestimmte Antwort vorliegt. Es wird erklärt, daß Investigationen auf die demilitaris die beteiligten Staatsmänner bis zur Erreichung fierte Rheinlandzone in gleicher eines Abschlusses in der Kontrollfrage in Genf Weise wie auf die übrigen Teile bleiben wollen. wwwwwww
Außerdem ist in dem Flugblatt ausdrücklich. Kandidatenlisten der zwei deutschnationalen Organisationen an aussichtsreiche Stellen gesetzt wurden.
Wie diese aussichtsreichen Stellen ausschauen, soll nun ziffernmäßig nachgewiesen werden:
In den Wahlen in die Vertrauensmännerausschüsse der tschechoslowakischen Staatsbahnen entfielen im Jahre 1924 auf die Kandidatenlifte des Vereines deutscher Eisenbahnbeamten und Gewerkschaft deutscher Eisenbahner" nachstehende angeführte Stimmenzahl:
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Direktion Königgräb Olmith Brünn
"
Pilfen
1303 Stimmen 1641 433 491
"
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" 1
"
Preisstei- Troß dieser Tatsachen schämt sich die Barijer ländische Kaufkraft ist durch die gerung um beinahe ein Drittel gesunken, und Handelskammer, nicht, unter den albernsten noch immer steigen die Detailpreise. Als im Vorwänden, die Nichtratifizierung des WaOktober der Inder der Großhandelspreise um shingtoner Abkommens über den Achtstunden- von 804 auf 767, da tag vom Senate zu verlangen. Richtig ist die Das Pfund auf 120 zu sehen, ist für das 37 Punkte fiel, Finanzkapital und auch dem kleinen Sparer stieg jener des Kleinhandels noch von 490 Ratifizierung aud) wieder vertagt worden. Das Ende des Frankensturzes war haupt- Für die Bereichsausschüsse der Krankenkassen eine Freude. Ein Rentner, der 6prozentige auf 524, also um 34 Punkte. Staatsrente befißt, mußte im Juli zusehen, Sehr lehrreich sind die Bilanzen der sächlich erwünscht, damit die Teuerung doch der vorgenannten Direktionen beträgt bei der wie sein Papier im Nennwerte von 100 Frk. Banque de France . Die Teuerung sollte logi- endlich aufhöre. Die These unserer Genossen iesigen Wahl die Wahlzahl über 3000 bis 4000 bis auf 51 Frf. fiel. Damals waren das scherweise einen größeren Zirkulationsbedarf ging noch weiter und forderte die teilweise Stimmen. Es ist ganz ausgeschlossen, daß unter knapp 5 Goldfranken. Heute tann er es hervorrufen, das Schazzamt sollte immer mehr Wiederauswertung des Frank, bis auf das in- diesen Verhältnissen die deutschnationalen Orga leicht zu Frf. 68, also zu 14 Goldfrank ver- Bons einlösen und die Notenbank darauf im- ländische Preisniveau. Aber nicht mit in- nisationen ein Mandat in den vorgenannten Befaufen. Sein Vermögen hat sich nahezu ver- mer größere Vorschüsse gewähren müssen. Ge- direkten Steuern softe das geschehen, nicht reichsausschüsse erhalten können. Ebenso ist es breifacht. Wer sollte sich da nicht freuen! Nur nau das Gegenteil ist der Fall. Der Noten- dadurch, daß die internationale Spekulation Mandat im Zentralausschuß erreichen. In der ausgeschlossen, daß diese Organisationen ein sind meist die heutigen Besitzer dieser Werte, umlauf vermindert sich, der Staat wird zu den auf die Frankenhausse gehetzt wird. Infolge Kandidatenliste der deutschnationalen Organisa lange nicht mehr die braven Bürger, die wäh- bereits an die Bank von Frankreich zurück der Umsatzsteuer ist annähernd die Hälfte der tionen für den Bereichsausschuh Prag- Nord steht rend des Krieges Goldfranken zur Staatsgezahlten zwei Milliarden zwei weitere hinzu bisherigen Frankhausse wieder aufgehoben, ein Ruheständler an zweiter Stelle. In diesem kaffe trugen. Die Bons befinden sich zu Mil- fügen und sogar die Steuern laufen munter denn die 11 Milliarden müssen doch zur Bereichsausschusse sind 42.000 Wahlberechtigte, liardenbeträgen in den Händen großer Ban- ein. Wir wollen heute nicht den verhängnis- Gänze von den Konsumenten, in den Preisen auf welche 8 Mandate entfallen. Somit dürfte die Wahlzahl über 5000 betragen. In den Wahfen, wie Credit Lyonnais, Comptoir Natio- vollen Fehler diskutieren, den die Regierung bezahlt werden. nal d'Escomt u. a., und dienen zum großen begeht, wenn sie die indirekten Steuerlasten Das Clend einer Wirtschaftskrise wäre len 1924 erhielten die Deutschnationalen in dieTeile auch womit Frankreich wohl ver- hebt, um an die Notenbank imaginäre Schul- dem Lande durch die Ausführung des sozia- fem Direktionsbezirke über. 4000 Stimmen. Es einzelt dasteht als Betriebskapital. den zurückzuzahlen. Das ist die reinste De- listischen Planes erspart worden. Die Ne- dürfte somit auch in diesem Bereichsausschuffe ausExporteure, die in Dollars oder einer flation, gefährlich wie die Inflation, in die gierung hat nichts neues geleistet, sie hat wie geschlossen sein, dak die deutschnationalen Organisationen ein Mandat erhalten. Vollständig Ser innere Anleihen aufgenommen, die künf- ausgeschlossen ist es jedoch, daß ihnen ein zweianderen stabilen Währung verkaufen, verlieren sie sich nur allzu leicht verwandelt. durch sie übereilte Frankenhausse ungeheuere Wirtschaftlich ist heute Frankreich nicht tige Regierungen werden bezahlen müssen und tes Mandat in diesem Bereichsausschusse zufällt. Summen. Desgleichen alle Befizer auslän mehr das Land wie vor 6 Wochen. Die an- und sie hat vor allem das wirtschaftliche Das sind die Täuschungsmanöver, welche discher Devisen, Aktien und Obligationen. Die brechende Krise hat die Geschäfte stiffgelegt, Sauptproblem überhaupt umgangen: die Til die deutschnationalen Organisationen verüben, und daraus erklärt sich das freigewordene gung der Kriegslasten, der Urheber aller Wirr- damit den tschechischen Chauvinisten recht viele Industriewerte, auch die französischen schmelzen an der Vertrauensjonne zusammen Geld, das in den oben angeführten Formen nisse. Die Kriegslasten? Nur noch ein paar Stimmen von deutschen Bediensteten zugetrieben wie Schneemänner im Frühjahre. Das ge- an die Staats- oder Bantkassen fließt. Im folche Budgets wie das nächstjährige und das werden. Die unsaubere Handlung wird somit schähe natürlich nicht, wenn die Werke viele mer drohender für die Produktion zeigen sich Proletariat wird damit schon fertig werden durch unsaubere Agitationsmethoden ergänzt. Aufträge hätten und eine große Dividende zu die Folgen des Rentnerdienstes. Unterfon- Und die Stabilisierung? erhoffen wäre. Freilich schloß die Handelsbi fumtion in den iebensnotwendigsten Dingen, Für die Arbeiterklasse ist die Vertraufanz für Oktober mit einem Aktivposten. Die scheinbare Ueberproduktion und Arbeitslosig- ensnarkoje wirkungslos geworden. Nur der tschechischen nationalsozialistischen Partei RuJulibestellungen wurden ausgeführt. Nun keit verschlechtern das Elend der arbeitenden Frankreichs Kleinbürger- und Bauernium hat dolf Laube, der auf das Mandat verzichtet hat, fauft das Ausland nicht mehr, weil die fran- lassen. Besonders schlecht geht es in der Ter im Juli einen gar zu tüchtigen Schlaftrunk ist in das Abgeordnetenbaus Johann Vlastimil zösischen Produkte durch die Frankenrevalo til und in der Eiſenindustrie. Auch die gro- genommen. Hoffen wir, daß es bald wieder hvojka, Direktor der Bezirkskrankenkasse in Jičin , eingetreten. risterung zu teuer geworden sind. Die in- ßen Pariser Warenhäuser entlassen Personal. zu sich kommt.
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Neuer Abgeordneter. Für den Abgeordneten